Einsatzbereiche des Schlauchlining-Verfahrens: Systemvergleich zu anderen Renovierungsverfahren

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1 Einsatzbereiche des Schlauchlining-Verfahrens: Systemvergleich zu anderen Renovierungsverfahren Professor Dr.-Ing. Volker Wagner, Berlin Bei der Renovierung werden in den vorhandenen Kanal Liner, also Rohre, Rohrteile, Rohrsegmente, vorverformte Rohre oder gewickelte Rohre bzw. vor Ort härtende und hergestellte Rohre eingebaut. Dies sind Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Funktionsfähigkeit von Abwasserleitungen und kanälen. Im Gegensatz zur Erneuerung ist die vollständige oder teilweise Einbeziehung der ursprünglichen Substanz der vorhandenen Abwasserleitungen und kanäle eine Voraussetzung für die Renovierung. Ca. 20% aller Baumaßnahmen in der Kanalsanierung werden mit Renovierungsverfahren nach einer Umfrage der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.v. (DWA) aus dem Jahr 2009 ausgeführt. Abdichtungsverfahren 9,7% Injektionsverfahren 2,1% sonstige 8,7% Reparatur 36,2% Erneuerung 43,7% offene Bauweise 35,6% Ausbesserungsverfahren 15,7% Renovierung 20,1% Montageverfahren 1,7% Reliningverfahren 17,9% geschlossene Bauweise 8,1% Beschichtungsverfahren 0,5% Diagramm 1: Verteilung der Sanierungsverfahren (DWA-Umfrage 2009) Die Renovierungsverfahren werden nach DWA in Montageverfahren Reliningverfahren und Beschichtungsverfahren aufgeteilt. Nach der neuen europäischen Norm DIN EN werden die Renovierungsverfahren als Technikfamilien klassifiziert: Rohrstrang-Lining, Close-Fit-Lining, Vor Ort härtendes Schlauchlining, Einzelrohr-Lining, Wickelrohr-Lining, Lining mit festverankerter Kunstoffauskleidung, Rohrsegment-Lining und Lining mit Beschichtungsverfahren, 1

2 wobei diese Norm auch für weitere in Zukunft neu entwickelten Lining-Techniken offen bleibt. Der frühere Begriff Reliningverfahren wird durch den neuen Begriff Lining-Verfahren ersetzt. Für den Begriff Rohrsegment-Lining ist in Deutschland auch der Begriff Montageverfahren durchaus gebräuchlich. Diagramm 2: Technikfamilien der Renovierung nach DIN EN Notwendige Maßnahmen vor dem Einbau von Lining-Rohre Bei Sanierungsmaßnahmen mit Lining-Verfahren ist die Aufrechterhaltung der Abwasservorflut immer zu garantieren. Ihr kommt während der Bauzeit aus technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Sicht eine große Bedeutung zu. Insbesondere bei der Renovierung von Regen- und Mischwasserkanälen kann eine große Menge Abwasser in kurzer Zeit anfallen. Dies bedeutet für eine Abwasserhaltung eine besondere Planungsherausforderung hinsichtlich der technischen und wirtschaftlichen Lösungen. 2

3 Bild 1: Beispiel einer Abwasserumleitung (Foto: Firma Insituform GmbH) In einer Diplomarbeit von Frau Christiane Schmack wurde für die praktische Anwendung einzelner Verfahren zur Abwasserhaltung Richtwerte für planerisch prognostizierte anfallende Abwassermengen erarbeitet (siehe Tabelle 1). Abwassermenge in l/s bis 100 Verfahren der Abwasserhaltung Pumpen 100 bis 1000 Pumpen oder Heber 1000 bis 2000 Heber über 2000 Ableiten im Graben Tabelle 1: Günstigste Verfahren der Abwasserhaltung aus technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Betrachtungsweise in Abhängigkeit der anfallenden Abwassermengen (Diplomarbeit von Christiane Schmack) Kurz vor dem Einbau der Lining-Verfahren muss der bestehende Abwasserkanal gereinigt und nochmals optisch inspiziert werden, sowie die Hausanschlüsse genau eingemessen werden. Die optische Inspektion zeigt auch, ob eine Kalibrierung des Kanalquerschnitts notwendig ist. Während der Planungsphase sollte unbedingt geklärt werden, ob der Kanalquerschnitt hydraulisch ausreichend für eine Renovierung mit Lining-Rohren ist. 3

