THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT. Urteil
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- Mona Beck
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1 THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 3. Senat - 3 KO 87/97 Verwaltungsgericht Weimar - 3. Kammer - 3 K 21173/95.We Urteil In dem Verwaltungsstreitverfahren des Herrn H, Landesgemeinschaftsunterkunft S, S, Klägers und Berufungsbeklagten, - bevollmächtigt: Rechtsanwälte Mika und Partner, Schützenstr. 4, Frankfurt - gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Zollhausstraße 95, Nürnberg, Beklagte, - beteiligt: Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten, Rothenburger Str. 29, Zirndorf - w e g en Asylrechts (Jugoslawien) (hier: Berufung) Berufungskläger,
2 hat der 3. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Aschke, die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht Blomenkamp und den an das Gericht abgeordneten Richter am Verwaltungsgericht Schmid im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung aufgrund der Beratung vom 24. Juli 1997 für Recht erkannt: Die Berufung des Beteiligten wird als unzulässig verworfen. Der Beteiligte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Dem Kostenschuldner wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand Auf Antrag des Beteiligten vom 18. Dezember 1995 hat der erkennende Senat durch Beschluß vom 14. Januar 1997 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 24. November K 21173/95.We - zugelassen. In der Rechtsmittelbelehrung des Zulassungsbeschlusses ist unter Bezugnahme auf 124 a Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwGO- ÄndG) vom 01. November 1996 (BGBl. I S. 1626) - im folgenden: VwGO - unter anderem darauf hingewiesen worden, daß die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung zu begründen, anderenfalls die Berufung unzulässig sei. Der Beschluß über die Zulassung der Berufung ist dem Beteiligten ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 10. Februar 1997 zugestellt worden. Mit gerichtlichem Schreiben vom 10. April 1997 hat das Gericht den Prozeßbe- 3 KO 87/97 2
3 teiligten mitgeteilt, daß es die Berufung wegen nicht fristgemäßer Berufungsbegründung für unzulässig erachte. Mit Schriftsatz vom 22. April 1997, bei Gericht eingegangen am 24. April 1997, hat der Beteiligte seine Berufung begründet. Er trägt unter anderem vor, daß er die Monatsfrist zur Begründung der Berufung aufgrund eines Versehens im Geschäftsgang nicht habe einhalten können. Seiner Rechtsauffassung nach finde jedoch 124 a VwGO im Asylverfahren wegen des insoweit gegebenen Vorrangs des 78 AsylVfG keine Anwendung, so daß im vorliegenden Fall das Erfordernis einer fristgemäßen Begründung der Berufung auch nicht einschlägig sei. Der Beteiligte beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 24. November 1995 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger und die Beklagte stellen keine Anträge. Die Beklagte schließt sich im übrigen der Rechtsauffassung des Beteiligten an. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes (ein Hefter, Bl. 1-47), der Gegenstand der Beratung gewesen ist. Entscheidungsgründe Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ( 125 Abs. 1 Satz 1 i.v.m. 101 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zu verwerfen, denn sie ist bereits unzulässig ( 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO ). Der Beteiligte hat die Berufung entgegen 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung begründet. Zugestellt wurde dieser, auch mit einer entsprechenden Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluß dem Beteiligten am 10. Februar Begründet hat der Beteiligte die Berufung mit am 24. April 1997 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz, mithin nicht innerhalb der Monatsfrist des 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO, die am 10. März 1997 abgelaufen ist. 3 KO 87/97 3
4 Der Senat vermag der Rechtsauffassung des Beteiligten und der Beklagten, 124 a Abs. 3 VwGO sei wegen der Spezialität des 78 AsylVfG im Asylverfahren nicht anwendbar, nicht zu folgen. Zwar kann kein Zweifel daran bestehen, daß 78 AsylVfG hinsichtlich des Zulassungsverfahrens, insbesondere der Zulassungsgründe und der Rechtsmittelfrist, eine spezielle Regelung darstellt, die insoweit auch abschließend ist und nicht unter Rückgriff auf die Vorschriften der VwGO ergänzt werden darf. An diesem Vorrang fachgesetzlicher Sonderregelungen hat auch das Inkrafttreten des 6. VwGOÄndG nichts geändert (ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 08. April A 16 S 1048/97 -). Jedoch verdrängt diese Spezialität des 78 AsylVfG die Regelungen der VwGO nur, soweit 78 AsylVfG auch spezielle Regelungen enthält. Die insoweit speziellen Regelungen des 78 AsylVfG betreffen allerdings ausschließlich das Verfahren über die Zulassung der Berufung. Das Begründungserfordernis des 124 a Abs. 3 VwGO gehört jedoch zu den Regelungen über das Berufungsverfahren. Es wird deshalb nicht durch 78 AsylVfG als speziellere Regelung verdrängt. 