Die Initiative XertifiX zu Natursteinen aus Indien

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1 Die Initiative XertifiX zu Natursteinen aus Indien Vortrag am Workshop Sozialstandards in der öffentlichen Beschaffung Referent: Dr. Walter Schmidt

2 Gliederung 1. Kinderarbeit 2. Verein XertifiX 3. Was tun?

3 1. Kinderarbeit 305,7 Mio. Kinder sind weltweit erwerbstätig Erwerbstätigkeit : - dehnbarer Begriff - die meisten produktiven Tätigkeiten, egal ob für Markt oder nicht - ausgeschlossen: häusliche Pflichten / Schularbeit - mindestens 1 Stunde an einem Tag innerhalb von 7 Tagen (Quelle: ILO 2008)

4 1. Kinderarbeit 305,7 Mio. Kinder sind weltweit erwerbstätig 215,3 Mio. Kinder gelten weltweit als Kinderarbeiter Kinderarbeiter: - engerer Begriff - schließt aus: - Kinder über zwölf Jahren, die nur einige Stunden pro Woche eine erlaubte leichte Arbeit verrichten (Quelle: ILO 2008) - Kinder über 15 Jahren, deren Arbeit nicht als gefährlich eingestuft wird - im Sinne der ILO Konvention 138: unter dem Alter, in dem die Schulpflicht endet, bzw. unter 15 (in Ausnahmen 14) Jahren

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6 1. Kinderarbeit 305,7 Mio. Kinder sind weltweit erwerbstätig 215,3 Mio. Kinder gelten weltweit als Kinderarbeiter 115,3 Mio. Kinder arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen (gemäß ILO Konv. 182) (Quelle: ILO 2008)

7 1. Kinderarbeit ILO-Konvention 182 Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft, Leibeigenschaft und Sklaverei Missbrauch von Kindern, z.b. durch Prostitution Arbeiten, die Gesundheit, Sicherheit oder Moral von Kindern gefährden

8 1. Definition Kinderarbeit Eine Person unter 14 Jahren, welche nicht in die Schule gehen darf, weil sie arbeiten muss! (Hilfswerke und XertifiX) Schlimmste Formen der Kinderarbeit, z.b. Arbeit in Steinbrüchen Grundlagen: ILO-Konventionen 138 und 182

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11 2. Verein XertifiX 1999 Freiburger Steinmetz-Initiative Signum kam auf Benjamin Pütter zu: Sind indische Natursteine ethisch problematisch? Gibt es Hinweise, dass auch indische Natursteine mit Kinderarbeit hergestellt werden? Vermutung: NEIN, kein Problem Reise nach Indien zeigte andere Realität

12 Arbeitsbedingungen in Steinbrüchen in Indien Schotter für den Straßen- und Hausbau in Indien

13 Arbeitsbedingungen in Exportsteinbrüchen in Indien Deutschland: weltweit einer der bedeutenden Abnehmer von Granit aus Indien Pflaster,- Grabsteine, Natursteine für Gärten, Küchen, Hochbau Auch hier: Kinderarbeit in Exportsteinbrüchen, z.b. an kg schweren Schlagbohrern 2003 ARTE-Dokumentation

14 2. Verein XertifiX Gründung XertifiX e.v. - Ab 2006 Kontrollen in indischen Exportsteinbrüchen - Heute 3 Inspektorenteams - Mission: - Siegelung von Natursteinen aus Indien, die garantiert ohne Kinderund Sklavenarbeit hergestellt sind - Verbesserung der Arbeitsbedingungen

15 2. XertifiX: Kontrollkriterien - Keine Kinder- und Sklavenarbeit - Zahlung des staatl. garantierten Mindestlohns - Zugangsrecht für Gewerkschaften - Keine Diskriminierung - Arbeitsschutzmaßnahmen (Nasen-, Ohrenschutz, Erste Hilfe)

16 Arbeitsweise von XertifiX XertifiX beauftragt Inspektorenteam Inspektorenteam in Indien unterzeichnen Lizenzvertrag Lizenzgebühr 3% vs. Siegel kontrolliert Steinbrüche + Fabriken Dt. Importeure / Händler zertifizierte Steine Indischer Exporteur

17 2. XertifiX Verwendung der Lizenzgebühren - Anstellung von Inspektoren in Indien - XertifiX Büro 20% der Lizenzgebühren an MISEREOR für Sozialmaßnahmen in Indien Siegelung & Hilfe

18 2. XertifiX: Sozialmaßnahmen - Sozialmaßnahmen für Betroffene als zentrales Anliegen von XertifiX - Zusammenarbeit mit NGOs - Vorschulen / Schulen für Steinbruch-Kinder - Initiativen der Inspektoren - Direkte Hilfe für Betroffene (Schulkleidung / Startkapital) - Einflussnahme auf Steinbruchbesitzer / Exporteure - Hebel der Politik - Kampagnen in Indien - Rolle deutscher Politik

