Familienrechtlicher Unterhalt und Sozialhilfe
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- Gisela Siegel
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1 Luzerner Tagung zum Sozialhilferecht Familienrechtlicher Unterhalt und Sozialhilfe 17. März 2016 Powerpoint-Präsentation Schnittstelle Sozialhilfe familienrechtliche Unterhaltsansprüche Dr. iur. Karin Anderer Dr. iur. Silvia Brauchli Die Unterlagen finden Sie auch unter:
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3 Luzerner Tagung zum Sozialhilferecht: Schnittstelle Sozialhilfe familienrechtliche Unterhaltsansprüche Karin Anderer Dr. iur. / Sozialarbeiterin FH / Sozialversicherungsfachfrau / Pflegefachfrau Psychiatrie Lehrbeauftragte an der Universität Luzern, Fachbereich Privatrecht und an der Hochschule Luzern, Soziale Arbeit Dozentin an diversen Fachschulen Freiberufliche Tätigkeit im Sozialrecht karin@anderer.ch Übersicht Schnittstelle Abänderungstatbestände Kindesunterhalt Subrogation in den Kindesunterhalt Schnittstelle Kindesvermögen Exkurs gemeinsame elterliche Sorge und Unterhalt Exkurs Revision Kindesunterhaltsrecht ( Inkrafttreten) Urteile Folie 2, 1
4 Übersicht bestehende Unterhaltspflichten Kindesunterhalt Trennungs- Eheschutz- oder Scheidungsurteil Unterhaltsvertrag Unterhaltsurteil Abfindung Folie 3, SKOS F Elterliche Unterhaltspflicht Wird der Unterhalt eines Kindes ganz oder teilweise aus öffentlichen Mitteln bestritten, so geht der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber seinen Eltern in diesem Umfang mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über (Art. 289 Abs. 2 ZGB). Ist die Unterhaltspflicht in einem gerichtlichen Urteil oder einem Unterhaltsvertrag festgelegt, so ist dieser Beitrag in Bezug auf den bereits verpflichteten Elternteil auch für die Sozialhilfeorgane verbindlich. Abänderungstatbestände? Folie 4, 2
5 Art. 286 Abs. 2 ZGB Veränderung der Verhältnisse 2 Bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse setzt das Gericht den Unterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes neu fest oder hebt ihn auf. Erheblichkeit: qualifizierte veränderte wirtschaftliche Umstände wie Arbeitslosigkeit, Einkommensrückgänge ohne Einflussmöglichkeiten des Pflichtigen Keine absichtliche Veränderung, z.b. um den Unterhaltsanspruch zu schmälern Kenntnisse der ursprünglichen Bemessungsgrundlage, um die Erheblichkeit beurteilen zu können Folie 5, Abänderungsgründe Kindesunterhalt Behördlich genehmigte und gerichtlich festgesetzte Unterhaltsverträge können einvernehmlich nach Art. 287 Abs. 2 ZGB geändert werden (mit Genehmigung durch die KESB). Keine Einigung: Gerichtliche Abänderung nach Art. 286 Abs. 2 ZGB Folie 6, 3
6 Keine Vereinbarungen, freiwillige Vereinbarungen und Verzicht auf Kindesunterhalt in der Praxis Prüfung, aus welchen Gründen die Verzichtserklärung abgegeben wurde, insbesondere bei Verdacht auf Rechtsmissbrauch Unterhaltsvertrag anstreben Elternbeiträge festlegen Unterhaltsklage erheben (Prüfung, ob die Voraussetzungen vorliegen) Freiwillige Zahlungen Einnahmen des Kindes Unterhaltsklage für den übersteigenden von der Sozialhilfe geleisteten Teil möglich Folie 7, SKOS F Elterliche Unterhaltspflicht Trägt die Sozialhilfe die Kosten für den Unterhalt von fremdplatzierten oder von mündigen (Anm. volljährigen), noch in Erstausbildung stehenden Kindern (Art. 277 Abs. 2 ZGB), so hat die zuständige Behörde gestützt auf Art. 289 Abs. 2 ZGB bei den Eltern für die Dauer der Fremdplatzierung oder Erstausbildung Beiträge einzufordern. Elternbeiträge Berechnung Praxishilfe H.3 Rechtsöffnungstitel Folie 8, 4
