Zwischen Schulbank und Trainingsplatz. Spitzensport kein Hindernis für eine Ausbildung
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- Dagmar Wolf
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1 Zwischen Schulbank und Trainingsplatz Spitzensport kein Hindernis für eine Ausbildung
2 Impressum Die Autorin Zwischen Schulbank und Trainingsplatz Herausgeber/Redaktion: Schweizerischer Fussballverband (SFV) Layout/Gestaltung: m.a.d. brand care Fotos: Keystone, Photopress, A. R. Kolb, R. Varadi, M. Mora Druck: Ast & Fischer AG, Wabern Marlies Zuber ist dipl. Berufs- und Laufbahnberaterin und Psychologin FH. Seit 2003 hat sie ein Mandat beim Schweizerischen Fussballverband und ist für die Information und die Beratung von Fussballerinnen und Fussballern der Nationalauswahlen sowie der SFV-Ausbildungszentren Huttwil und Emmen zuständig. Bei der Berufsberatung Kanton Zürich ist sie zuständig für die Beratung von Nachwuchs- und Spitzensportlerinnen und -sportlern. Mitarbeit Markus Frei ist Leiter der Expertengruppe Karriereplanung SFV. Er war von 1995 bis 2004 SFV-Nachwuchstrainer und ist Vater eines talentierten jungen Fussballers, der alle SFV-Juniorenauswahlen durchlaufen hat und jetzt als Profi in der Super League spielt. 2
3 Inhalt Vorwort 4 Einleitung 5 Spitzensport im Spannungsfeld von Sport, Ausbildung und Familie 6 Ausbildung: Tor zur beruflichen Karriere 8 Berufswahl und Karriereplanung 9 Bildungswege für Spitzensportlerinnen und -sportler 9 Sportschulen 10 Kunst- und Sportschule 11 Sportgymnasium, Sporthandelsmittel schule, Sportinternat 12 SFV-Ausbildungszentren in Huttwil, Emmen, Payerne und Tenero 13 Berufslehren für Spitzensportlerinnen und -sportler 14 Massgeschneiderte Lösungen 14 Lehrverlängerung und Zusatzvereinbarung 14 Sporthandelsschulen, Berufsfachschulen für Sporttalente: Kaufmann/Kauffrau 16 Jungprofi ohne Ausbildungsabschluss 17 Wann ist ein solcher Weg sinnvoll? 17 Weiterbildungen und Studium 19 Sportberufe ein Überblick 21 Berufswahlfahrplan: Wegweiser für die Lehrstellensuche 22 Was Eltern wissen sollten 24 Was Trainerinnen und Trainer wissen sollten 25 Finanzierung der Aus- und Weiterbildung 26 Weitere Informationen 27 Weibliche/männliche Schreibweise Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in der Regel die männliche Schreibweise verwendet. Wir weisen an dieser Stelle darauf hin, dass sowohl die männliche als auch die weibliche Schreibweise für die entsprechenden Beiträge gemeint ist. 3
4 Vorwort Peter Knäbel Technischer Direktor Schweizerischer Fussballverband (SFV) Eine Lebenswelt mit spannenden Herausforderungen «Mein Kind ist ein Talent. Was nun?» So oder so ähnlich lautet alljährlich die Fragestellung in den Familien unserer Talente, die die Zukunft des Schweizer Spitzensports schreiben sollen. Dabei sind die Herausforderungen in den letzten Jahren stetig gestiegen, und es scheint immer schwieriger, im Dschungel von «guten» Freunden, Beratern, Weiter- und Ausbildungsangeboten etc. den Überblick zu bewahren. Der Schweizerische Fussballverband hat diese Problematik bereits sehr früh erkannt und durch die Schaffung einer neutralen, ganzheitlichen Anlaufstelle, der Expertengruppe Karriereplanung, ein wichtiges Zeichen gesetzt. In den Wirkungsfeldern Persönlichkeitsentwicklung, Vertrags- und Sportrecht sowie Berufs- und Schulbildung konnten wertvolle Informationen und Erfahrungen gesammelt werden. Eines der wichtigsten Problemfelder beschäftigt sich mit der Vereinbarkeit von Sport und Schule/Beruf. In einem Hochbildungsland wie der Schweiz ist dies eine der wichtigsten Aufgaben, die sich den Eltern von Sporttalenten stellt. Dank der wertvollen Mitarbeit von Marlies Zuber verfügt der SFV schon seit mehr als 5 Jahren über eine Expertin, die inzwischen nicht nur den Arbeits-, sondern auch den Talentmarkt Fussball bestens kennt und Spielerinnen und Spieler jeden Jahrgangs bei wichtigen Entscheidungen begleitet und beraten hat. Die vorliegende Broschüre soll eine Orientierungshilfe für Talente, deren Umfeld und die Vereine des Schweizerischen Fussballverbandes sein, damit die Herausforderung «Mein Kind ist ein Talent» gemeistert werden kann. Vor allem zum Wohle des einzelnen Talents, aber auch zur Etablierung und Anerkennung des Schweizer Spitzensports in unserer Gesellschaft. Die Dynamik des immer schneller wachsenden Talentmarktes hat im Laufe der Zeit aber sogar dieses visionäre Projekt, das sich auf die Fachkompetenz nebenamtlicher Experten stützt, überholt. Das Präventions- und Informationskonzept wurde zwar dankend aufgenommen aber im Alltag des Kampfes um die Talente (zu) selten konkret genutzt. Konsequenterweise wurde die Gruppe Karriereplanung ebenfalls professionalisiert, sodass wir nunmehr mit den Kräften des Profimarktes Schritt halten und wirklich gestalten und agieren können. Dabei steht eine exakte Analyse des Einzelfalles im Mittelpunkt. Jede familiäre, berufliche oder sportliche Situation ist unterschiedlich. Vor den passenden Antworten kommen die richtigen Fragen, um mit den individuellen Massnahmen grösstmögliche Wirkungen für die Leistung auf dem Fussballfeld zu erzielen. 4
5 Einleitung Markus Frei Leiter Expertengruppe Karriereplanung SFV Marlies Zuber Berufs- und Laufbahnberaterin SFV Expertengruppe Karriereplanung Ausbildung und Spitzensport unter einem Hut Seit dem Gewinn des Europameistertitels mit der Juniorennationalmannschaft U-17 im Jahre 2002 sind die jungen Schweizer Fussballtalente im Ausland begehrt. Viele in der Schweiz ausgebildete Spieler werden regelmässig von Agenten und ausländischen Vereinen beobachtet. Spieler, welche als besonders erfolgsversprechend beurteilt werden, wechseln oft schon frühzeitig zu einem ausländischen Verein. Der Schweizer Fussballverband hat diese zunehmende Tendenz genau beobachtet und mit Besorgnis festgestellt, dass die sportliche Entwicklung dieser Spieler in den häufigsten Fällen nicht wunschgemäss verläuft. Die meisten dieser «vermeintlich» grossen Talente können sich im Ausland nicht durchsetzen und gehen so unserem Spitzenfussball und möglicherweise der Schweizer Nationalmannschaft verloren. Der SFV hat deshalb im Jahre 2003 eine Expertengruppe für die Unterstützung und Beratung der Spielerinnen und Spieler eingesetzt. Bei dieser Expertengruppe erhalten die Spieler Antworten auf Fragen zur begleitenden Berufsausbildung und bekommen juristische Auskünfte bei Vertragsverhandlungen mit den Vereinen und Agenten. Selbstverständlich werden sie auch im sportlichen Bereich beraten. In Einzelfällen erhalten Spieler ohne Schweizer Pass Unterstützung bei ihrer Einbürgerung. Nicht zuletzt wegen des Gewinns des Weltmeistertitels der U-17 in Nigeria 2009 haben sich die Probleme in den letzten Jahren verschärft. Deshalb