Der Edle achtfältige Pfad Vortrag für Samstag,

Transkript

1 Inhaltsverzeichnis 1.Vollkommene Schauung Vollkommene Emotion Vollkommene Rede...3 Wahrhaftige Rede...3 Freundliche Rede...3 Nützliche Rede...3 Harmonisierende Rede Vollkommenes Tun Vollkommener Lebenserwerb Vollkommene Bemühung...4 nicht-entstandene unheilsame Geisteszustände am Entstehen hindern...4 entstandene unheilsame Geisteszustände beseitigen...5 nicht-entstandene heilsame Geisteszustände entwickeln...5 entstandene heilsame Geisteszustände erhalten Vollkommenes Gewahrsein Vollkommener Samadhi / 5

2 Der Edle achtfältige Pfad ist die vierte Edle Wahrheit und antwortet auf die Frage: Wie können wir dem Leiden (1. Wahrheit) entfliehen? 1. Vollkommene Schauung Sanskrit: samyag-drsti, Pali: samma-ditthi. Das Wort ditthi kennen wir aus micca-ditthi, was wir mit falsche Ansicht übersetzen. Falsche Ansichten sind zum Beispiel Es gibt eine ewige Seele oder Meine Handlungen haben keine Folgen. Warum wird ditthi also hier mit Schauung übersetzt und was soll vollkommen bedeuten? Die gebräuchlichste Übersetzung für den ersten Pfad ist nämlich Rechte Erkenntnis. Erkenntnis wird eher verstanden als ein bloß intellektuelles Verstehen. Und das ist hier nicht gemeint. Nicht nur. Es geht nicht darum, die buddhistische Lehre zu verstehen, sondern sie zu sehen in ihren Auswirkungen, eine Vision oder Schau zu haben vom transzendenten Pfad. Wenn ich wirklich sehe, wie Phänomene auftauchen und wieder vergehen, ist das mehr wert, als wenn ich dutzende Bücher über Vergänglichkeit lese. Und warum vollkommen anstatt recht? Recht oder richtig ist einfach der Gegensatz zu falsch. Und so könnten wir glauben, wir müssen nur die richtigen Ansichten äußern und wären schon auf dem achtfältigen Pfad. Aber Schauung bringt durchaus gewollt ein Element von Mystik und Überweltlichem rein. Schauung hat anders als bloßes Verstehen eine emotionale Komponente. Man hat eine Vision des transzendenten Pfades, und das ganze Leben wird transformiert. Diese Schauung ist um so tiefgreifender und länger, je intensiver man praktiziert. Vollkommen wird die Schauung, wenn sie von Heiligen betrieben wird, hier muss sie nicht mehr geübt werden, sondern das Einhalten des achtfältigen Pfades entspricht ihrer natürlichen Seinsweise. Insofern betont Sangharakshita, dass es zwei achtfältige Pfade gibt: vollkommen, wenn er von Heiligen praktiziert wird; richtig, wenn er von Weltlingen geübt wird. Im wesentlichen ist Vollkommene Schauung die Einsicht nicht nur das Verstehen! in die Merkmale der bedingten Existenz: unbeständig, leidhaft und wesenlos. Oder auch, wenn man erkennt, was karmisch heilsam und unheilsam ist und was die Wurzel davon ist Vollkommene Emotion Das größte Problem ist, das was wir verstanden haben auch zu praktizieren. Wenn die Emotionen, das Herz, nicht dahinterstehen, können wir uns sehr anstrengen und doch nichts erreichen. Den größeren Teil unseres Geistes machen un- oder halbbewußte Instinkte, Emotionen und Willensimpulse 2 aus, nicht der Verstand. Vollkommene Emotion bestände nun darin, negative Emotionen wie Gier, Hass und Grausamkeit zu vermeiden und positive Emotionen wie Großzügigkeit, Liebe, Mitgefühl und Vertrauen zu entwickeln. Beides ist verdienstvoll, aber weltlich. Was da aber bei einem, der mit heiligem, ungetrübtem Herzen auf dem heiligen Pfade verweilt und den heiligen Pfad entfaltet, an Gedanke besteht, an Gedankenfassung, Denken, Beobachtung und Gerichtet sein der Gedanken, an Zielbewußtsein des Geistes, an sprachlicher Tätigkeit (des Geistes, vací-sankhāra): das ist eine rechte Gesinnung, die edel ist, triebfrei, überweltlich und zum edlen Pfade gehört. 3 1 [Nyati_WB], S [SR_SwdDs], S [Nyati_WB], S. 77 (siehe auch M 117) 2 / 5

