Erfahrungsbericht Nanjing University Wintersemester 2012/13
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- Gert Michel
- vor 8 Jahren
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1 1 Wintersemester 2012/13 1 Vorbereitung Der Bescheid der Uni Göttingen, dass ich nach China gehen durfte erreichte mich zwar recht früh, aber die endgültigen Unterlagen für Visa und weitere Informationen zum Studium erhielten wir erst relativ spät, da es an der Koordinationen beider lag. Erst nach Erhalt der endgültigen Zusage machte ich mich an die Vorbereitungen. Zunächst kümmerte ich mich natürlich um den Flug. Ich achtete darauf, dass die Umbuchungskosten ggf. nicht zu hoch sind, da sich an dem Plan natürlich etwas ändern kann. Des Weiteren war das Visa wichtig, wobei man sich an das jeweilige zuständige Konsulat richten muss. Die telefonische Erreichbarkeit lässt allerdings zu wünschen übrig. Außerdem müssen die Unterlagen persönlich eingereicht werden (d.h. zwei mal zum Konsulat fahren) oder man beauftragt einen Visa-Service, der zwar teuer ist, aber sich durchaus lohnen kann, wenn man die Fahrtkosten (und Zeitaufwand) bedenkt. Da ich vorher keine Unterkunft in Nanjing hatte, buchte ich außerdem für die erste Woche ein Hotel, welches vergleichsweise Preiswert war. Ich kann es auch sehr empfehlen sich in ein Youth Hostel einzuquartieren, da die Englisch-Kenntnisse der Mitarbeiter dort i.d.r. besser (bzw. überhaupt vorhanden) sind. Alternativ ist es auch eine gute Idee vorher über das Portal Couchsurfing Personen vor Ort zu fragen, ob sie einen eventuell ein paar Tage beherbergen möchten und/oder die Stadt zeigen. Weiterhin ist es unerlässlich sich Impfen zu lassen. Die Krankenkassen zahlen dies in der Regel. China ist zwar teilweise Malaria-Gebiet, aber ich würde davon abraten die teueren Malaria Medikamente in Deutschland zu kaufen, da Nanjing meines Wissens nicht betroffen ist und man, falls man in den Süden und meint dies zu brauchen auch immer noch die Medikamente vor Ort viel billiger kaufen kann. Außerdem kommt es beim Malariarisiko in China auch auf die Jahreszeit an. Einen Sprachführer habe ich mir vorher nicht gekauft und ich hatte auch keine Chinesisch- Kenntnisse. In den großen Städten kommt man meistens auch mit Englisch, Händen und Fü-
2 ßen aus. Sehr empfehlen kann ich ein kleines Bilderwörterbuch zu kaufen, in dem international verständliche Bilder wie eine Kuh (für Rindfleisch) oder ein Zug (für Bahnhof) zu sehen ist. 2 2 Ankunft, Orientierung und Wohnungssuche Mein Flug ging in das nahe gelegene Shanghai. Von hieraus erreicht man Nanjing in circa 2 Stunden mit dem Zug. Ich habe mir das Ticket dafür vorher über einen Dienst im Internet an mein direkt am Flughafen in Shanghai liefern lassen. Hier schlief ich die erste Nacht, da ich erst spät Abends Shanghai erreichte. Das Ticket für den Zug kann man auch vor Ort am Bahnhof kaufen und es fahren sehr viele Züge diese Strecke. Zum Bahnhof in Shanghai und vom Bahnhof in Nanjing zum Hotel nahem ich jeweils ein Taxi. Diese sind billig. (circa 1,50 für die ersten 3 Kilometer und dann circa 0,40 ) pro Kilometer. Die erste lief gut. Die zweite gleich doppelt schlecht. Zum Einen wurde ich natürlich preislich übers Ohr gehauen. Ich würde immer empfehlen bei Taxifahrten auf das Taxameter zu insistieren. Die Fahrer werden in letzter Instanz einlenken (oder sie fahren gar nicht erst). Jeder ausgehandelte Preis ist mit Sicherheit zu hoch. Zum Anderen setzte mich der Taxifahrer am falschen Hotel ab. Es war zwar die richtige Kette, aber die falsche Filiale. Mit Hilfe eine vorbeikommenden Engländers schaffte ich es eine Stunde später doch noch ein Taxi zum richtigen Hotel zu finden, was nicht so einfach war ohne Adresse in Chinesisch (ich besaß sie nur in lateinischen Buchstaben). Vor unsere Abreise hatten die meisten Göttinger Studenten (circa 10) ein Treffen in Nanjing verabredet. Die meisten kamen einzeln oder in kleinen Gruppen an. Wir trafen uns mit dem Mitarbeiter der Uni Göttingen Yang Yang. Er war eine sehr große Hilfe und hat die wichtigsten Dinge für uns organisiert. Als erste kauften wir uns alle eine Sim-Karte fürs Handy. Mit Yang suchten wir mit einem Makler direkt Wohnungen. Dazu guckten wir uns einfach zu Fuß einige 2-3 Zimmer-Wohnungen an. Die Qualität der Wohnung kann dabei sehr schwanken und verlief von Bruchbude bis edles Appartement. Die Miete in der Innenstadt von Nanjing sind in den letzten Jahren stark gestiegen, sodass man pro Zimmer durchaus über 200 oder sogar über 300 ausgeben kann. Als Alternative gibt es ein Wohnheim für ausländische Studierende direkt am Campus, welches allerdings schon voll und für Stipendiaten vorgesehen
