Richtlinien 1 des Oberauditors über die militärstrafrechtliche Behandlung von Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsrecht

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Daniel Böhmer
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1 Bern, den 12. Juli 2000 Richtlinien 1 des Oberauditors über die militärstrafrechtliche Behandlung von Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsrecht I. Rechtliche Grundlagen - Art. 218 Abs. 3 MStG 2 ; - Kreisschreiben des Oberauditors vom über die Militärgerichtsbarkeit bei Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsrecht; - Art. 180 ff MStG; Ziff. 301 ff DR 80 3 (Disziplinarstrafrecht); - Art. 90 ff SVG 4 ; - Verkehrsregelnverordnung 5 ; - Verordnung über den militärischen Strassenverkehr 6. II. Ziel und Anwendbarkeit der Richtlinien Diese Richtlinien sollen den zuständigen Stellen, insbesondere den Kommandanten, zeigen, welche Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsrecht noch disziplinarisch erledigt werden können und für welche eine militärische Strafuntersuchung (vorläufige Beweisaufnahme oder Voruntersuchung) befohlen werden muss. Diese Richtlinien sind anwendbar, wenn die militärische Gerichtsbarkeit nach Art. 218 Abs. 3 MStG gegeben ist (siehe vorgenanntes Kreisschreiben des OA). III. Grundregeln Soweit die Verordnung über den militärischen Strassenverkehr keine Ausnahmen oder Ergänzungen vorsieht, gelten für den militärischen Strassenverkehr die zivilen Verkehrsvorschriften (Art. 2 VMSV). Demzufolge gilt die Strafbestimmung des Art. 61 VMSV, sofern keine anderen Strafbestimmungen des Strassenverkehrs- oder Militärstrafrechtes anwendbar sind. 1 erlassen gestützt auf Art. 20 der Verordnung vom über die Militärstrafrechtspflege (MStV; SR 322.2) 2 Militärstrafgesetz vom (MStG; SR 321). 3 Dienstreglement vom (DR 80; als Beilage vom DR 95; Regl 51.2) 4 Strassenverkehrsgesetz vom (SVG; SR ) 5 Verkehrsregelnverordnung vom (VRV; SR ) 6 Verordnung vom über den militärischen Strassenverkehr (VMSV; SR )

2 In leichten Fällen erfolgt disziplinarische Bestrafung 7. Das Ordnungsbussenverfahren 8 findet keine Anwendung. In der Regel können die in dem Ordnungsbussenkatalog vorgesehenen Widerhandlungen disziplinarisch bestraft werden. Fälle nach Artikel 2 und 3a Absatz 2 OBG 9 sowie eine Verletzung von Art. 90 Ziff. 2 SVG können hingegen nicht mehr disziplinarisch erledigt werden. Eine Voruntersuchung (VU; Art. 103 MStP 10 ) ist anzuordnen, wenn: - eine strafbare Handlung vorliegt und - der Täter bekannt ist, sowie - eine disziplinarische Erledigung ausser Betracht fällt ("kein leichter Fall"); dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Angehöriger der Armee durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (Art. 90 Ziff. 2 SVG). Eine vorläufige Beweisaufnahme (BA; Art. 102 MStP) ist anzuordnen, wenn einzelne Voraussetzungen einer Voruntersuchung nicht erfüllt sind, vor allem, wenn: - Beweismittel beschafft oder ergänzt werden müssen, insbesondere bei unbekannter Täterschaft und ungeklärtem oder verwickeltem Sachverhalt; - Ungewissheit darüber besteht, ob eine strafbare Handlung disziplinarisch oder militärgerichtlich zu erledigen sei; - bei Tötung oder erheblicher Verletzung von Militär- oder Zivilpersonen, sowie bei schweren Sachschäden, auch wenn keine strafbare Handlung vorliegt. 7 Art. 218 Abs. 3 in fine MStG und Art. 61 VMSV 8 Ordnungsbussenverordnung vom (OBV; SR ) 9 Ordnungsbussengesetz vom (OBG; SR ) 10 Militärstrafprozess vom (MStP; SR 322.1) 2

