Steuerschuld des Leistungsempfängers bei Bauleistungen und Grunderwerb ( 13b Umsatzsteuergesetz)
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- Hansl Hermann
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1 Ein Merkblatt Ihrer IHK Steuerschuld des Leistungsempfängers bei Bauleistungen und Grunderwerb ( 13b Umsatzsteuergesetz) 1. Allgemeines 2. Anwendungsbereich 3. Zweifelsfälle 4. Rechtsprechung 1. Allgemeines Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 wurde die Umkehr der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger ( 13b Umsatzsteuergesetz (UStG)), die bislang nur beim Bezug von Werklieferungen und Leistungen von im Ausland ansässigen Unternehmen galt, erweitert. Ziel des Gesetzgebers ist es, hierdurch Umsatzsteuerbetrugsfälle einzudämmen. Um zu verhindern, dass die Umsatzsteuer zwar an den Leistenden bezahlt, aber vom Leistenden nicht ans Finanzamt entrichtet wird, wird in bestimmten Konstellationen die Steuerschuld grundsätzlich auf den in der Regel inländischen und vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger verlagert. Folge hiervon ist, dass der leistende Unternehmer eine Nettorechnung ausstellt und der Leistungsempfänger den Leistungsbezug in eigener Steuerschuld versteuert. Hierzu hat er den entsprechenden Steuerbetrag in seiner Umsatzsteuervoranmeldung anzumelden und kann bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen diesen gleichzeitig als Vorsteuer geltend machen. Beispiel: Bauunternehmer A aus Köln errichtet für Generalunternehmer B aus Stuttgart den Rohbau einer Werkshalle in Köln. Das Entgelt für die Leistung des A beträgt Euro. Nach der Neuregelung rechnet A an B Euro ab. B schuldet für Leistungsbezug 19 Prozent Umsatzsteuer, das heißt Euro. Diese meldet er im Rahmen seiner Umsatzsteuervoranmeldung in eigener Steuerschuld an. Den entsprechenden Betrag kann er als Vorsteuer geltend machen. Nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofes war insbesondere die Option zur Umsatzsteuerpflicht im Zusammenhang mit Grundstücksveräußerungen missbrauchsanfällig, ebenso aber die Umsatzsteuerabführung bei Bauleistungen. Vor diesem Hintergrund wurde mit Inkrafttreten zum 1. April 2004 die Neuregelung eingeführt für folgende Fälle: Grunderwerb, wenn im Kaufvertrag zur Umsatzsteuer optiert wurde, sowie Bauleistungen, wenn der Empfänger selbst Bauleistender ist.
2 2. Anwendungsbereich Grundstückslieferungen Die Steuerschuldumkehr ist zum einen bei Grundstückslieferungen an einen Unternehmer oder eine juristische Person anzuwenden, wenn im Kaufvertrag zur Umsatzsteuer optiert wurde. Grundstückslieferungen sind zum Beispiel: Lieferungen von bebauten und unbebauten Grundstücken, Übertragungen von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück, Lieferungen von auf fremdem Boden errichteten Gebäuden nach Ablauf der Mietoder Pachtzeit. Weitere Beispiele finden sich in Abschnitt sowie Abschnitt 13b.1. Absatz 2 Nr. 5 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE). Die Option zur Umsatzsteuer muss im notariell zu beurkundenden Vertrag ( 311b Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) oder einer notariell zu beurkundenden Vertragsergänzung oder -änderung erklärt werden. Bauleistungen Weiterhin ist die Steuerschuldumkehr anzuwenden bei Bauleistungen an einen Unternehmer (auch für eine Verwendung im nichtunternehmerischen Bereich), wenn der Auftraggeber selbst nachhaltig ein Bauleistender ist und der einzelne Umsatz bei Reparaturen und Wartungsarbeiten den Wert von 500 Euro übersteigt. (1) Definition Bauleistung: Der Begriff der Bauleistung im Umsatzsteuergesetz ist weitgehend gleich zur bereits zuvor