Sonderbericht. Südkorea Park Geun-Hye wird erste Präsidentin Südkoreas
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- Nicole Hartmann
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1 Sonderbericht Südkorea Park Geun-Hye wird erste Präsidentin Südkoreas - Unerwartet hoher Wahlsieg für die Königin der Wahlen - Erste weibliche Präsidentin tritt Amt im Februar 2013 an - Hohe Wahlbeteiligung von 75 Prozent - Schock bei der linken Partei Die Königin der Wahlen hat wieder zugeschlagen zum fünften Mal in Folge konnte die Saenuri-Partei (früher Grand National Party) unter Park Geun-Hye einen Wahlsieg einfahren. Dieses Mal hat Park die Krone, nämlich die Präsidentschaft, selbst davon getragen. Zum ersten Mal kommt damit eine Frau an die Spitze des Staates in der von Männern dominierten koreanischen Gesellschaft. Bei den Präsidentschaftswahlen, die am 19. Dezember 2012 stattgefunden haben, erhielt sie 51,6% der Stimme und überholte mit einem Mindestabstand von 3,6% ihren schärfsten Rivalen Moon Jae-In von der Vereinigten Demokratischen Partei (DUP), der 48% der Stimme bekam. Vor den Präsidentschaftswahlen war Südkorea in zwei fast gleiche Lager gespalten. Die Wahl hat diese Einschätzung bestätigt, mit einem deutlichen Vorsprung der konservativen Seite allerdings. Dazu muss angemerkt werden, dass die meisten Wähler (über 50 Prozent) sich selbst weder als konservativ noch links einschätzen, sondern als moderat. Park Geun-Hye hat es verstanden, einen größeren Teil dieser Wähler an sich zu binden. Der Wahlkampf war dabei von drei Themen dominiert: der Sicherheitspolitik und Haltung gegenüber Nordkorea, der Wirtschaftspolitik und der Interpretation von Südkoreas Vergangenheit. Park Geun-Hye wurde weitgehend mit ihrem Vater identifiziert, Moon Jae-In mit Präsident Roh Moo-Hyun, für den er als Stabschef gedient hatte. Deshalb nannten viele Experten die Wahlkampagne den Kampf der verstorbenen Präsidenten. Egal wie sehr die beiden es versucht haben, war es schwer für Park und Moon aus dem Schatten der ehemaligen südkoreanischen Führer herauszukommen, sowie die Projektion der Verdienste und Fehler der ehemaligen Staatschefs auf sich zu verhindern. Die Stimmung während der Präsidentschaftswahl war sehr intensiv und angespannt. Sehr deutlich konnte die Konfrontation zwischen Konservativen und dem progressiven Lager verfolgt werden. So beschuldigten die Demokraten das regierende Lager, dass sie 2009 den ehemaligen Präsidenten Roh Moo-Hyun zum Selbstmord getrieben hätten. In der Endphase des Wahlkampfs nahmen Schmutzkampagnen und die Verbreitung falscher Informationen zu. Nur wenige Tage vor den Wahlen beispielsweise gab es einen Vorwurf der DUP, die die regierende Saenuri-Partei illegaler Wahlkampfaktivitäten beschuldigte. Der Vorwurf stellte sich jedoch als haltlos heraus. Hanns-Seidel-Stiftung_Sonderbericht_Korea_ Präsidentschaftswahlen im Dezember
2 Das linke Lager war vor der Wahl eigentlich in einer sehr guten Lage. Nachdem der parteilose und sehr beliebte Kandidat Ahn Cheol-Soo sich hinter Moon Jae-In gestellt hatte und Lee Jung-Hee von der weit links stehenden und teilweise mit Nordkorea deutlich sympathisierenden Vereinten Progressiven Partei von der Wahl zurücktrat, um die Chancen des linken Lagers zu stärken, war die Linke so geeint wie lange nicht mehr. Auch die hohe Wahlbeteiligung von über 75 Prozent (gegenüber 63 bzw. 70 Prozent in den letzten beiden Wahlen) war als Zeichen für eine gute Mobilisierung der Anhängerschaft der Linken, vorwiegend der jüngeren, gedeutet worden. Dies erwies sich aber als falsch. Moon, der linke Kandidat, konnte nur in den traditionellen Hochburgen der Vereinigten Demokratischen Partei in der Cheolla-Region (Cheolla- Bukdo, Cheolla-Namdo, Kwangju) sowie in Seoul gewinnen. Die starken Mittelstädte bis auf Kwangju (Ulsan, Busan, Daejeon, Incheon, Daegu) gingen allesamt an Park, ebenso die Gyeonggi-Region rund um Seoul. Hier könnte sich für die Linke das Eingreifen Nordkoreas durch den Raketentest sowie die Haltung der Linken für einen bedingungslosen Dialog mit Nordkorea gerächt haben, denn Incheon und die grenznahe Gyeonggi-Provinz (mit zehn Millionen Einwohnern fast so groß wie Seoul) haben