Neue Haftungsregelungen für die Anbindung von Offshore- Windkraftanlagen
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- Meta Baumgartner
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1 20. August 2012 Neue Haftungsregelungen für die Anbindung von Offshore- Windkraftanlagen Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbandes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur Neuregelung von Haftungsfragen für Offshore-Netzanbindungen Verbraucherzentrale Bundesverband e.v. vzbv Fachbereich Bauen/Energie/Umwelt Markgrafenstr Berlin
2 Allgemeine Anmerkungen Im Folgenden nimmt der Verbraucherzentrale Bundesverband e.v. (vzbv) gerne die Möglichkeit wahr trotz der extrem kurzen Frist zu den vorgesehenen Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes Stellung zu nehmen. Die Änderungen umfassen im Wesentlichen die Einführung neuer Haftungsregelungen für die Anbindung von Offshore-Windkraftanlagen und die Möglichkeit der Umlage dieser Kosten über die Netzentgelte. Der vorgesehene Systemwechsel im Bereich der Haftung von Offshore- Windenergieanlagen offenbart dabei ein fundamentales Problem: Bei der Offshore-Anbindung sind die privatisierten Übertragungsnetzbetreiber offensichtlich aus unternehmensinternen Gründen nicht in der Lage, die erforderlichen Investitionen zu finanzieren. Statt dieses Problem anzugehen und ernsthaft über eine nicht-privatwirtschaftlich organisierte Netzgesellschaft nachzudenken, werden unbeschränkte Haftungslösungen, die zu Lasten der Verbraucher gehen, gewählt. Dieses Vorgehen lehnt der vzbv aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Gleichzeitig wurde es versäumt, die Offshore Ausbauziele der Bundesregierung in Anbetracht der hohen Kosten, verursacht durch den normen Zeitverzug durch technische Probleme und das zusätzlich notwendige Leitungsnetz an Land, grundsätzlich in ihrer Sinnhaftigkeit zu überprüfen. Hinzu kommt die Nichtberücksichtigung der inzwischen stärkeren Ausbreitung der Windenergie in Süddeutschland und deren Auswirkungen auf das Energiesystem. Grundsätzlich begrüßt der vzbv, dass im vorgelegten Referentenentwurf endlich eine verbindliche Planung bei Offshore-Windkraftanlagen vorgesehen ist. Allerdings besteht bei der geplanten nahezu unbegrenzten Haftung kein Anreiz mehr, sich überhaupt an die bisherigen (und auch zukünftigen) Planungen zu halten, geschweige denn die Netzanbindung kosteneffizient durchzuführen. Zunächst sollten alle bisher erteilten Netzanschlusszusagen daraufhin überprüft werden, ob sie eingehalten werden können. Die vorgesehene Regelung, alle bisher gegeben Zusagen zu übernehmen, lehnen wir ab. Sie ist deshalb problematisch, da die erteilten Anschlusstermine nach heutigem Wissenstands nicht realisiert werden können, aber kein korrigierendes Element vorgesehen ist. Dies eröffnet möglichem Missbrauch Tür und Tor, wenn beispielsweise bereits jetzt feststeht, dass eine verbindliche Netzanschlusszusage nicht eingehalten werden kann, trotzdem aber mit dem Bau einer Offshore Windkraftanlage begonnen wird. Alle Netzanschlusszusagen sollten also im neuen Offshore-Netzplan überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Dieser Plan sollte dann als einheitliche Grundlage, auch für die Haftungsansprüche, dienen. Auf Grund der Stichtagsregelung ist zu befürchten, dass bis zum Inkrafttreten des Gesetzes möglichst viele Netzanschlusszusagen beantragt werden, obgleich feststeht, dass diese in der Regel nicht eingehalten werden können, so dass ein erhöhtes Kostenrisiko für die Verbraucher auf Grund der Haftungsregelung entsteht. Aktuell sollen bereits 9 von 11 Gigawatt der geplanten Offshore Windkraftanlagen eine Netzanbindungszusage erhalten haben. 2