geltenden Bauabzugsteuer ( 48 Einkommensteuergesetz (EStG)) auszulegen. Planungsund Überwachungsleistungen sind ausgenommen. Leistungen von Architekten, Laboren, Ingenieuren, Statikern, Rechnungsprüfern, Ausschreibungen und Ähnliches fallen damit nicht unter den Begriff der Bauleistung. Als Bauleistung gelten im Bereich des 13b UStG alle Leistungen (Werklieferungen und sonstige Leistungen), die der Herstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, wobei der Begriff des Bauwerks nicht nur Gebäude, sondern sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellte Anlagen (Brücken, Straßen, Tunnel, Versorgungsleitungen) umfasst. Bei Leistungen von Bauträgern ist zu differenzieren: Werden die Verträge mit den Kunden zu einem Zeitpunkt geschlossen, in dem der Kunde noch Einfluss auf die Bauausführung und gestaltung nehmen kann, liegt in der Regel ein Werk- oder Werklieferungsvertag vor mit der Folge, dass der Bauträger eine Bauleistung erbringt. Der Verkauf von bereits fertig gestellten Wohnungen stellt hingegen keine Bauleistung, sondern eine bloße Grundstückslieferung dar. Die Einordnung als Bauleistung setzt voraus, dass die Leistung sich unmittelbar auf die Substanz eines Bauwerks auswirkt, das heißt Substanz erweitert, verbessert, erhält oder beseitigt. Hierzu zählen Erhaltungsaufwendungen (zum Beispiel Reparaturleistungen), künstlerische Leistungen und Reinigungsleistungen mit Substanzveränderung (zum Beispiel Sandstrahlen), der Einbau von Fenstern und Türen sowie Bodenbelägen, Aufzügen, - 2 -
3 Rolltreppen und Heizungsanlagen sowie Einrichtungsgegen-ständen, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind, wie zum Beispiel Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinrichtungen. Außerdem zählen hierzu Erdarbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung eines Bauwerks, die Installation einer Lichtwerbeanlage oder die Dachbegrünung eines Bauwerks; dagegen zählen dazu keine Reinigungsleistungen oder Wartungsarbeiten ohne Substanzveränderung, ebenso nicht das Aufstellen von Messeständen und der Gerüstbau sowie keine reinen Lieferungen zum Beispiel von Material, Beton, Wasser und Energie. Einzelheiten dazu, was als Bauleistung einzustufen ist, können Sie Abschnitt 13b.2. des Umsatzsteueranwendungserlasses entnehmen. Eine hilfreiche Aufstellung in tabellarischer Form gibt die Verfügung der OFD Karlsruhe vom (2) Definition des Leistungsempfängers/Bauleistende: Der Kreis der Steuerschuldner wird beschränkt auf Unternehmen, die selbst Bauleistungen im Sinn des 13b UStG erbringen. Bauleistender ist danach ein Unternehmen, das im vergangenen oder im laufenden Jahr nachhaltig Bauleistungen, das heißt mehr als 10 Prozent seiner steuerbaren Umsätze durch Bauleistungen erbracht hat (nicht: erbringen wird) * oder das eine Freistellungsbescheinigung nach 48b EStG zu umsatzsteuerlichen Zwecken vorlegt. Hat ein Unternehmer zunächst keine Bauleistung ausgeführt und beabsichtigt er, derartige Bauleistungen zu erbringen, ist er abweichend von Punkt 1 auch schon vor der erstmaligen Erbringung von Bauleistungen als bauleistender Unternehmer anzusehen, wenn er nach außen erkennbar mit ersten Handlungen zur nachhaltigen Erbringung von Bauleistungen begonnen hat und die Bauleistungen voraussichtlich mehr als 10 % seines Weltumsatzes betragen werden. Hinweis: Das Erfordernis der Nachhaltigkeit, welches sich nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern aus Abschnitt 13b 3. UStAE ergibt, ist in jüngerer Zeit Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen geworden. Einige Finanzgerichte lehnen das Kriterium der Nachhaltigkeit ab und erachten es als