hat der SFV im Herbst 2010 diese Expertengruppe personell und finanziell aufgestockt. Sie soll aktiver agieren und auch präventiv Wirkung erzielen können. Als neue zusätzliche Aufgabe gibt die Expertengruppe Trainern und Spielern Impulse bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Die Broschüre «Zwischen Schulbank und Trainingsplatz» will jungen Spitzenathletinnen und -athleten, ihren Eltern, Trainern, Funktionären und Berufsberatern bei der Planung von Ausbildung und Sport helfen. Sie gibt Tipps und stellt Fragen, die notwendig sind, um geeignete Lösungen zu finden. Sie informiert über sportspezifische Ausbildungen und zeigt Möglichkeiten auf, wie etwa mit einer Zusatzvereinbarung oder Lehrverlängerung die Ausbildung dem Trainingsalltag angepasst werden kann. Die Broschüre erschien zum ersten Mal Ich durfte sie mit der finanziellen Unterstützung des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann für den Schweizerischen Fussballverband erstellen. Zusammen mit Markus Frei, Leiter Expertengruppe Karriereplanung SFV, habe ich die Broschüre überarbeitet, sodass sie Ihnen wieder aktuell zur Verfügung steht. Für diese Möglichkeit möchte ich mich beim Schweizerischen Fussballverband, insbesondere bei Peter Knäbel, dem Technischen Direktor des Schweizerischen Fussballverbandes, herzlich bedanken und bei allen, die dazu einen Beitrag geleistet haben. Die Broschüre soll dazu beitragen, dass junge Sportlerinnen und Sportler ohne permanente Überforderung ihre sportliche wie berufliche Karriere verfolgen können. Sportliche Höchstleistungen entstehen nicht über Nacht aus dem Nichts, sondern in einem Umfeld, in dem alle Partner am gleichen Strick ziehen. 5
6 Spitzensport im Spannungsfeld von Sport, Ausbildung und Familie Schule/Beruf Koordinator/-in Lehrmeister/-in Lehrer/-in Rektor/-in Soziales Umfeld Eltern Freund/-in Berater Verband Verein Nationaltrainer/-in Nationalteam Regionalauswahltrainer/-in Talent Techn. Leiter/-in Trainer/-in Team Administration P. Knäbel Viele Hunde sind des Hasen Tod. Das Sprichwort gilt für viele abgebrochene Sportkarrieren. Gemäss einer Studie der Universität Bern steigen die meisten Jugendlichen nicht aufgrund einer Verletzung aus dem Hochleistungssport aus, sondern weil die Gesamtbelastung zu hoch ist. 82 Prozent der befragten Verbände gaben an, der häufigste Grund für einen Ausstieg sei die Doppelbelastung von Spitzensport und Ausbildung. Das ist kaum erstaunlich: Denn im Alter zwischen 14 und 18 Jahren werden die Weichen gestellt, sei es bei der Berufswahl, in der Schulkarriere oder im Spitzensport. Die Athletinnen und Athleten sind dann einem besonders grossen Druck ausgesetzt, da sie Spitzensport und Ausbildung unter einen Hut bringen müssen. Zu einem übervollen Stundenplan in der Schule oder einem harten Alltag in der Lehre kommt noch ein Trainingsaufwand, der je nach Sportart 10 bis 25 Stunden in der Woche beträgt. Nach dem 16. Altersjahr steigt dieser sogar auf 20 bis 30 Stunden. Für viele Jugendliche ist dies ein harter Kampf, verbunden mit Verzicht: Frühmorgens, während die Klassenkameraden noch in den Federn liegen, schwimmen sie einsam ihre Kilometer, kurven spätabends noch durch die kalte Eishalle oder rennen über das Trainingsfeld. In dieser Phase absolvieren die Spitzensportlerinnen und -sportler zwei Ausbildungen: Einerseits eine Schule oder Berufslehre, andererseits ihre sportliche Disziplin. Die dauernde Doppelbelastung kann zur Überlastung führen, wenn sich die Beteiligten der Herausforderungen und Gefahren nicht bewusst sind. Es gilt, die Balance zwischen Spitzensport, Ausbildung und sozialem Leben zu finden. Das Leben der jungen Spitzensportler spielt sich im Spannungsfeld von Sport, Ausbildung, Freunden und Familie ab. Auch wenn es die wenigsten wahrhaben wollen: Trainer, Lehrerschaft, Eltern und Freunde stehen sich als Konkurrenten gegenüber, die ihre Forderungen an den Athleten stellen. Jeder will nur das Beste, doch das Beste wird zur Unmöglichkeit. Nach dem langen Training warten noch spätnachts die Hausaufgaben. Kein Wunder, dass diese dann manchmal «schludrig» gemacht werden. Vor der wichtigen Französisch prüfung geht es noch in das Intensivtrainingswochenende; am nächsten Tag bleibt das Blatt weitgehend leer. Und der Lehrmeister will nicht länger Rücksicht auf die Wettkämpfe nehmen: Es droht der Lehrabbruch. Hier stellen viele Eltern die durchaus berechtigte Frage, ob ein Nebeneinander von Ausbildung und Spitzen sport überhaupt möglich ist. 6
7 Lara Dickenmann Fussballerin des Jahres 2004, Profifussballerin «Wichtig ist, dass man sich gut organisieren kann, sodass Schule, Fussballtraining, Hausaufgaben usw. nebeneinander Platz haben.» TIPPS Um mit der Mehrfachbelastung besser umgehen zu können, solltest du folgende Punkte beachten: Informiere dich Beschäftige dich nicht nur mit der üblichen Berufswahl oder den Schulmöglichkeiten, sondern informiere dich zusammen mit deinen Eltern auch über die speziellen Berufs- und Schulausbildungen für Spitzensportlerinnen und -sportler. So findest du eine passende, massgeschneiderte Lösung, die ein Nebeneinander von Ausbildung und Spitzensport zulässt, ohne dass dies zum permanenten Stress oder gar zum Abbruch von Lehre, Schule oder Sport führt. Gute Lösungen müssen oftmals ausgehandelt werden. Doch der Aufwand, eine professionelle Informationsstelle aufzusuchen und sich beraten zu lassen, lohnt sich alleweil. Du vermeidest Stolpersteine und gewinnst einen Überblick über die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten und ihre Finanzierung. Die gute Beratung ist der erste Schritt in der Karriereplanung. Erstelle einen Zeitplan Mithilfe eines Zeitplanes wirst du dir bewusst, wie stark der Spitzensport dich zeitlich beansprucht. Der Überblick hilft dir, Lehre und Schule besser zu koordinieren und realistisch einzuschätzen, wo es eng wird und wo du anders planen musst. Vergiss in deinem Zeitmanagement nicht, die Reise-, Erholungs- und Freizeit einzuplanen. Du brauchst diese Zeit, um aufzutanken. Wer ständig brennt, verbrennt! Setze Fern- und Teilziele Setze dir im Sport und in der Ausbildung Fernziele, vor allem aber auch Teilziele. Überprüfe diese Ziele und achte darauf, ob Ausbildungslücken bestehen. Wurde etwas nicht erreicht? Und warum? Was sollte man in der nächsten Saison besser machen? Bereitet dir der Sport noch Spass? Bist du noch motiviert? Was braucht es, um dich weiterzubringen? Ziehe Bilanz und achte darauf, ob die Ausbildung, der Spitzensport und das Umfeld noch im Einklang stehen! Wer so zurückschaut, wird die allfälligen Schwierigkeiten auffangen und rechtzeitig angehen. Und er wird seine Begeisterung behalten, die zu Höchstleistungen beflügelt. Sprich Das regelmässige Gespräch zwischen Spitzensportlern, Eltern, Trainern, Lehrmeistern und Lehrpersonen trägt wesentlich dazu bei, dass die Doppelausbildung gelingt. Es braucht Verständigung, Verständnis und Entgegenkommen von allen Partnern. Suche den Kontakt. Sprich die Schwierigkeiten gegenüber der Schule, dem Lehrbetrieb oder dem Trainer an. Schildere die Umstände. Die guten Ansätze werden meist im Gespräch entwickelt. Gemeinsam getragene Lösungen sparen Kräfte und Energie. Diese brauchst du im Wettkampf. 7
