Mehr Unterstützung für junge Missbrauchsopfer

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1 Mehr Unterstützung für junge Missbrauchsopfer Pressegespräch zum Kinderklinik-Vertrag Datteln, 4. August 2014 Teilnehmer: Andreas Wachtel Geschäftsführer, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln Dr. Rolf-Ulrich Schlenker Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes, Dr. Tanja Brüning Verantwortliche Ärztin, Medizinische Kinderschutzambulanz, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln

2 Pressemitteilung Datteln, 4. August 2014 Mehr Unterstützung für junge Missbrauchsopfer Bundesweit erster Vertrag zwischen Krankenkasse und Kinderklinik sorgt für eine lückenlose Versorgung bei Kindeswohlgefährdung Jedes Jahr werden in Deutschland offiziellen Zahlen zufolge fast Schutzbefohlene misshandelt und rund Kinder sexuell missbraucht. Jeden Tag werden allein fast 40 Kinder Opfer sexuellen Missbrauchs. In der Realität sind weit mehr Kinder betroffen, als die Polizeiliche Kriminalstatistik 2013 belegt. Die Langzeitfolgen dieser Traumaerfahrungen reichen von körperlichen Beschwerden über psychische Erkrankungen bis hin zu sozialem Rückzug. Um diesen vorzubeugen, sind frühzeitige und kontinuierliche Hilfen notwendig. Als erste gesetzliche Krankenkasse hat die daher einen Vertrag mit der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln geschlossen, der langfristig die optimale Versorgung der Betroffenen ermöglicht. Mit dieser Vereinbarung wollen wir ein Zeichen setzen, um den jungen Missbrauchsopfern eine umfangreiche und individuelle Zuwendung gewährleisten. Und der Gesetzgeber muss handeln, um die beim Kinderschutz bestehende Versorgungs- und Finanzierungslücke zu schließen, sagt Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der. Vertrag finanziert bislang unvergütete Versorgungselemente Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen müssen Anzeichen von Missbrauch rechtzeitig erkannt und für das Einleiten rechtlicher Schritte dokumentiert werden. Kinderärzte stehen vor der Herausforderung, verdächtige Verletzungen als solche zu identifizieren. Außer speziellem Fachwissen bedarf es dabei vor allem einer gesicherten Finanzierung, die den deutlich erhöhten Zeit- und Leistungsaufwand abdeckt. Viele Maßnahmen gehören bislang nicht zu den regulären Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Für eine optimale Behandlung der Kinder und den Umgang mit dem Erlebten sind diese unvergüteten Leistungen jedoch elementar. Die Kinder, die uns vorgestellt werden, stehen in der Regel unter hohem Druck. Es ist unsere Aufgabe, uns Zeit für sie zu nehmen, auf sie einzugehen und ihnen durch die Untersuchung Sicherheit zu geben, erklärt Dr. Tanja Brüning, verantwortliche Ärztin der Kinderschutzambulanz, ihre Arbeit. Der Faktor Zeit spielt in der Arbeit der Kinderschutzambulanz eine wesentliche Rolle, sagt Andreas Wachtel, Geschäftsführer der Vestischen Kinder- Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln Unternehmenskommunikation Hannah Iserloh Dr.-Friedrich-Steiner-Str Datteln Tel.: H.Iserloh@vck-gmbh.de Pressestelle NRW Sara Damirchi Mecumstr Düsseldorf Tel.: sara.damirchi@barmer-gek.de

