Dr. med. Sarah Schalinski Institut für Rechtsmedizin Charité Universitätsmedizin Berlin
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- Axel Tiedeman
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1 Klinische i Rechtsmedizin i Dr. med. Sarah Schalinski Institut für Rechtsmedizin Charité Universitätsmedizin Berlin
2 Kindesmisshandlung
3 Kindesmisshandlung: Systematik Aktive Vernachlässigung Verweigerung von Nahrung, Körperhygiene etc. Passive Vernachlässigung seelische Grausamkeit Sexueller Missbrauch Medizinische / morphologische Diagnose: Schwangerschaft, Nachweis von Sperma, nicht mit akzidenteller Entstehung erklärbare ano-genitale Verletzungen Körperliche Gewalt Battered-Child-Syndrome d (non-accidental injury) Shaken-Baby-Syndrome (Schütteltrauma) Kinderarbeit, d b it -prostitution etc.
4 Kindesmisshandlung: Aktive Vernachlässigung Klinische / postmortale Untersuchungsbefunde Untergewicht Atrophie von subkutanem Fettgewebe und Corpus adiposum buccae ( Greisengesicht Greisengesicht ) Perianale und periorale Ekzeme Verfilzung der Haare, Läusebefall
5 Kindesmisshandlung: Shaken-Baby-Syndrome (Schütteltrauma) Ätiologie manuelles Schütteln des Kindes an Brustkorb, Extremitäten oder Schultern (i.s. eines Akzelerations- /Dezelerationstraumas) stumpfes Anstoßtrauma ( shaken impact )
6 Kindesmisshandlung: Shaken-Baby-Syndrome (Schütteltrauma) Typische Verletzungen (einzeln oder in Kombination) Subduralhämatom Hirnödem Retinaeinblutungen, Glaskörpereinblutungen
7 Kindesmisshandlung: Shaken-Baby-Syndrome (Schütteltrauma) Scherkräfte führen zum Einreißen von Brückenvenen Subduralhämatom
8 Kindesmisshandlung: Shaken-Baby-Syndrome (Schütteltrauma) Subduralhämatom
9 Kindesmisshandlung: Shaken-Baby-Syndrome (Schütteltrauma) Pathogenese des Subduralhämatoms Im Säuglings-/Kleinkindesalter relativ schwerer Kopf (im Verhältnis zum Erwachsenen) Nackenmuskulatur noch schwach ausgebildet Dura mater noch fest mit Tabula interna der Dura mater noch fest mit Tabula interna der Schädelkalotte verwachsen (keine Verschieblichkeit gewährleistet)
10 Kindesmisshandlung: Shaken-Baby-Syndrome (Schütteltrauma) Untersuchungsbefunde Körperliche e Untersuchung u häufig spurenarm / keine äußeren Verletzungen u.u. Vorwölbung der vorderen Fontanelle (Hirndruck) ggf. Schürfungen, Kratzer, Griff-/Fingerdruckspuren an Armen, Beinen, Hand-/Fußgelenken, Brustkorb (Rekonstruktion!)
11 Kindesmisshandlung: Battered-Child-Syndrome Diagnostische Kriterien der Hautverletzungen Lokalisation Größe Farbe Formung Mehrzeitigkeit
12 Kindesmisshandlung: Lokalisation von Verletzungen Sturztypisch Nicht mit einfachem Sturzgeschehen zu vereinbaren
13 Kindesmisshandlung: Fallmanagement Verdacht auf Misshandlung äußern Dokumentation/Befundsicherung Rekonstruktion/Plausibilitätsfrage (Kongruenz? Diskrepanz?) Differentialdiagnosen (Ausschluss einer krankheitsbedingten Ursache) Diagnose (ggf. interdisziplinäre Fallkonferenz) Dokumentation der Kriterien des ärztlichen Entscheidungsprozesses Intervention
14 Kindesmisshandlung: Fallmanagement Verdacht auf Misshandlung äußern Dokumentation/Befundsicherung - Ab Fallübernahme lückenlose schriftliche und wenn möglich fotografische Dokumentation führen z.b. Wohnverhältnisse, Aussagen der Angehörigen, Nachbarn, - Großzügig asservieren
15 Kindesmisshandlung: Battered-Child-Syndrome Diagnostische Kriterien der Hautverletzungen Lokalisation Größe Farbe Formung Mehrzeitigkeit Skizze, Fotodokumentation frühzeitiges Hinzuziehen eines Rechtsmediziners
16 Kindesmisshandlung: Fallmanagement Verdacht auf Misshandlung äußern Dokumentation/Befundsicherung Rekonstruktion/Plausibilitätsfrage (Kongruenz? Diskrepanz?)
