VERWALTUNGSGERICHT MEININGEN URTEIL IM NAMEN DES VOLKES. In dem Verwaltungsrechtsstreit
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1 VERWALTUNGSGERICHT MEININGEN URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit Landkreis Ortenaukreis - Kreissozialamt -, vertreten durch den Landrat, Badstraße 20, Offenburg, - Kläger - gegen Landkreis Ilm-Kreis, vertreten durch den Landrat, Ritterstraße 14, Arnstadt, - Beklagter - wegen Sozialhilfe (Erstattung von Aufwendungen) hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Meiningen durch den Präsidenten des VG Schipp, die Richterin am VG Feilhauer-Hasse, die Richterin Müller, die ehrenamtliche Richterin, den ehrenamtlichen Richter
2 ohne mündliche Verhandlung am 09. Oktober 2003 für Recht erkannt: I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4253,62 Euro nebst 4 % Zinsen ab zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. III. Der Beklagte hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.300,- Euro vorläufig vollstreckbar. Tatbestand I. Der Kläger begehrt die Kostenerstattung für Sozialhilfeaufwendungen an das Ehepaar P und N N (Hilfeempfänger), die als Spätaussiedler am von G im Ilm-Kreis nach M im Landkreis des Klägers verzogen sind. Der Kläger gewährte den Hilfeempfängern in der Zeit vom bis Hilfe zum Lebensunterhalt von insgesamt 8.319,36 DM. Im Zeitraum vom bis betrug der Sozialhilfeaufwand 5.074,83 DM. Mit Schreiben vom meldete der Kläger seine Erstattungsansprüche gegenüber dem Beklagten an. Mit Schreiben vom lehnte dieser die Kostenerstattung ab, weil die Hilfeempfänger im Ilm-Kreis auf Grund ihrer Unterbringung in einem Übergangswohnheim keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hätten. 2
3 II. Am hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Meiningen Klage erhoben. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts darüber, dass auch in einem Übergangswohnheim ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden könne, seien ihm die Sozialhilfeaufwendungen in voller Höhe zu erstatten. Die Bagatellgrenze des 111 Abs. 2 BSHG müsse nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in den ersten 12 Monaten des Hilfebezugs überschritten werden. Es reiche aus, wenn sie in irgendeinem 12- Monats-Zeitraum überschritten werde. Dies sei hier in der Zeit vom bis geschehen. Der Kläger lässt beantragen, den Beklagten zu verpflichten, ihm die in der Zeit vom bis entstandenen Aufwendungen der Sozialhilfe für die Hilfeempfänger P und N N in Höhe von 4253,62 Euro zuzüglich Zinsen vom bis in Höhe von 4 % nebst 0,82 % Zinsschadensersatz und ab in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen. Der Beklagte lässt beantragen, die Klage abzuweisen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Bagatellgrenze sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da dort die Bagatellgrenze bereits in den ersten 12 Monaten überschritten worden sei und nur die Erstattung der weiteren Leistungen im Streit gestanden habe. Vorliegend sei die Bagatellgrenze weder im ersten noch im zweiten Zwölf-Monats- Zeitraum überschritten worden. Es stehe dem Kläger nicht zu, eigenmächtig irgendeinen Zeitraum als Abrechnungszeitraum herauszugreifen, in dem der Aufwand die Bagatellgrenze übersteige. Darüber hinaus finde für die Zeit vor dem BSHG alte Fassung Anwendung, nach dem die Bagatellgrenze für jede einzelne Person der Bedarfsgemeinschaft überschritten werden müsse. Der Hilfeempfänger P N sei durch 3
4 Bezug einer Altersrente nicht hilfebedürftig gewesen. Nach prozentualer Aufteilung der Sozialhilfe sei die Bagatellgrenze für die Hilfeempfängerin N N weder vor noch nach dem überschritten worden. Entscheidungsgründe: Im Einverständnis der Beteiligten wird über die Klage ohne mündliche Verhandlung entschieden ( 101 Abs. 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht Meiningen ist für die Klage örtlich zuständig. Zwar liegt der Ilm- Kreis nach 1 Abs. 2 Satz 3 ThürAGVwGO in Verbindung mit der Anlage in der Fassung vom im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Weimar. Im Zeitpunkt des Eingangs der Klage lag jedoch der Ilm-Kreis nach der ThürAGVwGO in der Fassung vom im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Meiningen, so dass dieses gemäß 52 Nr. 5 VwGO für Leistungsklagen gegen den Ilm-Kreis zuständig war. Die als Leistungsklage zwischen Kostenträgern der Sozialhilfe zulässige Klage ist begründet, soweit sie darauf gerichtet ist, die den Hilfeempfängern P und N N gewährten Sozialhilfeleistungen zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten. Dem Kläger steht ein Kostenerstattungsanspruch nach 107 Abs. 1 BSHG zu. Verzieht ein Hilfeempfänger vom Ort seines bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts, ist danach der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe zu erstatten, wenn der Hilfeempfänger innerhalb eines Monats nach dem Umzug der Hilfe bedarf. Nach Absatz 2 der Vorschrift endet die Kostenerstattungspflicht nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Aufenthaltswechsel. Diese Voraussetzungen sind, wie nunmehr zwischen den Beteiligten unstreitig ist, gegeben. Insbesondere hatten die Hilfeempfänger durch ihren Aufenthalt in einem Übergangswohnheim in G dort einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet gehabt (BVerwG, U. v , FEVS 49, 434). Der Anspruch wird entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht durch 111 Abs. 2 BSHG in der Fassung vom ausgeschlossen. Auch für den kostenerstattungsrelevanten Zeitraum vor dem findet 111 Abs. 2 BSHG in der Fassung vom 4
