Haselmausrundbrief. Nr. 02/2015. Haselmausmonitoring in Sachsen - Rückblick 2015
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- Fritz Bachmeier
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1 Haselmausrundbrief Nr. 02/2015 Haselmausmonitoring in Sachsen - Rückblick 2015 Unsere Erhebungen für den notwendigen Bericht an die EU gingen 2015 in die dritte und damit letzte offizielle Runde im Auftrag der BfUL. Dank der ehrenamtlichen Arbeit von 14 Mitarbeitern stehen für 17 der 18 eingerichteten sächsischen Gebiete Daten aus Nistkästen im Juni und im September für die Auswertung zur Verfügung. In Summe sind damit im Juni 75 Haselmäuse und im September 64 Haselmäuse zu beobachten gewesen. Damit liegen die Zahlen deutlich unter denen vom Vorjahr, wo es 86 Haselmäuse im Juni und 96 Tiere im September gab. Nach unserem Eindruck gefiel den Haselmäusen der sehr kühle Juni nicht. Wir selber froren bei den Kontrollen leerer Kästen Mitte Juni und Kollegen berichteten, dass es zu dieser Zeit ebenfalls nicht gelang Fledermäuse nachzuweisen. Nicht nur die Beobachter froren. Viele Haselmäuse waren im Juni im Torpor. Die meisten Haselmäuse gab es 2015 im Schwarzwassertal mit 18,3 je 50 Kästen. Erneut unter den besten Gebieten war der Werdauer Wald mit 13,3 Tieren je 50 Kästen. Beide Gebiete zeichnen sich dadurch aus, dass es hier regelmäßig viele Haselmäuse gibt. Dabei passen die Wälder nicht in das Schema, nach dem die guten und hervorragenden Lebensräume der Art für Deutschland eingestuft sind. So ermittelten wir im Werdauer Wald eine mittlere Deckung der Strauchschicht von lediglich 6,7 % und im Schwarzwassertal von 5,4 %. Laut dem Bewertungsschlüssel für Haselmauslebensräume müssen sehr gute Habitate mehr als 40 % Deckung der Strauchschicht aufweisen. Denn eine bestens entwickelte Strauchschicht wird in der Literatur als das wichtigste Element im Haselmauslebensraum angesehen. Wie passt das mit den vielen Haselmäusen im Werdauer Wald, im Schwarzwassertal oder in den letzten Jahren im NSG Goldberg zusammen? Aus Sicht des aktuellen Kenntnisstands über die Art sind die Lebensräume im oberen Erzgebirge noch extremer. Im Revier Raschau (auf über 800 m zwischen Pumpspeicherwerk Markersbach und dem Fichtelberg gelegen) beobachtet J. Anger seit Jahren wenige, dafür aber kontinuierlich Haselmäuse in reinen Fichtenforsten. Eine Strauchschicht gibt es im Revier Raschau gar nicht und die wenigen Ebereschen weisen allesamt heftige Verbissschäden durch Rotwild auf. Wir wissen fast nichts über die Ökologie der Haselmaus in solchen Lebensräumen. Welche Nahrung steht den Tieren über den Jahreslauf zur Verfügung? Klar wird aus solchen Beobachtungen, dass ein Ausschluss eines Vorkommens nur anhand vermeintlicher schlechter Habitateignung nicht zulässig ist.
2 Reiner Buchenwald im NSG Goldberg als Haselmauslebensraum Foto: S. Büchner Buchen-Fichten-Mischwald im Schwarzwassertal - eines der besten Haselmausgebiete Sachsens Foto: Dr. S. Malt Faszinierend sind jedes Jahr die Beobachtungen, die quasi nebenbei entstehen. So gab es dieses Jahr einige ungewöhnliche Nestfunde. W. Poick hatte bei Kemnitz ein Nest mit Haselmaus, das aus Kiefernnadeln gebaut war. J. Anger konnte eine Haselmaus im Kasten finden, die ihr Kugelnest aus Flechten formte. Flechtennest der Haselmaus aus dem Revier Raschau Foto: J. Anger Fichtenforst im Erzgebirge mit aktuellem Haselmausvorkommen Foto: S. Büchner
3 Die meisten Nistkästen im Colditzer Forst sind von Siebenschläfern belegt. Foto: S. Büchner Wie in den vergangenen Jahren beobachtet C. Böhme im Knechtsbachtal bei Lichtenhain Siebenschläfer. Nach einem Rekordnachwuchs 2014 (über 200 Jungtiere auf 60 adulte) fiel 2015 der Nachwuchs aus. Trotzdem konnten keine Haselmäuse beobachtet werden. Im Colditzer Forst gelang jedoch der Haselmausnachweis, trotz einer großen Zahl an Siebenschläfern, die den Haselmäusen die Kästen streitig machten. Für einige Bereiche fehlen uns inzwischen aktuelle Haselmausnachweise gänzlich. So sind im Unteren Vogtland bei Pausa seit fast 10 Jahren keine Haselmäuse mehr nachzuweisen. Und U. Schröder berichtete, dass auch im benachbarten thüringischen Saale-Orla- Kreis die Haselmaus auf dem Rückzug ist. Ursachen dafür sind unbekannt. Viele sächsische Haselmausnachweise kommen jetzt in die Jahre. Unsere Große Nussjagd liegt nun 10 Jahre zurück. Am Ende des Rundbriefs ist der aktuelle Stand des Wissens zur Verbreitung der Haselmaus abgebildet. Deutlich wird an den wenigen Vollkreisen, dass wir nun dringend eine Aktualisierung älterer Funde brauchen. Nur so können wir