3 und Jugendklinik. Diese Zeit hat bislang aber niemand bezahlt wir nehmen sie uns, weil wir sehen, wie wichtig es ist, dass sich jemand für diese Kinder stark macht. Bislang finanzierte sich die zusätzliche Arbeit der Kinderschutzambulanz aus Spendengeldern. Versicherte der profitieren durch den bundesweit ersten Vertrag von einer finanziell gesicherten Versorgung. Versorgung durch ein speziell geschultes Team In der Medizinischen Kinderschutzambulanz der Klinik kümmert sich ein Team aus speziell geschulten Ärzten, Sozialarbeitern und Pflegenden um die Patienten. Über den Vertrag mit der erhält die Klinik finanzielle Mittel, damit Ärzte in einem auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten zugeschnittenen Umfeld Verletzungen rechtssicher diagnostizieren können. Dazu gehört die ausführliche und sensible Untersuchung von Kindern mit beispielsweise Blutergüssen, Verbrennungen, Verbrühungen, frischen oder alten Knochenbrüchen. Dies ist besonders wichtig, um zum einen Anhaltspunkte von Kindeswohlgefährdung oder -missbrauch überhaupt identifizieren zu können. Zum anderen ist im Verdachtsfall eine detaillierte Dokumentation aller Befunde zwingend, um schnell Schutzmaßnahmen zu veranlassen. Häufig werden damit nicht nur die Patienten, sondern auch ihre Geschwister geschützt. Die Medizinische Kinderschutzambulanz arbeitet daher eng mit Jugendämtern und der Polizei zusammen. Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln Unternehmenskommunikation Hannah Iserloh Dr.-Friedrich-Steiner-Str Datteln Tel.: H.Iserloh@vck-gmbh.de Setzen sich mit dem bundesweit ersten Vertrag gemeinsam für eine lückenlose Versorgung bei Kindeswohlgefährdung ein (v.l.n.r.): Klaus Moldenhauer (Mitglied des erweiterten Präsidiums des Verwaltungsrates der ), Andreas Wachtel (Geschäftsführer der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln), Dr. Tanja Brüning (Verantwortliche Ärztin der Medizinischen Kinderschutzambulanz) und Dr. Rolf-Ulrich Schlenker (Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der ). Pressestelle NRW Sara Damirchi Mecumstr Düsseldorf Tel.: sara.damirchi@barmer-gek.de

4 Über die Vestische Kinder- und Jugendklinik Die Medizinische Kinderschutzambulanz an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik ist die einzige Einrichtung ihrer Art, an der eine Ärztin sich ausschließlich den Themen Kinderschutz und Kindergynäkologie widmet. Seit die Ambulanz im Jahr 2011 ihre Arbeit aufnahm, hat sich die Zahl der dort vorgestellten Kinder und Jugendlichen von anfangs 124 auf inzwischen rund 450 mehr als verdreifacht. Die Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln ist mit 251 Betten die drittgrößte Kinderklinik Deutschlands. Jährlich werden hier über Patienten stationär und rund Patienten ambulant versorgt. Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln Unternehmenskommunikation Hannah Iserloh Dr.-Friedrich-Steiner-Str Datteln Tel.: H.Iserloh@vck-gmbh.de Pressestelle NRW Sara Damirchi Mecumstr Düsseldorf Tel.: sara.damirchi@barmer-gek.de

5 Statement Pressegespräch zum Kinderklinik-Vertrag von Andreas Wachtel Geschäftsführer der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln anlässlich der Pressekonferenz mit der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln am 4. August 2014 in Datteln