8 Ausbildung: Tor zur beruflichen Karriere Christian, heute 25, Skifahrer, besuchte das Regionalkader und absolvierte eine Lehre als Elektroinstallateur. Er hatte Glück: Der Lehrmeister kam ihm entgegen, sodass er für die Trainingslager und die Rennen freibekam. Christian fehlte oft im Betrieb. Die Berufsschule bereitete ihm keine Mühe. Vier Jahre lang investierte er seine Ferien und seine ganze Freizeit in den Spitzensport. Oft erreichte er die Grenzen seiner Kräfte. Bei der Lehrabschlussprüfung versagte er im praktischen Teil. Zu oft hatte er gefehlt. Das Fähigkeitszeugnis blieb ihm verwehrt. Er nahm einen Gelegenheitsjob auf dem Bau an, wo er schwer verunfallte. Langsam wurde ihm klar, dass er nicht sein Leben lang als Hilfskraft arbeiten möchte. Doch in der Berufsberatung stellte er fest, dass ohne abgeschlossene Lehre seine Wunschberufe wie Polizist oder Sportlehrer nicht möglich sind. Während der Lehre und der Mittelschule (z. B. Gymnasium) erfahren viele Athletinnen und Athleten die grösste Belastung, da sich die Ausbildung nur beschränkt an die Trainings- und Wettkampfpläne anpassen lässt. Der frühzeitige Ausstieg aus der Sport karriere geschieht entsprechend häufig im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Als Grund wird oft die zu hohe Gesamtbelastung angegeben. Kommt es zum Schul- oder Lehrabbruch, wird der berufliche Wiedereinstieg ohne Abschluss schwierig. Ohne Abschluss keinen Anschluss Viele Wege führen zum Ziel. Ob via berufliche Grundbildung (Lehre) zu Berufs- und höheren Fachprüfungen und weiteren anspruchsvollen Weiterbildungen, ob via Berufsmaturität zu den Fachhochschulen oder ob via Gymnasium an eine universitäre Hochschule und zu Nachdiplomstudien, auf jeden Fall gilt: Ohne Abschluss gibt es keinen Anschluss. Eine abgeschlossene schulische oder berufliche Ausbildung hat in der Schweiz eine enorme Bedeutung. Ohne diese Abschlüsse ist der Weg für den Aufbau der beruflichen Laufbahn erschwert, wenn nicht gar unmöglich, auch für Spitzensportler. Admir Mehmedi Fussballer der ersten Mannschaft des FC Zürich sowie Schüler an der UNITED school of sports in Zürich, Ausbildung zum Kaufmann «Ich absolviere eine Lehre bei der UNITED school of sports, damit ich eine Versicherung habe, wenn im Fussball etwas schiefgehen würde.» 8
9 Berufswahl und Karriereplanung Bildungswege für Spitzensportlerinnen und -sportler Sportlerinnen und Sportler, die einer hohen Trainingsbelastung ausgesetzt sind, müssen ihre Ausbildung und Sportkarriere sorgfältig planen, sodass beides nebeneinander Platz hat. Die folgende Grafik zeigt dir auf einen Blick, welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sich im schweizerischen Bildungssystem bieten. Sportschulen/-lehren: Spezielle Lösungen für Spitzensportlerinnen und -sportler. Sportfreundliche Lösungen: Eignen sich wegen ihrer Flexibilität für Spitzensportlerinnen und -sportler. Individuelle Lösungen: Einige Schulen sind bereit, nach einer Absprache mit den Athletinnen und Athleten spezielle Vereinbarungen zu treffen. Vor allem teilzeitliche und modulartige Weiterbildungen eignen sich für eine Ausbildungsverlängerung. Die in der Grafik eingefügten Seitenzahlen verweisen auf nähere Informationen zu den entsprechenden Ausbildungen. 9
10 Berufswahl und Karriereplanung Sportschulen In den letzten Jahren hat durch den Einfluss der Verbände, der Eltern und durch das Vorbild ausländischer Modelle in der schweizerischen Bildungslandschaft ein erfreulicher Wandel stattgefunden. Verschiedenste Sportschulen und Sportklassen sind gegründet worden. Die meisten öffentlichen Schulen können allerdings nicht auf die Bedürfnisse der jungen Spitzenathletinnen und -athleten eingehen. Sie sind deshalb oft gezwungen, spezielle Sportschulen zu besuchen. TIPPS Wann ist eine Sportschule angezeigt? Wenn ich in der öffentlichen Oberstufe für Wettkämpfe nicht freigestellt werde. Wenn ich meine Hausaufgaben und Prüfungen nicht mehr zufriedenstellend erledigen kann. Wenn ich den versäumten Stoff nicht aufarbeiten kann. Wenn die Trainings während der Schulzeit stattfinden und ich sie nicht besuchen kann. Wenn auch ein Gespräch meiner Eltern oder meines Trainers mit der Schulleitung nicht den erwünschten Erfolg bringt. Nur wenige Schulen bieten bereits auf der Primarschulstufe Sportschullösungen an. In der Oberstufe und im Gymnasium sind viele Spitzenathleten auf Sonderlösungen angewiesen, wie sie folgende Sportschulen anbieten: (Kunst- und) Sportklassen (Kunst- und) Sportschulen Sportinternate Diverse Privatschulen mit Angeboten für Spitzensportler Diese Schulen bieten mit einer reduzierten Unterrichtszeit, Stützunterricht, individueller Betreuung und Urlaub für Wettkämpfe und Trainingslager ideale Voraussetzungen für begabte Spitzenathleten, die bereits einer hohen Trainingsbelastung ausgesetzt sind. In der Regel sollte man für den Besuch einer solchen Schule einem regionalen oder nationalen Kader angehören oder einen sportlichen Begabungsnachweis erbringen, überdurchschnittlich motiviert sein und mindestens zehn Stunden pro Woche trainieren. Die Schulen werden jeweils durch die Kantone, Gemeinden, Verbände oder durch private Institutionen getragen. Die Kosten sind deshalb sehr unterschiedlich. Es muss nicht immer eine Sportschule sein Manchmal sind Sportschulen zu weit entfernt, und die Schule in der Nähe ist sportfreundlich eingestellt. Dann kann dies die bessere Lösung sein. Es lohnt sich also, mit der Schulleitung das Gespräch zu suchen und abzuklären, wie sportfreundlich deine Schule ist. Ist eine Verlängerung der Schulausbildung möglich? Wirst du für Wettkämpfe freigestellt? Wird bei den Prüfungen Rücksicht auf Training und Wettkampf genommen? Können die Hausaufgaben flexibel angeordnet werden? Kannst du den versäumten Stoff durch Stütz- und Nachhilfeunterricht aufarbeiten? Bist du bereit, durch Mehrarbeit den versäumten Stoff aufzuarbeiten, sodass das Ausbildungsziel erreicht wird? 10 Martina Voss-Tecklenburg Trainerin des Frauen-A-Nationalteams und Leiterin der Credit Suisse Football Academy Huttwil «Der Sport ist eine Lebensschule, die im Verein sowie in der Gruppe, Identität, Sicherheit und Selbstvertrauen schafft. Der Sport sorgt für die Entwicklung einer starken und ausgeprägten Persönlichkeit.»
