Wie alt werden fossil gefeuerte Kraftwerke?
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- Hannah Martha Brandt
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1 Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft Wie alt werden fossil gefeuerte Kraftwerke? Peter Markewitz, Martin Robinius, Detlef Stolten Forschungszentrum Jülich GmbH Institut für elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) Verfahrens- und Systemanalyse (VSA) Vortrag im Rahmen der 10. Internationalen Energiewirtschaftstagung IEWT 2017 Wien, Februar 2017
2 Inhalt Die Bedeutung von Lebensdauerannahmen bzw. Kraftwerksalter Ex-Post Analyse stillgelegter Kraftwerke in Deutschland Korrelation von Effizienz und Kraftwerksalter Lebensdauerbegriff Fazit Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 2
3 Bedeutung von Lebensdauerannahmen u. Kraftwerksalter Einordnung und Vergleichbarkeit von verschiedenen Bestandsentwicklungen Parameter in Energiesystemmodellen und Szenarien Exogene Vorgabe von Bestandsentwicklungen Basis für den Zubaubedarf Endogene Berechnung (Constraint: Technische Lebensdauer) Wirkungsgradangabe: Korrelation von Effizienz und Kraftwerksalter Merit order Stilllegungskriterium für Kraftwerke (z.b. Kohleausstieg) Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 3
4 Einordnung von verschiedenen Bestandsentwicklungen Kapazitätsszenarien (Steinkohlekraftwerke) für Deutschland im Vergleich mit berechneten Kapazitätsverläufen (40, 45, 55 Jahre Nutzungslebensdauer) Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 4
5 Einordnung von verschiedenen Bestandsentwicklungen Kapazitätsszenarien (Braunkohlekraftwerke) für Deutschland im Vergleich mit berechneten Kapazitätsverläufen (40, 45, 55 Jahre Nutzungslebensdauer) Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 5
6 Ex Post Analyse: Kraftwerksstilllegungen in Deutschland Stillgelegte fossil gefeuerte Kraftwerke in Deutschland zwischen 1985 und heute GFAVO 1990 und 2000 und Aktuell 13a ) ) EnWG 3) Anzahl der stillgelegten Blöcke Stillgelegte Kapazität (MW) Anmerkungen: 1) Ohne Kaltreservekraftwerke 2) nur alte Bundesländer 3) Stand GFAVO: Großfeuerungsanlagenverordnung (13. BImSchV) Auswertungsbasis: Kraftwerksdatenbank (existiert seit 1980), ca fossil gefeuerte Kraftwerksblöcke Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 6
7 Stilllegung differenziert nach Altersklassen (Leistung) MW Stilllegung Mineralöl Erdgas Steinkohle Braunkohle MW Stilllegung < u. < u. < u. < u. < < u. < u. < u. < u. < MW Stilllegungsanzeige gemäß 13a EnWG < u. < u. < u. < u. < Quelle: Markewitz, P.: Lebensdaueranalyse fossil gefeuerter Kraftwerke. Zeitschrift für Energiewirtschaft (2016 )40: Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 7
8 Stilllegung differenziert nach Altersklassen (Anzahl der Blöcke) Anzahl Stilllegung Mineralöl Erdgas 20 Steinkohle 15 Braunkohle 10 5 Anzahl Stilllegung < u. < u. < u. < u. < < u. < u. < u. < u. < Anzahl 30 Stilllegungsanzeige gemäß 13a EnWG Die Lebensdauer der Bestandskraftwerke hat sich im Laufe der Jahrzehnte deutlich verlängert 5 0 < u. < u. < u. < u. < Quelle: Markewitz, P.: Lebensdaueranalyse fossil gefeuerter Kraftwerke. Zeitschrift für Energiewirtschaft (2016 )40: Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 8
