Wie Vorstellungskraft und Technologie eine Kunstform revolutionieren

Größe: px

Ab Seite anzeigen:

Download "Wie Vorstellungskraft und Technologie eine Kunstform revolutionieren"

Cathrin Schreiber
vor 6 Jahren
Abrufe

1 Wie Vorstellungskraft und Technologie eine Kunstform revolutionieren

2 Comics neu erfinden von Scott McCloud Leseprobe Auszug Seite 5-13 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2001 ORIGINALAUSGABE Copyright 2000 by Scott McCloud Diese Leseprobe darf nur im Internet-Auftritt des CARLSEN Verlags verwendet werden.

COMICS RICHTIG LESEN A L L E T H E M E N U N D T H E S E N AUF 3 SEITEN ZUSAMMENGEFASST Das Medium, das wir Comics nennen, basiert auf einer einfachen Idee: Eine Folge von Bildern zeigt einen Ablauf

3 COMICS RICHTIG LESEN A L L E T H E M E N U N D T H E S E N AUF 3 SEITEN ZUSAMMENGEFASST Das Medium, das wir Comics nennen, basiert auf einer einfachen Idee: Eine Folge von Bildern zeigt einen Ablauf in der Zeit. Fertig? Tick - Tick - Tick Die Möglichkeiten, die diese Idee eröffnet, sind unbegrenzt... leider machen die meisten Comicautoren davon nur beschränkten Gebrauch. Um Comics zu verstehen, müssen wir die Form von ihren Inhalten trennen und die Idee im kulturhistorischen Zusammenhang sehen. Dann begreifen wir wie unzulänglich die Mittel sind, derer wir uns heute bedienen. Comics sind eine Sprache. Ihr Vokabular besteht aus visuellen Symbolen ihr Stil reicht von der Karikatur bis zum grafischen Realismus. Das Geheimnis der Comics liegt in den Bildzwischenräumen wo die Fantasie angeregt wird, statische Bilder zum Leben zu erwecken! 5

4 Das ist ein Vorgang, den man verallgemeinern, schematisieren und sogar statistisch erfassen kann. Aber wo die geistigen Bilder herrühren, die uns zwischen den Panels erscheinen, bleibt dennoch ein Geheimnis. In der Bildfolge ersetzen Comics zeitliches Nacheinander durch ein räumliches Nebeneinander. Wie sich Raum und Zeit miteinander verbinden, wie die Zeit durch den Comic fließt das kann der Comicautor auf ganz unterschiedliche Weisen gestalten. Auch wenn sich die statischen Bilder nur an einen Wahrnehmungssinn richten sprechen Comics doch alle Sinne gleichermaßen an. Wo Comicautoren verstehen, dass auch Linien ästhetische Mittel sind bringen sie sogar die unsichtbare Welt der Gefühle ins Bild. Die einfachsten Linien können im Comic die Kraft von Symbolen gewinnen im Gegen- und Miteinander mit anderen Symbolen, die viel jünger sind als die Bilder. WORTE 6

Nach vieltausendjähriger Trennung werden Bilder und Worte...... wieder in einer eigenen Kunstform vereint. Wie alle anderen Medien sind auch Comics bloß eine einfache Idee.

5 Nach vieltausendjähriger Trennung werden Bilder und Worte wieder in einer eigenen Kunstform vereint. Wie alle anderen Medien sind auch Comics bloß eine einfache Idee die nach vielschichtigen Anwendungen sucht auch wenn die meisten Leser immer noch glauben, dass der Comic keine Kunst ist. Ein Vorurteil, das viele Autoren zu überwinden versuchen (auch wenn andere es gerne bedienen). Comics sind ein lebendiges Medium, denn sie bieten eine der letzten Möglichkeiten der unmittelbaren Verständigung in einer Welt, die von gleichgeschalteter Unterhaltung durch Konzerne und Medienmonopole beherrscht wird. Comics eröffnen ihren Autoren eine enorme Gestaltungsfreiheit und eine einmalige, intime Nähe zu ihren Lesern. Groß und aufregend ist ihr künstlerisches Potenzial und dennoch entstellt und missbraucht, dass es zum Heulen ist. 7

7 COMICS NEU ERFINDEN

8 EINLEITUNG Die zwölf Revolutionen Hallo, ich bin Scott McCloud. Ich bin Comiczeichner. Und das schon seit fünfzehn Jahren. Ich bin einer der wenigen Glücklichen, die zeit ihrer Karriere gut davon leben konnten. Aber das Leben wird schwieriger, denn den Comics geht es nicht sehr gut. Zumindest, wenn man es von der geschäftlichen Seite betrachtet. 10

Kann sein, dass das nur ein vorübergehendes Tief ist oder aber auch etwas Ernstes, das lange dauert. Ich weiß nur, dass ich Comics liebe. Sie sind meine ganze Leidenschaft.

