Stammbaum der Huftiere

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1 Koevolution von Parasit und Wirt Wildtiere als Quelle von Parasitosen bei landwirtschaftlichen Nutztieren Parasiten sind als niedriger organisierte Lebewesen entwicklungsgeschichtlich älter als ihre Wirte. Sie haben die Evolution ihrer Wirte in einer Koevolution begleitet. H. Prosl ehem. Inst. f. Parasitologie, VUW Stammbaum der Huftiere Werden Parasiten von einer Wildart auf eine andere, von Wildtieren auf Haustiere übertragen? In sehr nahe verwandten Tierarten schmarotzen auch sehr nahe verwandte Parasitenarten. Üblicherweise können daher in einem gemeinsamen Lebensraum diese Parasiten bei allen nahe verwandten Wirtstierarten nachgewiesen werden, jedoch dominieren immer die typischen oder jeweils dominanten Parasiten. Nahe verwandte Haus- und Wildtiere haben weitgehend dieselben Parasitenarten Nahe verwandte Haus- und Wildtiere haben weitgehend dieselben Parasitenarten Heidschnucke Mufflon Heidschnucke Mufflon 1

2 Nahe verwandte Haus- und Wildtiere haben weitgehend dieselben Parasitenarten Gämsen sind mit Schafen und Ziegen nicht direkt verwandt, Kupferhalsbock (Walliserziege( ) Steinbock naturfotografen-forum.de/.../gamsbock-nf-tn.jpg sie haben aber viele Parasitenarten gemeinsam (übernommen?) Übertragung von Erregern ist abhängig von der Wirtsspezifität Kokzidien bei Schafen, Ziegen und Gämsen Kokzidien (Einzeller im Darm) sind streng wirtsspezifisch jede Tierart hat ihre eigenen Kokzidienarten! Keine Übertragung von: Hirsch Reh Gams Schaf Ziege Rind Übertragung Mufflon Hausschaf oder Steinbock Hausziege möglich Übertragung von Erregern ist abhängig von der Wirtsspezifität Leberegel sind wenig wirtsspezifisch Leberegel beim Schalenwild Fascioloides magna Hauswiederkäuer uer Wildwiederkäuer Kleiner Leberegel Dicrocoelium dentriticum Großer Leberegel Fasciola hepatica Amer. Riesenleberegel Fascioloides magna Dicrocoelium dentriticum Fasciola hepatica 2

3 Biologie: Lanzettegel Großer Leberegel Amer. Riesenleberegel Biologie: Lanzettegel Auf trockenen Südhängen Auf feuchten Äsungsflächen sind bei kleinen Wiederkäuern weit verbreitet und können daher beim Rehwild in Endemiegebieten häufig nachgewiesen werden. Für Haus und Wildwiederkäuer wenig pathogen (nur in sehr großer Anzahl). Neuweltkameliden sind dagegen sehr empfindlich gegen Infektionen mit Dicrocoelium und können an einem Befall mit kleinen Leberegeln verenden. Biologie: Großer Leberegel Amer. Riesenleberegel Fascioloides magna beim Rothirsch Fasciola hepatica Fascioloides magna Fascioloides magna beim Rothirsch Fascioloides magna beim Reh Dr. MMag. Josef Ursprung 3

4 Wirte (Literaturübersicht) Wirte (Literaturübersicht) Wirte (in Nordamerika) Übertragung von F. magna auf Haustiere In Amerika auf Rinder, Pferde, Ziegen u. Schafe In Italien vom Rothirsch auf Rinder In Böhmen (ehem. CSR) auf Rinder und Schafe In Kroatien auf Schafe Überall, wo F. hepatica vorkommt könnte auch F. magna seinen Entwicklungskreislauf etablieren. Verbreitungsgebiete von Fasciola hepatica in Österreich sind potentielle Habitate für Fascioloides magna F. hepatica-befall beim Rind?? 4

5 F. hepatica-befall beim Rind Schaf Reh Schaf Großer Leberegel beim Reh Fasciola hepatica Parasiten bei den Wiederkäuern Lungenwürmer Rind Schaf / Ziege Gämse Dictyocaulus viviparus Dictyocaulus filaria (Dictyocaulus filaria) Keine kl. Lungenwürmer! Muellerius capillaris, Protostrongylus rufescens Cystocaulus ocreatus, Neostrongylus linearis M. tenuispiculatus, P. austriacus Cystocaulus, Neostrongylus (?) Parasiten bei den Wildwiederkäuern Entwicklungskreislauf Lungen- und Magen-Darm-Würmer Lungenwürmer Rehwild Dictyocaulus capreoli (D. nörneri) Varestrongylus capreoli Rotwild Dictyocaulus eckerti Varestrongylus sagittatus Hirnhäute, Muskulatur: Elaphostrongylus cervi Varestrongylus Dictyocaulus MDS 5