11 Berufswahl und Karriereplanung Sportschulen Kunst- und Sportschule Die Kunst- und Sportschulen richten sich an künstlerisch oder sportlich besonders begabte Jugendliche mit einem hohen Leistungsanspruch, die bereits im Oberstufenalter einen gros sen Aufwand von mindestens zehn Stunden pro Woche für Sport, Musik oder Tanz betreiben und sich sportlich oder künstlerisch ausgewiesen haben, etwa durch die Zugehörigkeit zu einem regionalen oder nationalen Kader. Die flexiblen Stundenpläne und individualisierenden Unterrichtsmethoden reduzieren die Doppelbelastung von Sport und Schule und ermöglichen es, neben dem Schulabschluss gleichzeitig hohe Ziele im Kunst- oder Sportbereich anzustreben. Der Anschluss an weiterführende Schulen und Ausbildungen wird trotz reduziertem Stundenplan gewährleistet. Absenzen aufgrund von Trainingslagern und Wett kämpfen werden flexibel gehandhabt, und verpasster Schulstoff wird mit Unterstützung der Lehrer nachgeholt. Eine selbstständige Arbeitshaltung ist eine wichtige Voraussetzung für den Besuch einer solchen Schule. Kunst- und Sportschule Zürcher Oberland Lara Iten, Eiskunstläuferin Lara Iten ist eine hübsche und begabte Eiskunstläuferin. Sie kommt gerade vom Training. Zwei Stunden hat sie auf dem Eis trainiert. Mit ihren erst 13 Jahren beherrscht sie schon den Doppelaxel und übt fleissig Dreifachsprünge. Lara hat bereits den Inter gold- und den Goldtest absolviert. Sie gehört dem nationalen Juniorenkader an. Seit dem dritten Lebensjahr steht sie auf den Schlittschuhen. Mit einem ehemaligen Eishockeyprofi als Vater und einer Mutter, die ihr Herz dem Tanz verschrieben hat, sei es die logische Konsequenz, dass sie zum Eiskunstlaufen gekommen sei, erzählt sie. Vor allem hätten es ihr damals die schönen «Röckli» angetan. Lara besucht heute die zweite Sek A der Kunst- und Sportschule Zürcher Oberland (KuSs ZO). In ihrer Klasse sind Mädchen und Knaben, die die verschiedensten Sportarten wie Trampolin, Tischtennis, Eishockey, Fussball, Schwimmen, Judo und andere ausüben. Ebenso sind Balletttänzerinnen und Musikerinnen vertreten. Gerne möchte Lara anschliessend das Sportgymnasium besuchen, um später Kinderärztin zu werden. «Ich gehe in die Kunst- und Sportschule, damit ich mein Trainingspensum neben der Schule bewältigen kann.» Sie trainiert insgesamt 15 Stunden pro Woche. Neben dem Eislaufen nimmt sie regelmässig Ballett stunden und absolviert wöchentlich zwei Stunden Kraftund Off-Ice-Training. Die Organisation der Trainingsstunden und Wettkämpfe sei nicht ganz einfach und recht aufwendig. Laras Mutter organisiert und managt dies alles, damit sich Lara ganz auf das Eislaufen konzentrieren kann. Beide Eltern unterstützen Lara sehr, holen sie vom Training ab, wenn dies nötig ist, und begleiten sie jeweils an die Wettkämpfe. «Ich gehe sehr gerne an die KuSs», sagt Lara. «Die Lehrer haben da Verständnis für den Sport. Wenn es nötig ist, kann ich Prüfungen verschieben.» Meistens kann Lara ihre Hausaufgaben bereits in der Schule in den Atelierstunden erledigen. Lara ist froh, dass ihre Schulkolleginnen und -kollegen ebenfalls Sportler und Künstlerinnen sind. Sie meint: «So müssen alle nach der Schule gleich ins Training und haben Verständnis, dass man nicht einfach rumhängen kann.» Die Eiskunstläuferin erreichte an den Schweizer Meisterschaften der Minis vor einem Jahr den tollen 4. Rang. Sie hat sich für die Zukunft feste Ziele gesetzt. Mit dem bestandenen Goldtest hat sie ein weiteres Ziel erreicht. Als Nächstes möchte sie an den kommenden Schweizer Meisterschaften der Juniorinnen (U-18) unter die ersten zehn kommen. Obwohl Lara an sechs Tagen pro Woche ein- bis zweimal täglich trainiert und im Winter an jedem zweiten Wochenende an einem Wettkampf teilnimmt, findet sie noch Zeit, mit ihren Freundinnen abzumachen. Das sei ihr sehr wichtig. A. R. Kolb 11
12 Berufswahl und Karriereplanung Sportschulen Sportgymnasium, Sporthandelsmittel schule, Sportinternat Viele Sportmittelschulen in der Deutschschweiz dauern ein Jahr länger als herkömmliche Schulen. Der Stoff wird in einem Kurzgymnasium auf fünf statt vier Jahre verteilt, sodass die Schüler, wie etwa in Zürich, neben den 25 Schulstunden pro Woche vier Halbtage Zeit für ihr Training und ihre Regeneration haben. Gezielte Betreuung durch die Lehrkräfte hilft den Schülern, nach längeren Absenzen den Schulstoff aufzuarbeiten. Einige Schulen bieten neben dem üblichen Unterricht auch Ernährungslehre, Sporttheorie, Kraft- und Konditionstraining an. In Sportinternaten fallen lange Reisewege zur Schule und zum Training weitgehend weg. Meist wird hier für die medizinische Betreuung gesorgt. Kriterien für die Aufnahme an eine Sportmittelschule: Die Schüler müssen die Zulassungsbedingungen für eine Mittelschule (Aufnahmeprüfungen etc.) sowie sportliche Minimalbedingungen erfüllen (Kaderzugehörigkeit, Empfehlung durch einen Sportverband, sportliche Aufnahmeprüfung). Kunst- und Sportgymnasium Rämibühl Nicole Jaquemet, Fussballerin Nicole Jaquemet ist Fussballerin des U-19-Nationalteams und Spielerin bei den FCZ Frauen in der Nationalliga A, mit denen sie schon zweimal Schweizermeisterin wurde. «Das Sportgymnasium bietet mir die Möglichkeit, Schule und Sport zu bewältigen trotz meinen vielen Absenzen mit dem Nationalteam», erklärt die Achtzehnjährige. «Ich vermisse den Fussball!», sagt Nicole, die zurzeit verletzt ist. Sie wartet sehnlichst, bis sie wieder auf dem Rasen trainieren darf. Fussball ist ihre Leidenschaft. «Ich bewege mich gerne. Ich brauche das!» Seit der ersten Klasse spielt Nicole Fussball. Als einziges Mädchen in ihrer Siedlung wuchs Nicole mit lauter Knaben auf, mit denen sie Fussball spielte. Auch im Dorfverein spielte Nicole zuerst bei den Jungs, bis sie dann zum FCZ wechselte. Als talentierte Spielerin wurde sie für das Ausbildungszentrum des Schweizerischen Fussballverbandes in Huttwil selektioniert, wo sie als 14-Jährige zwei Jahre lang weg von zu Hause wohnte und mit weiteren talentierten Fussballerinnen trainierte und eine Fussballausbildung durchlief. Heute besucht sie das Kunst- und Sportgymnasium Rämibühl in Zürich und ist im 4. Schuljahr. Die Schule führt pro Jahrgang je zwei Klassen. «Die Rahmenbedingungen sind ideal für mich. Absenzen mit der Nati sind möglich. Auch kann ich Prüfungen verschieben, wenn dies nötig ist.» Der Stundenplan, der einen ganzen und vier halbe Schultage pro Woche umfasst, lässt Nicole Zeit, jeden Tag ein bis zwei Trainings zu absolvieren. Das Gymnasium wird von Sportlern, Musikern und Tänzern besucht. Nicole ist während gut zehn Wochen mit der Nati unterwegs und fehlt dann in der Schule. «Ich muss mich schon gut organisieren, damit ich den Stoff nacharbeiten kann.» Mittlerweile weiss Nicole, wie sie dies machen muss: «Wir haben an der Schule ein Tandemsystem. Ein Schüler sammelt die Informationen während meiner Abwesenheit für mich und umgekehrt. Auch ein Sportkoordinator steht uns zur Verfügung, wenn ich Prüfungen verschieben muss oder keine Zeit für die Hausaufgaben habe.» Nicole wird auch von ihren Eltern unterstützt. «Meine Eltern interessieren sich für meinen Sport und helfen mir, wo es nötig ist. Meine Mutter holt mich häufig am Abend von den Trainings ab, so gewinne ich Zeit für meine Hausaufgaben. Aber ich geniesse es auch, mit meiner Mutter auf dem Nachhauseweg so dies und das zu besprechen.» Häufig sind die Eltern auch als Zuschauer bei den Spielen dabei. Nicole ist dankbar, dass sie ein Sportgymnasium besuchen kann. «Es ist für mich nicht selbstverständlich.» Ohne ein solches Angebot könnte sie ihren Sport auf so hohem Niveau nicht ausüben. Gerne würde sie mit der Nationalmannschaft einmal an einer EM oder WM teilnehmen oder mit ihrer Mannschaft Cupsieger werden. Nach dem Sportgymnasium möchte sie wahrscheinlich im Ausland studieren und Fussball spielen. 12