3 Weitere grundsätzliche Probleme sind die völlige Abwesenheit einer Kontrollinstanz sowie die Wahrung der Transparenz. Es gibt keinerlei Nachweispflicht über die Schwere von Fahrlässigkeit oder Vorsatz und keine Institution, die diese Verantwortlichkeit kontrolliert. Die Unterscheidung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit ist nicht näher definiert. Ein Missbrauch, bei dem alle zukünftigen Haftungsfragen mit leichter Fahrlässigkeit begründet werden, so dass alle Kosten umgelegt werden können, ist offensichtlich. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass tatsächlich immer nur eine leichte Fahrlässigkeit vorliegen wird. Der vzbv fordert daher die Einführung einer Kontrollinstanz bei der Bundesnetzagentur, die die verschiedenen Schadensfälle und Schuldfragen überprüft und erst nach erfolgter Überprüfung die Gelder zur Umlage frei gibt. Die Transparenz muss außerdem gewährleistet werden, damit Verbraucher die Höhe der Umlage kennen. Durch den bloßen Aufschlag auf die Netzentgelte, wie derzeit vorgesehen, werden diese zusätzlichen Kosten einfach in den Netzentgelten versteckt. Zusammenfassung der Forderungen: 1. Anstelle einer unbeschränkten Haftung für private Netzbetreiber, sollte eine nicht-privatwirtschaftliche Lösung gefunden werden. 2. Alle derzeit (und bis zum Stichtag) erteilten Netzanbindungszusagen müssen zunächst auf ihre Realisierbarkeit überprüft werden und gegebenenfalls korrigiert in den Offshore-Netzplan eingehen. 3. Es muss eine Kontrollkompetenz für die Bundesnetzagentur eingeführt werden, die die Verantwortlichkeit anhand vorgegebener Kriterien überprüft und die Gelder zur Umlage frei gibt. 4. Es muss ein transparentes Umlagesystem entwickelt werden, bei dem Endverbraucher die Höhe der Umlage nachvollziehen können und Kosten nicht in den Netzentgelten versteckt werden. 5. Die Gesetzesbegründung muss nachgebessert und um nachvollziehbare Kostenprognosen ergänzt werden. 6. Die Definition der Betriebsbereitschaft einer Anlage muss an die tatsächliche Betriebsbereitschaft gekoppelt werden und nicht an die Fertigstellung des Fundaments. 7. Bereits ab dem ersten Tag einer Störung muss der Netzbetreiber nachweisen, dass er alle möglichen zumutbaren Schadensminderungsmaßnahmen ergriffen hat nicht erst ab Tag Die absolute Schadenshöhe je Schadensereignis muss auf 100 Millionen Euro begrenzt werden. 9. Eine Definition von Schadensereignis muss ergänzt werden. 3
4 10. Übertragungsnetzbetreiber müssen gesetzlich verpflichtet werden, eine Versicherung abzuschließen. Im Einzelnen: d Abs. 4 Dieser Paragraph sieht die finanzielle Verrechnung der Kosten zwischen den vier Übertragungsnetzbetreibern vor. Dies ist die einzige bisher vorgesehene Kontrollinstanz. Da die Übertragungsnetzbetreiber jedoch alle Kosten erstattet bekommen, haben sie auch kein Interesse daran, sich gegenseitig zu kontrollieren. Diese Kontrolle und Freigabe der Kosten muss über die Bundesnetzagentur erfolgen e Abs. 1 Es bleibt offen, wer die Schadensverantwortlichkeit überprüft, also in wie weit beispielsweise vorsätzlich, grob oder einfach fahrlässig gehandelt wurde. Das Gleiche gilt für den Umfang von betriebsbedingten Wartungsarbeiten. Hier muss eine Nachweispflicht eingeführt werden, so dass