3 3 war. Alternativ kann man ein Wohnheim mit chinesischen Studenten auf einem anderen Campus beziehen. Hier wohnen normalerweise 3 Personen in einem Zimmer, wobei uns zugestanden wurde auch das 3 fache zu bezahlen und einzeln zu wohnen (was immer noch mit Abstand die billigste Alternative ist). Allerdings liegt dieser Campus weit von der Innenstadt entfernt (circa 1 Stunden mit der U-bahn). Abbildung 1: Nanjing von oben 3 Uni Die Nanjing University hat in China einen sehr guten Ruf und war die erste moderne Universität Chinas und bis zur Gründung der Volksrepublik auch die größte Universität. Auch heute noch zählt sie zu den Besten Chinas. Die Uni besitzt verschiedene Campus, wobei einer direkt in Mitte der Stadt ist und ein anderer sehr weit von der Innenstadt entfernt. Der Campus in Campus in Stadtzentrum beherbergt die meisten Kurse und Einrichtungen für ausländische
4 4 Studierende. Außerdem findet man dort einen gut ausgebauten Sportplatz und ein Sportzentrum samt Schwimmhalle und Fitnessstudio. In der Umgebung hat man es als nicht chinesisch sprechender Student auch am einfachsten, da hier einige Restaurants und Bars gibt, die ihre Karten auch in Englisch zur Verfügung stellen. Abbildung 2: Sportplatz an der Uni Summa summarum bin ich im Nachhinein mit den der Uni recht zufrieden, jedoch war das besonders in der ersten Zeit dort anders. Das Hauptproblem für alle (wirtschaftswissenschaftlichen) Studenten aus Göttingen war die sehr schlechte Organisation. Zwar bekamen wir im Vorfeld eine Liste mit englischsprachigen Kursen, aber es stellte sich heraus, dass die Liste nicht aktuell war und nicht alle Kurse beinhaltete. Darüber hinaus wurden wir alle als Sprachstudenten eingestuft. Das bedeutete, dass man einen Sprachkurs zu 24 Stunden die Woche belegen sollte. Diesen konnten wir uns im Master aber nicht anerkennen lassen und außerdem lies dieser Kurs wenig Zeit für andere Kurse. Im Enddefekt waren wir die ersten Wochen damit beschäftigt ständig an verschiedenen Stellen der Uni Informationen einzuholen und zu prüfen ob die entsprechenden Kurse überhaupt Anrechnungsfähig sein würden. Von unserem
5 ersten Kurs zum Beispiel erfuhren wir erst, nachdem das erste der 3 Wochenenden schon vorbei war. Von anderen Kursen erfuhren wir erst kurz vor Start und das teilweise zufällig. Was die Organisation betrifft besteht hier auf jeden Fall noch Verbesserungsbedarf auf Seite der Nanjing University und der Uni Göttingen. Im Endeffekt belegte ich einen Kurs des International College der einmal wöchentlich stattfand und sich um internationale Umweltpolitik und Gesetzgebung drehte. Hier musste man einiges an Aufwand betreiben um verschiedene Arbeiten zu Hause anzufertigen. Alle anderen Kursen waren an der Business School angesiedelt und teil eines MBAs (sowhl aus dem 1. Als auch aus dem 3. Semester). Das heißt, ein Kurs fand jeden Freitag Abend statt und alle anderen waren in Wochendblöcken organisiert. Die Qualität der Kurse war unterschiedlich gut, aber im Durchschnitt vernünftig. Da die chinesischen Teilnehmer unter der Woche arbeiten, hält sich der Aufwand für die Business Kurse in Grenzen. Jemandem der die Sprache lernen möchte, bietet die Uni gute Voraussetzungen. Einem betriebswirtschaftlichen Masterstudent würde ich es ebenfalls empfehlen, da es möglich ist einige Kurse zu belegen, die sinnvoll für das Studium waren und auch anerkannt wurden. Allerdings würde ich es nach aktueller Lage nicht empfehlen als wirtschaftswissenschaftlicher Bachelor-Student dort zu studieren, falls man sich Hoffnungen auf Fortschritte in seinem Studium macht. Die Business School erlaubt es nämlich den Bachelor Studenten nicht an den englischsprachigen MBA Kursen teilzunehmen (nach aktueller Lage), was ich für die betroffenen Bachelor Studenten aus Göttingen sehr ärgerlich fand. Es gibt zwar einige englischsprachige Kurse z.b. über chinesische Kultur und Geschichte, aber die Anrechnung gestaltete sich meines Wissens als aussichtslos. 5 4 Nanjing Über die Größe der Stadt habe ich viel gehört und gelesen. Je nach Zählart und Meinung waren es zwischen 4 Millionen und 10 Millionen Menschen. Nanjing liegt in der Provinz Jiangsu und ist eine wirtschaftlich starke und reiche Stadt. Somit ist der Entwicklungsstand im Zentrum der Stadt fast auf europäischem Niveau. Die Stadt ist reich an Geschichte und war mehr als einmal die Hauptstadt Chinas. Wie fast alle Städte die ich in China kennengelernt habe,
6 6 gibt es nur vereinzelt noch alte Gebäude und Einrichtungen. Das Stadtbild ist modern und es wird ständig gebaut. Abbildung 3: Nanjing nahe Fuzi-Tempel Nichts desto trotz habe ich mich in der Stadt wohlgefühlt und die Zeit sehr genossen. Im Umfeld der Stadt gibt es einige Sehenswürdigkeiten wie die Grabstätte des ersten Ming Kaisers, die Purpurberge, das Mausoleum von Sun Yat-Sen oder die sehr Eindrucksvollen Berge von Huangshan. Auch in der Stadt kann man sich gut die Zeit vertreiben. Von Bowlinganlagen, über Party-Bezirk bis hin zu englischsprachigen Kinos ist alles verfügbar und einfach zu erreichen. Auch kulinarisch kommt man auf seine Kosten und kann verschiedene chinesische Lokalküchen probieren.