78 AsylVfG schließt nicht ausdrücklich die Anwendung bestimmter Vorschriften der VwGO aus. Vielmehr geht 78 AsylVfG im Umfang seines sachlichen Regelungsbereichs den entsprechenden Vorschriften der VwGO vor. Sachlicher Regelungsbereich des 78 AsylVfG sind die Voraussetzungen und das Verfahren der Zulassung der Berufung in Asylstreitverfahren. Im übrigen sieht 78 AsylVfG in Abs. 5 Satz 3 lediglich vor, daß das Antragsverfahren nach Zulassung der Berufung als Berufungsverfahren fortgesetzt wird und daß es der Einlegung einer Berufung nicht bedarf. Für das als Berufungsverfahren fortzusetzende Verfahren enthält 78 AsylVfG dagegen keine Regelung, die eine entsprechende Regelung der VwGO verdrängen könnte. Für das Berufungsverfahren gelten auch in Asylstreitverfahren grundsätzlich die Vorschriften der VwGO. Etwas anderes läßt sich auch dem Asylverfahrensgesetz nicht entnehmen. Zwar ordnen 79 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 AsylVfG in der bei Inkrafttreten des 6. VwGO-ÄndG geltenden Fassung für die dort genannten Fälle ausdrücklich die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften aus dem 12. Abschnitt der VwGO (Berufung) an. Daraus kann aber nicht im Wege des Umkehrschlusses gefolgert werden, daß die Vorschriften der VwGO über das Berufungsverfahren im übrigen nicht gelten sollten. Denn die obengenannten Vorschriften ordnen die entsprechende Anwendung der 128a und 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 VwGO auf Sachverhalte an, in denen die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht vorliegen. So gilt 128a 3 KO 87/97 4
5 VwGO, der an die Versäumnis richterlicher Fristen nach 87b Abs. 1 und 2 VwGO anknüpft, kraft 79 Abs. 1 AsylVfG entsprechend, wenn die nur im Asylstreitverfahren geltende gesetzliche Frist des 74 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG versäumt worden ist. Die systematische Stellung der Vorschrift über die Begründung der Berufung innerhalb der die Einlegung der Zulassungsberufung regelnden Vorschrift des 124 a VwGO als deren Abs. 3 vermag ein Zurücktreten dieser Vorschrift hinter 78 A- sylvfg als speziellerer Norm ebenfalls nicht zu begründen. Sie hat nach Auffassung des Senats keine sachliche, sondern ausschließlich eine redaktionelle Bedeutung. Das Begründungserfordernis für die Berufung gehört nicht mehr zum Berufungszulassungsverfahren, sondern schließt sich zwanglos an die Vorschrift des 124a Abs. 2 Satz 4 VwGO an, nach der das Antragsverfahren nach der Zulassung der Berufung als Berufungsverfahren fortzusetzen ist, ohne daß es einer gesonderten Einlegung der Berufung bedarf. Der Senat verkennt nicht, daß die Einführung einer Begründungspflicht für das Berufungsverfahren dem das Asylverfahren bestimmenden Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung entgegen läuft. Doch wäre es Sache des Gesetzgebers gewesen, dies durch eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche Regelung, etwa einer Änderung des 79 AsylVfG dergestalt, daß 124 a Abs. 3 VwGO keine Anwendung finden soll, auszuschließen. Davon, daß der Gesetzgeber dies übersehen hat, kann nicht ausgegangen werden, zumal er z.b. 78 Abs. 6 AsylVfG gerade durch das 6. VwGOÄndG aufgehoben und damit der Änderung der Vorschrift des 84 Abs. 2 VwGO Rechnung getragen hat. Da der Beteiligte weder eine Verlängerung der Begründungsfrist gemäß 124 a Abs. 3 Satz 3 VwGO noch die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Begründungsfrist gemäß 60 VwGO beantragt hat und auch eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gemäß 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO erkennbar nicht in Betracht kommt, ist die Berufung mangels fristgemäßer Begründung unzulässig ( 124 a Abs. 3 Satz 5 VwGO ). Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf 167 VwGO i.v.m. 708 Nr. 10, 711 ZPO in entsprechender Anwendung. 3 KO 87/97 5
6 Die Revision war gemäß 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da der Frage, ob 124 a Abs. 3 VwGO auch in Asylverfahren Anwendung findet, grundsätzliche Bedeutung zukommt. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu. Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Thüringer Oberverwaltungsgericht Kaufstraße Weimar durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule einzulegen; juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. Die Revision muß das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht Hardenbergstr Berlin einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung 1. von Bundesrecht oder 2. einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt, beruht. 3 KO 87/97 6
7 Dr. Aschke Blomenkamp Schmid 3 KO 87/97 7
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