IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
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- Gretel Weiss
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1 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHE! YERWALTUN GSGEMCHT : v.!.! f J I In der Verwaltungsrechtssache IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1. des 2. der 3. der -i- 1, 1:- i-ü 2) 4. der _ durch die Eltern zu 1) und 2), StaatsangenongKeit: Syrien, Arabische Republik, Kläger, Proz.-Bev. zu 1-4:.... gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Außenstelle Neumünster Haart 148, Neumünster, Beklagte, Streitgegenstand: Asylrecht - Abschiebung nach Bulgarien -
2 hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 12, Kammer - auf die mündliphe Verhandlung vom 16. Juli 2015 durch den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Sievers als Einzelrichter für Recht erkannt: Die Beklagte wird unter Teilaufhebung von Nr. 2 ihres Beschei des vom verpflichtet, für die Klä ger ein Abschiebungsverbot nach 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Bulgarien festzustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erho ben werden, tragen die Kläger als Gesamtschuldner und die Beklagte je zur Hälfte. Tatbestand Die Kläger sind syrische Staatsangehörige. Sie hatten vor Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bereits in Bulgarien ein Asylverfahren durchlaufen. Ihnen wurde dort der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Am stellten sie im Bundesgebiet einen Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte mit am postzugestelltem Bescheid vom den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und drohte die Abschiebung nach Bulgarien an (Nr. 2). Im letzten Absatz des Tenors wird festgehalten, dass nicht nach Syrien abgeschoben werden darf. Hiergegen ließen die Kläger unter dem Klage erheben mit dem Antrag, 1. die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides zu verpflichten, das Vorliegen von Abschiebungsverboten gem. 60 Abs. 1 Satz 1 i.v.m. 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG festzustellen hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, Abschiebungshindernisse gem. 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. 2. die Abschiebungsandrohung nach Bulgarien aufzuheben
3 Dje Kläger behaupten systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen Bulgariens und machen geltend, in Bulgarien der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu werden. Auch würde ihnen und anderen anerkannten Flüchtlingen in Bulgarien nachgestellt und auch eine Auslieferung nach Syrien könne nicht ausgeschlossen werden. Sie berufen sich ferner auf den Gesundheitszustand und die eingeschränkte psychische Belastbarkeit des Klägers zu 1.) Wegen des diesbezüglichen Vorbringens wird neben dem schriftsätzlichen Vorbringen auf die Niederschrift über die persönliche Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung verwiesen. Ferner auf die Bescheinigung der FÄ'in für Psychiatrie pp. ~... "nd vom und des Arz tes für Psychiatrie und Psychotherapie. _... ~ ' ) vom Auf diese Bescheinigungen wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Die im Entscheidungszeitpunkt dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse von dritter Seite jüngeren Datums bezüglich Bulgarien umfassen u.a.: - UNHCR, Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, April Asylum Information Database Country Report Bulgaria, Stand Amnesty International Report 2014/15, Country Report Bulgaria, PRO ASYL e.v., Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien, April 2015 Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom auf den Einzelrichter übertragen. Gegen den der Klägerseite am zugestellten Gerichtsbescheid vom ist mit Schriftsatz vom mündliche Verhandlung beantragt worden. Entscheidungsgründe Die Klage hat nur teilweise Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. 77 Abs. 1 Satz 1 Asylverfahrensgesetz -AsylVfG-) rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten ( 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) soweit kein Abschiebungsverbot bezüglich Bulgariens fest gestellt wurde und in Nr. 2 des Bescheidtenors die Abschiebung der Kläger nach
