Quantitative Techniken der Unternehmensführung

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1 Quantitative Techniken der Unternehmensführung Grundlagen und Begriffe: Bilanz, GuV und Cash Flow Wintersemester 2008/2009 Robert Gietl Ludwig Lütkes Martin Weiss Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Lehrstuhl für Unternehmensführung QT WS 08/09 1

2 Die "Welt der Zahlen" umfasst ein breites Spektrum, das aus verschiedenen Informationsbedarfen der Empfänger resultiert Dimensionen der "Welt der Zahlen" Vorgaben Empfänger Arten Aufgaben Abteilungen Extern Rechtlich vorgegeben Externe Adressaten Rechnungswesen Abbilden und bewerten (für Externe) Buchhaltung Rechnungswesen Intern Freiwillig und unternehmensindividuell Interne Adressaten Kostenrechnung Abbilden und bewerten (für Interne) Buchhaltung Rechnungswesen Controlling Kostencontrolling Planen, kontrollieren und steuern Controlling Rechnungswesen Kostenmanagement Beeinflussen und optimieren Alle 2

3 Die Rechengrößen werden in unterschiedlichen Rechenwerken verarbeitet Rechenwerke im Rechnungs- und Finanzwesen Bilanzielle Ergebnisrechnung Kalkulatorische Ergebnisrechnung Finanzrechnung Zweck Rechenschaftslegung über Erfolg und Vermögen/Kapital (abhängig von rechtlichen Vorschriften Grundlage für Planung, Steuerung, Kontrolle des Unternehmens Nachweis und Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit Teilrechnungen GuV, Bilanz Kosten-/Leistungsrechnung Liquiditätsrechnung (Finanzierungsrechnung) Rechengrößen Ertrag, Aufwand Leistung, Kosten Ein-, Auszahlung (Einnahme, Ausgabe) Saldo Gewinn/Verlust (Jahresüberschuss) Gewinn/Verlust (Betriebsergebnis) Zahlungsmittelsaldo (Geldsaldo) 3

4 Die Bilanz zeigt die Gegenüberstellung von Vermögen (Mittelverwendung) und Kapital (Mittelherkunft) Aufbau der Bilanz Aktivseite Passivseite Anlagevermögen - Immaterielle Vermögensgegenstände - Sachanlagen - Finanzanlagen Umlaufvermögen - Vorräte (RHB, unfertige Erzeugnisse, fertige Erzeugnisse, geleistete Anzahlungen) - Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände - Wertpapiere - Zahlungsmittel (Kasse, Guthaben bei Kreditinstituten) Aktive Rechnungsabgrenzungsposten - Gezeichnetes Kapital - Kapitalrücklage - Gewinnrücklage - Gewinn-/Verlustvortrag - Jahresüberschuss Fremdkapital - Rückstellungen (Pensionsrückstellungen, Steuerrückstellungen, sonstige Rückstellungen) - Verbindlichkeiten (nach Gläubigergruppen, z.b. Kreditinstitute, Lieferanten etc.; nach Laufzeit, z.b. kurz- und langfristig) Passive Rechnungsabgrenzungsposten Mittelverwendung Mittelherkunft 4

5 Die Gewinn- und Verlustplanung zeigt externen Interessenten, welchen Erfolg das Unternehmen in einer Periode erzielte Externe Gewinn- und Verlustrechnung (handelsrechtliche Gliederung) 1) Umsatzerlöse 2) Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen 3) Andere aktivierte Eigenleistungen 4) Sonstige betriebliche Erträge 5) Materialaufwand Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren Aufwendungen für bezogene Leistungen 6) Personalaufwand Löhne und Gehälter Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung 7) Abschreibungen 8) Sonstige betriebliche Aufwendungen 9) Betriebsergebnis nach handelsrechtlichen Wertansätzen vor Zinsen und Steuern (EBIT) 10) Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen 11) Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen 12) Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen 13) Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 14) Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon aus verbundenen Unternehmen 15) Finanzergebnis 16) Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit 17) Außerordentliche Erträge 18) Außerordentliche Aufwendungen 19) Außerordentliches Ergebnis 20) Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 21) Sonstige Steuern 22) Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag 5