sehr deutlich für die konservative Park votiert, anders als erwartet. Park Geun-Hye wurde am 2. Februar 1952 geboren. Sie ist die Tochter des früheren Präsidenten und Generals Park Chung Hee, der das Land nach einem Militärputsch 18 Jahre lang diktatorisch regiert hat absolvierte Park an der Sogang-Universität in Seoul ein Studium der Elektrotechnik bekam Park den Grad eines Ehrendoktors an der taiwanesischen Universität der chinesischen Kultur, 2008 am Korea Advanced Institute of Science and Technology und 2010 an der Sogang-Universität ging Park in die Politik. Nach einem Jahr wurde sie in das Parlament gewählt, dem sie bis 2012 angehörte. Fünf mal wurde sie als Abgeordnete des Parlaments von der Saenuri- Partei ausgewählt. Sie war nie verheiratet und hat keine Kinder. Park Geun-Hye, Führerin der Regierungspartei Saenuri (konservative Partei Südkoreas) hatte im Juli offiziell ihre Absicht verkündet, erste weibliche Präsidentin von Südkorea zu werden. Bereits im August wurde sie mit rund 85% Stimmen als Vertreterin von Saenuri als Präsidentschaftskandidatin für die Kandidatur ausgewählt. Dies war, nach der Niederlage 2007 gegen Lee Myung-Bak, ihr zweiter Versuch für die Präsidentschaft zu kandidieren. Bei den Wahlen stieß sie auf politische Missbilligung über das autoritäre Regime ihres Vaters. Bei einer live im Fernsehen übertragenen Rede brachte sie eine Entschuldigung an diejenigen und ihre Familien vor, die an den in dieser Zeit begangenen Menschenrechtsverletzungen gelitten hatten. Vor den Wahlen vereinigte Park alle konservativen Kräfte um sich herum. So trat Lee Hoi Chang, der eine lange Zeit die Liberty Forward Partei, eine noch konservativere Partei, leitete, der Saenuri-Partei bei. In Bezug auf die Politik mit Nordkorea unterstützt Park Geun-Hye eine harte Linie mit Pjöngjang, indem sie sich auf Sicherheit und Frieden konzentriert. Ihre Position ist Hanns-Seidel-Stiftung_Sonderbericht_Korea_ Präsidentschaftswahlen im Dezember
3 jedoch weicher als die Position Lee Myung-Baks. Park plant einen Vertrauens-Prozess (unter dem Schlagwort trustpolitics in einem Artikel Parks im Foreign Policy Magazine zunächst erläutert) einzuführen, um den Frieden zwischen den beiden Koreas zu stabilisieren. Seoul soll den Dialog mit Pjöngjang wiederaufnehmen, die humanitäre Unterstützung erhöhen und versuchen, Vereinbarungen zwischen den beiden Koreas und zwischen dem Norden und der internationalen Gemeinschaft durchzuführen. Die Strategie beruht auf ihrer Vertrauens-Politik. Nach Park bedeutet diese Politik jedoch kein bedingungsloses und einseitiges Vertrauen. Pjöngjang soll sich an seine Vereinbarungen mit Seoul und der internationalen Gesellschaft halten, um ein Mindestmaß an Vertrauen aufzubauen. Die Vertrauens-Politik soll konsequent frei von politischen Einflüssen angewendet werden. Trotzdem soll eine harte Abwehrposition, gemeinsam in Allianz mit der USA und anderer Mitteln erhalten bleiben. Für die ultimative politische Vereinigung sucht sie einen Schritt-für-Schritt-Plan, der in der Reihenfolge von dem innerkoreanischen Vertrauensaufbau, der Regelung des Friedens auf der Halbinsel und anschließend der Gründung einer einheitlichen wirtschaftlichen Gemeinschaft verläuft. Für die Stärkung der bilateralen Kommunikation und Austausch strebt Park danach, Repräsentanzen der beiden Koreas in den beiden Hauptstädten zu etablieren, so ähnlich wie die ständigen Vertretungen in Deutschland vor der Wiedervereinigung. Die weiteren Punkte der Vertrauens-Politik sind die humanitäre Hilfe für die Bedürftigen in Nordkorea, Regeln für die Wiedervereinigungen von getrennten Familien, weitere Internationalisierung des innerkoreanischen Industriekomplexes in Nordkoreas Gaeseong und die gemeinsame Erforschung der Bodenschätze Nordkoreas. Nordkorea hat sich Park gegenüber gespalten gesehen: Während in den letzten Jahren eine unglaubliche Schmutz- und Hasskampagne gegen Präsident Lee Myung-Bak gefahren worden ist, war man gegenüber Park zunächst relativ zurückhaltend. Dies änderte sich allerdings, als klar wurde, dass Park nicht einfach zur Sonnenscheinpolitik der linken Regierungen zurückkehren will. Noch kurz vor der Wahl wurde in der