Kapitel 7 End- zu End- Verzögerung
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- Luisa Fiedler
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1 97 Kapitel 7 End- zu End- Verzögerung
2 98 7 End-zu-End-Verzögerung 7.1 Verzögerung allgemein Paketverluste und große Verzögerungen, sind in IP- Netzwerken nichts Ungewöhnliches. Für Nicht- Echtzeit-Anwendungen, z.b. FTP, ist dies unkritisch, da verloren gegangene Pakete neu übertragen werden. Echtzeitsprachinformationen müssen aber innerhalb einer kleinen Zeitspanne den Empfänger erreichen. Durch zu späte Ankunft oder Neuübertragungen der Pakete entstehen große Verzögerungen, was zum Abschneiden oder zur Unverständlichkeit der Sprache führt. Die meisten Menschen nehmen eine Ende-zu-Ende-Verzögerung von bis zu 100 ms nicht wahr. Zwischen 100 ms und 300 ms ist eine leichte Verzögerung in der Antwortzeit des Partners zu bemerken. Ab einer Verzögerung von über 300 ms kann das Gespräch aus dem Takt geraten, ab einem gewissen Punkt ist keine Unterhaltung mehr möglich. Echo, also die Rückkehr des selbst Gesprochenen durch den Telefonhörer, ist auch in PSTNs vorhanden, wird aber aufgrund der geringen Ende-zu-Ende-Verzögerung nicht wahrgenommen. Durch die größere Verzögerung in VoIP- Telefonaten kann dies die Sprachqualität wesentlich beeinflussen. Die Empfehlung der International-Telecommunication-Union (ITU) G.114 besagt, dass für eine gute Sprachqualität nicht mehr als 150ms einseitige Ende-zu-Ende-Verzögerung auftreten sollte.
3 7.1 Verzögerung allgemein 99 Die Übertragung von einem Endpunkt im Netzwerk zum anderen erfordert eine gewisse Zeit. Dabei gibt es zunächst einen festen Teil, die konstante Verzögerung, die durch Wahl des zu verwendenden Codecs und der Netzwerkkomponenten beeinflussbar und ziemlich gut berechenbar ist. Dieser wird durch die Zeit, die Kodierungsalgorithmen an beiden Endpunkten benötigen, durch die Hardwarelatenzzeit auf den beteiligten End- und Knotenpunkten und durch die reine physikalische Übertragungsgeschwindigkeit festgelegt, welche die verschiedenen Medien über bestimmte Entfernungen aufweisen. Zusätzlich entstehen dynamische Verzögerungen beispielsweise durch volle Warteschlangen bei Überlast an Switches und Routern oder durch die eventuelle Wahl alternativer Routen zum Zielpunkt. Diese Probleme können auch die Ursache für zwei andere Übertragungsfehler sein, nämlich Paketverluste und vertauschte Reihenfolge der Sprachpakete.
4 100 7 End-zu-End-Verzögerung Die zwischen Sprachsender und Empfänger auftretenden Laufzeiten verursachen die für eine paketbasierte Sprachübertragung typischen Verzögerungen bzw. den Delay. Eine konstante Laufzeit hat keinen Einfluss auf die Qualität des Sprachsignals. Sie führt jedoch zu Problemen bei Dialogen, da sie eine hörbare verspätete Reaktion des Gesprächspartners herbeiführen kann. Die durch das Komprimieren der Sprache bedingte Verzögerung ist abhängig vom verwendeten CODEC und von der Art des IP- Telefons. IP-Soft-Phones nutzen die Soundkarte eines PC s und wandeln die analoge Sprache in IP- Pakete um. Die meisten Desktop-Betriebssysteme sind jedoch nicht echtzeitfähig. Die Verzögerung, die durch eine Software- Sprachkompression entsteht, kann daher im Sekundenbereich liegen. Im Gegensatz zu Soft- Phones wird bei Hard-Phones ein geringerer Zeitaufwand der Komprimierung durch Integration des CODECS in den Digitalen Signal Prozessor erreicht. Außerdem hat die Paketierungszeit, die abhängig vom verwendeten CODEC und von der Anzahl der Sprachaufnahmen pro IP- Paket ist, einen wesentlichen Einfluss auf die konstante Verzögerung. Der Einfluss der Serialisierungsverzögerung, welche die notwendige Zeitdauer beschreibt, um ein Bit oder Byte auf die Netzwerkschnittstelle zu setzen, ist minimal und liegt bei 1ms.