13 Berufswahl und Karriereplanung Sportschulen SFV-Ausbildungszentren in Huttwil, Emmen, Payerne und Tenero In der Schweiz gibt es vier Fussballschulen, die vom Schweizerischen Fussballverband organisiert und geführt werden: für die Mädchen in Huttwil, für die Knaben in Emmen, Payerne und Tenero. Die jeweils rund 20 Fussballerinnen und Fussballer werden zwei Jahre lang von professionellen Trainern ausgebildet und individuell gefördert, wobei das Schwergewicht auf der Technik und der körperlichen Grundausbildung liegt. Schulisch werden die Jugendlichen ihrem Niveau ent sprechend in die öffentliche Oberstufe integriert. Der Unterricht und die Fussball ausbildung sind aufeinander abgestimmt, sodass ein tägliches Training möglich ist. Die jungen Fussballtalente wohnen bei einer Gastfamilie. Die Trainer arbeiten eng mit der Schule und mit den Fussballclubs der Spielerinnen und Spieler zusammen. Die Selektion erfolgt über Sichtungs trainings und -turniere. Den besten Fussballspielerinnen und -spielern wird ein Platz in einer der Fussballschulen angeboten. Ungefähr 40 Prozent schaffen den Sprung in eine Nationalauswahl. SFV-Ausbildungszentrum Payerne Olivier Da Costa Custiodio, Fussballer «In der Nationalmannschaft habe ich die Chance, mich mit anderen guten Fussballern zu vergleichen, und ich kann so meine Fortschritte kontrollieren.» Olivier ist am 10. Februar 1995 geboren und besucht zusammen mit 17 andern jungen Fussballern das Ausbildungszentrum in Payerne. Er ist einer von vielen talentierten «Secondos», die den Schweizer Fussball so beleben. Seine Eltern sind vor 30 Jahren aus Portugal in die Romandie eingewandert. Zusammen mit seinen beiden älteren Brüdern ist er am Genfersee aufgewachsen. «Das Training in Payerne ist individuell auf die Spieler ausgerichtet!» Mit sechs Jahren hat Olivier beim FC Montreux-Sports mit dem Vereinsfussball begonnen. Er wechselte mit 14 Jahren zum FC Lausanne-Sports und spielte schon bald in der Waadtländerauswahl. Nach dem Eintritt ins Ausbildungszentrum in Payerne schaffte er den Sprung in die U-16-Nationalmannschaft. Er spielt am liebsten als defensiver Mittelfeldspieler, und natürlich ist es sein grosses Ziel, einmal Profifussballer zu werden. Xabi Alonso und Zinédine Zidane sind seine Vorbilder und sein Herz schlägt für Real Madrid. Neben dem Fussball beschäftigt er sich hauptsächlich mit dem Computer und hört gerne Musik. Olivier wohnt in Payerne wie seine Fussballkollegen in einer Gastfamilie, wo er sich sehr wohlfühlt. Er besucht die Schule direkt neben dem Fussballplatz und trainiert fünfmal pro Woche unter Leitung der SFV-Instruktoren José Ehrbar und Michel Mora. Seit 2009 gibt es auf der Sportanlage einen modernen Kunstrasenplatz. In Absprache mit der Schule finden zwei Trainings am Vormittag und drei am Nachmittag statt. Am Mittwochnachmittag stehen den Fussballern vier Lehrer zur Verfügung. Sie unterrichten die Spieler individuell und holen mit ihnen den Inhalt der ausgefallenen Schullektionen nach. Alle Spieler essen am Mittag und am Abend gemeinsam, was eine ausgewogene Ernährung garantiert und den Teamgeist fördert. Am Wochenende spielt Olivier mit dem U-16-Team Lausanne-Vaud. Die Integration in dieses Team bereitet ihm keine Probleme. Sein bisher schönstes Erlebnis mit der Nationalmannschaft U-16 war das Auswärtsspiel in der Ukraine. Es war für ihn eine wertvolle Erfahrung, seine persönliche Bestleistung abzurufen, fern von zu Hause, in einem schönen Land mit perfekter Infrastruktur. Er war stolz darauf, für die Schweiz zu spielen, und hat gelernt, wie wichtig es ist, sich schnell an veränderte Bedingungen anzupassen. Nach zwei Jahren Ausbildung in Payerne wird Olivier im Sommer seine Fussballkarriere an einem andern Ort fortsetzen. Er möchte das Gymnasium besuchen und seine schulische Ausbildung möglichst gut mit einer Fussballkarriere verbinden. 13
14 Berufswahl und Karriereplanung Berufslehren für Spitzensportlerinnen und -sportler Massgeschneiderte Lösungen Zwei Fussballerinnen aus dem Nationalkader unterhalten sich: «Ich bin nun in der KV-Lehre. Die Lehre, Berufsschule, BMS und das Fussballtraining sind mega anstrengend. Hätte ich nie gedacht! Meine ganze Freizeit und meine Ferien brauche ich für Trainingslager und die Spiele in der Meister schaft. Mir bleibt nicht einmal mehr Zeit, mich zu erholen!» Meint die andere: «Da bin ich froh, dass ich das KV an der Sporthandelsschule machen kann. Für Wettkämpfe bekomme ich frei, und Ferien habe ich genügend. Ich habe keinen Stress, jedoch geht meine Ausbildung ein Jahr länger!» Wie das Beispiel zeigt, lohnt es sich, auch bei der Berufslehre eine sportfreundliche Lösung zu suchen, sodass die Doppelbelastung von Training und Ausbildung nicht zu gross wird. Nur wenige Berufsausbildungen bieten massgeschneiderte Sportlösungen: Kaufmann/Kauffrau: Angeboten durch Sport-Handelsmittelschulen Private Sporthandelsschulen, 4 anstatt 3 Jahre KV-Lehre für Spitzensportler, 4 anstatt 3 Jahre Übersicht über Sportschulen und -lehren in der ganzen Schweiz: Lehrverlängerung und Zusatzvereinbarung Luca, Radfahrer und Mitglied des Nationalkaders, absolviert eine Lehre als Automobilfachmann. Er hat seine Ausbildung um ein Jahr verlängert und mit seinem sportbegeisterten Lehrmeister eine schriftliche Zusatzvereinbarung zum Lehrvertrag abgeschlossen, die es ihm erlaubt, im Lehr betrieb fürs Training und für Trainingslager freizunehmen. Den Berufsschultag hat er so gelegt, dass er möglichst nie fehlen muss. So entlastet er sich während seiner Lehrzeit. Für die meisten Berufslehren gilt es, einen sportfreundlichen Lehr betrieb zu finden und mit diesem eine massgeschneiderte Individual lösung, z. B. eine Lehrzeitverlängerung, auszuhandeln. Neu werden in der Schweiz Lehrbetriebe, die ein Nebeneinander von Beruf und Sport ermöglichen, mit einer Vignette ausgezeichnet. Unter der Leitung von Swiss Olympic spannen für diese leistungssportfreundlichen Berufsausbildungen bereits in einzelnen Kantonen Lehrbetriebe, Sportpartner und kantonale Koordinationsstellen mit den Lernenden zusammen. Die Sportkoordinatoren bieten Hilfe an bei der Lehrstellensuche und der Anpassung der Ausbildung in der Berufsschule und im Lehrbetrieb. Diese Musterformulare erhalten Fussballer beim SFV. Andere Athleten wenden sich an Swiss Olympic. 14