ausreichend, wenn der Unternehmer nur gelegentlich Bauleistungen erbringt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat unter anderem hierzu eine Vorlagefrage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gerichtet (hierzu im Einzelnen unter Punkt 4). Die Abgrenzung erfolgt unabhängig von der konkret bezogenen Leistung. Bei Organschaften wird der Organträger nur dann zum Steuerschuldner, wenn er oder die einzelne Organgesellschaft selbst nachhaltig Bauleistungen im Sinne von 13b UStG erbringt. Für jedes einzelne Unternehmen der Organschaft ist gesondert zu prüfen, ob die Nachhaltigkeitsgrenzen überschritten werden. Beim Überschreiten eines Unternehmens wird nicht die ganze Organschaft infiziert. Körperschaften des öffentlichen Rechts werden nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art zum Steuerschuldner, wenn mit ihnen Bauleistungen erbracht werden. Unternehmer, die eine Bauleistung für Dritte besorgen, erbringen selbst eine Bauleistung, es sei denn, es handelt sich um eine reine Bauträgerträgerleistung, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt. Diese Unternehmer werden zum nachhaltig Bauleistenden im Sinne der Neuregelung, wenn ihre Umsätze zu mehr als 10 Prozent aus besorgten Bauleistungen bestehen oder sie eine Freistellungsbescheinigung vorlegen. Unternehmer, die eigene Grundstücke zum Zweck des Verkaufs bebauen (zum Beispiel Bauträger), sind nur dann für die von anderen Unternehmern an sie erbrachten Bauleistungen Steuerschuldner nach 13b Absatz 5 S. 2 UStG, wenn die - 3 -
4 Bemessungsgrundlage der von ihnen getätigten Bauleistungen einschließlich Grundstücksgeschäfte, soweit es sich um Werklieferungen ( 3 Absatz 4 UStG) im Sinne von 13 b Absatz 2 Nr. 4 S. 1 UStG handelt mehr als 10 % der Summe ihrer steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze beträgt (Abschnitt 13b 3. Absatz 8 S. 4 UStAE). Wohnungseigentümergemeinschaften werden nicht zum Steuerschuldner, wenn sie Bauleistungen als nach 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften an die einzelnen Wohnungseigentümer weiter geben. Ein Leistungsempfänger, der eine Bauleistung von einem Kleinunternehmer, bei dem keine Umsatzsteuer erhoben wird (vergleiche 19 Absatz 1 UStG), bezieht, schuldet keine Umsatzsteuer nach 13b UStG. Dagegen kann ein Kleinunternehmer, der Bauleistungen erbringt, Umsatzsteuer nach 13b UStG schulden. (3) Bagatellgrenze: Nicht unter den Begriff der Bauleistung fallen nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums an sich als Bauleistung einzuordnende Reparatur- und Wartungsarbeiten an Bauwerken, wenn das (Netto-)Entgelt für den einzelnen Umsatz nicht mehr als 500 Euro beträgt. Die Bagatellregelung soll der Erleichterung der Abgrenzungsfragen bei Wartung und Reparaturen dienen. Sie ist grundsätzlich nicht anwendbar bei Anbauten, Neubauten, Erweiterungen, Abriss, das heißt Leistungen, die der Herstellung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Die Anwendung der Bagatellregelung ist nach Abschnitt 13b 2. Absatz 7 Nr. 15 UStAE zwingend. Damit soll es nicht möglich sein, aus Vereinfachungsgründen bei der Abrechnung an Bauleistende auch unterhalb der Bagatellgrenze bei Reparatur- und Wartungsleistungen die Regelungen zur Steuerschuldumkehr in Anspruch zu nehmen. Da der Gesetzeswortlaut die beschriebene Bagatellregelung nicht vorsieht, ist die Auffassung der Finanzverwaltung, die von der zwingenden Anwendung der Bagatellregelung ausgeht, jedoch zweifelhaft. 