Bisher: Frischwassermenge = Abwassermenge. Künftig muss sowohl eine Schmutzwassergebühr als auch eine Niederschlagswassergebühr erhoben werden.

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2 mit Urteil vom (AZ: 2 S 2938/08) hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim entschieden, dass die Erhebung einer einheitlichen Abwassergebühr, nach dem so genannten Frischwassermaßstab, gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Äquivalenzprinzip verstößt. Dies hat zur Folge, dass alle Kommunen in Baden-Württemberg nun eine sogenannte Gesplittete Abwassergebühr einführen müssen. Der Gemeinderat der Stadt Kraichtal wurde in öffentlicher Sitzung am 22. September 2010 von der Verwaltung umfassend über diese Thematik informiert. Bei dieser Sitzung wurden auch die umfangreichen Umstellungsarbeiten vergeben. Bei der Berechnung der Abwassergebühren wird sich künftig einiges ändern. Zudem sind wir bei der erforderlichen Datenermittlung auf die Mithilfe der Grundstückseigentümer angewiesen. Diese Broschüre soll über diese Thematik ausführlich informieren. - Seite 1 -

3 Jährlich fallen in unserer Stadt große Mengen an Abwasser an. Dieses muss über ein weit verzweigtes Kanal- und Sammelsystem von den einzelnen Grundstücken aller Stadtteile zur Kläranlage nach Unteröwisheim abgeleitet werden. Der hierfür erforderliche Hauptsammler hat bereits eine Gesamtlänge von rund 23 Kilometern. Hinzu kommen die vielen kleineren Abwasserkanäle in allen Straßen. Diese transportieren das auf den Grundstücken anfallende Abwasser zum Hauptsammler. In diesem Abwasser ist neben reinem Schmutzwasser auch Niederschlagswasser enthalten. In der Kläranlage wird das Abwasser in aufwendigen Reinigungsprozessen behandelt, um es dann gereinigt wieder dem natürlichen Wasserkreislauf zuführen zu können. Sowohl die laufende Unterhaltung des Kanalnetzes, der fünf Regenüberlaufbecken sowie die Kläranlage selbst verursachen jährlich immense Kosten, welche durch die Abwassergebühren abgedeckt werden müssen. Bisher wurden diese Kosten über eine einheitliche Abwassergebühr erhoben. Dabei war es unerheblich, ob und wie viel Niederschlagswasser von den Grundstücken in die Kanalisation eingeleitet wurde. Auch bisher war in der Abwassergebühr ein Niederschlagswasserkostenanteil enthalten. Nach der Urteilsbegründung kann aber diese Art der Veranlagung zu Ungerechtigkeiten führen. Grundstücke mit gleich hohem Frischwasserverbrauch, aber unterschiedlich hoher Niederschlagswassereinleitung, müssen gleich hohe Abwassergebühren entrichten. Durch die Einführung der Gesplitteten Abwassergebühr wird es künftig eine Umverteilung dieser Gebühren geben, damit die tatsächliche Niederschlagswasserableitung Berücksichtigung findet. Die nachstehenden Fragen sollen Ihnen dieses neue Veranlagungsverfahren näher erläutern. - Seite 2 -

4 Derzeit wird die Abwassergebühr ausschließlich nach dem sogenannten Frischwassermaßstab erhoben. Das bedeutet, dass die veranlagte Abwassermenge genau dem Frischwasserverbrauch entspricht. Dieser Frischwasserverbrauch wird durch den normalen Hauswasserzähler ermittelt. Bisher: Frischwassermenge = Abwassermenge Künftig muss sowohl eine Schmutzwassergebühr als auch eine Niederschlagswassergebühr erhoben werden. Künftig: Schmutzwassergebühr Wird wie bisher aus der abgenommenen Frischwassermenge berechnet. Niederschlagswassergebühr Grundlage bilden die abflusswirksamen Flächen des Grundstückes. Wasserzähler - Seite 3 -