3 IV. Konkrete Beispiele A. Geschwindigkeitsüberschreitung Disziplinarische Erledigung (Ordnungsbussenverordnung) Voruntersuchung 90/1 SVG 90/2 SVG Innerorts bis und mit 15 km/h km/h 25 km/h und mehr Ausserorts und Autostrassen bis und mit 20 km/h km/h Autobahnen bis und mit 25 km/h km/h 30 km/h und mehr 35 km/h und mehr NB: Die Geschwindigkeitsangaben verstehen sich nach Abzug der technisch bedingten Sicherheitsmarge. Aus der obenstehenden Tabelle wird ersichtlich, dass eine Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 16, resp. 21 resp. 26 km/h nicht mehr als leichter Fall bezeichnet und demnach auch nicht disziplinarisch erledigt werden kann. Beispiel: In einem Ausserortsbereich, wo die gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit 80 km/h beträgt, wird eine Geschwindigkeit von 102 km/h gemessen. Nach Abzug der technisch bedingten Sicherheitsmarge von 6 km/h resultiert eine Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 16 km/h. Ein solche Geschwindigkeitsüberschreitung kann disziplinarisch erledigt werden, ohne dass eine Voruntersuchung angeordnet werden muss. B. Andere SVG Delikte Für die Eröffnung einer militärischen Strafuntersuchung sind die Grundregeln anwendbar (siehe oben III.). Nachstehend einige Beispiele, wobei klar festgehalten wird, dass jeder Fall einzeln und konkret zu beurteilen ist: 3

4 Disziplinarische Erledigung Leichte Fälle Eröffnung einer Voruntersuchung V U In der Regel Widerhandlungen gemäss Ordnungsbussenkatalog 11 z.b.: Nichtmitführen des Führerausweises gesetzeswidriges Parkieren Nichtbeachten des Vorschriftssignal "Allgemeines Fahrverbot in beiden Richtungen", "Einfahrt verboten", oder "Verbot für Motorwagen" Nicht vollständiges Anhalten bei Stop-Signalen (Rollstopp) Verwenden eines Telefons ohne Freisprecheinrichtung während der Fahrt Mitführen von mehr Personen als Plätze bewilligt sind Bei groben Verletzungen von Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 2 SVG) 12 z.b.: vorschriftswidriges Überholen Nichtbeachten eines Rotlichts 13 Überfahren der Sicherheitslinie ausserorts Nicht Anhalten bei Stop-Signal Fahren in übermüdetem Zustand (Sekundenschlaf) Bei Verletzung von Art. 91 SVG Fahren in angetrunkenem Zustand (FIAZ) 14 ab 0,8 0/00 Bei Verletzung von Art. 92 SVG Pflichtwidriges Verhalten bei Unfall Eröffnung einer Beweisaufnahme B A Insbesondere bei Ungewissheit, ob eine strafbare Handlung disziplinarisch oder militärgerichtlich zu erledigen ist, z.b.: - Verletzung der Ruhe- und Lenkzeit 15 - Alkoholverbot 16 - Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsrecht im Zusammenhang mit Drogen und/oder Medikamentenkonsum 11 Ordnungsbussenverordnung vom (OBV; SR ) 12 siehe Bussy & Rusconi, Commentaire au Code suisse de la circulation routière, S. 684 ff, Ziff bei erhöhter abstrakter oder konkreter Gefährdung (vgl. Art. 2 Bst. a OBG), d. h. bei Inkaufnahme bzw. Eintritt einer Gefährdung oder Verletzung Dritter. 14 siehe Art. 91 SVG und 2 VRV 15 siehe Art. 34 und 61 VMSV 16 siehe Art. 36 und 61 VMSV; ab 0,8 0/00 handelt es sich um ein FIAZ, also VU (siehe FN 14). 4

5 In schweren Fällen sind die militärischen Pikett-Untersuchungsrichter und/oder die Militärpolizei ( ) zu kontaktieren. Diese Stellen stehen auch für weitere Auskünfte zur Verfügung. V. Disziplinarstrafen Zur Zeit sind nur folgende Disziplinarsanktionen für im Dienst begangene Disziplinarfehler möglich: - Verweis, - Arrest (einfacher oder scharfer). Das Ordnungsbussenverfahren findet keine Anwendung, kann aber nützlich für die Strafzumessung sein. VI. Inkrafttreten Diese Richtlinien treten am 1. August 2000 in Kraft. Der Oberauditor Brigadier D. Weber OBERAUDITORAT, Amthausgasse 6, 3003 Berne, 031/ , 07 ou 08 [R_SVG_dt.doc] 5

6 Verteiler - Angehörige der Militärjustiz - Militärgerichtskanzleien (5) - Polizeikommandos der Kantone (5) - Kdo Gs Vb - Kdo Trp Kö - GS VBS (5) - GST: - ZDGST (2) - UG Pers A (5) - UG Op (2): - Kdo Mil Sich (25) - Instr MP und MVP - UG Log, EFKO (3) - HEER: - ZDHE (2) - UG Ausb Fhr (2) - UG LP (inkl MFS + BUSA) 6 - BABHE (2) - FWK (10) - SKS (2) - BAKT (3) - BAUT (5) - BALOG (10) - LW: - ZDLW (2) - BAALW (2) - EFD, OZD (3) - UVEK, Abteilung Verhalten im Verkehr 6

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