7 5 Leben und Reisen 7 Meine Eindrücke vom Land sind natürlich sowohl positiv, als auch negativ. Generell kann man als Faustregel sagen, desto westlicher man in China kommt, umso ärmer und weniger entwickelt wird das Land. Jedoch hat dies Durchaus seine Vorteile, da man den Betonwüsten von Shanghai und Peking etwas entfliehen kann. Für deutsche Verhältnisse kann China relativ dreckig anmuten, aber die hygienischen Verhältnisse sind zumeist ausreichend. Allgemein habe ich mich in China immer sehr sicher gefühlt und ich würde behaupten, dass keine Frau in einer chinesischen Großstadt Angst haben müsste mitten in der Nacht durch egal welchen Stadtteil alleine zu gehen. Des Weiteren können Chinesen zwar unhöflich erscheinen, jedoch waren sie in der Regel immer hilfsbereit und freundlich. Hatten wir Probleme konnten wir uns immer auf die Hilfe und die Ehrlichkeit der Chinesen Verlassen. Essen habe ich in China sehr genossen und man hat eine reichhaltige Auswahl. Zu Hause kochen ist für Studenten unüblich, da man sehr billig (zwischen 0,60 und 2 ) warm essen kann. Allerdings hatte ich oft die Schwierigkeit, dass Karten nur in Chinesisch waren und ohne eine chinesische Begleitung war es gar nicht möglich in vielen Restaurants zu essen. Also gab es nur 3 Möglichkeiten: ein Restaurant mit englischer Karte aufsuchen (selten), ein Restaurant mit Bildern finden (öfter vorhanden) oder die sich auf den Tellern anderer Gäste umgucken und auf einige Gerichte zeigen. Natürlich gibt es in den Innenstädten auch überall die großen amerikanischen Fastfood-Ketten. Nanjing hat sogar ein deutsches Restaurant und eine deutsche Bäckerei. Jedoch gilt die Regel: westliche Produkte die Chinesen nicht konsumieren, kosten mehr als in Deutschland. Das heißt, dass Schwarzbrot kostete 6 und Gummibärchen 2. Das Verkehrssystem ist in China sehr gut ausgebaut. Mit Hochgeschwindigkeitszügen, kann man in wenigen Stunden Ziele die mehr als 1000 km entfernt sind erreichen und sie kommen auch noch immer pünktlich. Auch Flüge innerhalb Chinas sind relativ billig. Des Weiteren sind Taxis das Beste Mittel um in Städten voran zu kommen, da wie schon beschrieben der Preis recht niedrig ist. Sehenswerte Orte gibt es in China massig und jeder sollte sich selbst nach belieben seine Ziele raussuche. Wer im Wintersemester in Nanjing anfängt und nur ein Semester bleibt, sollte bedenken, dass auch der Winter irgendwann kommt. Das klingt zwar banal, aber ich und viele andere haben sich gedacht, dass man die Reisen in China vor allem am Ende unternimmt und erstmal viel Zeit in die Uni investiert. Bei den hohen Temperaturen
8 8 noch im September machte man sich wenig Gedanken über den Winter. Aber als es in Nanjing um die 0 war (mit einer wesentlich höheren Luftfeuchtigkeit als in Deutschland) verging die Lust einige Orte zu besuchen, besonders natürliche Sehenswürdigkeiten wie Berge und Nationalparks. Somit würde ich Jedem empfehlen möglichst früh zu reisen. Abbildung 4: Huagshan 6 Fazit Im Großen und Ganzen war ich mit dem Auslandssemester sehr zufrieden und würde es wieder tun. Ich hoffe die Organisation für die nachkommenden Studenten ist etwas besser. Aber ich kann es nur empfehlen in Nanjijng zu studieren (mit der erwähnten Einschränkung für die Bachelor) und China kennen zu lernen.
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