6 Mit dem Gesamt- und Umsatzkostenverfahren gibt es zwei unterschiedliche Verfahren, die zum gleichen Ergebnis führen Prinzipdarstellung Umsatz- und Gesamtkostenverfahren 1. Gesamtkostenverfahren 2. Umsatzkostenverfahren Bestandserhöhungen (HK) Umsatz Gesamtkosten Bestandsminderung (HK) Gesamtkosten Umsatz Kosten (für abgesetzte Produkte) Umsatz Betriebsergebnis Betriebsergebnis Betriebsergebnis 6

7 Die beiden Verfahren unterscheiden sich jedoch in ihrer weiterführenden Interpretation sowie der geschaffenen Transparenz Vergleich Umsatz- und Gesamtkostenverfahren Gesamtkostenverfahren Gliederung nach Kosten-/Aufwandsarten, dadurch transparente Kostenstruktur Aus Fibu (-Kontensystem) leicht ableitbar An der Produktionsgesamtleistung orientiert Nur Erlöse und Bestandsveränderungen lassen sich auf Produkte und Produktgruppen zuordnen, bei den Kosten ist dies nicht unmittelbar möglich Aufteilen des Gesamterfolgs in Teilerfolge der Produkte und Produktgruppen erschwert Umsatzkostenverfahren Gliederung nach Funktionen, dadurch transparente Kostenverantwortung Kostenrechnerisch aufwendiger An der Vertriebsleistung orientiert (realisieren der Leistung am Markt) Erlöse und (Selbst-)Kosten der abgesetzten Produkte lassen sich nach Produkten und Produktgruppen untergliedern Die einzelnen Erfolgsbeiträge sind leicht sichtbar 7

8 Finanzielle Effekte lassen sich in unterschiedlichen Rechengrößen erfassen Grundbegriffe des Rechnungs- und Finanzwesens GuV, Bilanz Kosten- und Leistungsrechnung Einzahlung Einnahme Ertrag Leistung Ansatz- und Bewertungsunterschiede Liquiditätsrechnung Finanzierungsrechnung Zahlungsmittelbestand Geldvermögen Gesamtvermögen bzw. Reinvermögen Betriebsnotwendiges Vermögen Auszahlung Ausgabe Aufwand Kosten Kreditvorgänge Lagervorgänge Stromgrößen ( pro Periode) Bestandsgrößen ( pro Zeitpunkt) Stromgrößen ( pro Periode) 8

9 Die zentralen Begriffe des Rechnungswesens sind umfassend und einheitlich definiert Definitionsübersicht Einzahlung: Einnahme: Ertrag: Leistung: Wert zugegangener Zahlungsmittel Wert veräußerter Güter Wert entstandener Güter Wert der aus der betrieblichen Tätigkeit heraus entstandenen Güter Auszahlung: Wert abgegangener Zahlungsmittel Ausgabe: Aufwand: Kosten: Wert zugegangener Güter Wert verzehrter Güter Wert der aufgrund der betrieblichen Tätigkeit verzehrten Güter Zahlungsmittelbestand = Bargeld + Buchgeld (täglich fällige Guthaben bei Banken (bzw. Liquide Mittel) inkl. Bestände an Schecks und fälligen Wechseln) Geldvermögen = Zahlungsmittelbestand + Forderungen - Verbindlichkeiten Gesamt- (bzw. Rein-) vermögen = Geldvermögen + Sachvermögen (lt. Bilanz) Betriebsnotwendiges Vermögen = Gesamtvermögen (bzw. Reinvermögen) - nicht betriebsnotwendige Teile des Bilanzvermögens + betriebsnotwendige Teile, die nicht bilanziert sind (z.b. auch GWG) +/- kalkulatorischer Bewertungsunterschied 9

