Medienart: Print Medientyp: Publikumszeitschriften Auflage: 37'909 Erscheinungsweise: 4x jährlich
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- Margarete Hermann
- vor 8 Jahren
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1 FAMILIENUNTERNEHMEN Als Nicolas G. Hayek (rechts) 1983 die Firma SMH, die heutige Swatch Group, gründete, befand sich die Schweizer Uhrenindustrie in einer schweren Krise, hervorgerufen durch die Billig-Konkurrenz aus Asien. Inzwischen zählt der Konzern zu den grössten Luxusfirmen der Welt. Die Familie Hayek hält über 40 Prozent der Stimmen und ist in der Gruppe omnipräsent. Das Verwaltungsratspräsidium liegt bei Nayla Hayek, ihr Bruder Nick Hayek (links) ist seit 2003 Konzernchef. Ausschnitt Seite: 1/8
2 Wenn die Familie in einem Unternehmen das Sagen hat, lohnt sich ein Engagement - auch für Minderheitsaktionäre. Denn solche Firmen legen Wert auf eine nachhaltig erfolgreiche Entwicklung. TEXT: ROBERTO STEFANO Basel - Mulllause -DY 4 BILDER: PARIS MATCH VIA GETTY IMAGES (2), EDUARD MARMET; BRUNO TORRICELLI (SOBLI RD8), LAURENT GILLIERON (KEYSTONE) 52 Ausschnitt Seite: 2/8
3 Serge Dassault übernahm 1986 mit bereits 61 Jahren die Führung des französischen Flugzeugbauers von seinem Vater, dem Gründer und Aviatikpionier Marcel Dassault (links). Am Anfang der Erfolgsgeschichte der Firma, die im Kampfflugzeug Mirage gipfelte, stand die Dassault Flamant, deren Erstflug 1947 stattfand (auf dem Bild am Flughafen Basel-Mulhouse). Serge Dassault ist Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer des Luftfahrtkonzerns und hat vier Kinder. Das Vermögen der Familie wird auf 14,6 Milliarden Dollar geschätzt. ollar er Entscheid der Familie Burkard, den Baustoffkonzern Sika an den französischen Konkurrenten Saint-Gobain zu verkaufen, rief Ende 2014 einen Sturm der Entrüstung aus. Die Minderheitsaktionäre fühlten sich verraten, machtlos gegenüber den dominierenden Familienbanden. «Eine schrecklich gierige Familie» titelte der «Blick». Der Widerstand des Managements und des Verwaltungsrats von Sika gegenüber den Eigentümern fand bis in die Politik Gehör. Heute gilt der Fall Sika als Mahnmal für die Ohnmacht der Minderheitsaktionäre in einer durch eine Familie gesteuerten Firma - die Affäre hat das Image der Familienunternehmen angekratzt. Zu Unrecht. Die Auseinandersetzung um den Baustoffkonzern ist ein Spezialfall. In der Regel finden sich auch bei familiengeführten Unternehmen einvernehmliche Lösungen, wenn sich die Eigentümer von ihrem Lebenswerk trennen. Hinzu kommt, dass sich Investitionen in Familienunternehmen in der Vergangenheit für langfristig orientierte Anleger zumeist als gutes Investment erwiesen haben. Selbst bei Sika profitierten die Minderheiten von einem über Jahre anhaltenden Aufwärtstrend. Der Titel gehörte, was die Kursperformance über die letzten zehn Jahre betrifft, zu den Spitzenwerten an der Schweizer Börse. Und selbst nach dem dramatischen Absturz um fast 25 Prozent infolge der geplanten Veräusserung schafft es die Aktie im Vergleichszeitraum noch immer unter die Top 20. Dass sich die Investition in Familienunternehmen selbst für Minderheitsaktionäre lohnt, belegt auch der Family- Index der Credit Suisse. Dieser setzt sich aus 40 Familienunternehmen in Europa und den Vereinigten Staaten zusammen. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre übertraf er den Vergleichsindex MSCI World deutlich. Die Überperformance hält mit einem Plus von 4,3 Prozent gegenüber 3,2 Prozent auch in diesem Jahr an. «Der Grund für das gute Abschneiden der Familienunternehmen liegt in ihrer Nachhaltigkeit», sagt Urs Frey, Geschäftsleitungsmitglied am Center for Family Business der Universität St. Gallen. Dabei bezieht sich Nachhaltigkeit auf die Geschäftsführung. «Familienunternehmen gehen weniger oder kalkuliertere Risiken ein und bewegen sich näher an ihrem Kerngeschäft», so Frey. Da ein Grossteil des Familienvermögens im Unternehmen gebunden ist, sind die Firmen in der Regel klar langfristig ausgerichtet, um das Überleben der Gesellschaft über mehrere Generationen hinweg zu sichern. Ausschnitt Seite: 3/8