6 Großer Lungenwurm beim Reh Großer Lungenwurm beim Rothirsch Dictyocaulus capreoli Vikariierendes Emphysem Dictyocaulus eckerti Kleine Lungenwürmer beim Schaf Brutknoten in der Lunge Muellerius Angeschnittene Brutknoten Protostrongylus Muellerius Cystocaulus Brutknoten sehen dramatisch aus Kl. Lungenwürmer aber weniger pathogen! Eier und Larven im Abstrich Kleine Lungenwürmer bei Reh und Gämse Kleiner Lungenwurm beim Rothirsch Rehlunge Gamslungen (Fotos S. Rehbein) Varestrongylus sagittatus -Befall 6

7 Elaphostrongylus cervi Elaphostrongylus cervi Ei in der Lunge ca. 50 µm Eier im Weibchen ca. 20 µm Hinterende Larve 1 ca. 400 µm Elaphostrongylus cervi Lumbale Parese bei der Ziege Die lumbale Parese, auch zerebrospinale Nematodiasis und im Volksmund «Hirschwurmkrankheit» genannt, wird durch Elaphostrongylus cervi verursacht. Petechiale Blutungen in der Lunge Es handelt sich um eine parasitäre Erkrankung von Gehirn und Rückenmark, die in der Schweiz bei Ziegen beschrieben worden ist (Pusterla et al. 1997). Lumbale Parese bei der Ziege Die lumbale Parese geht mit zunehmender Nachhandschwäche, Gleichgewichtsstörungen und Festliegen einher. Sie tritt meist in den Winter- und Frühjahrsmonaten, seltener im Herbst auf. In Gebieten, wo Hirsche und Ziegen gemeinsame Weide/Äsungsflächen nutzen. Bisher in den Kantonen Tessin, Schwyz, Graubünden und St. Gallen nachgewiesen. Lumbale Parese bei der Ziege Im Kanton Tessin wurden im Jahre 1996 Köpfe von 59 erlegeten Hirschen und 65 geschlachteten Ziegen untersucht, um Hinweise zu einer Infestation mit E. cervi zu finden. In den Schädelhöhlen von 5 Hirschen waren weibliche Exemplare von Elaphostrongylus sp. vorhanden. Histopathologisch konnten entzündliche und/oder degenerative Veränderungen in Gehirnen von 10 Hirschen und 27 Ziegen nachgewiesen werden. Pusterla et al. (1998): Untersuchungen zum Vorkommen von Elaphostrongylus sp. Im Gehirn von Ziegen und Hirschen aus dem Kanton Tessin. Wien. Tztl. Mschr. 85:

8 Lumbale Parese bei der Ziege Entwicklungskreisläufe von Rehparasiten Von 170 Schafe und/oder Ziegen wurden zwischen 1985 und 1998 mit zentralnervösen Erkrankungen in die Klinik für Wiederkäuer- und Pferdemedizin der Universität Zürich eingeliefert. Die Untersuchung der einzelnen Tiere umfasste eine klinische und neurologische Untersuchung sowie bei 55 Tieren eine Liquoruntersuchung. Von den 170 Tieren wiesen 21 (12,4 %) eine zerebrospinale Nematodiasis auf. Stehle, C. (1999): Neurologischer Untersuchungsgang und neurologische Befunde bei Schafen und Ziegen mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Dissertation, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Zürich. Entwicklungskreislauf Lungen- und Magen-Darm-Würmer Labmagenparasiten Haemonchus contortus Varestrongylus Dictyocaulus MDS Für Rehkitze eine gefährliche Infestation, da Blutsauger! Werden Parasiten von einer Wildart auf eine andere übertragen? Werden Parasiten vom Wild auf Nutztiere übertragen? In sehr nahe verwandten Tierarten schmarotzen auch sehr nahe verwandte Parasitenarten. In sehr nahe verwandten Tierarten schmarotzen auch sehr nahe verwandte Parasitenarten. Spezies im Labmagen Ostertagia leptospicularis Spiculopteragia boehmi Spiculopteragia asymmetrica Skrjabinagia kolchida Reh Rothirsch Damhirsch Spezies im Labmagen Ostertagia leptospicularis Spiculopteragia boehmi Spiculopteragia asymmetrica Skrjabinagia kolchida Rind Schaf/Zg Gämse 8

9 Werden Parasiten vom Wild auf Nutztiere übertragen? In sehr nahe verwandten Tierarten schmarotzen auch sehr nahe verwandte Parasitenarten. Spezies im Labmagen Rind Schaf/Zg Gämse Ostertagia ostertagi Teladorsagia circumcincta Marshallagia marshalli () Grosspiculagia occidentalis () Skrjabinagia lyrata () () Skrjabinagia kolchida Prävalenz (in %) von Labmagen-Dünndarm-Nematoden bei Reh, Rot- und Gamswild sowie Rind und Schaf in Österreich Ostertagia ostertagi Ostertagia leptospicularis Teladorsagia circumcincta Skrjabinagia kolchida S. lyrata Spiculopteragia böhmi Trichostrongylus axei T. capricola Revier n Haemonchus contortus T. colubriformis Nematodirus helvetianus Nematodirus roscidus Nematodirus filicollis Reh Rothirsch Rind Schaf Gams Gemeinsame Weide- / Äsungsflächen Gemeinsame Weide- / Äsungsflächen Gämse Schaf Rind Fasciola Dicrocoelium Trichostrongylis axei Moniezia Haemonchus Ostertagia/Teladorsagia Nematodirus Cooperia Schaf Reh Rothirsch Fasciola Dicrocoelium Trichostrongylis axei Moniezia Haemonchus Ostertagia/Teladorsagia Nematodirus Cooperia Dickdarmparasiten beim Reh Chabertia ovina Dickdarmparasiten beim Rothirsch Oesophagostomum venulosum Trichuris capreoli Oes. radiatum Oes. venulosum Trichuris spec. 9