5 7.1 Verzögerung allgemein 101 Ausschlaggebend für die Übertragungszeiten in einem Netzwerk sind die Ausbreitungsverzögerung - das ist die Verzögerung der Signale in Glasfaser- oder kupferbasierten Netzwerken - und die Übertragungsraten der Verbindungswege, die je nach Größe des zu übertragenden Pakets und verfügbarer Bandbreite unterschiedlich sind. Durch die Analyse der Datenpakete benötigen Router eine Verarbeitungszeitspanne, um die Daten in Warteschlangen einzuordnen. Außerdem entsteht eine Wartezeit an den Netzwerknoten, wenn Pakete wegen Datenstau an einer ausgehenden Schnittstelle in eine Warteschlange gesetzt werden. Diese Warteschlangenverzögerung tritt auf, wenn mehr Pakete ausgesendet werden, als die Schnittstelle in einem bestimmten Zeitraum verarbeiten kann. Gateways und Firewalls müssen gegebenenfalls mit berücksichtigt werden, um die Übertragungszeiten eines Sprachpaketes im Netzwerk berechnen zu können.
6 102 7 End-zu-End-Verzögerung 7.2 Jitter Beim so genannten Jitter treffen Pakete, die in gleichmäßigen Intervallen in das Netz gesendet werden, in unregelmäßigen Abständen oder vertauschter Reihenfolge beim Empfänger ein. Ist ein Paket zu schnell am Ziel, kann es sein, dass es nicht ordentlich dekodiert werden kann oder gar verworfen werden muss, weil das vorhergehende Paket noch verarbeitet wird. Kommt es dagegen später als erwartet beim Empfänger an, könnten Lücken in der Sprachwiedergabe entstehen. Jitter ist der Unterschied zwischen dem Zeitpunkt, wann das Paket erwartet wird, und dem Zeitpunkt, zu dem es tatsächlich empfangen wird. Dem Jitter kann man durch den Einsatz eines Jitter-Buffers an den Endpunkten entgegenwirken. Der Jitter-Buffer nimmt Pakete aus dem Netz entgegen und leitet diese zeitlich verzögert, aber in gleichmäßigen Abständen und in der richtigen Reihenfolge an die Dekodiereinheit weiter. Natürlich erhöht sich anhand der Größe des Jitter-Buffers, dadurch auch die Gesamtverzögerung. Treffen die Pakete beim Empfänger in einer anderen Reihenfolge ein, als vom Sender beabsichtigt, spricht man von einem Sequence-Error. Häufigste Ursache hierfür ist, dass einige zu einer Übertragung gehörende Pakete auf Grund einer Überlast umgeleitet werden und so ihr Ziel auf einem anderen, möglicherweise langsameren Weg erreichen. Wie gut solche Fehler in der Paket-Reihenfolge ausgeglichen beziehungsweise überspielt werden können, hängt in erster Linie von der Größe des Jitter-Buffers und dem verwendeten Codec ab.
7 7.3 Paketverlust Paketverlust Dies gilt auch für den Fall, dass bei der Übertragung Pakete ganz verloren gehen, man spricht dann von Packet-Loss. Die Ursache hierfür kann sein, dass auf dem Weg zum Ziel eine Warteschlange nicht schnell genug verarbeitet werden kann und Pakete verworfen werden müssen oder dass Pakete mit einer so großen Verzögerung beim Empfänger eintreffen, dass sie nicht mehr als zur Übertragung gehörend erkannt werden. Gleichzeitig sind in einem Datennetz auch Paketverluste - bedingt durch Übertragungsstörungen oder Router-Überlastungen, bei denen kurzfristig nicht alle einkommenden Pakete verarbeitet werden können - nie vollständig auszuschließen. Bei der verbindungsorientierten Datenübertragung wird dieses Problem dadurch entschärft, dass gesendete Pakete zwischengespeichert und bei Verlust nochmals gesendet werden können. Dieses Verfahren ist aber für Echtzeitübertragungen wenig geeignet. Ein Paket muss innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens beim Empfänger ankommen, damit die Decodierung der Sprachdaten in analoge Sprachsignale ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Kommt ein Paket "zu spät" am Ziel an, so ist es für den Codec unbrauchbar und gilt als verloren. Dieses Problem kann mit letzter Sicherheit nur in leitungsvermittelten Netzen wie z.b. im klassischen Telefonnetz gelöst werden. Bei dieser Verbindung wird ein vollständig reservierter Übertragungsweg für die Sprachdaten zur Verfügung gestellt. Erfreulicherweise ist die subjektiv empfundene Sprachqualität bei geringen Paketverlusten nur sehr gering beeinträchtigt und so werden Paketverluste von bis zu 5% kaum wahrgenommen. Die folgende Abbildung zeigt den Bereich von Paketverlusten und Delays, der nach dem Standard G.114 der ITU für Sprachübertragung als ungeeignet, als akzeptabel oder als "Zielqualität" eingestuft wird. Das Erreichen des "grünen Sektors", also weniger als 5% Paketverluste und Delays unterhalb von 150 ms, stellt deshalb eines der wichtigsten Ziele der VoIP-Technologie dar.
8 104 7 End-zu-End-Verzögerung
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