Dechant Stefan Buß, Fulda Katholische Morgenfeier in hr2 kultur am 01. Januar 2017 Musikalische Gestaltung: Regionalkantor Ulrich Moormann, Fulda

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1 Dechant Stefan Buß, Fulda Katholische Morgenfeier in hr2 kultur am 01. Januar 2017 Musikalische Gestaltung: Regionalkantor Ulrich Moormann, Fulda Am heutigen ersten Tag des Neuen Jahres 2017 wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein gutes, gesundes und vor allem gesegnetes neues Jahr! Viele Menschen beginnen dieses neue Jahr mit vielen Hoffnungen, aber auch bangen Fragen. Was wird es uns bringen - das neue Jahr? Was werden wir für Weltereignisse erleben? Welche Katastrophen werden wir in dieser Welt aushalten müssen? Werden wir den Frieden in Europa halten? Wie geht es weiter in den Krisengebieten der Erde? Und was passiert angesichts der großen Flüchtlingsströme in der Welt? Welche persönlichen Erlebnisse in der Familie, Krankheit oder Tod oder ähnliches werden den Alltag bestimmen. Dazu kommt die Ungewissheit, in welche Zukunft unser Leben läuft. Werden wir im Alter abgesichert sein? Wer wird uns pflegen, wenn es nicht mehr alleine geht? Werde ich morgen noch einen Arbeitsplatz haben? Also viele Sorgen und Ängste - aber auch Hoffnungen und gute Aussichten! Am Neujahrestag sagen wir uns einander Grüße und Versprechen, Wünsche und Segnungen für Mitmenschen, für die Nachbarn und manchmal auch spontan für Besucher und Fremde. Zu Beginn des neuen Jahres haben viele wir auch Vorsätze, (und) wollen (oft) das eine oder andere künftig bekämpfen und Besserung bekunden. Sie kennen das alle aus Ihrem eigenen Leben! Die lieben, vielen Vorsätze. Manchmal klappt es mit der Einlösung von Versprechen und guten Vorsätzen, oft war es einer von vielen Versuchen z. B. endlich mit dem Rauchen aufzuhören --- oder die Woche über keinen Alkohol mehr zu trinken --- oder die Pralinen im Schrank zu lassen --- Jeder weiß eigentlich über seine eigenen Fehler und Laster Bescheid. Manchmal müssen wir es von anderen gesagt bekommen, aber die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Lebensweise - die kennt man ziemlich gut. Der Mensch kann also, wenn er will, eine ganze Menge erreichen! Wie wir es hin und her wendet, es bleibt Unbehagen bei all den Vorsätzen.

2 Und es bleiben einfach Fragen über Fragen am Beginn eines Neuen Jahres. Für mich vor allem diese hier: Was kann uns Hilfe sein? Was nimmt uns die Angst? Musik 1 Edvard Grieg, Peer Gynt Suite Nr. 1 op Morgenstimmung, Dauer: 1 14 Bei der Frage danach, wer oder was die Angst vor der ungewissen Zukunft des neuen Jahres nehmen kann vielleicht kann da eine griechische Sage helfen: Der griechischen Sage nach herrscht auf Kreta der als gerecht und weise bekannte König Minos. Der Meeresgott Poseidon sendet ihm als Zeichen seiner Königswürde einen Stier, den er aber nicht, wie versprochen, opfert. Durch die göttliche Rache verliebt sich Minos' Gemahlin Pasiphae in den Stier. Aus dieser Verbindung gebiert sie den Minotaurus, ein Ungeheuer mit Menschengestalt und Stierkopf. Minos sperrt den gefährlichen Minotaurus in das von Dädalus gebaute Labyrinth ein. Fortan muss er ihm alle neun Jahre sieben Jungfrauen und sieben Jünglinge zum Fraß vorwerfen, die das Ungeheuer als Tribut von den Athenern fordert. Von dieser Pflicht befreit der attische Königssohn Theseus das Volk: Mithilfe eines Garnknäuels, das er von Minos' Tochter Ariadne erhält, findet er den Minotaurus in seinem Labyrinth, besiegt ihn und findet aus dem Labyrinth zurück ans Tageslicht (wobei man noch einmal prüfen müsste, ob das Labyrinth wirklich "im Dunklen "lag, wie ich das jetzt so in Erinnerung habe... Als nämlich Theseus in Kreta ankam, verliebt sich Ariadne, die Tochter des Minos, sogleich in ihn. Ihr vertraut er an, dass er den Minotaurus töten wolle. Ariadne verspricht ihm zu helfen, wenn er sie als seine Frau mit nach Athen nähme. Sie gab ihm eine Rolle Roten Garn und dazu ein Schwert, mit dem er den Minotaurus besiegen könne. Theseus befestigt das Garn am Eingang und spult es auf dem Weg zum Minotaurus ab. So findet er schließlich durch das Labyrinth zum Minotaurus, bezwingt ihn mithilfe des Schwertes und kannte durch den abgewickelten Faden auch wieder aus dem Irrgarten herausfinden So befreite Theseus Athen von seiner Tributpflicht gegenüber König Minos. Der rote Faden hat ihn in die Freiheit zurück gebracht und ihm das Leben gerettet.