17 Kindesmisshandlung: Fallmanagement Verdacht auf Misshandlung äußern Dokumentation/Befundsicherung Rekonstruktion/Plausibilitätsfrage (Kongruenz? Diskrepanz?) Differentialdiagnosen (Ausschluss einer krankheitsbedingten Ursache) Diagnose (ggf. interdisziplinäre Fallkonferenz) Dokumentation der Kriterien des ärztlichen Entscheidungsprozesses
18 Kindesmisshandlung: Fallmanagement Verdacht auf Misshandlung äußern Dokumentation/Befundsicherung Rekonstruktion/Plausibilitätsfrage (Kongruenz? Diskrepanz?) Differentialdiagnosen (Ausschluss einer krankheitsbedingten Ursache) Diagnose (ggf. interdisziplinäre Fallkonferenz) Dokumentation der Kriterien des ärztlichen Entscheidungsprozesses Intervention
19 Kindesmisshandlung: Interventionsmöglichkeiten Einschaltung Kinderschutzbund d Einschaltung sozialer Dienste Einschaltung Jugendamt, z.b. Inobhutnahme gem. 42 Kinder- und Jugendhilfegesetz Direkte Kontaktaufnahme Familiengericht, z.b. Sorgerechtseinschränkung oder -entzug, Umgangsund Kontaktverbot für mutmasslichen Täter Strafanzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft
20 Kindesmisshandlung i dl Strafrechtliche h Würdigung 225 StGB: Misshandlung von Schutzbefohlenen Ttb Tatbestandsmerkmale: t quälen, roh misshandeln, dl böswillige Vernachlässigung Problematik des strafrechtlichen Nachweises einer Kindesmisshandlung Schwierigkeiten des Nachweises der Tatbestandsmerkmale Strafrechtlicher Nachweis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Untersuchungsverweigerungsrecht der Eltern nach 81 c Abs. 3 StPO
21 Rechtslage bis 2000 Züchtigungsrecht des Erziehungsberechtigten als Rechtfertigungsgrund für körperliche Misshandlung minderjähriger Kinder ( angemessene Züchtigung, Züchtigung objektiv zur Erreichung des Erziehungszwecks gerechtfertigt ) nach 1631 Abs. 2 BGB
22 Grundlegende Änderung der Rechtslage durch das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung v. 2. Nov Körperliche Züchtigungsmassnahmen sind tatbestandsmässig körperliche Misshandlungen, die straflos bleiben, wenn sie unerheblich sind Grenzen des elterlichen Erziehungsrechts in Form von Züchtigungen richten sich nach der Erheblichkeit der einzelnen Massnahme
23 Sexualdelikte
24 Sexualdelikte Statistik In (nur) 50% der gesicherten Vergewaltigungen Verletzungen (genital, extra-genital) Täter in 30% d.f. nicht mit Opfer bekannt ( Fremder ) ca. 10% der angezeigten Vergewaltigungen nur vorgetäuscht (40% Falschanzeigen in der Altersgruppe <16 J.)
25 Kasuistik Sexualdelikt
26 Sexualisierte Gewalt W, 34 J. Sei von entfernt bekanntem Mann vergewaltigt worden Habe Schmerzen in der linken Brust, da sie dort stark gebissen worden sei Ereignis liege 8 Stunden zurück
27 Sexualisierte Gewalt 1.Anamnese 2.Körperliche Untersuchung 3.Asservate?
28 1. Anamnese - Täter bekannt? Wer? Wie viele? - Wann? -Wo? - Wie (genau)?
29 1. Anamnese - Warum so viele peinliche Fragen?
30 Kindesmisshandlung: Fallmanagement Verdacht auf Misshandlung äußern Dokumentation/Befundsicherung Rekonstruktion/Plausibilitätsfrage (Kongruenz? Diskrepanz?) Differentialdiagnosen (Ausschluss einer krankheitsbedingten Ursache) Diagnose (ggf. interdisziplinäre Fallkonferenz) Dokumentation der Kriterien des ärztlichen Entscheidungsprozesses Intervention
31 1. Anamnese - Warum so viele peinliche Fragen?... Ermöglichen weitere g Ermittlungen!
32 1. 1. Anamnese - Wie? - Samenerguß (wohin?), Kondom? - Letzter einvernehmlicher GV, letzte Periode? Verhütungsmittel? - Reinigung nach dem Ereignis? - Impfungen/ Erkrankungen? - Handlung? Abwehr?
33 Sexualdelikte Dokumentation von Verletzungen Größe, Farbe, Lokalisation Photodokumentation (Maßstab!) Spuren- und Asservatsicherung Ejakulatabstriche aus Vagina, After, Mund; Lufttrocknung und Ausstriche auf Objektträger Abtupfen von Sperma- und Speichelspuren auf Haut mit (befeuchtetem) Wattetupfer Kleidungsstücke als Ganzes asservieren Blut-, Urinprobe HIV- und Hepatitis-Diagnostik
34 Sexualdelikte Mikroskopischer Spermanachweis Vaginalabstrich: mindestens 48 h Analabstrich: bis ca. 24h Oralabstrich: bis ca. 12 h
35 2. Körperliche Untersuchung - Verletzungsmuster t - Fixierverletzungen (Arme/Beine) - Spreizverletzungen - Entkleidungsverletzungen (BH/Hose) - Widerlagerverletzungen (Rücken,...) - Genitale Verletzungen - Allgemeine Verletzungen
36 Sexualdelikte Verletzungsmuster Verletzungen im Genitalbereich Deflorationsverletzungen: l t Einrisse, i Unterblutungen t des Hymenalrings Hämatome im Genitalbereich i Überdehnungsrisse zwischen großen und kleinen Labien (Via falsa) Mechanische Schleimhautrötungen (DD: entzündliche Prozesse)
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