5 Anwendung, mit der Folge, dass die Bagatellgrenze von 5000,- DM nicht auf jeden einzelnen Hilfeempfänger anzuwenden ist. Denn für Leistungszeiträume, die am noch nicht abgeschlossen waren, gilt insgesamt die Bagatellgrenze für die Haushaltsgemeinschaft. Nur für Leistungszeiträume, die bei Inkrafttreten treten des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts bereits abgeschlossen waren, gilt die zur Zeit der Sozialhilfegewährung geltende Fassung des 111 Abs. 2 BSHG. Abgeschlossen in diesem Sinne sind die Erstattungsverhältnisse, in denen vor dem die Leistungserbringung an die Sozialhilfeempfänger beendet bzw. der Zwei-Jahres-Zeitraum des 107 Abs. 2 Satz 2 BSHG bereits abgelaufen war (OVG Münster, U. v , FEVS 53, 273; OVG Lüneburg, U. v Az. 4 LB 629/01, zitiert nach juris). Hier war der Leistungszeitraum am noch nicht abgeschlossen; der Zwei-Jahres-Zeitraum des 107 Abs. 2 Satz 2 BSHG und die Hilfegewährung gingen über diesen Zeitpunkt hinaus und dauerte noch mehr als 10 Monate an. Die Bagatellgrenze von 5000,- DM muss auch nicht zwingend in den ersten 12 Monaten des Zwei-Jahres-Zeitraumes überschritten werden; die Kostenerstattung begehrende Behörde kann innerhalb des erstattungsrelevanten Leistungszeitraumes einen beliebigen 12- Monats-Zeitraum herausgreifen, in dem die Bagatellgrenze überschritten wird (BVerwG, U. v , FEVS 54, 193). Die Grenze von 5000,- DM wurde hier in der Zeit vom bis , und damit innerhalb der Zwei-Jahres-Frist des 107 Abs. 2 Satz 2 BSHG, überschritten. Dem Kläger steht damit ein Anspruch auf Erstattung der gesamten, in dem Zwei-Jahres- Zeitraum entstandenen Aufwendungen zu. Der Anspruch beschränkt sich nicht auf die Kosten, die in den 12 Monaten entstanden sind, in denen die Bagatellgrenze überschritten wurde (BVerwG, U. v , FEVS 52, 221; VG Münster, U. v Az. 5 K 1305/99, zitiert nach juris). Die Bagatellgrenzenregelung ist eine Entweder-Oder- Regelung, mit der Folge, dass es unterhalb der Grenze keine und oberhalb der Grenze volle Erstattung gibt (BVerwG, U. v , FEVS 52, 221). Der Beklagte hat dem Kläger mithin 4253,62 Euro zu erstatten. Soweit der Kläger Zinsschadensersatz von 0,82 % vom bis und Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz ab verlangt, ist die Klage abzuweisen. Gemäß 291 Satz 1 BGB (in der bei Eingang der Klage maßgeblichen Fassung vom ) ist eine Geldschuld vom Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. 5
6 Nach 291 Satz 2 in Verbindung mit 288 Abs. 1 BGB beträgt der Zinssatz 4 %. Ein Verweis auf 288 Abs. 2 BGB, nach dem die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen ist, erfolgt in 291 BGB nicht. Die Geltendmachung eines Zinsschadensersatzes ist damit ausgeschlossen. Der Kläger hat auch nach Änderung des 288 BGB zum keinen höheren Zinsanspruch. Zwar sieht 288 Abs. 1 BGB in der Fassung vom einen Zinssatz von 5 % über dem Basiszinssatz vor; diese Neuregelung gilt jedoch nur dann, wenn die begehrte Forderung nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am fällig geworden ist (vgl. Art Abs. 1 Satz 3 EGBGB). Die vorliegend begehrte Forderung ist jedoch bereits mit Anmeldung beim Beklagten im Juli 1995, also vor dem , fällig geworden. Die Kostenentscheidung beruht auf 155 Abs. 1 Satz 3, 188 Satz 2 in Verbindung mit 194 Abs. 5 VwGO. Der Kläger unterliegt nur bezüglich der zuviel geforderten Zinsen. Dies macht nur einen so geringen Teil der Gesamtforderung aus, dass es eine Kostenteilung nicht erforderte. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit 709 Satz 1 ZPO. Rechtsmittelbelehrung: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Thür. Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beantragt werden. Der Antrag ist beim Verwaltungsgericht Meiningen, Lindenallee 15, Meiningen (Briefanschrift: Postfach , Meiningen) schriftlich zu stellen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist beim Verwaltungsgericht Meiningen einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, 1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 6
7 4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Vor dem Thür. Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte und Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. gez.: Schipp Feilhauer-Hasse Müller 7
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