3 Wie ein Labyrinth aus dem es kaum ein Entkommen gibt, so kommt vielen Menschen auch die Zukunft des Neuen Jahres vor. Voller Gänge und Räume in denen man sich nicht auskennt, in denen man sich verlaufen und verlieren kann. Deshalb haben viele Menschen Angst vor dem neuen Jahr. Die Zukunft als Schreckgespenst muss nicht in dem stecken, was da kommt. Dieses Schreckgespenst kann im Menschen selbst stecken. Fragen beschäftigen die Menschen unserer Tage: Werden wir gesund bleiben? Bleibt der Friede erhalten? Werden wir Heil aus diesem Neuen Jahr herauskommen? Ich habe sie eingangs aufgeworfen. Wer ist schon vor dem einen oder anderen Minothauros gefeit? Gefahren können überall lauern. Musik 2 Serge Prokofiev, Symphonie classique op. 25 (3) Gavotta. Non troppo allegro, Dauer 1 44 Angst vor der Zukunft - zum Glück gibt es die Idee mit dem roten Faden. Nicht nur in der griechischen Sage. Auch wir Menschen unserer Tage können eine Art Wollknäuel mit in das Labyrinth des Lebens hineinnehmen. Diese Richtschnur, diesen Leitfaden erhalten wir Menschen der Gegenwart nicht von der Königstochter Ariadne die ist nur eine Erfindung der griechischen Sagenwelt. Für uns Christen gibt es nur eine Richtschnur und das ist Jesus Christus. Er gibt sie uns in seinem Wort. Die Menschen können dieses Wort Gottes in den Gottesdiensten in unseren Kirchen hören und in der Bibel lesen. Mit diesem Glauben im Herzen kann der Mensch auch unserer Tage getrost in eine ungewisse Zukunft gehen. Das Wort Gottes ist dem Menschen eine Orientierungshilfe. Am ersten Tag des Jahres wird uns ein alter biblischer Segen als roter Faden gegeben: Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende dir sein Angesicht zu und schenke dir Heil und Frieden. In Schillers Gedicht Die Glocke heißt es später Doch der Segen kommt von oben Der Segen kommt also von Gott. Segnen ist mehr als nur Worte sprechen und eine Segensgeste dazu machen. Segnen ist wirkmächtiges Reden. Es bewirkt, was es aussagt.

4 Das lateinische Wort für Segnen drückt es aus: Segnen, im Lateinischen benedicere, heißt wörtlich übersetzt Gutes reden, Gutes herbei reden. In den drei Versen des Alten Testaments ist bereits ausgedrückt, was von Gott her gut geredet wird. Immer ist zunächst Gottes Handeln ausgesagt und dann dessen Wirkung. Schauen wir uns die Verse einmal genauer an: Der erste Vers: 1. Der Herr segne dich und behüte dich. Zuerst steht der Segen von Gott, der Schutz bewirkt. So wie ein Hut vor Sonne oder Kälte, vor Nässe oder Wind schützt, so schützt Gottes segnende Macht den Menschen in den Wirren des Lebens. Vermutlich kennen viele von Menschen (?) die bodenlose Angst, nicht bestehen zu können, nichts wert zu sein, dem Leben und dem was an Negativen kommen kann, schutzlos ausgeliefert zu sein. Gottes Segen bewirkt, dass der Mensch nicht schutzlos ist, sondern getrost und behütet seinen Weg gehen kann. Der zweite Vers: 2. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Gott soll sein Angesicht leuchten lassen wie die Sonne oder wie der Mond. Ein leuchtendes Antlitz ist ein freundliches Gesicht, eines, das es gut meint. Ich glaube, alle wissen, wie wichtig es schon für ganz kleine Kinder ist, dass freundliche Gesichter über ihrem Bettchen auftauchen oder in den Kinderwagen lachen. Aber es gilt nicht nur für kleine Kinder. Wer in das Gesicht eines Mitmenschen sieht, das von einem Lächeln erleuchtet wird, wird selbst froh. Umso mehr ist Gottes leuchtendes Gesicht für unser Leben wichtig. Gottes Gesicht können wir Christen uns vorstellen in Jesus Christus. Er ist Gottes Gesicht für uns Menschen, das Gesicht, das Gott uns hat aufleuchten lassen. Jesus hat der Liebe Gottes auf der Erde ein konkretes Gesicht gegeben. Er ist gut zu mir, obwohl ich weiß, dass ich es nicht verdient habe. Ich muss es mir nicht verdienen, es ist gratis, dem Menschen geschenkt.