7 Fallvignette Unterhaltsklage Die Mutter lebt mit der minderjährigen Tochter zusammen und bezieht Sozialhilfe. Weder die Beiständin noch die KESB konnten den Vater zum Abschluss eines Unterhaltsvertrages bewegen. Die Beiständin hat eine Rechtsanwältin mit der Unterhaltsklage beauftragt. Die Rechtsanwältin erklärt, dass das Sozialamt klagen müsse. Das Sozialamt erklärt, dass es nur klagen können, wenn ein Unterhaltsvertrag bestehe. Was gilt? Folie 9, Übergang des Unterhaltsanspruchs auf das Gemeinwesen Art. 293 Abs. 1 ZGB Das öffentliche Recht bestimmt, unter Vorbehalt der Unterstützungspflicht der Verwandten, wer die Kosten des Unterhaltes zu tragen hat, wenn weder die Eltern noch das Kind sie bestreiten können. Art. 289 Abs. 2 ZGB Kommt jedoch das Gemeinwesen für den Unterhalt auf, so geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über. Subrogation/Legalzession Folie 10, 5
8 Art. 25 ZUG Geltendmachung interkantonal 1 Für die Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterstützungsbeiträgen, die nach dem Zivilgesetzbuch auf das Gemeinwesen übergegangen sind, ist der Wohnkanton zuständig, bei Ausländern ohne Wohnsitz in der Schweiz der unterstützende Aufenthaltskanton. 2 Der Heimatkanton ist dafür zuständig, wenn er dem Aufenthaltskanton die Kosten voll vergütet hat oder vergüten muss. 3 Der Wohnkanton überweist von den eingenommenen Beiträgen dem Heimatkanton den Betrag, der dessen Anteil an den Unterstützungskosten entspricht. (Änderung vom : Aufgehoben per 2017 mit Übergangsbestimmung Art. 37a. BBL 2012, 9645 ff.) Folie 11, Die Unterhaltsklage Art. 279 ZGB 1 Das Kind kann gegen den Vater oder die Mutter oder gegen beide klagen auf Leistung des Unterhalts für die Zukunft und für ein Jahr vor Klageerhebung. Unterstützungsbeginn Subrogation Klageerhebung Geburt/Anerkennung/Urteil/ hängige Vaterschaftsklage Lücke Max. Rückwirkung: 12 Monate Frühestens ab Subrogation Folie 12, 6
9 Subrogation Volle Subrogation Gemeinwesen kommt für den gesamten Unterhalt auf Klageanspruch Teilweise Subrogation Gemeinwesen kommt teilweise für den Unterhalt auf Klageanspruch Gemeinwesen Gemeinwesen Kind Kind als Nebenintervenient im Prozess (Urteil wirkt sich auf die Zukunft aus) Koordination der Prozessführung und Prozesshandlung gemeinsame Vertretung des Kindes und des Gemeinwesens Folie 13, Gemeinsame elterliche Sorge und Unterhalt Art. 298a ZGB 1 Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet und anerkennt der Vater das Kind oder wird das Kindesverhältnis durch Urteil festgestellt und die gemeinsame elterliche Sorge nicht bereits im Zeitpunkt des Urteils verfügt, so kommt die gemeinsame elterliche Sorge aufgrund einer gemeinsamen Erklärung der Eltern zustande. 2 In der Erklärung bestätigen die Eltern, dass sie: 1. bereit sind, gemeinsam die Verantwortung für das Kind zu übernehmen; und 2. sich über die Obhut und den persönlichen Verkehr oder die Betreuungsanteile sowie über den Unterhaltsbeitrag für das Kind verständigt haben. 3-5 ( ) Vgl. zum Ganzen auch: Umsetzung gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall, Empfehlungen der KOKES vom 13. Juni 2014 auf: Folie 14, 7