15 Dany Ryser Chef Ressort Auswahlen SFV-Auswahl-Trainer 2009 Weltmeister mit der U Trainer des Jahres «Nur wer das Talent hat und es konsequent weiterentwickelt, kann Fussballprofi werden. Eine Voraussetzung dazu ist eine optimale Lösung im Bereich Fussball und Ausbildung.» TIPPS Fragen, die weiterhelfen, wenn du vor der Berufswahl stehst. Eignet sich die geplante Berufslehre für den Spitzensport? (Unregelmässige Arbeitszeiten und Wochenendengagement wie z. B. im Gastgewerbe, Verkauf oder Spital sind meist ungeeignet. Auch körperlich zu anstrengende Berufe eignen sich in der Regel nicht.) Kannst du später in diesem Beruf auch Teilzeit arbeiten? Hast du die Alternative einer Sportschullösung geprüft (z. B. Sporthandelsschule)? Bist du den Anforderungen des Lehrberufes gewachsen (weniger Zeit für Hausaufgaben)? Berufsmittelschule: Findest du neben Lehre, Training und Wettkämpfen genügend Zeit für den Besuch einer Berufsmittelschule? Für Spitzensportlerinnen und -sportler eignet sich in der Regel die BMS II (nach der Lehre). Weitere Karriereplanung: Wie sieht die berufliche Laufbahn nach der Lehre aus? Lassen sich Sport und Beruf sinnvoll verbinden? Suchst du einen sportfreundlichen Lehrbetrieb? Beachte Folgendes: Ist der Lehrbetrieb sportfreundlich eingestellt? Der Lehr- und Berufsschulort sollte sich nicht zu weit weg vom Trainings- und Wohnort befinden. Lassen sich sportliches Engagement und Ausbildung zeitlich vereinbaren? Hast du einen Zeitplan mit den Wettkämpfen, Trainings und Trainingslagern Reisezeiten nicht vergessen erstellt, den du mit dem zukünftigen Lehrmeister oder der Lehrmeisterin besprechen und umsetzen kannst? Sind eine Lehrzeitverlängerung oder andere Zusatzvereinbarungen zum Lehrvertrag möglich? Ist der Lehrmeister, die Lehrmeisterin damit einverstanden? Wichtig: Die getroffenen Abmachungen möglichst genau schriftlich festhalten, etwa in einer Zusatzvereinbarung, die über die Absenzen für das Training und die Wettkämpfe sowie die Verlängerung der Lehre Auskunft gibt. Erhältst du die Möglichkeit, den verpassten Schul- und Ausbildungsstoff nachzuholen? Übersicht über Sportschulen und -lehren in der ganzen Schweiz: Stütz- und Nachhilfeunterricht Für Spitzensportlerinnen und -sportler, die wegen Wettkämpfen und Trainingslagern in der Schule häufig fehlen müssen, ist es nicht einfach, den verpassten Schulstoff wieder aufzu arbeiten. ProLern in Magglingen bietet Spitzensportlern der Primar stufe, der Sekundarstufen I und II sowie der Berufsschulstufe Stütz- und Nachhilfeunterricht, Prüfungsvorbereitung und schulische Betreuung während der Trainingslager in Magglingen an. Auch ein Lerncoaching via Internetplattform ist möglich. 15
16 Berufswahl und Karriereplanung Berufslehren für Spitzensportlerinnen und -sportler Sporthandelsschulen, Berufsfachschulen für Sporttalente: Kaufmann/Kauffrau An einer Berufsfachschule für Sporttalente bzw. einer Sporthandelsschule absolvieren die Lernenden ihre Ausbildung an der Schule sowie in einem Betrieb. Die Schule nimmt Rücksicht auf die Trainingspläne und bietet Spitzensportlern mit angepassten Schul- und Arbeitspensen optimale Bedingungen. Die Lernenden schliessen in 4 anstatt 3 Jahren mit dem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis Kaufmann/ Kauffrau ab. Sie verfügen über mehr Ferien und können mit einer grosszügigen Handhabung von Urlaubsgesuchen an ihren Sportanlässen teilnehmen. Die Zugehörigkeit zu einem Auswahlkader bildet eine Aufnahme bedingung, ebenso das Trainingspensum von mindestens 10 bis 15 Stunden pro Woche sowie die Empfehlung des Trainers, Vereins oder Verbandes. Teilweise besteht die Möglichkeit, zusätzlich noch Sport fächer wie Mentaltraining, Ernährungslehre oder Krafttraining zu besuchen. United school of sports Samuel Walser mit 18 Jahren Einsätze in der Nationalliga A Samuel Walser ist Eishockeyspieler und kommt ursprünglich aus dem Kanton Solothurn. Seine ersten Erfahrungen auf dem Eis machte er beim EHC Olten. Heute spielt er für die Kloten Flyers und hatte mit seinen erst 18 Jahren bereits 14 Einsätze in der Nationalliga A. Als Spieler der Nationalmannschaft durfte er an der Jugendolympiade teilnehmen und belegte mit dem Nationalteam den zweiten Rang. Seit dem achten Lebensjahr verbringt Samuel viel Zeit auf dem Eis als Hockeyspieler. «Früher haben wir vor dem Haus Inline hockey gespielt. Einer meiner Kollegen hat mich dann einmal mit ins Eishockeytraining genommen.» Heute trainiert Samuel pro Woche 10 bis 15 Stunden auf dem Eis, dazu kommen weitere 4 Stunden Krafttraining. Im Sommer ist vor allem Ausdauertraining angesagt. «Zudem mache ich noch Power Skating und trainiere regelmässig mit einem Personal Trainer.» Samuel besucht die UNITED school of sports in Zürich. Hier absolviert er die Ausbildung zum Kaufmann E-Profil. Die Ausbildung dauert vier Jahre und bietet Leistungssportlern mit dem reduzierten Schul- und Arbeitspensum optimale Bedingungen, Ausbildung und Sport zu verbinden. Für Einsätze mit der Nationalmannschaft oder in der Nationalliga A fehlt Samuel häufig in der Schule. Bis zu neun Wochen ist er im Jahr im Unterricht abwesend. Eine Lehre wäre da kaum mehr möglich. Samuel meint: «Ich schätze die hohe Flexibilität an der UNITED. Manchmal muss ich für die Nationalliga A kurzfristig freinehmen. In einer Lehre wäre dies undenkbar. Ich bin froh, dass ich an der UNITED Ausbildung und Sport verbinden kann. In der Schweiz ist ein Ausbildungsabschluss wichtig. Ich will die Lehre auf jeden Fall beenden.» Samuel ist im dritten Ausbildungsjahr und absolviert gerade seine berufspraktische Ausbildung in der Baugenossenschaft Glattal Zürich. Ihm gefällt die Arbeit im Büro. Zuvor besuchte er während zweier Jahre den Unterricht an der UNITED school of sports und wurde in den kaufmännischen Fächern unterrichtet. Im Durchschnitt besuchte er wöchentlich etwa 22 Lektionen, davon 14 bis 16 Lektionen Unterricht und 6 bis 8 Stunden betreute Lernzeiten, wo er seine Hausaufgaben erledigen konnte oder verpassten Stoff nachholte. Am Dienstag-, Mittwoch- und Donnerstagvormittag besucht er jeweils die Morgentrainings im Schluefweg in Kloten. Einen Teil der Fächer konnte er bereits abschliessen. Seine Schulkollegen, Fussballer, Handballer, Basketballer, Eiskunstläuferinnen, Synchronschwimmerinnen, Leichtathleten usw., besuchen teilweise auch die schuleigenen Trainingsangebote der UNITED wie Kraft-, Ausdauer- und Schnelligkeitstraining. Die Eltern haben Samuel immer unterstützt, wo es nötig war. Heute wohnt Samuel in einer Gastfamilie in der Nähe seines Trainingsortes. Seit Kurzem hat er den Führerschein und kann selber zum Training und nach Hause fahren. Dies entlaste die Eltern wesentlich, meint Samuel. «Gerne kommen mein Vater und meine Mutter zu den Spielen.» Die Familie und Freunde sind Samuel wichtig. «Das Umfeld muss stimmen!» Samuel zieht Kollegen vor, die wie er keinen Alkohol und keine Drogen konsumieren. «Ich gehe nicht häufig in den Ausgang.» Doch wenn Samuel an freien Wochenenden zu seinen Eltern nach Boningen fährt, dann trifft er sich dort gerne mit seinen alten Schulkollegen. «Da sprechen wir über ganz andere Dinge als über Hockey. Hier kann ich auch mal abschalten.» 16