6 Die Arbeit der Medizinischen Kinderschutzambulanz finanziert sich bislang fast ausschließlich über Spenden, in erster Linie über eine Förderung der Annelise-Brost-Stiftung aus Essen und über unzählige private Initiativen und Unterstützer. Dass die den Vertrag zur Finanzierung der Leistungen in dieser Ambulanz unterzeichnet hat, ist für uns daher ein sehr wichtiger Schritt auf dem Weg zur Sicherung dieser Arbeit. Wir haben den Umfang der Medizinischen Kinderschutzambulanz in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut und haben gesehen, dass die Patientenzahlen im gleichen Maß gestiegen sind: Jedes Mal, wenn wir den Stellenanteil der Ärztin für den Kinderschutz verdoppelt haben, verdoppelten sich auch die Patientenzahlen. Das zeigt uns, wie groß der Bedarf nach einer qualifizierten Diagnostik und Beratung ist. Kinderschutzarbeit erfordert viel Zeit, weil die Untersuchungen der Kinder ohne Druck ablaufen müssen und es wichtig ist, sich auf die Bedürfnisse der Patienten einzustellen, die ja nicht selten schwere Traumata erlitten haben. Die Abklärung und Versorgung eines Bruchs nach einem Unfall auf dem Spielplatz dauert vielleicht eine Stunde. Ist der Bruch die Folge einer Kindesmisshandlung, wird das Kind am ganzen Körper auf alte Verletzungen untersucht. Es braucht Zeit, um seine Geschichte zu erzählen. Gespräche mit den Eltern und dem Jugendamt sind nötig, wahrscheinlich wird die Sache zur Anzeige gebracht, was weitere Gespräche mit der Polizei und den Behörden mit sich bringt. Und nicht zuletzt ist eine gerichtsfeste Dokumentation aller Abläufe notwendig. All das dauert viele Stunden und erfordert die Einbindung unterschiedlicher Stellen in unserem Haus. Diesen zusätzlichen Aufwand bezahlte bislang niemand. Die BARMER BEK übernimmt mit dem Vertrag gesellschaftliche Verantwortung für Kinder und Jugendliche, die meist mit ihren Problemen viel zu lange alleine waren. Kinder, die Opfer von Misshandlung oder Missbrauch geworden sind, brauchen Menschen und Institutionen, die für ihre Rechte eintreten und sich für sie stark machen, damit sie eine Chance auf eine Kindheit ohne Gewalt und eine Zukunft mit Perspektiven haben. Deshalb dürfen wir uns nicht daran aufreiben, die Kosten hin und her zu schieben, sondern müssen handeln. In der Vergangenheit haben wir uns dieser Aufgabe alleine gestellt. Wir sind froh, dass wir mit der nun eine große Kasse an unserer Seite haben, die Medizinischen Kinderschutz zu ihrer Sache macht!

7 Statement Pressegespräch zum Kinderklinik-Vertrag von Dr. Rolf-Ulrich Schlenker Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der anlässlich der Pressekonferenz mit der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln am 4. August 2014 in Datteln

8 Keine Zeit vergeuden, schnell handeln Liegt ein Verdacht eines Kindesmissbrauchs oder einer Kindesgefährung vor, darf keine Zeit vergeudet werden. Den betroffenen Kindern und Jugendlichen muss umgehend geholfen werden, denn die Langzeitfolgen können verheerend sein. Sie reichen von körperlichen Beschwerden über psychische Erkrankungen bis hin zu sozialem Rückzug. Um dem vorzubeugen, ist eine frühzeitige und kontinuierliche Behandlung geboten. Die BARMER GEK hat daher als erste gesetzliche Krankenkasse einen Vertrag mit der Vestischen Kinderund Jugendklinik in Datteln geschlossen. Er soll langfristig die bestmögliche Versorgung der betroffenen Kinder und Jugendlichen ermöglichen und das auch interdisziplinär. Mit dieser Vereinbarung übernehmen wir die Verantwortung für eine umfassende und individuelle Versorgung von Kindern und Jugendlichen, deren Wohl gefährdet ist oder die einen Missbrauch erlitten haben. Missbrauchsopfer brauchen Beständigkeit in der Versorgung Wir sind dankbar, dass wir als Vertragspartner die anerkannte Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln gewinnen konnten. Die Medizinische Kinderschutzambulanz der Klinik ist einmalig in dieser Region. Hier kümmert sich ein speziell geschultes Team aus Ärzten, Psychologen und Pflegenden um die jungen Patienten. Bislang ist die Station jedoch auf Spenden angewiesen, um diese wichtige Arbeit zu finanzieren. Doch gerade die Beständigkeit der Behandlung ist für die betroffenen Kinder und Jugendlichen besonders wichtig. Der Vertrag ermöglicht es den Ärzten, unter anderem Verletzungen auch älteren Ursprungs ausführlich zu dokumentieren. So können sie etwa Prellungen oder ältere, verheilte Knochenbrüche untersuchen und in die Patientenakte aufnehmen. Dieses Vorgehen ist zeitaufwendig, kann aber entscheidend sein, um ein möglicherweise gefährdetes Kind zu identifizieren. Eltern betroffener Kinder suchen häufig unterschiedliche Krankenhäuser auf, um jeweils dort akute Verletzungen behandeln zu lassen. Damit versuchen sie möglicherweise Verdächtigungen zu umgehen. Ausführliche Dokumentation ist notwendig Eine ausführliche und vor allem rechtssichere Dokumentation aller Befunde ist zwingend notwendig, um rechtzeitig gegenüber den Behörden einen Verdacht äußern zu können und so die betroffenen Kinder und Jugendliche schützen zu können. Vergütet werden die Leistungen der Ärzte in zwei unterschiedlichen Pauschalen. Bislang ist diese Leistung nicht über das ärztliche Vergütungssystem abgedeckt. Wie wichtig eine solche Hilfe für Kinder und Jugendliche sein kann, belegen auch aktuelle Zahlen aus der Kriminalstatistik. Demnach werden jeden Tag in Deutschland fast 40 Kinder