4 Auch ist der Auftraggeber in der Pflicht, den Zustand des alten Kanals z.b. in Form von Boden-Altrohrzuständen zu beschreiben. Dies ist für die Erstellung einer statischen Berechnung der Liner in Abhängigkeit des Altrohr-Boden-Systems unbedingt notwendig. Beschreibung der Lining-Verfahren 1. Rohrstrang-Lining Beim Rohrstrang-Lining, auch Langrohr-Relining genannt, dessen Technikfamilie in der DIN EN ISO genormt ist, wird vor dem Einzug über eine Baugrube ein Rohrstrang aus Kunststoffen PE (Polyethylen) oder PP (Polypropylen) mit einer üblichen maximalen Länge von 300m durch Verschweißung hergestellt, wobei der Querschnitt des Lining-Rohres unverändert bleibt. Bild 2: Herstellen eines Rohrstrangs durch Verschweißung Wegen der Lagerung der Einbaulängen an der Oberfläche und der Forderung von örtlichen Einzugsbaugruben ist der Platzbedarf groß, auch wenn kleine Durchmesser (üblicherweise < 190 mm) einen geringeren Platzbedarf benötigen, da sie auf Trommeln geliefert werden. Während des Einbaus ist eine Aufrechterhaltung der Abwasservorflut zwingend erforderlich. Nach dem Einbau ist der Ringraum zu verfüllen und die Anschlussleitungen von außen über Baugruben anzuschließen. 4

5 Eine statische Berechnung ist sowohl für den Betriebs- wie auch für den Einbauzustand erforderlich (siehe DWA-M 127, Teil 2 Statische Berechnung von Lining- und Montageverfahren ). Eine Variante des Rohrstrang-Linings ist das auf der Baustelle vorgenommene Zwangsstauchen des Kunststoff-Liners in einem Reduktionsgestell. Für dieses Reduktionsverfahren werden die Linerrohre mit nichtgenormten Außendurchmesser, die höchstens 10mm kleiner sind als der Innendurchmesser des vorhandenen Rohres, gesondert hergestellt. Der gestauchte Rohrquerschnitt wird im alten Rohr während des Einzugs mit einer üblichen maximalen Länge von 100m mit einem Einzugkopf wieder zurückverformt, um den Querschnitt zu maximieren und den, bei Rohrstrang-Lining üblichen Ringraum, zu minimieren. Bild 3: Einzug eines gestauchten Linerrohrs (Swagelining): Reduktionsgestell mit PE-Rohr (Foto: J. Brunnecker) 2. Close-Fit-Lining Das Close-Fit-Lining gehört zu den Verformungsverfahren und die Technikfamilie ist in der DIN EN ISO genormt. Hier wird der Rohrquerschnitt der Kunststoffrohre aus PE oder PVC-U (Polyvinylchlorid-U=unplasticized oder PVC hart, weichmacherfrei genannt) im Herstellerwerk mechanisch oder thermischmechanisch verformt und auf Trommeln zur Baustelle geliefert. Die für Close-Fit-Liner verwendeten PVC-U-Werkstoffe können einen PVC-Gehalt von weniger als 80 % und/oder eine Vicat-Erweichungstemperatur unterhalb 79 C aufweisen. Es handelt sich hier also um ein modifiziertes PVC-U- Material, speziell für Close-Fit-Liner, das 5

6 die Verformung und das Dehnen beim Aufweiten besser verträgt als das genormte Material PVC. Über den vorhandenen Schacht können bis maximal 500m eingezogen werden, deren Kreisquerschnitte von mindestens 100m bis maximal 500mm durch Entspannen der Einzugskräfte oder durch Wärme und Innendruck wieder hergestellt werden. Während des Einbaus ist eine Aufrechterhaltung der Abwasservorflut erforderlich. Das Öffnen der Anschlussleitungen ist von innen möglich. Eine statische Berechnung für den Betriebszustand ist erforderlich. Bild 4: Anschweißen eines Dampfflansches bei einem Compact-Liner (Bild: Prospekt der Firma Wavin GmbH) 3. Einzelrohr-Lining Das Einzelrohr-Lining, bei dem Kunststoffrohre aus PP, PE, PVC-U, GFK (Glasfaserkunststoff) sowie Stahl, duktiles Gusseisen, Beton, Polymerbeton, Basalt und Ton in einen alten Kanal geschoben, gezogen oder in begehbaren Kanälen mit speziell konstruierten Fahrzeugen eingebracht werden, wird auch Kurzrohrrelining genannt, wenn es über Schächte eingebaut wird oder Langrohrrelining, wenn es über Baugruben eingebaut wird, die mindestens so groß sind, wie das Einzelrohr Platzbedarf hat. 6