die einzelnen Schadensfälle und Verantwortlichkeiten von der Bundesnetzagentur geprüft werden können. Die Regelung auch betriebsbedingte Wartungsarbeiten an der Netzanbindung in die Haftung einzubeziehen, muss gestrichen werden. Denn sofern diese Wartungsarbeiten mit Ankündigung erfolgen, sind sie planbar und gehören damit zum unternehmerischen Risiko. Anders verhält es sich, wenn die Wartung länger dauert als angekündigt, aber auch hier wäre verlässlich zu prüfen, wer und in welchem Umfang hierfür die Verantwortung trägt e Abs. 2 Die Betriebsbereitschaft einer Offshore-Anlage wird angenommen, wenn das Fundament errichtet ist. Die bisherigen Erfahrungen belegen nicht, dass nach Abschluss der Fundamentarbeiten die Anlage in kürzester Zeit fertiggestellt werden kann. Hier besteht ein erhöhtes Risiko auf die Entschädigungen zurückzugreifen, da zum Beispiel kein Anreiz entsteht, die Windkraftanlage möglichst schnell auf das Fundament aufzubringen e Abs. 3 Es fehlt an einer klaren Definition von Schadensereignissen. Bei einer 14-Tage anhaltenden Störung beispielsweise, die für einen Tag beseitigt erscheint, dann aber dennoch Probleme ab dem 16. Tag auftreten, ist nicht klar, ob es sich um ein Schadensereignis oder zwei Schadensereignisse handelt. 4
5 Außerdem sollte die Regelung zur Begrenzung der Kosten pro Schadensereignis verschärft und der Zusatz Übersteigt die Summe der Einzelschäden die Höchstgrenze, so wird der Schadensersatz in dem Verhältnis gekürzt, in dem die Summe aller Schadensersatzansprüche zur Höchstgrenze steht gestrichen werden. Bei der Begrenzung auf 100 Millionen Euro je Schadensfall und der nachfolgenden Regelung kann bei vier fiktiven Schadensfällen, die jeweils 120 Millionen Euro, 75 Millionen Euro, 80 Millionen Euro und 150 Millionen Euro betragen, ein Wert von 400 Millionen Euro erstattet werden. Bei einer absoluten Schadensbegrenzung wären es 355 Millionen Euro e Abs. 4 Es ist fraglich, warum erst ab dem 91. Tag alle möglichen zumutbaren Schadensminderungsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Im Schadensfall haben diejenigen, auf die die Kosten letztendlich umgelegt werden, einen Anspruch darauf, dass bereits ab dem ersten Tag alles unternommen wird, um den Schaden zu beseitigen. Diese Regelung sollte daher ab dem ersten Tag gelten und ebenfalls mit einer Nachweispflicht verbunden werden e Abs. 5 Die Versicherungspflicht für Übertragungsnetzbetreiber ist im Referentenentwurf als Soll-Vorschrift angelegt. Dies lehnen wir ab. Vielmehr muss das Gesetz eine tatsächliche Versicherungspflicht für Übertragungsnetzbetreiber vorschreiben e Abs. 7 Durch den Aufschlag auf die Netzentgelte gibt es keine gesonderte Ausweisung der Umlage, so dass für die Endkunden hier keine Transparenz entsteht. Zwar ist eine Kostenbegrenzung vorgesehen, allerdings können die über die Grenze hinausgehenden Kosten in die Folgejahre gewälzt werden, so dass faktisch keine Kostenbremse wirksam wird. Es sollen nur Verbraucher mit einem Bezug von kwh/a zur Finanzierung herangezogen werden. Diese Grenze lehnen wir ab, sie ist mindestens bei kwh zu ziehen. Problematisch ist außerdem, dass eine rückwirkende Haftung nicht ausgeschlossen ist. Die Überprüfung nach drei Jahren kann sich als verspätet erweisen. Ein kürzeres Intervall ist daher vorzusehen. Insgesamt fehlt eine genaue Analyse der Kosten, die in einer nachvollziehbaren Gesetzesbegründung nachzureichen ist. 5
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