9 Kann sein, dass das nur ein vorübergehendes Tief ist oder aber auch etwas Ernstes, das lange dauert. Ich weiß nur, dass ich Comics liebe. Sie sind meine ganze Leidenschaft. Ihr könnt mich einen Puristen nennen. Ich liebe Comics, weil sie eine einzigartige Kunstform sind. Ich zeichne keine Comics, weil ich ins Fernsehen oder nach Hollywood möchte. Action-Figuren oder Trading Cards interessieren mich nicht im Geringsten. Ich verwahre meine Comics nicht in luftdichten Hüllen. Und ich interessiere mich nicht ausschließlich für ein einziges Genre... weder für Superhelden, Außerirdische oder lustige Tiere. Alles, was ich will, ist, dass Comics als Comics ihren ganzen Reichtum entfalten... und dass auch ich mich dabei entwickle. 11

Schon als Kind fand ich die Zukunft der Comics viel spannender als ihre Gegenwart oder ihre Geschichte. Natürlich las ich damals nur Mainstream.

10 Schon als Kind fand ich die Zukunft der Comics viel spannender als ihre Gegenwart oder ihre Geschichte. Natürlich las ich damals nur Mainstream... aber am besten gefielen mir die Zeichner mit den seltsamen, eher ungewöhnlichen Zeichenstilen. Eine Zeit lang las ich am liebsten Superhelden- Geschichten dann entdeckte ich die Erwachsenen- Comics aus Europa und schließlich die künstlerischen Visionen der frühen Comic-Pioniere. Heute hole ich mir meine Inspirationen aus allen Ecken der Comic-Welt. Aber keine dieser Visionen schöpft das Potenzial der Comics ganz aus. Sie alle sind bloß Fragmente aus einem großen Ganzen. Als ich Anfang der 80er als Zeichner zu arbeiten anfing, glaubten wir, dass der Comic bald zu sich selbst kommen würde, weil er in Amerika einen ungeahnten Aufschwung erlebte. Panel 2: Warlock von Jim Starlin. Panels 3-6: Der Hulk, gezeichnet von Jim Steranko (Text von Stan Lee), The Long Tomorrow von Dan O Bannon und Moebius, The Spirit von Will Eisner, Gegege no Kitaro von Shigeru Mizuki. 12

Die Branche hatte begonnen, sich neu zu organisieren. Und zwar mit einer schnell wachsenden Anzahl spezieller Comicbuchläden und einem vielfältigen Repertoire.

11 Die Branche hatte begonnen, sich neu zu organisieren. Und zwar mit einer schnell wachsenden Anzahl spezieller Comicbuchläden und einem vielfältigen Repertoire. Dank einiger ebenso anspruchsvoller wie populärer Mainstream-Serien begann eine größere Öffentlichkeit sich für das Medium zu interessieren. Die Rückkehr des schwarzen Ritters von Frank Miller Watchmen von Alan Moore und Dave Gibbons Teenage Mutant Ninja Turtles von Kevin Eastman und Peter Laird Die Bedeutung von Selbstverlegern und Künstlern wuchs, die unabhängig von etablierten Verlagen arbeiten wollten. Viele nutzten die neue Freiheit nur, um alte Genres zu variieren... T-Shirt meiner eigenen Superhelden-Serie Zot!... einige aber schufen Werke, die man wirklich unabhängig nennen kann. Sie zeigten in ihren Comics erstmals Bilder aus der wirklichen Welt. Maus von Art Spiegelman Love and Rockets von Los Bros Hernandez Eightball von Daniel Clowes Megaton Man von Don Simpson Tales of the Beanworld von Larry Marder American Splendor von Harvey Pekar Yummy Fur von Chester Brown Jede Künstlergeneration hält ihre frühen Jahre für eine großartige Zeit. Aber das Jahrzehnt von 1984 bis 1994, mein erstes Jahrzehnt als Comicautor, war wirklich außergewöhnlich. Höhere Auflagen. Bessere Comics. Aufgeklärtere Leser. Wir hofften, nun ginge es richtig aufwärts mit der Entwicklung des Mediums. Aber wir standen schon auf dem Gipfel. Und der Sturz, der dann folgte, war tief. 13

12 Hier endet die Leseprobe. Mehr Leseproben finden Sie auf CARLSEN COMICS NEWS Aktuelle Infos abonnieren unter

Ähnliche Dokumente

Vom Autor von»comics richtig lesen«und»comics neu erfinden« SCOTT McCLOUD COMICS MACHEN. Alles über Comics, Manga und Graphic Novels

Vom Autor von»comics richtig lesen«und»comics neu erfinden«scott McCLOUD COMICS MACHEN Alles über Comics, Manga und Graphic Novels Comics machen von Scott McCloud Leseprobe Auszug Seite 7-15 Carlsen Verlag