7 Bild 5: Einbringen eines GFK-Einzelrohres mit einem Fahrzeug (Foto: Firma Insituform GmbH) Die üblichen Durchmessergrößen der Rohre beim Einziehen oder Einschieben liegen zwischen DN100 und DN 600mm mit maximalen Einbaulängen von 150m. Bögen in den Sanierungsstrecken können nicht renoviert werden. Beim Einbringen der Rohre mit Hilfsgestellen oder Fahrzeugen sind Größen zwischen DN800 bis DN4000mm mit maximalen Einbaulängen bis 150m üblich. Hier können Bögen mit großen Radien in den Kanalstrecken renoviert werden. Für alle Einzelrohr-Verfahren gilt, dass sowohl Kreis- als auch Nichtkreisförmige Querschnitte saniert werden können. Der nicht unwesentliche Ringraum sollte verfüllt werden. Die Anschlüsse werden üblicher Weise in Baugruben angeschlossen, außer bei den begehbaren Querschnitten, hier werden die Anschlussleitungen von Innen händisch dicht angeschlossen. 4. Wickelrohr-Lining Beim Wickelrohr-Lining, dessen Technikfamilie in der DIN EN genormt ist, wird ein Profilstreifen mit Hilfe einer Wickelmaschine spiralförmig zu maximal 100m langen Rohrsträngen gewickelt. Die Profilstreifen aus PVC-U oder PE mit wahlweiser Stahlverstärkung werden üblicherweise auf Trommeln auf die Baustelle geliefert. 7

8 Bild 6: Profilstreifen aus PVC-U, die von der Trommel über den Schacht an die Wickelmaschine geführt werden. (Foto: Firma Tubus GMbH) In Abhängigkeit der Wickelmaschinen und ob sie aus dem Schacht oder im Abwasserkanal wickeln, können verschiedene Querschnitte und Größen hergestellt werden. Übliche Abmessungen der Wickelliner sind beim Wickeln aus dem Schacht von DN200 bis DN800mm und beim Wickeln im Kanal DN800 bis DN1200mm. Die Profilstreifen werden während des Wickelns durch Kleben und/oder mit mechanischen Mitteln verbunden. Laut DIN EN müssen Klebstoffe (amorphe Polyalphaolefine) der DIN entsprechen und bei den mechanischen Verbindungen sollte die Abdichtung Elastomere, PE-C (Chlorpolyethylen), Silikone oder EPDM (Ethylen-Propylen-Dien-Monomer) enthalten. Bild 7: Wickelmaschine im Altkanal (Foto: Firma Tubus GmbH) 8

9 Wenn eine Ringraumverfüllung nicht nötig ist, muss der Wickelrohrliner statisch z.b. nach DWA-M berechnet werden. Als Mindeststeifigkeit des gewickelten Rohres ist nach DIN EN eine Kurzzeitringsteifigkeit von 1kN/m² nicht zu unterschreiten. Die Restspannungen, die aus dem Wickelvorgang resultieren sind von dem Wickelrohr zusätzlich aufzunehmen. 5. Lining mit festverankerter Kunststoffauskleidung Beim Lining mit festverankerter Kunststoffauskleidung wird ein biegesteifer Ringraum aus statisch tragendem Mörtel, der durch Injektion hinter einer mit Noppen oder anderen Verankerungselementen versehen Kunststoffbahn, die dauerhaft in der Mörtelverfüllung verankert sind, hergestellt. Es sind mehrere Arten von inneren Kunsstoffauskleidungen gebräuchlich, die mit verschiedenen Verfahren eingebaut werden können. Zusätzlich zu Schläuchen aus PE-Kunststoffbahnen, die mit integrierten Noppen zur Verankerung versehenen sind, dem sogenannten Noppenbahn-Lining, das vor Ort eingezogen und mit Hilfe von Wasserdruck aufgestellt wird, können dies auch Einzelrohre aus dünnwandigen Kunststoffen, Wickelliner und Rohrsegmente aus Kunststoffen, wie PE, PP und PVC- U sein, wobei die statische Tragfähigkeit von der dauerhaften Verankerung der Kunststoffteile im biegesteifen Ringraum der Mörtelverfüllung abhängig ist. Bild 8: Eingezogene Noppenbahn (Foto: TROLINING GmbH) 9

