Festakt 150 Jahre Landtag Dienstag, 05. April 2011 Begrüßungsworte LTP Dr. Mennel

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1 Festakt 150 Jahre Landtag Dienstag, 05. April 2011 Begrüßungsworte LTP Dr. Mennel Der heutige Festakt eröffnet eine Reihe von Veranstaltungen, die sich mit dem Jubiläum 150 Jahre Vorarlberger Landtag befassen. Vor fast genau 150 Jahren am 6. April 1861 trat der Vorarlberger Landtag im Sitzungssaal des Rathauses von Bregenz erstmals zusammen. Die verfassungsrechtliche Grundlage dazu hatte das Februarpatent vom 26. Februar 1861 geliefert. Es handelte sich dabei um eine von Kaiser Franz Joseph den Kronländern Österreichs verliehene Verfassung. Das Februarpatent gewährte dem Land Vorarlberg einen eigenen Landtag, obwohl es verwaltungsmäßig bis 1918 mit Tirol verbunden blieb. Die Einrichtung eines eigenen Parlaments für das kleine Vorarlberg war alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Vielleicht war dafür auch verantwortlich, dass die Vorarlberger in den Jahren zuvor bereits massiv ihren Wunsch nach einer Loslösung von Tirol artikuliert hatten. Als Argument diente auch der bis in die Wolken reichende Arlberg.

2 2 Der neue Landtag war ein gewählter Landtag, auch wenn das damalige Wahlrecht in keiner Weise unseren heutigen Anschauungen moderner Demokratie genügen kann. Der Landtag von 1861 hatte seine Vorgeschichte in der frühen landständischen Verfassung. Eine hochinteressante Ausstellung, die heute im Landtagsfoyer eröffnet wird und von Dr. Manfred Tschaikner gestaltet wurde, wird über diese Epoche erzählen, in der die Landstände die Aufgabe der Vertretung des Landes gegenüber dem Landesherrn übernahmen. Begleitend wird es auch im Landesarchiv eine Vortragsreihe geben, die sich mit der Vor- Geschichte des Landtages befasst. Der Vorarlberger Volkskalender schrieb 1861 in seinem Bericht über die erste Landtagssitzung vom 6. April, dass mit dem Februarpatent 1861 die frühere Selbständigkeit unseres Ländchens wieder anerkannt sei. Der Zusammentritt des Landtags wurde auch von den Zeitgenossen als ein herausragendes Ereignis empfunden: Schon am Morgen hätten Böllerschüsse den Bewohnern von Bregenz und der Umgebung das Anbrechen des in Vorarlberg so lange ersehnten Tages verkündet. Im Sitzungssaal waren der zeitgenössischen Berichterstattung zufolge 200 Zuhörer anwesend.

3 3 An dem Eingang zur Bühne für die Zuhörer steht ein Portier mit einer breiten rothweißen Scherpe und einem langen Rohrstock mit silbernem Knauf, der nur anständig gekleideten Personen den Eintritt gestattet. Der Bericht vermerkt, dass die ganze Versammlung tief ergriffen war und manchem Auge, im Kreise der Abgeordneten und auf der Bühne der Zuhörer entquollen Thränen der Rührung. Nicht von ungefähr werden die Perioden des Vorarlberger Landtages wir befinden uns heute in der seit diesem Zeitpunkt berechnet. Der Landtag leistete in den folgenden Jahrzehnten viel für die Herausbildung eines Landesbewusstseins und er bereitete den Weg für die Entstehung des modernen Vorarlberg vor. Der Landtag setzte sich auch immer wieder für eine stärkere Demokratisierung des Wahlrechts ein. Freilich erfolglos: Seine zahlreichen Beschlüsse in diesen Angelegenheiten erhielten nicht die kaiserliche Zustimmung. Aber viele andere Aufgaben konnten erfüllt werden: Der Landtag regelte das Gemeinderecht, erließ Schulgesetze, setzte sich für die Rheinregulierung ein und traf viele wichtige in die Zukunft weisende Entscheidungen, wie etwa die Gründung der Landeshypothekenbank. Gleichzeitig achtete er stets auf einen ausgeglichenen Landeshaushalt. Erst als nach der