10 Prävalenz (in %) von Dickdarm-Nematoden bei Reh, Rotund Damhirsch Lungenwurmbefall beim Schwarzwild Biologie von Metastrongylus spp. Trichuris ovis T. globulosa T. discolor Trichuris capreoli Oes. radiatum Oes. venulosum Chabertia ovina Reh Rothirsch Schaf Rind Lungenwurmbefall beim Wildschwein Metastrongylus spp. Übertragung auf Hausschweine Der Lungenwurmbefall ist in den Wildschweinpopulationen weit verbreitet, besonders betroffen sind die Frischlinge und Überläufer. Infolge der langen Überlebensdauer von infizierten Regenwürmern besteht eine Infektionsgefahr für Hausschweine, wenn neue Freilandhaltungen in Metastrongylusendemiegebieten eingerichtet werden. Trichinellen als Infektionsrisiko Trichinen sind in der Wildpopulation (Fuchs, Wildschwein, Marderhund, Bär) in weiten Teilen Europas vorhanden. T. spiralis domestischer Zyklus T. spiralis T. britovi silvatischer Zyklus Erhöhtes Infektionsrisiko bei: - Schweinen aus Freilandhaltung - bei Wildschweinen (bei Schweinen aus Intensivhaltungen zu vernachlässigen) Soulé and Dupoy-Camet (1991) Nöckler, , Helminthologische Fachgespräche, Wien 10

11 Szenario für ein hohes Trichinellose-Risiko (1) hohe Prävalenz von Trichinella bei Wildtieren (Fuchs, Wildschwein) (2) Infektion von Schweinen in Freilandhaltung mit Trichinellen (T. spiralis, T. britovi, T. pseudospiralis) (3) keine oder unzureichende Trichinenuntersuchung nach der Schlachtung (4) trichinöses Fleisch gelangt als Frischfleisch in den Handel (5) Zubereitung des Fleisches als Rohprodukt (Hackepeter) (6) Verzehr von 150 g (Larvenbefallsrate 1-3 Larven pro g Fleisch) (ca. 100 Trichinella-Larven ausreichend für klinische Erkrankung) (7) Späte Diagnose nach der Klinik (geringer Therapieerfolg) Ektoparasiten beim Wild Grabmilben - Sarcoptes Haarlinge Lausfliegen Hautdassel Ektoparasiten sind sehr wirtsspezifisch. Innerhalb nahe verwandter Tierarten ist die Übertragung möglich. Sie können sich auch auf andere Wirte verirren, schließen dort meist ihre Entwicklung nicht ab. Nöckler, , Helminthologische Fachgespräche, Wien Sarcoptes bei der Gämse Ektoparasiten beim Reh Haarlinge Cervicola meyeri Foto: G. Duscher Die Räude der Gämse wird durch Sarcoptes scabiei var. rupicaprae hervorgerufen. Die bis zu 400 µm großen Milben haben eine kugelige Körperform mit langen Borsten und kurzen nur im Vorderbereich den Körper überragenden Beinen. Sarcoptes scabiei var. rupicaprae befällt auch Steinwild, gelegentlich verursacht sie Räudefälle bei Rot- und Rehwild. außerdem Zecken Haarlinge Ektoparasiten beim Damhirsch Lausfliegen Hippoboscidae gebären die L3, die sich sofort verpuppt => Pupipara 1 1 Hippobosca Pferdelausfliege 2 Lipoptaena Hirschlausfliege 3 Melophagus Schaflausfliege 2 Haarlinge sind wirtsspezifisch, jede Tierart hat eigene 3 11

12 Lausfliegen Hirschlausfliege (Lipoptena cervi) vor allem bei Zerviden, seltener Muffel-, Stein-, Gams- und Schwarzwild. Schaflausfliege (Melophagus ovinus) beim Muffelwild Lausfliegen Hirschlausfliege (Lipoptena cervi) vor allem bei Zerviden, sind diese im Schlupfbereich gerade nicht vorhanden, dann werden auch Ersatzopfer angesteuert, wobei durchaus auch auf Irrwirten wie Hunden, Pferden und Menschen angelandet wird. Gamslausfliege (Melophagus rupicaprinus) bei Gemsen Hautdassel beim Rothirsch Hypoderma acteon Hautdassel beim Reh Hypoderma diana Hypoderma diana beim Pferd Die Rehdassel kann auch bei Rot- und Damwild vorkommen. Danke für Ihre Ausdauer! Immer wieder werden Pferde von Rehdasseln befallen, wobei die Dasselbeulen in der Sattellage in mehrerer Hinsicht die Tiere beeinträchtigen. 12