10 Fazit: Gemeinsame elterliche Sorge und Unterhalt Von Gesetzes wegen ist kein Unterhaltsvertrag erforderlich, wenn sich die Eltern in der gemeinsame Erklärung über den Unterhaltsbeitrag für das Kind verständigt haben. Folie 15, Schnittstelle Kindesvermögen Art. 279 Abs. 2 ZGB 2 Der Unterhalt wird durch Pflege und Erziehung oder, wenn das Kind nicht unter der Obhut der Eltern steht, durch Geldzahlung geleistet. Kindesvermögen Die Anrechnung von Kindsvermögen in der Sozialhilfe muss im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen des ZGB stehen. Folie 16, 8
11 Schnittstelle Kindesvermögen SKOS E.1.3. Einkommen von Minderjährigen Erwerbseinkommen oder andere Einkünfte Minderjähriger, die mit unterstützungsbedürftigen Eltern im gleichen Haushalt leben, sind im Gesamtbudget nur bis zur Höhe des auf diese Personen entfallenden Anteils anzurechnen. Übersteigen die periodischen Leistungen des Kindes aber den auf das minderjährige Kind entfallenden Anteil im Unterstützungsbudget, so bildet der übersteigende Teil Kindesvermögen im Sinne von Art. 319 ZGB. Folie 17, Schnittstelle Kindesvermögen Praxiskonsequenz Selbstständige Berechnung des Kindes Anrechnung der verwendbaren Leistungen nur für die Quote des Kindes Keine Finanzierung der elterlichen Pflege mit dem Kindesvermögen Eigenes Budget Ggf. Auflage der Sozialhilfebehörde, bei der KESB eine Anzehrung des Kindesvermögens zu beantragen; alternativ Antrag des unterstützenden Gemeinwesens im Rahmen der gesetzlichen Subrogation des Unterhaltsanspruches (Art. 289 Abs. 2 ZGB) Folie 18, 9
12 Ausblick: Revision Kindesunterhalt per Zivilstandsunabhängiger Unterhalt Festlegung des «gebührenden Unterhalts», auch in Mankofällen Vorrang Kindesunterhalt vor den übrigen familienrechtlichen Unterhaltspflichten Regelung bei Veränderungen der Verhältnisse bei Mankofällen Berücksichtigung der Kosten für die Kinderbetreuung durch den betreuenden Elternteil bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrags Mediationsversuch und Vertretung des Kindes Verjährung beginnt neu ab ab Volljährigkeit der Kinder zu laufen Vereinheitlichte Inkassohilfe durch Bundesverordnung (späteres Inkrafttreten) Massnahmen zur Sicherung von Vorsorgeguthaben (späteres Inkrafttreten) Folie 19, Ausblick: Revision Kindesunterhalt per Neu: Art. 286a ZGB - Mankofälle 1 Wurde in einem genehmigten Unterhaltsvertrag oder in einem Entscheid festgestellt, dass kein Unterhaltsbeitrag festgelegt werden konnte, der den gebührenden Unterhalt des Kindes deckt, und haben sich seither die Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils ausserordentlich verbessert, so hat das Kind Anspruch darauf, dass dieser Elternteil diejenigen Beträge zahlt, die während der letzten fünf Jahre, in denen der Unterhaltsbeitrag geschuldet war, zur Deckung des gebührenden Unterhalts fehlten. 2 Der Anspruch muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der ausserordentlichen Verbesserung geltend gemacht werden. 3 Dieser Anspruch geht mit allen Rechten auf den anderen Elternteil oder auf das Gemeinwesen über, soweit dieser Elternteil oder das Gemeinwesen für den fehlenden Anteil des gebührenden Unterhalts aufgekommen ist. Folie 20, 10