10 Noppenbahnliner, die bis zu 200m Länge eingezogen werden, können kreisförmige und nicht kreisförmige Querschnitte in den üblichen Größen von DN200 bis DN2000mm. Hausanschlussleitungen werden üblicherweise in Baugruben angeschlossen. 6. Rohrsegment-Lining Beim Rohrsegment-Lining auch Montageverfahren genannt, werden Teile von Rohren aus Materialien, wie Kunststoffe (PVC-U, PE, PP, GFK), GRC (Glassfibre reinforced concrete = Glasfaserverstärkter Beton), PCC oder PRC (Polymer-modified concrete = polymermodifizierter Beton), Steinzeug, duktiles Gusseisen, Beton und Schmelzbasalt in vorhandene begehbare Abwasserkanäle befestigt. Die Segment- Auskleidung kann als Teilauskleidung - unten oder oben - oder als Vollauskleidung im Kanal angebracht werden. Bild 9: Einbau der Auskleidung für den Sohlenbereich aus Polymerbeton-Segmenten (Foto: Firma Insituform GmbH) Bei der Segment-Vollauskleidung soll eine Verbindung mit dem vorhandenen Rohr durch Verfüllung des Ringraums hergestellt werden. Die Segmente werden mechanisch mit Hilfe einer Abdichtung oder mit Schweißung verbunden. Eine Berechnung der Standsicherheit ist mit der DWA-M möglich. Bei der Segment-Teilauskleidungen sind die Segmente mit dem vorhandenen Kanal zu verankern oder zu verkleben. Eine Erhöhung der Standsicherheit ist hier nicht möglich. Die Teilauskleidung soll vor Korrosion schützen. 10

11 7. Vor Ort härtendes Schlauch-Lining Das Vor Ort härtende Schlauch-Lining auch Schlauchverfahren genannt, ist als Technikfamilie in der DIN EN ISO genormt. Ein Schlauch aus Trägermaterial und, oder Verstärkungsmaterial, der mit Folien beschichtet sein kann, wird mit Reaktionsharz (UP= ungesättigtes Polyesterharz, EP = Epoxidharz, VE = Vinylesterharz) imprägniert und dann über einen Schacht mit Wasser- oder Luftdruck in den Kanal gestülpt (Inversion) oder mit Hilfe einer Winde in den Kanal eingezogen. Die Härtung erfolgt durch Wärmezufuhr oder UV-Licht unter Innendruck. Es entsteht ein muffenloses Kunststoffrohr, das an der Innenwand des bestehenden Kanals formschlüssig anliegt. Eine statische Berechnung des Schlauchliners sollte mit der DWA-M geführt werden. Bild 10: Schematische Darstellung der Inversion mit Wasser (aus DIN EN ISO ) Bild 11: Inversionsvorgang eines Schlauchliners mit dem Trägermaterial Synthesefaser, getränkt mit einem ungesättigtem Polyesterharz (UP-SF-Schlauchliner). In den Abwasserkanal wurde vorher ein sogenannter Preliner mit Luft inversiert, eine Außenfolie zum Schutz von Boden und Grundwasser. (Foto: Firma Insituform GmbH) 11

12 Mit dem Schlauch-Lining können kreisförmige und nichtkreisförmige Abwasserkanäle mit einem Querschnitt von 100mm bis üblicherweise 2800mm renoviert werden. Übliche maximale Inversionslängen sind 600m und bei Einzug des Schlauches mit Hilfe einer Winde maximal 250m. Bild 12: Schematische Darstellung des Einziehens und Aufstellen des Schlauches mit Druckluft (aus DIN EN ISO ) Bild 13: Einziehen eines GF-Schlauchliners DN 200 (Bild: Firma Brandenburger GmbH) 12

13 Bild 14: Beispiel für ein professionelles, personal- und materialschonendes Einziehen eines mit ungesättigtem Poleyesterharz getränkten Glasfaser-Schlauchliners (UP-GF-Schlauchliner) (Bild: Firma Insituform GmbH) Eine Kombination zwischen Inversion und Einzug bei größeren Wanddicken des Liners ist z.b. bei der Renovierung von Abwasserdüker üblich. Eventuelles drückendes Grundwasser z.b. bei der Sanierung von Düker, kann mit der Inversionsmethode besser verdrängt werden als mit der Einzugsmethode. 13