4 Bulgarien angedroht wird (dazu unter 2.). Demgegenüber ist die in Nr. 1 des Bescheidtenors getroffene Entscheidung, nach der der Asylantrag der Kläger als unzuläs sig abgelehnt wurde, rechtmäßig (dazu sogleich unter 1.). 1. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist hinsichtlich seines Tenors zu 1.) rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht folgt diesbezüglich den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des angegriffenen Bescheides und sieht daher von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab ( 77 Abs. 2 AsylVfG). Zunächst kommt aufgrund des den Klägern in Bulgarien zuerkannten Status keine Asylanerkennung in Betracht ( 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Das Bundesamt hat überdies zutreffend darauf hingewiesen, dass ein erneuter Ausspruch über die bereits in Bulgarien geprüften Voraussetzungen internationalen Schutzes unzulässig ist (BVerwG, Urteil vom C 7/13 - BVerwGE 150, 29 ff., juris-rn. 29). Das Gericht hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass Bulgarien für die Kläger grundsätz lich als sicherer Drittstaat anzusehen ist. Dies steht für Bulgarien als Mitgliedstaat der Europäischen Union kraft normativer Vergewisserung des Verfassungsgesetzgebers fest (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes). Diese Normativwertung ist nur dann im Einzelfall zu hinterfragen, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass ein vom normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangener Sonderfall betroffen ist, wobei an diese Darlegung strenge Anforderungen zu stellen sind. Hierfür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich. Es besteht gegenwärtig keine belastbare Auskunftslage, dass Bulgarien - von Problemen in Einzelfällen abgesehen - die Richtlinie 2011/95/EU vom in Bezug auf den Inhalt des zu gewährenden Schutzes grundsätzlich missachten würde oder sonst Flüchtlinge mit einem zugesprochenen Schutzstatu: unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) unterwirft (vgl. jüngst OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom B 525/15.A m.w.n.). Nach dieser Richtlinie steht dieser Personengruppe auf Grundlage des von Bulgarien zuerkannten Status verschiedene Ansprüche zu, unter anderem auf Sozialhilfeleistungen, allerdings ausgehend von dem Niveau, dass auch eigenen Staatsangehörigen gewährt wird (vgl. Art. 29 der Richtlinie). Zur Ausgestaltung vgl. die Angaben zu Bulgarien in MISSOC (EU's Mutual Information System on Social Protection), Die Erstreckung dieser Leistungen auf Flüchtlinge wird ausdrücklich bestätigt z.b. auch auf der Webseite des Arbeits- und Sozialministeriums,
5 h.ttp:// Das damit gewährleistete Niveau kann sich naturgemäß von dem der Bundesrepublik Deutschland unterscheiden und dieses auch erheblich unterschreiten. Maßgeblich wäre allein, wenn Bulgarien Flüchtlinge mit einem zugesprochenen Schutzstatus unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) unterwerfen würde. Dies ist trotz des aus deutscher Sicht eher schlechten Versorgungsniveaus jedoch nicht der Fall (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom B 526/15.A, Juris-Rn. 8 ff. m.w.n.). Dies mag Anlass zu politischer Kritik am Europäischen.Asylsystem bieten (vgl. VGH Baden-Württemberg im Urteil vom A 11 S 1778/14 - juris-rn. 59), begründet allerdings keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch, die Drittstaatenregelung im Einzelfall zu übergehen. 2. Dagegen ist die vom Bundesamt ausgesprochene Abschiebungsandrohung insoweit rechtswidrig, als Bulgarien darin als mögliches Ziel einer Abschiebung benannt wird, da insoweit aufgrund individueller Umstände ein Abschiebungsverbot festzustellen ist. Gemäß 24 Abs. 2 AsylVfG obliegt nach Stellung eines Asylantrags dem Bundesamt die Entscheidung bezüglich Abschiebungsverboten nach 60 Absatz 5 oder 7 AufenthG. In Bezug auf Bulgarien enthält der angefochtene Bescheid diesbezüglich weder Feststellun gen noch eine ausdrückliche Entscheidung. Nach dem Vorstehenden ist zwar nicht von der allgemeinen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK auszugehen, so dass die Voraussetzungen von 60 Abs. 5 AufenthG nicht vorliegen. Für die Kläger besteht in Bulgarien aber mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche konkrete individuelle Gefahr gemäß 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll - durchaus im Sinne intendierten Ermessens - von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine derartige Gefährdung scheidet auch im Falle eines allgemein als sicherer Drittstaat anzusehenden Staates nicht von vornherein aus. Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt, vgl. BVerwG, Urteil