5 Der dritte Vers: 3. Der Herr wende dir sein Angesicht zu und schenke dir Heil und Frieden. Am Ende steht die konkrete, sozusagen menschliche Zuwendung Gottes. Er kommt noch näher, nicht nur sein Gesicht lässt er leuchten über dem Menschen, sondern Gott wendet sein Gesicht zu. Genau das dürfen Christen in der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus in diesen Tagen besonders feiern. Jesus schenkt Wohlergehen, Heil oder Frieden, je nachdem, wie man das hebräische Wort Schalom, das im Originaltext steht, übersetzen will. Schalom ist die Fülle des Guten. Das, was Menschen zutiefst brauchen, nämlich Schutz, Gnade, Barmherzigkeit, Frieden und Heil im umfassenden Sinn, das können sie nicht machen, sondern nur erbitten. Schon und besonders Kinder haben ein Gespür für Segen. Wie wichtig ist schon ganz Kleinen der Segen der Eltern abends vor dem Einschlafen oder wenn es in den Kindergarten geht. Wie viele ergriffene Geschichten habe ich gesehen, wenn ich bei Einschulungsgottesdiensten die Kinder gesegnet habe. Auch Jugendliche brauchen die Zusage, dass es Gott gut mit ihnen meint. In wieviel bewegte Gesichter von Paaren, die am Valentinstag den Segen für ihre Beziehung erbeten haben, habe ich schon blicken dürfen. Die Zusage einer Kraft, die außerhalb des Menschen liegt, die ihn von außen stützt, bewirkt durchaus großes in unserer Zeit. Der alte Segen der Bibel aus dem heutigen Lesungstext am ersten Tag des Jahres wird seit vielen hundert Jahren im Judentum und Christentum immer wieder zugesprochen in schönen und schweren Zeiten. Er kündet von der bleibenden Zuwendung Gottes zu den Menschen. Er kündet davon, dass Gott immer wieder das zutiefst Lebensnotwendige gibt. Musik 3 Wolfgang Amadeus Mozart, Symphonie Nr. 32 G-dur (Ouvertüre) KV 318 (3) Primo tempo, Dauer: 1 52

6 Gerade auch zu Beginn eines neuen Jahres brauchen die Menschen Gottes Segen, weil sie wissen, wie brüchig alle Sicherheit sein kann: Gesundheit, Beziehungen, Familien, Arbeitsstellen, Friede mit sich und anderen, finanzielle Sicherheit, Trotz aller Unsicherheit können Menschen getrost und voll Vertrauen in dieses neue Jahr gehen, denn Einer geht mit und gibt den roten Faden durch seinen Segen. Jeder Mensch kann den roten Faden mit in das neue Jahr hineinnehmen. Gottes Wort und sein Segen wollen auch uns Orientierung und Lebenshilfe sein. Auch der Mensch darf sich daran erinnern, dass Jesus Christus sozusagen der Theseus ist, der längst schon den Minotauros Leid und Tod im menschlichen Leben besiegt hat. Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende dir sein Angesicht zu und schenke dir Heil und Frieden. Ich wünsche Ihnen allen noch einmal ein gutes neues Jahr unter dem Segen Gottes und dass sie stets den roten Faden durch das Leben finden, an dem Sie sich orientieren können. Musik 4 Oh Herr, steh uns bei, Dauer 4 38