nordkoreanischen Nachrichtenagentur ein langer Artikel veröffentlicht, der sich mit den Machenschaften des Saenuri-Clans befasst und die Kritik an Nordkorea auf Wahlkampfveranstaltungen der Saenuri-Partei in den Mittelpunkt stellte. Ironischerweise wurde dabei einerseits auf die große Zustimmung für Nordkorea in Südkoreas Bevölkerung verwiesen, andererseits wurde der Saenuri-Partei vorgeworfen, linke Politiker in die Nähe Pjöngjangs zu rücken, um ihnen zu schaden. Park Geun-Hye hat sich im wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Bereich einen regelrechten Versprechungswettbewerb mit Moon Jae-In geliefert. Ohne irgendwelche Anhaltspunkte für mögliche Finanzierung wurden soziale Wohltaten versprochen, von der Saenuri-Partei unter dem Slogan der ökonomischen Demokratisierung. Wenn damit, wie es ursprünglich 1987 in der Verfassung der Fall war, die Einführung einer sozialen Marktwirtschaft, die auf Wettbewerb und Wettbewerbspolitik beruht, gemeint ist, ist das zu begrüßen. Wahrscheinlicher sind allerdings nicht gegenfinanzierte soziale Versprechungen, die angesichts der Demographie Koreas schlicht unmöglich sind. Als erste weibliche Präsidentin setzte Park Frauen- und Kinderbetreuungsfragen an die Hanns-Seidel-Stiftung_Sonderbericht_Korea_ Präsidentschaftswahlen im Dezember
4 Spitze ihrer Staatstagesordnung. Park versprach die Möglichkeiten für Frauen in Ausbildung und Beschäftigung zu erhöhen und sie von Kinderbetreuungslast zu befreien. Der Staat wird die Familie mit Kindern unter fünf Jahren unterstützen. Die schwangeren Frauen bekommen kürzere Arbeitszeiten und Väter sollen einen bezahlten Urlaub für die Betreuung von Kindern nehmen können. Die wirtschaftliche Demokratisierung mit einer gerechteren Verteilung des Wohlstands wird von Park gefördert. Sie betonte die Bedeutung des parallelen Wachstums und fairen Wettbewerbs zwischen kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Sie schlug auch gleiche soziale Sicherheiten für Vollzeit-und Teilzeitarbeiter vor. Außerdem meinte Park, dass die koreanische Wirtschaft eine neue Wachstumsart braucht, die sich auf die Schaffung von Arbeitsplätzen konzentriert, die auf Kreativität, Wissenschaft und Technik basieren sollen. Wichtig für Park ist auch der Aufbau einer sicheren Gesellschaft, ein Thema, das vor allem durch einige heiß diskutierte Kriminalfälle, vor allem Vergewaltigungen, sehr aktuell war. Interessant sind die Ansätze im Park-Lager zur Korruptionsbekämpfung. Während die Saenuri-Partei bzw. ihre Vorgängerinnen oft als Partei der Chaebol (big business) und unsaubere Partei mit vielen Korruptionsskandalen galt, hat sich Park mit Ahn Dae-Hee einen sehr hochgeschätzten früheren Staatsanwalt als Berater geholt, der für Sauberkeit im politischen wie auch juristischen Prozess steht. Er hat weitreichende Vorschläge zur transparenteren Politik (z.b. durch öffentliche Kandidatenaufstellungen bei Parlamentswahlen) gemacht. Sollten diese umgesetzt werden, könnte sich tatsächlich eine positive Entwicklung in diesem Bereich ergeben. Neben den Präsidentschaftswahlen fanden noch Nachwahlen in einigen Bezirken statt. Vor allem die Nachwahl des Erziehungsbeauftragten der Stadt Seoul (ein sehr mächtiger Posten, der unabhängig von Bürgermeister oder Provinzgouverneur ist) und des Provinzgouverneurs der südlichen Gyeongsang-Provinz waren sehr wichtig; in beiden Fällen gewannen Kandidaten der konservativen Saenuri-Partei. Dr. Bernhard Seliger ist Auslandsmitarbeiter der Hanns-Seidel-Stiftung in Korea. An diesem Bericht hat Dina Preischkat, derzeit im Büro Seoul tätig, mitgearbeitet. IMPRESSUM Erstellt: 20. Dezember 2012 Herausgeber: Hanns-Seidel-Stiftung e.v., Copyright 2011 Lazarettstr. 33, München Vorsitzender: Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, Staatsminister a.d., Senator E.h. Hauptgeschäftsführer: Dr. Peter Witterauf Verantwortlich: Christian J. Hegemer, Leiter des Instituts für Internationale Zusammenarbeit Tel. +49 (0) Fax Einige Impressionen vom Wahlkampf: (alle Fotos von Dina Preischkat, derzeit im Büro Seoul tätig) Hanns-Seidel-Stiftung_Sonderbericht_Korea_ Präsidentschaftswahlen im Dezember
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