4 4 Hochwasserkatastrophe von 1910 massive Investitionen erforderlich wurden, mussten große Anleihen aufgenommen werden. Die Entwicklung des Vorarlberger Landtages hat freilich auch immer wieder Rückschläge erfahren: Während des Ersten Weltkrieges war der Landtag ausgeschaltet. Die Anfänge des selbständigen Landes Vorarlberg 1918 waren von schrecklicher, heute kaum mehr vorstellbarer Not geprägt. Bereits 16 Jahre später wurde die Demokratie in Österreich abgeschafft. Der Landtag, der von 1934 bis 1938 tätig war, war nur der Schatten eines Parlaments. Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich verlor Vorarlberg seine Selbständigkeit, das Land wurde an Tirol angegliedert. Trotzdem leistete der Landtag auch in der Zwischenkriegszeit Großartiges, wie sich in der mutigen Entscheidung über den Ausbau der Wasserkraft in unserem Land zeigt. Nach der Katastrophe des Nationalsozialismus folgten schwierige Aufbaujahre. Das Land Vorarlberg bestand jedoch diese Bewährungsprobe. Wir erleben nunmehr die längste Friedensepoche unserer jüngeren Geschichte, die uns zu einem, früheren Generationen unbekannten Wohlstand geführt hat. Die Aufgaben wurden aber deshalb keineswegs geringer:

5 5 Raumordnung, Gesundheit, Soziales, Natur und Landschaft, Integration, um nur einige wenige der Themen zu nennen, die die Tagesordnungen der Landtagssitzungen seither beherrschen. Seit 1995 sind wir Mitglied der Europäischen Union mit vielschichtigen Rückwirkungen auf unser Land. Wir nehmen unsere europapolitischen Aufgaben ernst und beteiligen uns an der Kontrolle von Vorhaben der Europäischen Union im Hinblick auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips. Gerade in einer globalisierten Welt schätzen die Menschen die Nähe der politischen Institutionen. Ohne den Vorarlberger Landtag hätten wir unseren gegenwärtigen Entwicklungsstand sicherlich nicht erreicht. Wir wären eine periphere Region im Westen. Es gäbe nicht diesen blühenden Wirtschaftsstandort, das reiche Kulturleben, die vielfältige Bildungslandschaft und die hohen sozialen Standards. Die Tätigkeit des Vorarlberger Landtages in dieser von mir umrissenen Zeit wird im Rahmen einer Wanderausstellung an Hand von insgesamt 13 Politikfeldern veranschaulicht, die wir in den Regionen unseres Landes zeigen werden. Namhafte Expertinnen und Experten werden im Rahmen von Impulsreferaten den Blick auf die Vergangenheit, Gegenwart und vor allem die Zukunft der Aufgaben im Land werfen. Wir

6 6 wollen verstärkt in den Regionen mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen und den Mehrwert des Landtags aufzeigen. Abgeschlossen wird das Landtagsjahr durch die Präsentation der Biographien der Abgeordneten des Vorarlberger Landtages seit 1861 am 20. Dezember. Ich möchte mich bei allen bedanken, die in der Vorbereitung des Jubiläumsjahres tätig waren. Es sind zu viele, als dass ich sie im einzelnen aufzählen könnte, von den Mitgliedern der verschiedenen Projektteams über die Referentinnen und Referenten, von Ausstellungsgestaltern bis zu den Personen an den Veranstaltungsorten, von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landtagsdirektion bis hin zur KUGES, die uns beim Aufbau der Wanderausstellung unterstützen wird. Ich möchte mich daher bei allen herzlich bedanken. Die Unterstützung, die unser Projekt von allen Seiten erfahren hat, hat mich motiviert, im Rahmen des Landtagsjahres die Bedeutung des Landtages als das Herz der Eigenständigkeit unseres Landes gegenüber der Bevölkerung zu verdeutlichen. Es würde mich freuen, wenn ich Sie bei möglichst vielen Veranstaltungen begrüßen könnte und ich Sie gleichzeitig auch zur Botschafterin oder Botschafter unseres Projekts machen könnte.