4 Die Logistikfirma Kuhne+Nagel Kühne+Nagel wurde 1890 durch August Kuhne Kühne (links) und Friedrich Nagel (oben) gegründet. gegrundet Im Jahr 1963 wurde der Gründerenkel Grunderenkel Klaus- Michael Kühne (unten) mit 26 Jahren Teilhaber. Er trieb die Internationalisierung des Konzerns voran und formte daraus einen weltweit führenden Logistikdienstleister. Mittlerweile hat sich Kühne aus der Firma zuruckgezo- zurückgezogen. Er kontrolliert den Konzern über die Kühne-Stiftung mit Sitz in Schindellegi, SZ. 0 KtIHNE NAGEL Kurzfristige Strategieanpassungen zur Gewinnmaximierung werden vermieden. «Die Familien bevorzugen eine kontinuierliche Entwicklung gegenüber einem möglichst spektakulären Gewinn aufgrund von riskanten Investitionen», sagt der Ökonom. Standfester in der Krise Dies wiederum hat den Vorteil, dass sich die Unternehmen auch unter schwierigeren Rahmenbedingungen erfreulich halten können. «In einer negativen Wirtschaftslage sind sie weniger anfällig auf Rückschläge», sagt Frey. Die Stabilität in Krisenzeiten zeigte sich unter anderem in der Finanzkrise Bereits zwei Jahre nach dem Crash hatten Konzerne mit hohem Familieneinfluss bei der Profitabilität im Schnitt wieder das Vorkrisenniveau erreicht, wie eine Analyse der Frankfurter BHF-Bank zeigte. Ein Grund dafür ist, dass familiengeprägte Gesellschaften häufig versuchen, auf einen Personalabbau zu verzichten und anderswo die Effizienz zu steigern. Dadurch sind sie, sobald eine Erholung einsetzt, besser aufgestellt als ihre Konkurrenten. Dass sie sich dieses Vorgehen überhaupt leisten können, hängt mit ihrer hohen Eigenkapitalquote zusammen, die dem Unternehmen die nötige Stabilität verleiht. «Dies zieht sich als gemeinsamer Nenner durch die Bilanzen von praktisch allen Familienunternehmen», sagt Birgitte Olsen, Managerin der Funds BB Entrepreneur Switzerland und Europe von Bellevue Asset Management. Die Unternehmer wollen sich nicht von den Banken ins Geschäft dreinreden lassen oder um Mittel für Investitionen betteln müssen, um ihre Visionen umzusetzen. Dies gelte sowohl bei Neugründungen als auch bei traditionsreichen Firmen, die bereits über mehrere Generationen existieren. «Familienunternehmen verfügen auch in der Krise über den nötigen Kapitalzugang und sind entsprechend flexibler, um auch einmal antizyklische Investitionen zu tätigen», sagt Olsen. Ohne dieses Kapitalpolster wären sie in einem Abschwung wohl ebenfalls gezwungen, sich von interessanten Aktiven zu trennen. Ausschnitt Seite: 4/8
5 Giovanni Agnelli Agnelh (oben)war 1899 Migrunder Migründer der Fabbnca Fabbrica Itahana Italiana Automobili Automobil' Torino, kurz Mat. Fiat Im folgenden Jahr brachten die Italiener ihr erstes Fahrzeug, den 4 HP, auf den Markt. Zum einflussreichsten Industriellen Italiens schaffte es der Enkel des Firmengründers, Gianni Agnelli, der Fiat von 1966 bis 1996 vorstand, im Bild zusammen mit seiner Familie. Das Erbe der Agnellis wird heute von John Elkann, dem Neffe von Gianni Agnelli, verwaltet. 