14 Bild 15: Sanierung eines Doppeldükers DN 2000 im Brooktorhafen (Länge: 143m und 146m) mit der Inversionstechnik (Bild: Firma Insituform GmbH) Bögen in der Kanalhaltung sind für das Schlauchlining unproblematisch. Allerdings sollten die beim Einbau entstehenden verfahrensbedingten Falten im Bogeninnern nicht größer als 2% des Nenndurchmessers nach DIN EN ISO sein. Bild 16: Renovierung eines 80m langen Betonkanals DN1500 mit einem 20m langen Bogen als 90 - Auslaufbauwerk in einen Bach mit einem SF-Schlauchliner in Inversionstechnik (Bild: Dipl.-Ing. J. Wozniak, Hattingen) 14

15 Die Aushärtung der Schlauchliner wird durch Wärme (heißes Wasser, Dampf, elektrische Beheizung), UV-Bestrahlung oder durch die Umgebungstemperatur bewirkt, wobei die letztere Härtemöglichkeit nur bei kleinen Durchmesser, wie bei Hausanschlussleitungen Anwendung findet. Eine Aushärtung mit Umgebungstemperatur ist witterungsabhängig und deshalb nicht zu steuern. Bild 17: UV-Härtung mit einer Lichterkette aus Metallhalogenid-Strahler. Der Saertex-Schlauchliner kann sowohl mit UV-Licht als auch mit Dampf ausgehärtet werden. (Bild: Firma Saertex Multicom GmbH) Um auch größere Schlauchliner mit Wanddicken größer als 10mm aushärten zu können, bedient man sich einer sogenannten "Kombinationshärtung". Bei dieser kombinierten Härtungsmethode wird die photoreaktive Reaktion mit Peroxyden bei UP-Harze unterstützt. Bild 18: Einbau eines Schlauchliners mit 13mm Wanddicke in ein Eiprofile 900/1350, der mit "Kombinationshärtung" ausgehärtet wird (Bild: Firma Impreg GmbH) 15

16 Um die Härtung mit UV-Licht auch bei größeren Wanddicken des Glasfaser- Schlauchliners einzusetzen, werden zurzeit Metallhalogenid-Strahler weiterentwickelt, um eine höhere Leistung als bisher zu erzielen. Bild 19: Aushärtungsversuche für Schlauchliner DN 1500 mit Metallhalogenid-Strahler bei einer Leistung bis 1000 Watt (Bild: Firma RelineEurope GmbH) Das Öffnen und Anbinden einer Anschlussleitung erfolgt von Innen mit Hilfe verschiedener Techniken, wie Verpresstechnik oder Anschlusspassstücken (Hutprofiltechnik). Um auch die Hausanschlussleitung zu sanieren ohne aufzugraben, gibt es verschiedene Techniken. Die am weitesten verbreitete Technik ist die Renovierung mit Schlauchverfahren. Die folgende Tabelle zeigt einen Überblick der Schlauchverfahren für Hausanschlussleitungen, die in einer Umfrage im Jahr 2005 von R. Dilg, Sachverständiger für Kanalsanierung, zusammengetragen wurde. 16

17 Tabelle: Umfrage zu Schlauchverfahren für die Sanierung von Hausanschlussleitungen im Jahr 2005 von R. Dilg (Entnommen aus bi UmweltBau 2 / 05) 17

18 Zur Sanierung von Hausanschlussleitungen mit Schlauchverfahren gibt es zwei Arten des Einbaus: Inversion des Schlauchs über einen Hausschacht oder einer Revisionsöffnung zum Hauptkanal und Inversion mit Hilfe einer Robotereinheit aus dem Hauptkanal zum Gründstück. Bild 19: Inversion mit Hilfe einer Drucktrommeleinheit über einen Revisionsschacht (Bild: Firma Insituform GmbH) Bild 20: Vormontage des imprägnierten Schlauchliners auf das Einbaumodul, Insituform Hutprofil- Technik (HPT) um vom Hauptkanal in die Anschlussleitung zu inversieren (Bild: Firma Insituform) 18