prüfen, ob die Haselmaus auch in Sachsen auf dem Rückzug ist. Fundmeldungen z.b. aus Vogelnistkästen oder Depotbeuten der kleinen Käuze sind daher besonders gefragt. Am besten mit Fotobeleg. Meldungen nimmt der NABU in Leipzig sehr gern entgegen. NABU-Landesverband Sachsen e. V. Löbauer Straße 68, Leipzig Fon: +49 (0) Fax: +49 (0) Sven Büchner Tabelle 1: Haselmäuse je 50 Nistkästen 2015 in Monitoringgebieten Sachsens im Vergleich zum vergangenen Berichtszeitraum sowie gegenüber 2013 und 2014 Gebiet Oberholz südlich Leipzig 3, ,8 Fürstenholz am Bockwitzer See Colditzer Forst 0,8-0,9 1,0 Wald bei Bad Linda Werdauer Wald - 7,4 27,5 13,3 NSG Goldberg bei Klingenberg 19,5 12,1 13,1 4,3 Tal der Kleinen Bockau am Auersberg 15,1 16,4 6,0 9,8 Schwarzwassertal bei Breitenbrunn 8,6 16,4 15,3 18,3 Revier Raschau am PSW Markersbach 2,9 1,9 3,2 3,5 Haselbachtal bei Reitzenhain 3,4-1,3 0 Ostufer Talsperre Klingenberg - 5,0 5,1 6,6 Eulenwald bei Sadisdorf 3,6 1,3 4,6 2,5 Kahle Höhe bei Sadisdorf 3,3 0 3,6 2,7 Knechtsbachtal bei Lichtenhain 12,0 0 1,0 0 Rüdenberg bei Bischofswerda 3,4 2,5 10,0 0 Herwigsdorfer Wald bei Kemnitz 6,2 1,5 0 4,5 Berthelsdorfer Wald bei Kemnitz 6,2 1,4 1,4 4,4 Spitzberg bei Deutsch-Paulsdorf 18,3 2,7 6,0 1,7
4 Ausblick 2016 Mit den drei Untersuchungsjahren ist die Pflichtvorgabe des Freistaates Sachsen für das Haselmausmonitoring für den 2018 an die EU fälligen Bericht erfüllt. Der nächste offizielle Untersuchungsturnus im Auftrag der BfUL wird aller Voraussicht nach sein. Die Jahre dazwischen sind aber nicht weniger von Bedeutung. Es ist wichtig, dass wir unsere Langzeitreihe der Haselmausbeobachtung nicht abreißen lassen. Wir können daher nur herzlich darum bitten, auch ab 2016 dran zu bleiben. Die Termine stehen wie gehabt: Mitte Juni und Mitte September. Sven Büchner wird wie gewohnt auch weiterhin die Daten aufnehmen und zusammenstellen. Nachrichten aus der Wissenschaft Im letzten Rundbrief gab es das Versprechen, über Veröffentlichungen aus der Internationalen Schlafmaus-Tagung in Svendborg 2014 zu berichten. Der Druck der ersten Beiträge ist für Dezember 2015 vorgesehen, so dass an dieser Stelle noch keine Ergebnisse der Tagung im Detail präsentiert werden können. Spannendes gibt es gleichwohl. Faszinierend ist die Arbeit aus der Wiener Arbeitsgruppe (veröffentlicht von F. Hoelzl, C. Bieber und Kollegen im Journal of Comparative Physiology B) zu extra langem Winterschlaf beim Siebenschläfer. Prof. B. Krystufek aus Slowenien berichtete von slowenischen Siebenschläferfängern, die in manchen Jahren super schwere Siebenschläfer fingen und im kommenden Jahr gar keine. Die Fallenfänger waren sich sicher, dass Siebenschläfer gleich zwei Winter und den dazwischen liegenden Sommer im Winterschlaf verbringen. B. Krystufek meinte dazu, dass Tiere, die über 250 g im Herbst wiegen, grundsätzlich ausreichend Fettreserven dazu hätten. Bisher konnte aber niemand belegen, dass es wirklich solche Fälle gibt. Die Sensation gelang nun dem Team in Wien. Sie konnten nachweisen, dass in einem Jahr ohne größeres Angebot an Nahrung, einige Siebenschläfer schon im Juni/Juli nach einer ganz kurzen Aktivitätszeit wieder in den Winterschlaf gingen, um erst nach 11 Monaten wieder aufzutauchen! Nach einer Studie der niederländischen Haselmausforscher J. Ramakers, M. Dorenbosch und R. Foppen (veröffentlicht im European Journal for Wildlife Research) müsste man die Haselmaus eigentlich in Brombeermaus umbenennen. Sie untersuchten, wie man den Rückgang der Haselmaus stoppen könnte und fanden heraus, dass gestufte Waldränder von großer Bedeutung für die Art sind. Mit dem Fällen von hohen Bäumen schufen sie Platz und Licht für blühende und fruchtende Sträucher. Der Effekt kam schnell und war deutlich. Zwei Jahre nach der Pflege lag die Zahl der Haselmausnester reichlich fünfmal so hoch wie vorher (Abschnitte ohne Pflege blieben bei der ursprünglichen Nestzahl). Besonders erfolgreich waren sie, wenn nach den Baumfällungen die Brombeeren Oberhand über den Waldrand gewannen. Für die niederländischen Vorkommen konstatieren die Kollegen, dass die Brombeere die Schlüsselart für die Haselmaus ist lange Blütezeit, nahrhafte Früchte und sichere Plätze für den Nestbau geben den Ausschlag. Von großer Bedeutung neben den Brombeeren waren außerdem noch Eberesche und Weißdorn. Haselsträucher spielten hingegen eine deutlich untergeordnete Rolle, selbst Schlehen werden als wichtiger eingestuft.
5 Quelle: BfUL 2015 Sven Büchner Ortsstr. 174 OT Friedersdorf Markersdorf Tel
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