3 Hier zeigt sich wieder, dass der Edle Achtfache Pfad zweifach verstanden wird, einmal vom Weltling geübt, einmal vom Heiligen praktiziert. 3. Vollkommene Rede Der Rede kommt im Buddhismus besondere Bedeutung zu, weil sie zwischen den körperlichen Handlungen und dem Geist steht. Im Buddhismus redet man nicht von Körper und Geist, sondern von Körper, Rede und Geist. Wahrhaftige Rede Wahrhaftige Rede umfasst nicht nur Faktentreue. Obwohl auch hier schon viele Menschen unbedacht übertreiben, untertreiben oder verzerren. Wahrhaftige Rede ist Offenheit, sich nicht verstellen. Das bedeutet aber auch Gewahrsein, um zu wissen, was wir wirklich fühlen oder denken. 4 Freundliche Rede Freundliche Rede braucht Gewahrsein der anderen Person. Auch hier kann viel getan werden, denn meist kennen wir nur unsere Reaktionen auf die Person, nicht aber die Person selbst. Insbesondere freundliche Rede sollte sich entwickeln aus einer effektiven Praktik von mettā. Nützliche Rede Wir kennen unnütze Rede: Ich habe ein neues Waschmittel, Mein Computer ist wirklich schnell, Britney Spears ist doof. Nützliche Rede soll wie nützlich sein? Indem sie uns erhebt, inspiriert, anfeuert. Auch hier ist das Augenmerk natürlich auf das spirituell nützliche. Nützliche Rede im Beruf, z.b. Ich brauche noch drei Tage, um das Projekt abzuschließen, ist natürlich auch nützlich, aber da geht es hier nicht drum. Wie bei allen Vorsätzen, kann man sie üben, indem man das schädliche vermeidet oder das heilsame fördert. Nützliche Rede kann man also schon mal anfangen zu üben, indem man unnütze Rede einschränkt. Auch hier brauchen wir wieder Gewahrsein der anderen Person: Ist das wirklich nützlich oder auch nur interessant, was ich ihr erzählen will? Raube ich ihr nicht die Zeit? Aber was ist dann mit dem sog. Smalltalk? Wenn man jeglichen Smalltalk vermeidet, weil man jetzt nur noch über spirituell nützliche Dinge sprechen will, macht man sich zum Außenseiter und hat so auch nichts gewonnen. Was ist mit Scherzen, Ironie usw.? Scherze bestehen oft aus Übertreibungen, Ironie ist, dass man das Gegenteil meint von dem, was man sagt. Beide sind also unwahr. Können sie dann nützlich sein? Offene Frage! Harmonisierende Rede Harmonisierende Rede hat enormes Gewicht, wenn man bedenkt, dass entzweiende Rede zu einer der Todsünden im Buddhismus gehört: Neben dem Töten eines Arahats und dem Verletzen eines Buddha ist die Spaltung des Sangha eine extrem unheilsame Tat. An dieser Stelle erwähnt Sangharakshita das Schweigen, was er als eine Form harmonisierender 4 [SR_SwdDs], S. 76f 3 / 5