19 Bild 21: Inversion des Schlauchliners für die Hausanschlusssanierung in den Hauptkanal (Bild: R: Dilg) Von allen Renovierungsverfahren wird der Schlauchliner am Häufigsten eingebaut. So war die Jahresleistung 2010 von Einbaukilometerlängen in Deutschland ca. 1180km Schlauchliner, allerdings ohne die Einbaulängen von Hausanschlussliner. Das Diagramm 3 zeigt die Entwicklung der Schlauchliner-Einbaulängen nach Angaben der Hersteller. Diagramm 3: Jahresleistung von Einbaukilometerlängen in Deutschland nach Angaben der Schlauchlinerhersteller, Stand (Diagramm: Wagner, 40 Jahre praktische Erfahrung mit dem Schlauchlining, Vortrag auf dem 9. Schlauchlinertag) 19

20 Vergleich der Lining-Systeme mit dem Schlauchverfahren In der folgenden Tabelle werden die Lining-Verfahren miteinander hinsichtlich der Anwendung in Abwasserkanälen und / oder Abwasserdruckleitungen, der Werkstoffe für den Liner, der Querschnittsgrößen und -geometrien, der möglichen Einbaulängen, der Erhaltung der hydraulischen Leistungsfähigkeit nach der Renovierung, des Platzbedarfs auf der Baustelle und der Notwendigkeit von Baugruben, z.b. hinsichtlich des Anschließens von Hausanschlussleitungen. Rohrstrang A Freispiegel Druck B Freispiegel Druck Verformung A Freispiegel s-verfahren Druck B Freispiegel Druck Einzelrohr A, Freispiegel B C Freispiegel Wickelrohr A1 A2 Freispiegel Platz Baugruben Schlauchverfahren B Freispiegel A Freispiegel Druck B Freispiegel Druck Liner-Verfahren Anwendung Werkstoff Querschnitts-Querschnitgröße [mm] Einbaulänge Hydraulische Leistung min max PE, PP Kreis 300m nein groß ja und Andere PE, PP Kreis 100m nein groß ja PE, PVC Kreis 500m nein klein nein PE, PVC Kreis 500m nein groß ja PE,PVC,GFK Basalt, Beton, Stzg PE,PVC,GFK Basalt, Beton, Stzg PE, PVC, PVC-U PE, PVC, PVC-U UP,EP,VE SF(Synthesefaser) UP,EP,VE GF(Glasfaser) Tabelle 2: Vergleich der Liner-Verfahren Kreis und Andere Kreis und Andere Kreis und Andere Kreis und Andere Kreis und Andere Kreis und Andere 150m nein klein nein 150m nein groß ja 100m nein klein ja 100m nein klein nein 600m ja klein nein 250m ja klein nein Im Vergleich zum Schlauchverfahren fallen folgende Unterschiede auf: 1. Schlauchverfahren können alle Durchmesserbereiche von DN50 bis DN 2800 bedienen als kreis- und andere Querschnittsprofile, wobei es hier bei den Schlauchverfahren in Abhängigkeit, ob Glasfaser-Schlauchliner (GF-Schlauchliner) oder Synthesefaser-Schlauchliner (SF-Schlauchliner) Unterschiede gibt. 2. Mit dem Schlauchverfahren können die größten Einbaulängen mit einer Inversion in Abhängigkeit der Dimension sogar bis 800m bewerkstelligt werden. 3. Das Schlauchverfahren vermindert nach der Renovierung die hydraulische Leistungsfähigkeit des Kanals als einziges Verfahren nicht. Die Schlauchliner werden mit Innendruck bis zur Aushärtung eng an die Rohrwand gehalten und können mit wenig Wandstärke die geforderten Belastungen aufnehmen. 20