6 vom 17. Oktober C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November C 58.96, juris Rn. 13. Hiervon ist nach dem persönlich gewonnenen Eindruck in der mündlichen Verhandlung und unter Auswertung der vorgelegten ärztlichen Bescheinigun gen für den Kläger zu 1.) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auszugehen. Er befindet sich nach den Bescheinigungen in einem labilen Gesundheitszustand, der auf erlebten Ereignissen in Syrien und Bulgarien beruht, deren Schilderungen nach der durchgeführten mündlichen Verhandlung seitens des Gerichts als glaubhaft bewertet werden. Selbst wenn die in den Attesten^JJJ^angenommene Affektbrücke für den Fall einer Rückkehr nach Bulgarien derzeit noch nicht mehr als eine prognostische Annahme in einem frühen Elaborationsstadium darstellen kann, muss auch nach Bewertung des zuständigen Amts arztes jedenfalls davon ausgegangen werden, dass derzeit nur eine erheblich einge schränkte psychische Belastbarkeit des Klägers mit Gefahr erheblicher Verschlechterung besteht. Die in Bulgarien grundsätzlich bestehende Möglichkeit staatlicher Unterstützung für anerkannte Flüchtlinge unterliegt im Einzelfall erheblichen faktischen Zugangshürden (vgl. z.b. die zuvor genannten Quellen). Die Familie der Kläger würde deshalb darauf an gewiesen sein, sich diese Unterstützung selbst zugänglich machen zu können. Da die Kläger zu 3.) und 4.) noch sehr klein sind, scheiden sie für eine positive Prognose einer Selbstbehauptungsmöglichkeit in Bulgarien von vornherein aus. Berücksichtigt man fer ner, das bei den Klägern eher traditionelle Rollenverständnis, geht das Gericht davon aus, dass der Ausfall des Klägers zu 1.) aus den dargestellten gesundheitlichen Gründen eine wahrscheinlich nicht zu überwindende Hürde für den Zugang zu einer auskömmlichen Versorgungssituation unter gleichzeitig gesicherter Aufrechterhaltung des Familienver bandes bedeuten würde. Zu den zu befürchtenden Auswirkungen unmittelbar für den Klä ger zu 1.) kämen also ein insgesamt erheblich geschwächtes Behauptungsvermögen der Familie und mithin eine erhebliche Gefährdung auch der minderjährigen Kläger zu 3.) und 4.). Eine Gesamtwürdigung dieser genannten Umstände führt nach Auffassung des Gerichts im Falle der Kläger zu der Bewertung, dass sie eine Abschiebung nach Bulgarien derzeit in eine existenzielle Lebensgefahr und mithin eine extreme Gefahrenlage im Sinne von 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bringen würde. Aus diesen Gründen war die Beklagte zur entsprechenden Feststellung zu verpflichten und Nr. 2 des angefochtenen Bescheids so weit aufzuheben, als sie dem entgegensteht. Die Kostenentscheidung folgt aus 155 Abs. 1 Satz 1, 159 VwGO, 83b AsylVfG.
7 Rechtsmittelbelehrunq Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung statthaft, wenn diese von dem Ober verwaltungsgericht zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb von einem Mo nat nach Zustellung dieses Urteils beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht Brockdorff-Rantzau-Straße Schleswig schriftlich oder in elektronischer Form zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen und die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darlegen. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlun gen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevoll mächtigte sind nur die in 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO bezeichneten Personen zugelassen. Be hörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Er füllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließ lich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ferner sind die in 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Perso nen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO bzw. 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO zur Vertretung be rechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Eh renamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VwGO, nicht vor dem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Hinweis: Bei der Verwendung der elektronischen Form sind besondere Voraussetzungen zu beachten (vgl. die Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerich ten und Staatsanwaltschaften vom 12, (GVOBI. 2006, 361) in der z. Zt. geltenden Fassung). Dr. Sievers
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