10 Die Finanzplanung dient dazu, die Liquidität sicherzustellen Kategorien und Positionen der Finanzplanung Anfangsbestand - Kasse, Schecks - Guthaben bei Kreditinstituten Laufende Ein-/ Auszahlungen - Einzahlungen aus Absatz - Sonstige Einzahlungen (Zuschüsse, Subventionen, Steuererstattungen etc.) - Auszahlungen für - Bezogene Waren - Personal - Steuern, etc. - Sonstige Auszahlungen Cash- flow- Planung Desinvestitionseinzahlungen, Investitionsauszahlungen - Einzahlungen aus - Grundstücksveräußerungen - Maschinenveräußerungen etc. - Einzahlungen aus Finanzanlagen - Auszahlungen für - Grundstückserwerb - Maschinenerwerb etc. - Auszahlungen für Finanzanlagen Investitionsplanung Eigen-/Fremdkapitalein- und -auszahlungen Endbestand - einzahlungen - Vom Gründer, von Gesellschaftern, Fördermittel - Fremdkapitaleinzahlungen - Kredite von Banken, aus Fördermitteln, von Gesellschaftern - Kasse, Schecks - Guthaben bei Kreditinstituten - auszahlungen - Dividendenzahlungen - Rückzahlungen (z.b. an VC) - Fremdkapitalauszahlungen - Zinsen - Tilgungen Finanzierungsplanung Liquiditätsreserveplanung 10

11 Zentrales Instrument der Finanzrechnung ist der Cash Flow, der sich mit der Praktikermethode indirekt ermitteln lässt Indirekte Ermittlung des Cash Flows Umsatz EBITDA Materialaufwand Personalaufwand Sonstiger Aufwand Abschreibung EBIT Praktikermethode EBIT Abschreibung (Brutto) Cash Flow Δ Rückstellungen Investitionen Δ Umlaufvermögen Freier Cash Flow 11

12 Auszahlung und Ausgabe unterscheiden sich durch die Möglichkeit von Kreditvorgängen Unterscheidung von Auszahlung und Ausgabe Auszahlung Wert abgegangener Zahlungsmittel Zahlungsmittelbestand Ausgabe Forder. Zahlungsmittel Sachvermögen Wert zugegangener Güter Verbindl. Auszahlung Ausgabe 1 Zahlungsmittelabgang ohne Güterzugang Bsp.: Anzahlung bei einem Lieferanten Ursache: Kreditvergabe 2 Auszahlung > Ausgabe Auszahlung = Ausgabe Zahlungsmittelabgang mit Güterzugang Bsp.: Bareinkauf von Rohstoffen Forder. Verbindl. Zahlungsmittel Sachvermögen Geldvermögen 3 Auszahlung < Ausgabe Güterzugang ohne Zahlungsmittelabgang Bsp.: Rohstoffeinkauf auf Ziel Ursache: Kreditaufnahme 12

13 Ausgabe und Aufwand unterscheiden sich durch die Möglichkeit zur Lagerung vor der eigentlichen Nutzung Unterscheidung von Ausgabe und Aufwand Ausgabe Wert zugegangener Güter Forder. Aufwand Wert verzehrter Güter Forder. Verbindl. Gesamtvermögen (bzw. Reinvermögen) Zahlungsmittel Sachvermögen Verbindl. Zahlungsmittel Sachvermögen Geldvermögen Ausgabe Aufwand 4 Ausgabe > Aufwand Güterzugang ohne Güterverzehr Bsp.: Kauf und Einlagerung von Rohstoffen Ursache: Lagerzugang 5 Ausgabe = Aufwand Güterzugang mit Güterverzehr Bsp.: Rohstoff-Beschaffung und unmittelbarer Rohstoff-Verbrauch 6 Ausgabe < Aufwand Güterverzehr ohne Güterzugang Bsp.: Lagerentnahme und Verbrauch von Rohstoffen Ursache: Lagerabgang 13