21 Nutzungsdauer von Lining-Verfahren Für einen Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen Renovierung, Reparatur und der Erneuerung bzw. dem Neubau ist eine Aussage über eine sogenannte durchschnittliche Nutzungsdauer von entscheidender Bedeutung. In den Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen (KVR-Leitlinien) der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) aus dem Jahr 2005 werden für die Erneuerung von Kanälen 50 bis 100 Jahre, für die Renovierung 25 bis 50 Jahre und für die Reparatur 2 bis 15 Jahre durchschnittliche oder auch sogenannte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauern genannt. Die "Deutsche Gesellschaft für grabenloses Bauen und Instandhalten von Leitungen e.v." (GSTT) gibt andere durchschnittliche Nutzungsdauern an: So werden für Rohrstrang-, Einzelrohr- und Rohrsegment-Lining 80 bis 100 Jahre genannt und für alle anderen Lining-Verfahren inklusive der Beschichtungsverfahren nur 40 bis 50 Jahre. Tabelle 3: Durchschnittliche Nutzungsdauern nach GSTT Information Nr. 22: Nutzungsdauer von mittels grabenloser Bau- und Sanierungsverfahren hergestellten bzw. sanierten Ver- und Entsorgungsleitungen (März 2007), Teil 1: Abwasserkanäle und -leitungen im Freispiegelentwässerungsverfahren Im Gegensatz zur Reparatur hat die Renovierung eine technische Nutzungsdauer, in der sie alle vorhersehbaren Einwirkungen ertragen kann ohne ihre Gebrauchstauglichkeit, ihre Standsicherheit, ihre Umweltverträglichkeit und Funktionalität einzubüßen. Wegen umfangreicher Qualitätsprüfungen aller Liner-Verfahren, die sich auch in den baufsichtlichen Zulassungen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) widerspiegeln, mit umfangreichen Prüfungen, wie direkte und indirekte Prüfungen um z.b. mechanische und chemische Eigenschaften festzulegen oder Alterungsprüfungen, wie z.b. Korrosionsprüfungen oder Prüfungen auf Umweltverträglichkeit, festgelegt in Prüfprogrammen, die in jahrelangen Fachdiskussionen von Sachverständigen erarbeitet wurden und immer wieder 21

22 angepasst werden, ist eine Nutzungsdauer für Lining-Verfahren von 50 Jahren mehr als durchaus vertretbar. Die Europäische Organisation für technische Zulassungen nennt 50 Jahre eine "normale" Nutzungsdauer. Tabelle 4: Nutzungsdauern von Bauwerken und Produkten nach EOTA (Europäische Organisation für technische Zulassungen) Verwendete Normen DIN EN Kunststoff-Rohrleitungssysteme für die Renovierung von Erdverlegten drucklose Entwässerungsnetzen (Freispiegelleitungen) Teil 1: Allgemeines (4/2003) Teil 2: Rohrstrang-Lining (2/2006) Teil 3: Close-Fit-Lining (2/2006) Teil 4: Vor Ort härtende Schlauchlining (4/2003) Teil 7: Wickelrohr-Lining (6/2007) DIN EN ISO Kunststoff-Rohrleitungssysteme für die Renovierung von erdverlegten drucklosen Entwässerungsnetzen (Freispiegelleitungen) - Teil 1: Allgemeines (7/2011): ISO , 2009 = Ersatz für DIN EN DIN EN ISO Kunststoff-Rohrleitungssysteme für die Renovierung von erdverlegten drucklosen Entwässerungsnetzen (Freispiegelleitungen) Teil 3: Close-Fit-Lining (7/2011): ISO , 2009 = Ersatz für DIN EN DIN EN ISO Kunststoff-Rohrleitungssysteme für die Renovierung von erdverlegten drucklosen Entwässerungsnetzen (Freispiegelleitungen) Teil 4: Vor Ort härtendes Schlauch-Lining (7/2011): ISO , 2009: Ersatz für DIN EN DIN EN Management und Überwachung von betrieblichen Maßnahmen in Abwasserleitungen und -kanälen Teil 2: Sanierung (8/2011) 22

23 DIN EN Klassifizierung und Eigenschaften von Techniken für die Renovierung und Reparatur von Abwasserkanälen und leitungen" (3/2011) DIN "Klebstoffe zum Verbinden von Rohren und Rohrleitungsteilen aus PVC hart; Allgemeine Güteanforderungen und Prüfungen" (3/1970) PROF. DR.-ING. VOLKER WAGNER - Gutachter und Sachverständiger in der Siedlungswasserwirtschaft - Europa-Ingenieur Nr.:14470DE - Deutscher Delegierter beim Europäischen Komitee für Normung (CEN) - Obmann beim Deutschen Institut für Normung (DIN) - Obmann beim Normenausschuss für Wasserwesen (NAW) - Obmann des Sachverständigenausschuss Abwasserableitung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) - Arbeitsgruppensprecher in der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) - Lehrer der Kanalnachbarschaft DWA-Nord/Ost - Studiengangsverantwortlicher Hochschule Wismar, Fakultät für Ingenieurwissenschaften, Bereich Bauingenieurwesen, Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft und Abfallwirtschaft 23