5 Grundlage für die Gebührenerhebung sind alle überbauten und darüber hinaus befestigten Flächen (versiegelten Flächen), unter Berücksichtigung ihrer Wasserdurchlässigkeit, über die Niederschlagswasser entweder direkt oder indirekt in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleitet wird. Üblicherweise ist eine Dachfläche direkt über ein Regenfallrohr an den öffentlichen Abwasserkanal angeschlossen. Garagenzufahrten wurden früher oft mit einem Gefälle zur Straße hin errichtet. Gelangt das Niederschlagswasser von dort auf die Straße und anschließend über den Straßeneinlauf in den öffentlichen Kanal, ist die Fläche indirekt angeschlossen. Die baurechtlichen Bestimmungen lassen allerdings eine solche Entwässerung nicht zu. Die Stadt Kraichtal hat bereits alle überbauten und darüber hinaus befestigten Flächen im Rahmen eines sogenannten Befliegungsverfahrens ermittelt. Bei diesem Verfahren werden die maßgebenden Flächen anhand von aktuellen Luftbildern ausgewertet. Da wir auf diesen Bildern aber nicht alle relevanten Faktoren erkennen können, sind wir auf die Mithilfe der Grundstückseigentümer angewiesen. So benötigen wir vor allem Angaben darüber, welche versiegelten Flächen tatsächlich an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen sind. Ebenso brauchen wir Aussagen über die Wasserdurchlässigkeit (Versiegelungsgrad) der befestigten Flächen, da auch diese Einfluss auf die tatsächliche Gebührenhöhe haben. - Seite 4 -

6 Der Versiegelungsgrad hat später entscheidende Auswirkungen auf die tatsächlich zu berücksichtigende abflussrelevante Fläche. Denn je nach Versiegelungsgrad gelangt mehr oder weniger Wasser in die öffentliche Kanalisation. In der öffentlichen Sitzung vom 8. Dezember 2010 hat der Gemeinderat die folgenden vier Versiegelungsgrade beschlossen: Hierzu gehören beispielsweise Dachflächen, Asphalt, Beton, Bitumen und Pflaster oder Platten mit geschlossenen Fugen. Hierzu gehören beispielsweise Pflaster, Platten und Verbundsteine. Hierzu gehören beispielsweise Kies, Schotter, Rasengittersteine, Porenpflaster und Gründächer. Hierzu gehören beispielsweise Rasenflächen, Blumen- und Gemüsebeete und Gärten sowie Flächen, die nicht an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen sind. - Seite 5 -

7 Eine Möglichkeit der Gebührenreduzierung bietet die Nutzung von Zisternen. In Zisternen kann Niederschlagswasser aufgefangen und für die Gartenbewässerung verwendet werden. Ebenso ist die Nutzung im Haushalt oder Betrieb, beispielsweise für die Toilettenspülung (Brauchwassernutzung), möglich. Für Flächen, die an Zisternen mit Überlauf in die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen sind, gilt folgendes: 1. Bei Regenwassernutzung ausschließlich zur Gartenbewässerung werden die Flächen um 8 Quadratmeter je Kubikmeter Fassungsvolumen reduziert. 2. Bei Regenwassernutzung im Haushalt oder Betrieb werden die Flächen um 15 Quadratmeter je Kubikmeter Fassungsvolumen reduziert. Die Reduzierung wird allerdings nur gewährt, sofern die Zisternen fest und dauerhaft (keine Klappe am Regenfallrohr) installiert und mit dem Boden verbunden sind sowie ein Mindestvolumen von 1 Kubikmeter aufweisen. Flächen, die an Zisternen ohne Überlauf in die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen sind, werden nicht berücksichtigt. Bei der Brauchwassernutzung ist außerdem zu beachten, dass für die Einleitung des Schmutzwassers in die Kanalisation entsprechende Zähleinrichtungen an der Zisterne anzubringen sind. Weitere Informationen hierzu erhalten Sie bei der Stadt. - Seite 6 -