3. Zweifelsfälle Soweit im Einzelfall Zweifel bei der Abgrenzung der Leistung und der Einordnung als Steuerschuldner entstehen, wird nach den genannten Schreiben des Ministeriums die einvernehmliche Anwendung der Steuerschuldumkehr nicht beanstandet, sofern die Leistung zutreffend versteuert wird. 4. Rechtsprechung Mit Beschluss vom 30. Juni 2011, Az. V R 37/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Zweifelsfragen zur Vereinbarkeit der Regelung zur Steuerschuldumkehr bei Bauleistungen vorgelegt. In dem konkreten Fall errichtete eine Generalunternehmerin für die Klägerin ein Wohnhaus. Die Klägerin bezog somit von der Generalunternehmerin eine Werklieferung, wobei die Klägerin ihrerseits nicht nachhaltig Bauleistungen erbrachte, da ihr Weltumsatz zu weniger als 10 Prozent im Vorjahr aus Bauleistungen bestand. Die Frage nach der Vereinbarkeit der deutschen Regelung mit dem Unionsrecht stellte sich für den BFH in folgender Hinsicht: Zunächst ist nach der europäischen Ermächtigung die Steuerschuldumkehr auf die Erbringung von Bauleistungen gerichtet, während die deutsche Regelung ( 13b Absatz 2 Nr. 4 S. 1 UStG) neben sonstigen Leistungen auch Lieferungen umfasst, dabei aber auf die Erbringung von Werklieferungen beschränkt ist. Zudem sind nach der Ermächtigung alle Unternehmer als Leistungsempfänger Steuerschuldner, während das deutsche Umsatzsteuergesetz ( 13b Absatz 5 S. 2 UStG) zusätzlich fordert, - 4 -
5 dass der Leistungsempfänger selbst Bauleistungen erbringt, und die Finanzverwaltung darüber hinaus sogar noch verlangt, dass dies nachhaltig (10 % des Weltumsatzes) geschieht. Im Einzelnen hat der BFH dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Umfasst der Begriff der Bauleistungen i.s. von Artikel 2 Nr. 1 der Ermächtigung 2004/290/EG neben Dienstleistungen auch Lieferungen? 2. Falls sich die Ermächtigung zur Bestimmung des Leistungsempfängers als Steuerschuldner auch auf Lieferungen erstreckt: Ist der ermächtigte Mitgliedstaat berechtigt, die Ermächtigung nur teilweise für bestimmte Untergruppen wie einzelne Arten von Bauleistungen und für Leistungen an bestimmte Leistungsempfänger auszuüben? 3. Falls der Mitgliedstaat zu einer Untergruppenbildung berechtigt ist: Bestehen für den Mitgliedstaat Beschränkungen bei der Untergruppenbildung? 4. Falls der Mitgliedstaat zu einer Untergruppenbildung allgemein (s. oben Frage 2) oder aufgrund nicht beachteter Beschränkungen (s. oben Frage 3) nicht berechtigt ist: a) Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus einer unzulässigen Untergruppenbildung? b) Führt eine unzulässige Untergruppenbildung dazu, dass die Vorschrift des nationalen Rechts nur zugunsten einzelner Steuerpflichtiger oder allgemein nicht anzuwenden ist? Der EuGH entschied hierzu am , Az. C-395/11 wie folgt: Er bestätigte zunächst, dass der Begriff der Bauleistungen neben Dienstleistungen auch die Lieferung von Gegenständen umfasst. Hinsichtlich der zweiten und dritten Frage entschied er, dass die Bundesrepublik Deutschland auch berechtigt ist, die Umkehr der Steuerschuldnerschaft nur teilweise für bestimmte Untergruppen wie einzelne Arten von Bauleistungen und für Leistungen an bestimmte Leistungsempfänger vorzusehen, wobei bei der Bildung der Untergruppen der Grundsatz der steuerlichen Neutralität sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit zu wahren seien. Dies hat nun der BFH zu überprüfen. Eine Entscheidung steht noch aus. Stand: Januar 2014 Hinweis: Dieses Merkblatt soll nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Mitgliedsunternehmen der IHK Bonn/Rhein-Sieg erteilt weitere Information: Detlev Langer, Tel: 0228/ , Fax: 0228/ , Mail: langer@bonn.ihk.de Bonner Talweg 17, Bonn, Verantwortlich: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, Köln,
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