19 2. XertifiX: Kritische Rückfragen - Es gibt Kinderarbeit in Indien, aber nicht in der Natursteinindustrie - Und wenn es in Indien Kinderarbeit gibt, dann nur in lokalen Steinbrüchen - Kinderarbeit in Granitsteinbrüchen nicht möglich, da zu große Maschinen - Fotos oder Filme sind gestellt oder in Bollywood gedreht - nur Geldmacherei

20 2. Andere Initiativen - Win Win, Fairstone: Natursteine aus China - 3 Jahre Zeit für Exporteur, Sozialstandards zu implementieren, dann ein weiteres Jahr Zeit - Ansatz mit breitem Kriterienkatalog: - Vor allem Arbeitsbedingungen - Vor allem Umweltschutzmaßnahmen - IGEP - Im Entstehen: WGDN (Niederlande), ein Exporteur / ein Lieferant muss Arbeitsbedingungen verbessern - weitere im Entstehen

21 2. Aufbau eines gemeinsamen Codes / Dachsiegels - Runder Tisch bei der GIZ mit europäischen Initiativen - Ziel: Einigung auf gemeinsamen Code - Aus unserer Sicht notwendige Aspekte: - Sofortige unangekündigte Kontrollen der Kernkriterien in Fabriken und Steinbrüchen - Realistische Kriterien: Kinderarbeit sofort kontrollieren, andere Aspekte, wie Arbeitsbedingungen oder Umweltmaßnahmen sehr wichtig, brauchen aber länger

22 3. Was tun? - Fragen Sie Ihren Händler nach Natursteinen ohne Kinder und Sklavenarbeit und kaufen Sie auch nur solche Natursteine. - Händler könnten sein: - Gartenhändler - Baumarkt - Grabsteinhändler - Küchenstudio oder Möbelmarkt

23 3. Was tun? - Öffentliche Beschaffung: - Wenn Ihre Kommune noch keinen Beschluss zur fairen Beschaffung gefasst hat: - Fordern Sie einen solchen Beschluss für Produkte wie Kaffee, Tee, Schokolade oder Natursteine. - Regen Sie Ihre Kommune an, Zertifikate über die Fairness der Produkte zu verlangen und nicht allein auf die Selbstauskunft der Händler zu vertrauen. - Die Kosten für eine Zertifizierung sind gering, aber dennoch vorhanden: - Sorgen Sie beim Ausschreibungsverfahren dafür, dass nicht der billigste Anbieter den Zuschlag erhält, sondern der Anbieter mit Zertifikat

24 3. Was tun? - Politik und Friedhofssatzungen: - Wenn Sie im Saarland/Bremen wohnen: - Ermutigen Sie Ihre Kommune, die Friedhofssatzung dahingehend zu ändern, dass darin das Aufstellen von Grabsteinen aus Kinderarbeit verboten wird. - Wenn Sie nicht im Saarland/Bremen wohnen: - Schreiben Sie Ihre Landesregierung an und fordern Sie, dass diese es durch eine Gesetzesänderung den Kommunen ermöglicht, ihre Friedhofssatzungen entsprechend zu ändern. - Neues Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichts vom 07. Oktober 2011

25 Friedhofssatzungen: Hintergrund - München: Änderung der Friedhofssatzung: Nur Grabsteine ohne ausbeuterische Kinderarbeit - Klage eines Münchner Steinmetzes - Durch Urteil Februar 2009 wird die Änderung der Friedhofssatzung unwirksam - --> Verbot des Aufstellens bestimmter Grabsteine nun nicht mehr möglich

26 Friedhofssatzungen: Saarland/Bremen - Saarland erstes Bundesland, welches sein Landesgesetz geändert hat: - Folgender Absatz 4 in 8 wird neu eingefügt: Der Friedhofsträger kann in der Satzung bzw. Friedhofsordnung festlegen, dass nur Grabsteine und Grabeinfassungen verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 hergestellt sind. - Damit können Kommunen im Saarland in ihren Friedhofssatzungen verbieten, Grabsteine aus Kinderarbeit aufzustellen - Bremen hat mittlerweile ebenfalls Landesrecht geändert / Andere Länder erwägen ähnliche Änderungen / Hessen und Bayern lehnen solches derzeit ab

27 Friedhofssatzungen: Saarbrücken - Saarbrücken: Bundesweite Vorreiterrolle im Kampf gegen Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit auf Friedhöfen - Stadtrat der Landeshauptstadt in seiner Sitzung am Dienstag, 22. März 2011: - Grabsteine und Grabsteineinfassungen aus Kinderarbeit sind zukünftig auf Saarbrücker Friedhöfen nicht mehr zugelassen - Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichts am : Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts

28 Vielen Dank! Weitere Infos, Downloads: Kontakt: /