8 Berücksichtigung von Zisternen im Überblick: Zweck Ausschließlich Gartenbewässerung Brauchwassernutzung Reduzierung der angeschlossenen Fläche um 8 Quadratmeter je Kubikmeter Zisternenvolumen 15 Quadratmeter je Kubikmeter Zisternenvolumen Ein Berechnungsbeispiel finden Sie auf Seite 9 (Beispiel 2) dieser Informationsbroschüre. Auch Versickerungsanlagen bzw. Versickerungsbauwerke können die Niederschlagswassergebühr verringern. Sofern das Wasser über einen Notüberlauf oder einen gedrosselten Ablauf auf dem Grundstück verbleibt, gilt die Fläche als nicht angeschlossen und wird daher auch nicht bei der Niederschlagswassergebühr berücksichtigt. Eine Fläche, die an eine Sickermulde, einem Mulden-Rigolen- System oder an eine vergleichbare Anlage, mit Notüberlauf oder gedrosseltem Ablauf in die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen ist, wird mit einem Faktor von (zusätzlich) 0,3 berücksichtigt. Ein Berechnungsbeispiel finden Sie auf Seite 9 (Beispiel 3) dieser Informationsbroschüre. Weitere Informationen zu Versickerungsanlagen und Versickerungsbauwerken sind bei der Stadt sowie beim Landratsamt Karlsruhe erhältlich. - Seite 7 -

9 Die bisherige Abwassergebühr wird künftig in eine Schmutzwassergebühr sowie eine Niederschlagswassergebühr gesplittet. Die Gebühren werden wie folgt berechnet: Schmutzwassergebühr = Wasserverbrauch x Gebührensatz für Schmutzwasser Niederschlagswassergebühr = Abflussrelevante Fläche x Gebührensatz für Niederschlagsw. Beispiel 1: Wohnhaus mit Garage und Garagenzufahrt Auf dem Grundstück steht ein Wohnhaus mit einer Dachfläche von 100 Quadratmetern sowie eine Garage mit einer Fläche von 20 Quadratmetern. Beide Flächen sind über ein Regenfallrohr direkt an die öffentliche Kanalisation angeschlossen. Die Zufahrt zur Garage ist mit Rasengittersteinen befestigt, 30 Quadratmeter groß und zur Straße hin geneigt. Sie entwässert somit indirekt über die Straßeneinläufe in den öffentlichen Kanal. Bezeichnung Größe Faktor berechnete Fläche Dachfläche Wohnhaus: 100 m² x 0,9 = 90 m² Dachfläche Garage: 20 m² x 0,9 = 18 m² Zufahrt: 30 m² x 0,3 = 9 m² Abflussrelevante Fläche: 117 m² - Seite 8 -

10 Beispiel 2: Wohnhaus mit Terrasse und Zisterne Auf dem Grundstück steht ein Wohnhaus mit einer Dachfläche von 150 Quadratmetern. Das Regenwasser wird in einer Zisterne, mit Überlauf in die öffentlichen Abwasseranlagen, gesammelt. Sie hat eine Größe von 4 Kubikmetern und wird zur Gartenbewässerung genutzt. Im rückwärtigen Bereich des Hauses befindet sich eine 10 Quadratmeter große Terrasse. Das hierauf fallende Niederschlagswasser versickert im Garten. Bezeichnung Größe Faktor berechnete Fläche Dachfläche Wohnhaus: 150 m² x 0,9 = 135 m² Zisterne: 4 m³ x - 8 m² = - 32 m² Terrasse: 10 m² x 0,0 = 0 m² Abflussrelevante Fläche: 103 m² Beispiel 3: Wohnhaus mit Sickermulde Eine Dachfläche mit einer Größe von 100 Quadratmetern ist an eine Sickermulde, mit einem Notüberlauf in die öffentlichen Abwasseranlagen, angeschlossen. Bezeichnung Größe Faktor berechnete Fläche Dachfläche Wohnhaus: 100 m² x 0,9 = 90 m² Sickermulde: 90 m² x 0,3 = 27 m² Abflussrelevante Fläche: 27 m² Zunächst ist die abflussrelevante Fläche der Dachfläche zu ermitteln. Hier ist der jeweilige Versiegelungsgrad (im Beispiel 0,9) anzuwenden. Die so ermittelte Fläche ist dann zusätzlich mit dem Faktor von 0,3 zu multiplizieren. Hieraus ergibt sich dann die endgültige abflussrelevante Fläche. - Seite 9 -

