Huub Buijssen DIE MAGISCHE WELT VON. Alzheimer. 25 Tipps, die das Leben mit Demenzkranken leichter und erfüllter machen
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- Dominik Krämer
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1 Huub Buijssen DIE MAGISCHE WELT VON Alzheimer 25 Tipps, die das Leben mit Demenzkranken leichter und erfüllter machen
2 nicht mehr, erkennen ihren Partner und ihre Kinder nicht mehr wieder usw. Auf diese Weise nähern sie sich immer weiter ihrer Kindheit. Wie gesagt lassen sich aus diesen beiden Demenzgesetzen wichtige Umgangsregeln ableiten. Aus dem ersten Gesetz ergibt sich beispielsweise, dass es nicht sehr sinnvoll ist, Ihrem dementen Angehörigen Fragen zu stellen über heute Morgen, gestern oder vorgestern. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er dann passen muss und versagt. Dasselbe gilt für Fragen zu morgen oder übermorgen. Ihr Angehöriger ist nicht mehr in der Lage, sich Verabredungen oder Pläne zu merken. Aber Gespräche über das Hier und Jetzt, zum Beispiel über die Katze, die gerade hereingeschlichen kommt, sind sehr wohl möglich. Das nächste Kapitel widmet sich vollständig einer Umgangsregel, die sich aus dem zweiten Demenzgesetz ableitet. 19 informieren sie sich umfassend über Demenz
3
4 2 sprechen sie über die vergangenheit Wenn ich meine Mutter frage, wie sie meinen Vater kennengelernt hat, erzählt sie Folgendes:»ich war zwanzig, als ich deinem vater zum ersten mal begegnete. ich hängte draußen die Wäsche auf, als er mit Pferd und Wagen vorbeifuhr, mir zuwinkte und mich anlachte. er hat mir sofort gefallen. An diesem tag wurde er auch unser nachbar, denn seine eltern hatten keine hundert meter vom Bauernhof meiner eltern entfernt ein Haus gekauft. Jan ich erfuhr später, dass er so hieß zog also mit seinen eltern keinen steinwurf entfernt von uns ein. Bert, einer meiner vier Brüder, freundete sich schon bald mit Jan an. Wenn sie samstags tanzen gingen, kam Jan nie ins Haus, sondern wartete mit noch zwei anderen Freunden draußen bei der kleinen marienkapelle auf der anderen straßenseite. eines Abends, während der Kirchweih, begegneten wir einander im tanzsaal und Jan forderte mich zum tanz auf. Ach, tanzen konnte man es eigentlich nicht nennen, denn zu jener Zeit nahm niemand tanzstunden. man schlurfte ein bisschen ungeschickt 21
5 über die tanzfläche. Aber das schmälerte die Aufregung und das vergnügen nicht im geringsten. ein paar monate nach diesem ersten tanz kam dein vater dann auch regelmäßig zu uns ins Haus. er kam nicht mehr wegen meines Bruders, sondern wegen mir. Wir waren ein Paar geworden. ein Freund von Jan war eifersüchtig. er hat sich sogar noch bis zu seinem tod vor drei Jahren für mich interessiert. meine mutter war nicht sonderlich begeistert von unserer Beziehung. ich war ihre älteste tochter und seit meinem sechsten lebensjahr ihre rechte Hand. sie wollte mich nicht verlieren. gegen den Willen meiner mutter habe ich die Beziehung zu deinem vater durchgesetzt. Das war damals nicht einfach. meine beste Freundin hatte sich drei Jahre zuvor in einen Jungen verliebt, der ihren eltern aber nicht gut genug war. er hatte bei ihnen Hausverbot. meine Freundin ist damals vor unserem Haus ins Wasser gelaufen. ich habe es gesehen und sofort ihre eltern gerufen. Aber sie kamen zu spät, sie war schon ertrunken. Zwanzig war sie da. ich habe mich jedoch nicht zurückhalten lassen. Dein vater hatte ganz viel Humor und wunderschöne blaue Augen. Diese Augen waren stärker als die Worte meiner mutter. Ja, ohne diese blauen Augen würde es dich heute nicht geben.«aus dem zweiten Demenzgesetz ergibt sich, dass Sie mit Ihrem dementen Angehörigen auch gut über die Zeit vor dem Einsetzen der Demenz sprechen können. Über ihre Jugend und Kindheit können Demenzkranke noch sehr lange sprechen. Und das kann unglaublich spannend sein. 22
6 Wenn es sich um Ihren Partner handelt, können Sie noch viele Erinnerungen auffrischen an die Zeit, in der Sie sich kennengelernt haben und in der alles noch gut war. Aber darüber hinaus können Sie ihn auch besser kennenlernen, indem Sie ihn über seine Eltern, Schulzeit, Freunde, Jugendidole, frühere Ängste und Vorlieben, erste Berufserfahrungen usw. sprechen lassen. Wenn Sie sich seiner Vergangenheit sowie den Eltern und der Familie öffnen, erhalten Sie ein besseres Bild von der Entwicklung seines Charakters. Wenn es sich um einen Elternteil handelt und Sie über früher sprechen, lernen Sie Ihre Eltern ebenfalls viel besser kennen. Und ganz nebenbei erfahren Sie viel über die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts. Genauso spannend ist es, aus dem Munde Ihrer Eltern zu hören, was diese aus ihren Talenten und Möglichkeiten gemacht haben und wie sie sich an wechselnde Lebensumstände angepasst haben. All diese Informationen können Sie im Sammelalbum Ihres eigenen Lebens aufbewahren, denn die Biografie Ihrer Eltern ist auch Teil Ihres Lebens und hat Sie mit zu der Person gemacht, die Sie heute sind. Anstatt sich diese Informationen merken zu wollen, können Sie sie auch aufschreiben und Fotos oder Bilder von früher hinzufügen. So wird daraus ein Erinnerungs- oder Lebensalbum. Sind diese Erinnerungen einmal festgehalten, können Sie Ihnen als Orientierungspunkte für ein Gespräch dienen, wenn sich Ihr Angehöriger in einer späteren Phase der Demenz immer häufiger in seiner eigenen Vergangenheit verirrt. Wenn Sie dann zusammen in Ihrem Album blättern, können Sie sich viel länger über die Vergangenheit unterhalten. Zugleich kann alles, was Sie jetzt schriftlich festhalten und von Ihrem Angehörigen lernen, Ihnen in einem späteren Stadium der Demenz dabei helfen, die richtigen»umgangsmethoden«zu finden. 23 sprechen sie über die vergangenheit
Leseprobe aus: Buijssen, Die magische Welt von Alzheimer, ISBN Beltz Verlag, Weinheim Basel
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