13 Die Klage nach nart. 286a ZGB - Mankofälle Kenntnisnahme der ausserordentlichen Verbesserung Klage/ Rechtshängigkeit Geltendmachung Frist: 1 Jahr (relative Frist) 5 Jahre 10 Jahre Absolute Verjährungsfrist: Art. 127 OR Folie 21, Ausblick: Revision Kindesunterhalt per Neu: Art. 134 Abs. 1 Ziff. 1 OR 1 Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: 1. für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder; Kommt das Gemeinwesen für den Unterhalt auf und geht der Unterhaltsanspruch nach Artikel 289 Absatz 2 ZGB auf dieses über, so wirkt die Hinderung nur bis zum Zeitpunkt des Rechtsübergangs, nicht aber für die Zeit danach, weil der Hinderungsgrund gerade in der engen persönlichen Beziehung zwischen Kind und Eltern begründet ist. Eine solche besteht zwischen dem Gemeinwesen und dem Elternteil nicht, vgl. BBl , 577 f. Folie 22, 11
14 Ausblick: Revision Kindesunterhalt per Änderungen Art. 7 Abs. 1 und 2 ZUG 1 Das minderjährige Kind teilt, unabhängig von seinem Aufenthaltsort, den Unterstützungswohnsitz der Eltern. 2 Haben die Eltern keinen gemeinsamen zivilrechtlichen Wohnsitz, so hat das minderjährige Kind einen eigenständigen Unterstützungswohnsitz am Wohnsitz des Elternteils, bei dem es überwiegend wohnt. Unverändert Abs. 3: 3 Es hat eigenen Unterstützungswohnsitz: a. am Sitz der Kindesschutzbehörde, unter deren Vormundschaft es steht; b. am Ort nach Artikel 4, wenn es erwerbstätig und in der Lage ist, für seinen Lebensunterhalt selber aufzukommen; c. am letzten Unterstützungswohnsitz nach den Absätzen 1 und 2, wenn es dauernd nicht bei den Eltern oder einem Elternteil wohnt; d. an seinem Aufenthaltsort in den übrigen Fällen. Folie 23, Ausblick: Revision Kindesunterhalt per Änderungen ZUG Art. 32 Abs. 3 bis Hat das minderjährige Kind einen eigenständigen Unterstützungswohnsitz nach Artikel 7 Absatz 2, dann stellt es rechnerisch einen separaten Unterstützungsfall dar. Folie 24, 12
15 Ausblick: Revision Kindesunterhalt per Art. 329 Abs. 1 bis ZGB - Familienrechtliche Unterstützungspflicht Kein Anspruch auf Unterstützung kann geltend gemacht werden, wenn die Notlage auf einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Betreuung eigener Kinder beruht. Folie 25, BGer 8D_4/2013 vom 19. März 2014 Finanzierung einer Time-Out-Platzierung Die Kompetenz zur Anordnung einer Kindesschutzmassnahme liegt bei der zuständigen KESB und nicht bei der Sozialhilfebehörde. Damit in Zusammenhang stehende Fragen sind nicht im Sozialhilfeverfahren zu beurteilen. Eine Grundpfandverschreibung kann nicht hoheitlich durchgesetzt (verfügt) werden. Ein Rückerstattungsanspruch muss abgeklärt werden. Folie 26, 13
16 BGE 141 III 401 5A_634/2014 vom 3. September 2015 Kindesunterhalt bei Familienplatzierung Eltern kommen solidarisch für den Kindesunterhalt auf: Ist ein Elternteil gestorben oder leistungsunfähig, so trägt der andere die Unterhaltslast alleine. Ein von den kantonalen Pflegegeldrichtlinien abweichendes Pflegegeld ist zu begründen. Eine Erhöhungen des Pflegegeldes ist zu begründen und dokumentieren Folie 27, Dankeschön für Ihre Aufmerksamkeit! Folie 28, 14
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