1 Gemäss einer Studie der Boston Consulting Group wissen Familienunternehmen ihre Mittel überaus erfolgreich einzusetzen. Die Rentabilität dieser Gesellschaften jedenfalls erweist sich, gemessen an der Eigenkapitalrendite, in allen Phasen eines Konjunkturzyklus als fester als bei nicht familiengeführten Konkurrenten. Immer wieder hervorgehoben wird auch das hohe Kostenbewusstsein der Familienunternehmen. «Dies widerspiegelt sich nicht nur in den Löhnen für die Angestellten, sondern in der ganzen Kostenstruktur innerhalb der Gesellschaft», sagt die Bellevue-Fondsmanagerin. Beispielsweise ist sogar ein Luxusuhrenhersteller wie Swatch extrem kostenbewusst. Wer sich davon ein Bild machen wolle, müsse nur einmal am Swatch-Hauptsitz in Biel vorbeischauen. «Von Luxus ist dort keine Spur, es sieht eher aus wie ein schlankes Industrieunternehmen.» Die Nachhaltigkeit der Familienunternehmen zeigt sich schliesslich auch im Management der Gesellschaft. Anders als bei nicht familiengeführten Firmen bleibt die Geschäftsleitung im Durchschnitt acht bis neun Jahre im Unternehmen. Der Firmenchef erhält damit genügend Zeit, um die langfristige Strategie der Eigentümer auch tatsächlich umzusetzen. Strategische Starrheit «Die hohe Stabilität der Familienunternehmen kann sich aber auch als Hindernis herausstellen», sagt Frey von der Universität St. Gallen. Zu denken ist an eine gewisse strategische Starrheit. Die Gesellschaften gelten nicht als besonders innovationsfreudig, es besteht sogar die Gefahr, dass sie zu lange an bewährten Technologien festhalten. Der Hauptnachteil für die Anleger liegt aber in der Ab- Ausschnitt Seite: 5/8
6 FAMILIENUNTERNEHMEN DKSH ist aus den Familienunternehmen Eduard Keller & Co. (Bild, A A. Keller), Diethelm & Co. sowie der SieberHegner-Gruppe erwachsen. Bereits ab 1865 segelten die Firmengründer nach Asien (Bild) und gründeten dort erste Handelsfirmen (Keller-Sitz in Manila, Philippinen). Noch immer ist die Familie Keller unter anderem mit Adrian T. Keller (Bild) als Verwaltungsratspräsident im Konzern aktiv. Die Diethelm Keller Holding ist mit einem Aktienanteil von 45 Prozent Hauptaktionerin Hauptaktionärin an der auf die Marktexpansion in Asien fokussierten Firma. KELLER Familienunternehmen mit Potenzial SCHWEIZ Land/Branche Familienbesitz in % Familie Börsenwert in Mrd. Franken Performance 2015 in in% 1 Compagnie Financiere Tradition Finanzen 68,9 Combes 0, Bossard Logistik 56,1 Bossard 0,9 4 3 Burckhardt Compression Maschinenbau 12,4 MBO-Aktionäre 1,4 8 4 Huber & Suhner Technologie 11,9 Bodmer/Abegg 0,9-9 5 Swatch Luxusgüter 40,8 Hayek 23,3-5 EUROPA Land/Branche Familienbesitz in % Familie Börsenwert in Mrd. Franken Performance 2015 in % 1 Det Norske Oljeselskap Norwegen/Ölindustrie 49,9 Kjell Inge Rekke Rake über Aker ASA 1, Esprinet Italien/IT-Logistik 15,7 Francesco Monti 0, Laboratorios Farmacduticos Farmaceuticos Rovi Spanien/Pharma 69,6 LopesBelmonte Lopes-Belmonte 0, Lundin Petroleum Schweden /Ölindustrie 28,2 Lundin 4, Sonae Portugal/Konsumgüter 53,1 Belmiro de Azevedo 2,7 23 QUELLE: BELLEVUE ASSET MANAGEMENT/BLOOMBERG/HANDELSZEITUNG, STAND: 4. MAI 2015 Ausschnitt Seite: 6/8
7 Die grössten europäischen Familienunternehmen Unternehmen Land hesitz Börsenwert in Eigenkapital- Familienbesitz in % Mrd. Franken rendite in % 1 Roche Schweiz 50 Oeri/Hoffman Anheuser-Busch InBev Belgien 45 Stichting Foundation Volkswagen Deutschland 32 Piöch/Porsche VOM& L'Oröal Frankreich 31 Bettencourt Inditex Spanien 59 Ortega BMW Deutschland 47 Quandt Ouandt Hennes & Mauritz Schweden 38 Persson Richemont Schweiz 50 Rupert AP Moeller-Maersk Dänemark 55 McKinney Moller Henkel Deutschland 53 Henkel QUELLE: JULIUS BAR/BLOOMBERG, BÄR/BLOOMBERG, STAND: MAI MAI Von einer USA-Reise im Jahr 1946 brachte Erling Persson (Mitte) die Idee eines Günstig- Kleider-Geschaftes Kleider-Geschäftes nach Schweden. Ein Jahr später eroffnete eröffnete er das erste Hennes- Geschäft (links). Erlings Sohn Stefan Persson fuhrte führte das Unternehmen bis 1997, seither ist er Verwaltungsratspräsident. Er hält heute 31 Prozent an H&M. Mit einem Vermögen von 28 Milliarden Dollar ist er vor IKEA-Gründer Kampard der reichste Schwede. Sein Sohn Karl-Johan Persson (Bild) leitet heute den Konzern. Q2/2015 Q2,2015 MILLIONAR MILLIONÄR HANDELSZEITUNG Ausschnitt Seite: 7/8