9 Durchschnittsalter stillgelegter Kraftwerke in Deutschland GFAVO und ) 2000 und ) Aktuell 13a EnWG 4) Braunkohle 34 36,3 43,3-2) Steinkohle 30,1 32,9 40,9 42,3 Erdgas - 30,5 29,5 41,8 Mineralöl - 26,2 29,3 41 Anmerkungen: 1) Ohne Kaltreservekraftwerke 2) Aufgrund der geringen Anzahl sind keine repräsentativen Werte verfügbar 3) nur alte Bundesländer 4) Stand Leistungsgewichtet 1990 und ) 2000 und ) Aktuell 13a EnWG 4) Braunkohle 33,9 45,1-2) Steinkohle 35,1 39,5 45,1 Erdgas 31,2 32,7 40,2 Mineralöl 32,2 32,9 42,3 Anlagengewichtet Die Lebensdauer von Kraftwerken hat sich im Laufe der Jahrzehnte deutlich erhöht Früher: Erfahrungswerte Jetzt: Lebensdauerannahmen mit Datengrundlage Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 9
10 Exkurs: Braunkohlekraftwerke Braunkohlekraftwerke für die Sicherheitsreserve gem. Strommarktgesetz Pel netto (MW) Inbetriebnahme Überführung in die Sicherheitsbereitschaft Endgültige Stilllegung Alter Sicherheitsbereitschaft Alter Endgültige Stilllegung Frimmersdorf P Frimmersdorf Q Niederaussem E Niederaussem F Neurath C Jänschwalde E Jänschwalde F Buschhaus Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 10
11 Einflussfaktoren auf die Lebensdauer von Kraftwerken Quelle: Markewitz, P.: Lebensdaueranalyse fossil gefeuerter Kraftwerke. Zeitschrift für Energiewirtschaft (2016) 40: Ursachen für eine Stilllegung sind sehr vielfältig und müssen im Kontext des jeweiligen Strommarktumfeldes gesehen werden Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 11
12 Korrelation von Effizienz und Kraftwerksalter Korrelation von Wirkungsgrad und Inbetriebnahmejahr für Steinkohlekraftwerke Je älter ein Kraftwerk, umso geringer der Wirkungsgrad Retrofitting? Spiegeln Regressionsanalysen das Retrofitting korrekt wider? Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 12
13 Beispiel: Betriebsbiographie des Steinkohlekraftwerks Farge Zeitachse Maßnahmen Leistung/Zuwachs Netto-Wirkungsgrad 1969 Inbetriebnahme, Einspeisung in das 220 kv Netz 300 MW 36,5% 1988 REA Nachrüstung 1989 Modernisierung der HD Turbine, Anhebung der Frischdampfmenge von 920 t/h auf 1000 t/h 1992 DENOX Nachrüstung 320 MW/20 MW 39% 1999 HD Retrofit, Bau eines Flugaschesilos 39,4% 2000 Umstellung auf Importkohle, Instandhaltungsmaßnahmen 1) 2001 Inbetriebnahme der Klärschlammmitverbrennung 1969 Inbetriebnahme 2004 Retrofit von MD- und ND Turbine (nach Betriebsstunden und 4400 Starts) sowie teilweise HD Turbine Retrofit, Austausch Kondensator, Optimierung REA und Überhitzer, Rußbläseroptimierung Lebensdauerverlängerung: 15 Jahre 347 MW/27 MW 2) 42,3% 2007 Außerplanmäßiges Retrofit führt zum Ersatz der HD Turbine, zusätzlicher Effekt: Leistungssteigerung Mit Retrofit (Geplante Effizienzsteigerung: 0,5% Punkte), Kosten: 15 Mio., Erweiterung des Kohlelagerplatzes auf eine Kapazität von t. 350 MW/4 MW 42,5% 3) Ausgangspunkt: Recherche der Betriebsbiographie über die bisherige Lebensdauer (Kraftwerksdatenbank, Wikipedia, Webseiten, Journals etc.) Betreiberangabe 36,5% 39,4% 42,3% 42,5% [Folke, 2000] Neuanlage [Folke, 2000] Mit Retrofit [Schröter, 2004] [Horst et al., 2015] Neuanlage 32,1% 35% 34,5% 35,6% 2008 Erneuerung des Aschesilos mit Schiffsverladeanlage 2009 Verkauf des Kraftwerks an die GDF Suez [Horst et al., 2015] Mit Retrofit 2011 Große Revision mit vielen Maßnahmen zur Lebensdauerverlägerung, Kosten: 38 Mio. 39% 2013 Umstellung der Kohlelogistik 2014 Revision: Erneuerung der Leittechnik, Teile des Kessels, Teile der REA, Generatorrevision (Juni 2014), Transformatoraustausch und Einspeisung auf die 380 kv Ebene, Kosten 20 Mio. Lebensdauerverlängerung mindestens 10 Jahre 1) Keine nähere Erläuterung 2) Leistungserhöhung alleine durch Turbinenretrofit: 21 MW 3) Dampfparameter: 545 C/245 bar 4) Keine nähere Angabe, eigene Schätzung > 42,5% 4) Maßnahmenpaket 2014: Lebensdauerverlängerung um 10 Jahre : Lebensdauer ca. 55 Jahre Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 13