9 Opfer sexueller Misshandlungen. Die Dunkelziffer ist deutlich höher. Je früher Kindeswohlgefährdung beziehungsweise -missbrauch entdeckt wird, desto besser ist die Prognose für die weitere Entwicklung des Kindes. Das schützt nicht nur das betroffene Kind, sondern möglicherweise auch dessen Geschwister. Die ist mit diesem Vertrag Vorreiter. Es wäre wünschenswert, wenn wir damit eine Versorgungsdebatte anstoßen könnten.

10 Statement Pressegespräch zum Kinderklinik-Vertrag von Dr. med. Tanja Brüning Verantwortliche Ärztin der Medizinischen Kinderschutzambulanz anlässlich der Pressekonferenz mit der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln am 4. August 2014 in Datteln

11 Die Kinder kommen aus ganz unterschiedlichen Gründen in die Medizinische Kinderschutzambulanz. Wir sind für alle Kinder zuständig, deren Wohl gefährdet ist - die Altersspanne reicht von Babys gleich nach der Geburt bis hin zum 18. Lebensjahr. Der Wunsch, loyal zur Familie zu sein und die Ungewissheit, was passiert, wenn sie von dem Erlebten berichten, lässt Kinder viel ertragen. Deswegen sind die Geschichten unserer Patienten auch nicht in einer oder zwei Minuten erzählt. Für uns ist es wichtig, dass die Untersuchung im Tempo des Kindes passiert. Gerade Untersuchungen, die die Kinder noch nicht kennen, wie zum Beispiel die Kolposkopie, also die Begutachtung des Genitalbereichs, muss man ihnen in Einzelschritten gut erklären. Meist wird zunächst gemeinsam mit dem Kind ein Stofftier untersucht. Danach können die Kinder sich aussuchen, in welcher Reihenfolge sie selbst untersucht werden wollen. Die Kontrolle über die Situation zu haben und die Erfahrung zu machen, dass bei uns nichts gegen ihren Willen geschieht, ist für die Patienten absolut wichtig. Zu uns kommen Kinder mit Blutergüssen, frischen oder alten Knochenbrüchen oder mit Verbrennungen oder Verbrühungen, die nicht Folge eines Unfalls waren, mit Symptomen wie Unterernährung oder Entwicklungsverzögerungen als Folge mangelnder Fürsorge und Kinder, die Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind. Nicht immer kann die Untersuchung eindeutige Beweise liefern. Gerade sexueller Missbrauch ist schwer nachweisbar, und auch nicht jeder blaue Fleck kann eindeutig als Misshandlung oder Unfall eingeordnet werden. Oft wird dann auch die Rechtsmedizin zur Begutachtung der Befunde hinzugezogen. Unsere Aufgabe ist nicht primär, einen Täter zu überführen, sondern die notwendigen Untersuchungen durchzuführen ohne das Kind dabei unnötig zu belasten. Wir zeigen ihm, dass seine Wunden verheilen und versuchen so, ihm das Gefühl der körperlichen Unversehrtheit zurückzugeben. Die Entscheidung, ob ein Kind in der Familie bleiben kann oder nicht, treffen nicht wir, sondern die Jugendhilfe und das Familiengericht. Für die Behörden wie Jugendamt und Polizei, die je nach Situation in die Fälle involviert sind, ist es wichtig, eine sachgerechte Dokumentation zu bekommen. Auch das kann das Kind entlasten, da eine ausführliche und nachvollziehbare Dokumentation mehrfache Untersuchungen vermeiden kann.