8 hängigkeit von der bestimmenden Familie. «Als Minderheitsaktionär ist man den Eigentümern ausgeliefert, dies gilt sowohl in den guten wie auch den schlechten Zeiten», sagt Fondsmanagerin Olsen. Wie der Fall Sika gezeigt hat, dürfe man hier nicht blauäugig sein. Gar als toxische Kombination bezeichnet sie die Sika-Aktionärsstruktur mit einer Vinkulierung und einer Optingout-Klausel, bei der die Minderheiten im Verkaufsfall leer ausgehen. «Man muss sich dieser Risiken bewusst sein, wenn man Aktien von solchen Firmen kauft.» Wer grössere Summen investieren will, muss sich zudem im Klaren sein, dass Familienunternehmen in der Regel einen geringeren Streubesitz und eine deutlich tiefere Liquidität der Aktien aufweisen. Dadurch wird der Verkauf einer Beteiligung, insbesondere in rückläufigen Märkten, deutlich erschwert. Angesichts dieser Fallstricke ist bei Familienunternehmen besondere Vorsicht angebracht. Neben den Kennzahlen und der Finanzstruktur sollte den Softfaktoren erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. «Eine Aktie kann sehr günstig bewertet sein, aber erhebliche Mängel aufweisen, die in der Führung des Unternehmens zu finden sind», sagt Olsen. Zu denken sei dabei an die Qualität des Eigentümers, seine Verlässlichkeit, Kontinuität und die Kultur im Unternehmen. Auch die Lohnstruktur gebe ein gutes Bild über die Firma ab. «Ein gutes Indiz für die Verbundenheit mit dem Unternehmen ist auch, wenn die Familie aktiv im Unternehmen tätig ist», so 01- sen. Dass es selbst dann noch zu Überraschungen kommen kann, hat der Fall Sika gezeigt. Darum gilt abschliessend eine Maxime: Hände weg von Firmen mit einer dualen Aktienstruktur und Opting-out-Klausel. WAS FAMILENUNTERNEHMEN AUSMACHT Grundsätzlich besteht keine allgemeingültige Definition von Familienunternehmen. Eine Familie muss eine substanzielle Beteiligung an der Firma besitzen. Bei börsenkotierten Gesellschaften liegt die Schwelle bei rund 20 Prozent, kann aber auch davon abweichen, wenn der Einfluss der Gründer dennoch spürbar ist. Transparent wird die Prägung durch die Familie, wenn ein Gründer oder dessen Nachkomme aktiv im Unternehmen engagiert ist. Der Eigentümer kann als Ankeraktionär, aber auch aus dem Hintergrund heraus Einfluss nehmen. TIPP: AKTIEN VON FAMILENUNTERNEHMEN «Toxische» Kombinationen vermeiden Der Fall Sika hat Familienunternehmen und ihre Aktienstruktur in Verruf gebracht. Dabei geht vergessen, dass eine Vinkulierung, welche den Familien eine Stimmenmehrheit zuspricht, durchaus verbreitet und auch berechtigt ist. Ohne eine duale Aktionärsstruktur hätten in Europa zahlreiche, nach wie vor höchst erfolgreiche Firmen ihre Unabhängigkeit längst verloren und ihre langfristige Strategie nicht durchziehen können. Obwohl die Losung One Share - One Vote vorzuziehen ist, kann sich hier ein Engagement selbst als Minderheitsaktionär lohnen. Vorsicht ist bei einer «toxischen» Kombination aus Vinkulierung und einer Opting-out-Klausel geboten, wie sie bei Sika anzutreffen war. In diesem Fall können die Eigentümer die Firma verkaufen, ohne dass den Minderheiten ein Angebot unterbreitet werden muss. Diese Konstellation ist heute nur noch selten anzutreffen. Ausschnitt Seite: 8/8
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