14 Begriffsdefinition Lebensdauer Derzeit werden viele Begriffen verwendet: Technische Lebensdauer, ökonomische Lebensdauer, Abschreibungsdauer gemäß AfA, betriebswirtschaftliche Amortisationsdauer, Betriebsdauer. Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 14
15 Zusammenfassung Lebensdauer von Kraftwerken haben sich im Laufe der letzten drei Dekaden deutlich erhöht (für alle fossil gefeuerten Kraftwerkstypen) Ex-post Analyse schafft erstmalig eine fundierte Grundlage für Annahmen von Kraftwerkslebensdauern, aber historische Lebensdauern sind auch immer im Kontext des jeweils vorherrschenden Marktumfeldes zu sehen Korrelation von Effizienz und Kraftwerksalter: Unzureichende Abbildung von Instandhaltungs- und Retrofittingstrategien mit Regressionsgleichungen blockscharfe Aussagen sind mit großen Unsicherheiten verbunden Abhilfe: Recherche der individuellen Kraftwerksbiografien Die Verwendung des Begriff technische Lebensdauer ist nicht korrekt Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 15
16 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Fragen? Conference paper!!! Dr. Peter Markewitz Forschungszentrum Jülich, IEK-3 Abtlg. Verfahrens- und Systemanalyse (VSA) D Jülich Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 16
17 Literatur AGORA (2015) Enervis energy advisors (2015). Der Klimaschutzbeitrag des Stromsektors - Entwicklungspfade für die deutschen Kohlekraftwerke und deren wirtschaftliche Entwicklung, Studie im Auftrag der Agora Energiewende, November ECOFYS (2012): Klaus, S., et al. (2012). Allokationsmethoden der Reststrommengen nach dem Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes, Studie der ECOFYS im Auftrag der Greenpeace Deutschland e.v. EWI/Prognos/GWS (2014): Entwicklung der Energiemärkte Energiereferenzprognose, Studie im Auftrag des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Projekt Nr. 57/12, Juni 2014." from Folke (2000): Minderung der Kohlendioxidemissionen durch Erneuerung vorhandener Kohlekraftwerke in der Europäischen Union und dadurch verursachte Kosten, Fortschritt-Berichte VDI, Reihe 6 Energietechnik, Nr Greenpeace (2015) John, M. and Energy brainpool (2015). Klimareserve aus Braunkohlekraftwerken - eine juristische und energiewirtschaftliche Analyse, Studie im Auftrag von Greenpeace e.v., September Horst el al. (2015) Kraftwerks-Stilllegungen zur Emissionsreduzierung und Flexibilisierung des deutschen Kraftwerksparks: Möglichkeiten und Auswirkungen, Studie der izesggmbh im Auftrag des MWKEL des Landes Rheinland-Pfalz, NEP Strom (2015) 50hertz, et al. (2015). Netzentwicklungsplan 2025, Version 2015, Erster Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber, Oktober Markewitz (2016) Lebensdaueranalyse fossil gefeuerter Kraftwerke. Zeitschrift für Energiewirtschaft 40: Öko-Institut/ISI FhG (2015) Klimaschutzszenrio Runde. Studie im Auftrag des BMU, , Schröter (2004) Auswirkungen des europäischen Emissionshandelssystems auf den Kraftwerkseinsatz in Deutschland. Diplomarbeit an der TU Berlin, Institut für Energietechnik, Fachgebiet Energiesysteme Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 17
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