17 Berufswahl und Karriereplanung Jungprofi ohne Ausbildungsabschluss Wann ist ein solcher Weg sinnvoll? Sebastian Osigwe, FC Luzern, setzt ganz auf die Karte Fussball. Er hat es knapp nicht an die Sporthandelsschule (KV) geschafft. Eine Lehre in einem Betrieb kommt für ihn nicht infrage, weil er als talentierter Spieler der Nationalmannschaft U-17 und beim FC Luzern in der U-18 und bald in der U-21 bereits einer sehr hohen sportlichen Belastung ausgesetzt ist. Er hat deshalb mit dem FCL eine Speziallösung getroffen. Bei der Berufsberatung des SFV hat Sebastian sich über Vor- und Nachteile eines momentanen Ausbildungsverzichtes erkundigt und dort auch erfahren, wie er später eine Ausbildung nachholen kann. Heute besucht Sebastian neben den Fussballtrainings diverse kaufmännische Fächer an einer privaten Handelsschule. Er absolviert Diplomkurse in Englisch, Französisch und Informatik, die ihm beim Nachholen eines Ausbildungsabschlusses angerechnet werden. Sebastian meint: «Dies ist für mich im Moment die beste Lösung. So kann ich mich voll auf den Fussball konzentrieren, die Morgentrainings besuchen und mehr Fitness machen.» Erfolgreiche Fussball-, Eishockey- oder Tennisspieler können plötzlich in die Situation kommen, dass sie Ausbildung und Sport nicht mehr vereinbaren können. Beispielsweise, wenn sie schon früh in der ersten Mannschaft spielen und trainieren. Eine Lehre abzubrechen oder auf eine Berufsausbildung zu verzichten und nach der Oberstufe als Jungprofi einzusteigen, kann in einzelnen Fällen Sinn machen. Auf jeden Fall sollte man dies aber sorgfältig überprüfen und abklären. Zudem sollte dem jungen Sportler und seinen Eltern klar sein, was ein Ausbildungsverzicht oder -abbruch bedeutet und wie später eine Ausbildung nachgeholt werden kann. Insbesondere sollte auf einen strukturierten Tages- und Wochenablauf geachtet werden. TIPPS Sind deine sportlichen Voraussetzungen für einen solchen Schritt gewährleistet? Wie sehen deine zukünftigen Vereinsund Trainingsstrukturen aus? Hast du in deinem zukünftigen Verein gute Entwicklungs- und Ausbildungsmöglichkeiten? In welcher Mannschaft kannst du spielen? Was wird dir garantiert? Besprich dies mit deinem Vereins- und deinem Nationaltrainer. Welche Konsequenzen hat ein Ausbildungsabbruch oder -verzicht in deinem Fall und wie kannst du später eine Ausbildung nachholen? Worauf musst du während deiner Profijahre achten, damit dir diese Zeit für eine spätere berufliche Ausbildung angerechnet wird und du eine verkürzte Ausbildung absolvieren kannst? Eine Beratung bei einem spezialisierten Berufs- und Laufbahnberater für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler lohnt sich auf jeden Fall. Wie sieht dein Arbeitsvertrag mit deinem Verein aus (AHV, Versicherung, Lohn)? Lass deinen Vertrag vor der Unterzeichnung von einer neutralen Fachperson (Jurist) überprüfen. Wie sieht dein Alltag neben dem Training aus? Hast du die Möglichkeit, Sprach- oder Weiterbildungskurse zu besuchen? Junge Sportler sind mit den Trainings als Profi zu wenig ausgefüllt. Sie brauchen einen strukturierten Alltag und geistige Herausforderungen für eine positive Persönlichkeitsentwicklung. Macht es eventuell Sinn, ein Ausbildungskonto für eine spätere Ausbildung zu eröffnen, damit du einen Teil deines Lohnes für eine spätere Grundbildung auf die Seite legen kannst? 17
18 Berufswahl und Karriereplanung Jungprofi ohne Ausbildungsabschluss Vier mögliche Wege zu einem anerkannten Berufsabschluss nach der Profilaufbahn: a) Du absolvierst eine reguläre Lehre in einem Lehrbetrieb oder auf schulischem Wege in einer Handelsschule und erlangst das eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ). b) Du bereitest dich selbstständig oder in Kursen auf die Lehrabschlussprüfung vor und erlangst das EFZ, ohne eine Lehre zu absolvieren (Nach Artikel 32 BBV). Vorausgesetzt werden 5 Jahre Berufserfahrung. Die Zeit als Profisportler wird dir in der Regel angerechnet (Arbeitsvertrag!), meistens muss auch Arbeitserfahrung im angestrebten Beruf nachgewiesen werden (siehe entsprechende Bildungsverordnung). c) «Validierung von Bildungsleistungen» will heissen: Du belegst in einem Dossier deine bereits erworbenen Kompetenzen im angestrebten Beruf. Experten prüfen das Dossier und legen fest, welche Kompetenzen im Hinblick auf das EFZ angerechnet werden können. Fehlende Ausbildungsteile holst du nach und erhältst dann das EFZ. 5 Jahre Erwerbstätigkeit und Berufserfahrung musst du nachweisen. (Vorerst ist dieses Verfahren nur in wenigen Berufen möglich.) Wichtig zu wissen! Als Profisportler solltest du deine Arbeitszeugnisse und -bestätigungen sowie deine Arbeitsverträge gut aufbewahren, damit dir später beim Nachholen eines Berufsabschlusses deine Berufserfahrung z. B. als Fussball- oder Eishockeyprofi angerechnet wird! Der Arbeitsvertrag ist schriftlich abzuschliessen. Falls du minder jährig bist, darf der Vertrag nicht länger als drei Jahre dauern. Zudem ist er auch von deinen Eltern zu unterzeichnen. Einen Mustervertrag für die Schweiz findest du unter Du kannst während deiner Profijahre Weiterbildungskurse besuchen, die dir bei einer späteren Berufsausbildung angerechnet werden. Beispiel: Inhaber von Sprachdiplomen (wie z. B. BEC, First Certificate, Delf etc.) und Informatikdiplomen (z. B. ECDL) werden bei einer späteren Ausbildung zum Kaufmann in diesen Fächern vom Unterricht dispensiert und ganz oder teilweise an der Lehrabschlussprüfung befreit. Bewahre alle Kursbestätigungen und -zertifikate sorgfältig auf! d) Für einzelne Weiterbildungen wie z. B. für Fitnessinstruktor/BP, Trainer Leistungssport/BP, Logistikfachmann/BP, Technischer Kaufmann BP... kannst du dich direkt auf die eidgenössische Berufsprüfung (BP) vorbereiten, ohne zuerst eine Grundbildung (Lehre) durchlaufen zu müssen, es wird jedoch einige Jahre Arbeitserfahrung im entsprechenden Arbeitsfeld vorausgesetzt. 18