4 Rede ansieht. 5 Dabei beschreibt er Schweigen als nicht nur Abwesenheit von Worten, sondern als höhere Kommunikation. 4. Vollkommenes Tun An dieser Stelle führt Sangharakshita seine Unterscheidung zwischen jüdisch-christlicher Moral und dem buddhistischen Kriterium ein. 6 Die Moral kommt in Form von Geboten von einem allmächtigen Schöpfer, was Sangharakshita zu dem schönen Satz verleitet: Wir tun nicht, was wir tun wollen, sondern das, was wir nicht wollen, weil es uns aus Gründen, die wir nicht verstehen, von jemandem so befohlen wurde, an dessen Existenz wir nicht mehr glauben. 7 Das buddhistische Kriterium richtet sich nach der Absicht, mit der eine Tat unternommen wird: ist diese positiv, wird auch die Tat als ethisch gewertet. Ist die Tat von Gier oder Hass motiviert, wird sie als akusala (unheilsam) angesehen. Natürlich gibt es da die Grauzone, wo jemand mit bester Absicht Schaden verursacht. Deswegen sind die Vorsätze eben als Maßstäbe gegeben worden, die man als Buddhist freiwillig annimmt, wenn man sich ethisch entwickeln will. Diese Vorsätze sind verschieden formuliert worden, aber die Basis sind die Fünf Vorsätze. 5. Vollkommener Lebenserwerb Hier wird es konkret und interessant. Da wir noch einen eigenen Studientag diesem Thema widmen, sei hier nur gesagt, dass es viele Beispiele gibt, was als unrechter Lebenserwerb gesehen wird, nämlich wo Gier, Hass und Verblendung angestachelt werden, z. B. Lotterien, Werbung, Jagd- und Kriegshandwerk oder Berufe, die die Unwissenheit der Menschen ausnutzen. 6. Vollkommene Bemühung Buddhismus ist nichts für alte Damen: jeglichen Alters und jeglichen Geschlechts. Schließlich wollen wir uns ändern, ethischer werden und alte, schlechte Gewohnheiten hinter uns lassen. Eine größere Herausforderung gibt es wohl nicht. Am besten lassen sich vier Arten beschreiben, wie man Vollkommene Bemühung üben kann: nicht-entstandene unheilsame Geisteszustände am Entstehen hindern Die unheilsamen Geisteszustände kann man am besten am Entstehen hindern, in dem man Orte oder Umstände meidet, in denen sie auftreten würden. Das nennt man Hüten der Sinnestore. Das heißt, dass man vielleicht nicht in die Einkaufsstraße geht, wenn man weiß, dass man aus Gier wieder etwas unnützes kauft. Man meidet gewaltverherrlichende oder polarisierende Filme, wenn man dafür anfällig ist. Dazu könnten auch Boulevard-Zeitungen gehören oder Verwandte, mit denen man sich immer über Politik streitet. Wie kann man Verblendung am Entstehen hindern? Vielleicht am besten durch klares Denken und hinterfragen der eigenen Ansichten. 5 Ebd., S. 84ff. 6 Ebd., S. 88ff. 7 Ebd., S / 5

5 entstandene unheilsame Geisteszustände beseitigen Unheilsame Geisteszustände werden trotzdem entstehen, sonst wäre es zu einfach. Was dann? Man kann sich neben den Haupt-Geistesgiften vielleicht die Fünf Hindernisse angucken, die vor allem in der Meditationstheorie besprochen werden, aber nicht nur da. Die Fünf Hindernisse sind Gier nach Sinneseindrücken, Abneigung, Aufgeregtheit und Unruhe, Trägheit und grüblerischer Zweifel. Wie kann man diese nun beseitigen? 8 Man kann die Konsequenzen erwägen. Wäre ich wirklich gerne ein aufgeregter Mensch. Wir müssen auch bedenken, dass jedes Hindernis, dem wir nicht entgegenwirken, sich verstärkt. Oder man entwickelt das Gegenteil. Bin ich aufgeregt, suche ich sofort eine Stuation, die mich beruhigt. Ein Meditationszentrum ist eine sehr gute Idee. Man kann auch das Hindernis einfach vorbeiziehen lassen, ihm keine Beachtung schenken. Wenn das alles nichts hilft, kann man die unheilsamen Geisteszustände unterdrücken und, wenn selbt das nicht hilft, Zuflucht nehmen zu den Drei Juwelen. nicht-entstandene heilsame Geisteszustände entwickeln Heilsame Geisteszustände entwickelt man natürlich vor allem durch Meditation. Aber auch durch ästhetische Verfeinerung. entstandene heilsame Geisteszustände erhalten Wenn die heilsamen Geisteszustände entstanden sind, müssen sie durch Übung gefestigt werden. 7. Vollkommenes Gewahrsein Gewahrsein gibt es auf verschiedenen Ebenen. Die Existenzebenen werden durch Level von Gewahrsein unterschieden; je mehr Gewahrsein, desto eine höhere Existenzebene. Das Originalwort ist smrti oder sati, was normalerweise als Achtsamkeit übersetzt wird. Gerade zum Aufbau der Achtsamkeit gibt es viele Übungen. Was ganz natürlich ist, wenn man bedenkt, dass Achtsamkeit einer der Schlüsselbegriffe im Buddhismus ist. So werden vier Objekte der Achtsamkeit unterschieden, nämlich Körper, Gefühl, Bewusstsein und Geistinhalt. Die Grundlage hierfür bietet das Satipatthana-Sutta Vollkommener Samadhi Samadhi wird gewöhnlich übersetzt als geistige Sammlung oder Verankerung der Existenz im Transzendenten. Es ist wichtig, es nicht als Geistessammlung zu sehen, denn die ist vergleichsweise einfach. Vollkommener Samadhi ist das Ziel des ganzen Pfades der Sammlung. Literaturverzeichnis Nyanatiloka: Das Wort des Buddha, 1977 Sangharakshita: Sehen wie die Dinge sind, Ebd., S. 130ff. 9 M 10 5 / 5