11 Mit dem gesplitteten Maßstab wird keine zusätzliche Gebühr eingeführt. Deshalb erzielt die Stadt auch keine Mehreinnahmen. Die bisherige Abwassergebühr wird lediglich in zwei unterschiedliche Gebührenarten, nämlich die Schmutzwassergebühr und die Niederschlagswassergebühr, gesplittet. Dadurch werden die Kosten für die Beseitigung und Reinigung des Abwassers verursachergerecht aufgeteilt. Ob die Gebühren für die Abwasserbeseitigung nach Einführung des gesplitteten Maßstabes für den Grundstückseigentümer ansteigen oder geringer werden hängt von zwei Faktoren ab. Diese sind: 1. Höhe der Schmutzwassermenge (Wasserverbrauch) 2. Abflussrelevante Fläche auf dem Grundstück Grundsätzlich gilt, dass 1. Grundstücke mit hohem Wasserverbrauch, aber wenig abflussrelevanten Flächen, bei der Gebührenhöhe künftig entlastet werden. 2. Grundstücke mit vergleichsweise geringem Wasserverbrauch, aber vielen abflussrelevanten Flächen, mit einer Erhöhung der Abwassergebühren rechnen müssen. Beispielhaft seien hier Verbrauchermärkte erwähnt. - Seite 10 -

12 Grafisch lassen sich die durchschnittlichen Auswirkungen folgendermaßen darstellen: Einfamilien- Mehrfamilien- Verbraucherwohnhaus wohnhaus markt bisherige einheitliche Abwassergebühr Schmutzwassergebühr Niederschlagswassergebühr Die endgültigen Gebührensätze für die Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühr können erst nach vollständiger Erhebung aller abflusswirksamen Flächen ermittelt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht daher noch keine Möglichkeit, eine Auskunft über die künftige Gebührenhöhe zu geben. - Seite 11 -

13 Die Berechnung der gesplitteten Abwassergebühr erfolgt nicht nur auf Grundlage der jetzt zu erhebenden Daten. Alle Faktoren, die eine Änderung der abflussrelevanten Flächen zur Folge haben, müssen der Stadt mitgeteilt werden. Maßgebend für die Flächenberechnung ist der Zustand zu Beginn des Veranlagungszeitraumes. Jeder Grundstückseigentümer hat somit die Möglichkeit, seine Niederschlagswassergebühr durch geeignete Maßnahmen zu senken. Bei Neubauten ist der Grundstückseigentümer ebenfalls verpflichtet, der Stadt die abflussrelevanten Flächen anzuzeigen. Entsprechende Anträge können über die städtische Homepage Rubrik Rathaus & Service, Online-Formulare heruntergeladen werden. - Seite 12 -

14 Grundsätzlich gilt, dass Niederschlagswasser möglichst ortsnah versickern und nicht in die Kanalisation eingeleitet werden soll. Die Vorteile liegen auf der Hand: - Durch Versickerung wird das Niederschlagswasser dem natürlichen Wasserkreislauf direkt wieder zugeführt. - Bei Starkregen wird das Einleiten von Niederschlagswasser in die Gewässer vermindert, wodurch die Gewässer weniger belastet werden. - Weniger Flächenversiegelungen vermindern die immer stärker werdende Gefahr von Hochwasser. - Investitionen in der Zukunft können niedriger ausfallen, da Kanäle geringer dimensioniert werden können und die Kläranlage weniger belastet wird. Dies wirkt sich mindernd auf die Gebührenhöhe aus. Durch die Niederschlagswassergebühr werden also auch Anreize für eine ökologisch sinnvolle Entsiegelung geschaffen. Jede Fläche die entsiegelt wird, wirkt sich später reduzierend auf die Niederschlagswassergebühr aus. Für Flächen, auf denen das Regenwasser unmittelbar versickert, beispielsweise bei Rasenflächen, muss natürlich keine Niederschlagswassergebühr bezahlt werden. Zu beachten ist allerdings, dass eine Versickerung von Niederschlagswasser durch rechtliche Vorschriften oder technische Besonderheiten (Bodenverhältnisse) eingeschränkt sein kann. So dürfen beispielsweise Nachbargrundstücke nicht durch die Versickerung oder Ableitung von Niederschlagswasser beeinträchtigt werden. - Seite 13 -

15 Gerne helfen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung weiter. Sie finden uns im Rathaus Münzesheim Rathausstr Kraichtal Gerne können Sie auch telefonisch Tel.: 07250/77-52 oder elektronisch mit uns Kontakt aufnehmen. - Seite 14 -

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