19 Berufswahl und Karriereplanung Weiterbildungen und Studium Patrick ist ein talentierter Eishockeyspieler. Vor Kurzem hat er seine KV-Lehre erfolgreich abgeschlossen und dazu noch ein attraktives Angebot vom Eishockeyclub Rapperswil erhalten. Für ihn ist klar: So zielstrebig wie er seine Sportkarriere verfolgt, so zielstrebig soll es in seiner beruflichen Laufbahn weitergehen. Nur Stress und Überforderung, das will der junge Senkrechtstarter nicht mehr. Nach einer sorgfältigen Karriereplanung soll es für ihn in Modulen weitergehen. In Zürich will er die berufsbegleitende Berufsmittelschule II absolvieren. Diese Ausbildung wird ihn rund 30 Prozent belasten. Die restliche Zeit bleibt ihm fürs Eishockey. Nach Abschluss der Berufsmittelschule stehen Patrick die Türen für ein späteres Betriebswirtschaftsstudium offen. Nach dem Abschluss der Ausbildung wie Lehre oder Mittel schule beginnt in den meisten Fällen die eigentliche berufliche Kar riere. Der Schlüssel zur erfolgreichen Laufbahn heisst dabei ständige Weiterbildung. Wer einmal die Grundausbildung geschafft hat, der kann die Weiterbildung seiner Spitzensportkarriere anpassen. Es gibt eine Fülle von Weiterbildungsmöglichkeiten, die mehr oder weniger Zeit be anspruchen und teilweise flexibel sind. Angefangen beim Sprachkurs über E-Learning, Informatikweiterbildung in Modulen, Fernkurse oder Vorbereitungskurse, die mit einem eidgenössischen Diplom abschliessen, bis hin zu intensiveren Ausbildungen an Hoch- und Fachhochschulen. Wer sich informiert, sollte dabei bedenken, dass für Spitzensportlerinnen und -sportler nicht immer das gilt, was auf dem Papier steht. Einige Schulen sind bereit, Athleten Sonderlösungen anzubieten. Vor allem Ausbildungen, die in Modulen absolviert werden, kommen ihrem angespannten Zeitmanagement entgegen. Nicht jede Schule ist gleich offen, und nicht jedes Schulsystem eignet sich für eine Studiumsverlängerung. Bei der beruflichen Weiterbildung gilt: Vieles ist möglich, es braucht jedoch Information, Beratung, Planung und Kommunikation. TIPPS Überlege folgende Punkte: Bist du schon bereit für eine weitere Ausbildung oder brauchst du noch eine Verschnaufpause? Willst du dich eine Zeit lang nur auf deine Sportkarriere konzentrieren? Hast du einen Zeitplan erstellt und weisst du, wie viel Zeit deine Ausbildung in Anspruch nehmen darf? Ist dir klar, wo du dich in den nächsten paar Jahren aufhalten wirst? Bist du vielleicht im Ausland? Hast du dich im Berufsinformationszentrum schon über die möglichen Ausbildungswege orientiert? Kennst du die Beratungsstellen, an die du dich wenden kannst, wenn es darum geht, Studium und Spitzensport miteinander zu koordinieren? Finanzierung: Hast du die Kosten für die weitere Ausbildung zusammengestellt? R. Varadi 19
20 Berufswahl und Karriereplanung Weiterbildungen und Studium Geeignete Weiterbildungen Flexibel studieren nach Modell F Berufsmittelschule/Berufsmaturität (BMS II) Für Athletinnen und Athleten, die eine anspruchsvolle berufliche Grundbildung absolvieren, empfiehlt sich zumeist die BMS II, die nach der Lehre absolviert werden kann, damit Schule, Ausbildung und Sport nicht zu viel werden. Die Berufsmaturität ermöglicht den in der Regel prüfungsfreien Eintritt an eine Fachhochschule. Seit März 2004 kann man mit einer Berufsmaturität und einer ein- bis anderthalbjährigen Prüfungsvorbereitung (Passerelleprogramm) an einer Schweizer Universität oder der ETH studieren. Zahlreiche Bildungsinstitutionen im Bereich höhere Berufsbildung, höhere Fachschulen und Fachhochschulen bieten Studiengänge nach Modell F (= flexibel) an. Leistungssportlerinnen und -sportler können an solchen Institutionen das Lerntempo selber bestimmen, Training und Wettkampf mit dem Studium koordinieren und mit anerkannten Diplomen abschliessen. Informationen zu den Bildungsangeboten nach Modell F findest du unter Eidgenössische Matur für Erwachsene Um die eidgenössische Matura nachzuholen, eignet sich für Sportler ein Teilzeit- oder Fernlehrgang, der sowohl von öffentlichen als auch privaten Institutionen angeboten wird. Beim berufsbegleitenden Lehrgang wird der Spitzensport von den Schulen teilweise als Berufstätigkeit angerechnet. Berufsprüfungen und höhere Fachprüfungen Wer über die entsprechende Berufserfahrung verfügt, kann sich mit einem Vorbereitungskurs auf die Berufsprüfung oder höhere Fachprüfung, etwa in Marketing, Public Relations oder als Verkaufskoordinator, vorbereiten. Werden diese Ausbildungen in Modulen angeboten, können sie individuell der Sportkarriere angepasst werden. Fachhochschulen und höhere Fachschulen Fachhochschulen wie beispielsweise die Hochschule für Sport in Magglingen und höhere Fachschulen sind oftmals sportfreundlich eingestellt. Die Ausbildungen können nach einem Gespräch mit der Schulleitung häufig individuell verlängert und angepasst werden. Es lohnt sich, dies abzuklären und es ansonsten anderswo zu versuchen. Schulen, die auf Modulsystem umgestellt haben, eignen sich eher für Spitzensportlerinnen und -sportler. Hochschulen (Universitäten/ETH) Den Spitzenathletinnen und -athleten stehen an den Universitäten oder an der ETH Koordinatoren zur Verfügung, die mit ihnen Sport und Studium koordinieren und nach geeigneten Lösungen suchen. Nicht jede Studienrichtung eignet sich dazu gleich gut. Nicht jede Universität, jeder Professor kommt den Spitzensportlern gleichermassen entgegen. Es lohnt sich, nicht gleich aufzugeben, und falls sich keine Lösung findet, es an einer anderen Hochschule zu versuchen. Die Adressen der Koordinatoren an den Hochschulen findest du unter > Ausbildung/Schule > Schulangebote > Studium Fernstudium Der ehemalige deutsche Fussball-Nationalspieler Oliver Bierhoff, während vieler Jahre Fussballprofi in der italienischen Serie A bei Udinese und der AC Milan, hat sein Studium in Wirtschaftswissenschaft an der Fernuniversität Hagen abgeschlossen. Seine Klausuren hat er überall auf der Welt geschrieben. Einmal stand er im Goethe-Institut in Rom unter Stress, ein anderes Mal im Konsulat in Monaco. Pech, wenn gerade ein Auswärtsspiel irgendwo anders auf der Welt auf dem Terminplan stand. Dann musste er die Klausur auf das nächste Semester verschieben. Fernfachhochschule Die Fernfachhochschule Schweiz bietet in Zürich, Basel, Bern und Brig Diplom- und Nachdiplomstudiengänge in Wirtschaft, Informatik und Engineering im Fernstudium an. Pro Woche beträgt der zeitliche Aufwand für das Studium rund zwölf Stunden. Weitere Infos unter: Fernuniversität Die Schweizer Fernuni ist eine gute Alternative zu Hochschulen, wenn grössere Flexibilität und Unabhängigkeit nötig sind, etwa bei einem Trainingsaufenthalt im Ausland. Sie bietet diverse Studienrichtungen, Nachdiplomstudien oder Kurse mit anerkannten Abschlüssen an. In Sierre ist der Sitz für die französischsprachigen Studiengänge. Weitere Infos unter: Überblick über die Weiterbildungen Wer sich im Dschungel der Weiterbildungen einen Überblick verschaffen möchte, findet unter die Weiterbildungsdatenbank der Schweiz mit Kursen und Lehr gängen. informiert dich über Aus- und Weiterbildungen. 20
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