14 Aufwand und Kosten unterscheiden sich durch unterschiedliche Bewertung und die Bedingung der betrieblichen Tätigkeit Unterscheidung von Aufwand und Kosten 7 Aufwand > Kosten "Neutraler Aufwand": Güterverzehr nicht aufgrund der betrieblichen Tätigkeit Bsp.: Wertpapierverluste Ursache: Wertverzehr bei nicht betriebsnotwendigen Tätigkeiten Aufwand Wert verzehrter Güter Kosten: Wert der aufgrund der betrieblichen Tätigkeit verzehrten Güter Aufwand Kosten 8 Aufwand = Kosten "Zweckaufwand" bzw. "Grundkosten" Bsp.: Akkordlöhne 9 Aufwand < Kosten "Kalkulatorische Kosten" Bsp.: kalk. Abschreibungen über Null hinaus Ursache: Unterschiedliche Bewertungsvorschriften im Vergleich zum externen Rechnungswesen 14

15 Einzahlung und Einnahme unterscheiden sich durch die Möglichkeit von Kreditvorgängen Unterscheidung von Einzahlung und Einnahme Einzahlung Wert zugegangener Zahlungsmittel Zahlungsmittelbestand Einnahme Forder. Wert veräußerter Güter Zahlungsmittel Sachvermögen Verbindl. Einzahlung Einnahme 10 Zahlungsmittelzugang ohne Güterveräußerung Bsp.: Anzahlung eines Kunden Ursache: Kreditaufnahme 11 Einzahlung > Einnahme Einzahlung = Einnahme Zahlungsmittelzugang mit Güterveräußerung Bsp.: Barverkauf von Endprodukten Forder. Verbindl. Zahlungsmittel Sachvermögen Geldvermögen 12 Einzahlung < Einnahme Güterveräußerung ohne Zahlungsmittelzugang Bsp.: Endproduktverkauf auf Ziel Ursache: Kreditvergabe 15

16 Einnahme und Ertrag unterscheiden sich durch die Möglichkeit zur Lagerung vor dem Verkauf Unterscheidung von Einnahme und Ertrag Einnahme Wert veräußerter Güter Forder. Ertrag Wert entstandener Güter Forder. Verbindl. Gesamtvermögen (bzw. Reinvermögen) Zahlungsmittel Sachvermögen Verbindl. Zahlungsmittel Sachvermögen Geldvermögen Einnahme Ertrag 13 Einnahme > Ertrag Güterveräußerung ohne Güterentstehung Bsp.: Verkauf von gelagerten Produkten Ursache: Lagerabgang 14 Einnahme = Ertrag Güterveräußerung und Güterentstehung Bsp.: unmittelbarer Verkauf von Endprodukten in der Entstehungsperiode 15 Einnahme < Ertrag Güterentstehung ohne Güterveräußerung Bsp.: Produktion von Gütern auf Lager Ursache: Lagerzugang 16

17 Ertrag und Leistung unterscheiden sich durch unterschiedliche Bewertung und die Bedingung der betrieblichen Tätigkeit Unterscheidung von Ertrag und Leistung 16 Ertrag > Leistung "Neutraler Ertrag : Güterentstehung nicht aufgrund der betrieblichen Tätigkeit Bsp.: Wertpapiergewinne Ursache: Wertentstehung aus nicht betriebsnotwendigen Tätigkeiten Ertrag: Wert entstandener Güter Leistung: Wert der aus der betrieblichen Tätigkeit heraus entstandenen Güter Ertrag Leistung 17 Ertrag = Leistung "Zweckertrag" bzw. "Grundleistung" Bsp.: Produktion von Endprodukten 18 Ertrag < Leistung "Kalkulatorische Leistung" Bsp.: Eigenerstellung von Anlagen und Bewertung über den Herstellkosten Ursache: Unterschiedliche Bewertungsvorschriften zwischen internem und externem Rechnungswesen 17