Gärsthorn von Brig aus

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Paul Bauer
vor 6 Jahren
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Aufbruch um: 02:15 Nachdem ich schon fünf Wochen keinen Berg mehr bestiegen hatte, war klar: jetzt musste wieder mal ein Gipfel her. Bald hatte ich mich fürs Gärsthorn entschieden.

1 Gärsthorn von Brig aus Die Tour in Zahlen: Durchgangszeit Abschnittszeit Gipfel von Brig aus Gärsthorn an 05:29 05:29 Gärsthorn ab 06:53 01:24 Salwald 08:55 02:02 Höhenmeter: 2254 Distanz in km: 17 Leistungs-km: 40 Aufbruch um: 02:15 Nachdem ich schon fünf Wochen keinen Berg mehr bestiegen hatte, war klar: jetzt musste wieder mal ein Gipfel her. Bald hatte ich mich fürs Gärsthorn entschieden. Dies begleitet mich jeden Tag auf meinem Arbeitsweg nach Visp. Zudem schaut es hin und wieder ganz schön in meine Schulstube herein. Oft schaue ich auch während meiner Pausen zu diesem Berg hoch. Blick auf den Bahnhof von Brig Nicht, dass ich es noch nie bestiegen hätte - ich war bestimmt schon x-mal ganz oben. Auch habe ich es schon vom Bahnhof Brig aus zu Fuss erreicht. Wieso also nicht noch einmal? Zudem wollte ich unbedingt den Sonnenaufgang auf diesem Berg geniessen und lange auf das unübertroffene Bietschhorn schauen können. Das Wetter kündigte sich ausserordentlich gut an. Am Fernsehen stellte man eine hundert Kilometer weite Aussicht in Aussicht.

Ich habe grossmehrheitlich sehr angenehme Schüler, die zudem lernwillig und eifrig sind.

2 Klar, dass ich zu Fuss dahin wollte - und nicht etwa mit dem Fahrrad, dem Bus oder dem Zug. Diese Verkehrsmittel lösen bei mir an einem freien Tag jeweils Panik Attacken aus, weil ich sie sonst immer auf dem Weg zur Arbeit benutze. Und dabei gefällt mir die Arbeit doch so gut. Ich habe grossmehrheitlich sehr angenehme Schüler, die zudem lernwillig und eifrig sind. Mit dem Auto in Richtung des anvisierten Gipfels fahren wollte ich auch nicht, weil ich unnötigen Privatverkehr hasse. Das Wetter war wie gesagt ausserordentlich gut und exzeptionell. Nur selten habe ich solange auf einem Gipfel verweilt wie heute. Zu Beginn war es zwar noch recht klar, doch die Temperatur stieg in der Folge mit jedem Herzschlag. Das Gärsthorn kann jetzt noch sehr gut mit festen Wanderschuhen bestiegen werden. Am Morgen früh war die Schneeschicht heute noch sehr hart und tragend. Es liegt aber nicht überall Schnee, so dass man mehrheitlich über apere Hänge hoch gehen kann. Mühsam sind die Geröllfelder, die zum Teil recht heimtückisch eingeschneit sind. Vorne rechts das Stockhorn Seit meiner letzten Tour war ich etwas aus der Übung geraten, und prompt habe ich den Sonnenaufgang verpasst. Wäre ich im Brig um zwei Uhr morgens, wie geplant, abmarschiert, und nicht eine viertel Stunde später, hätte alles sehr gut geklappt. Zudem habe ich mich am Schlusshang, wo der Weg wirklich steil nach oben geht, gierig auf die zum Essen mitgenommene Wurst gestürzt, diese lange genossen und damit weitere wertvolle Minuten verloren. Mein Blick ging ständig zum Weiss- und Matterhorn hinüber, um zu sehen, ob die Sonne schon aufgegangen sei. Ich wollte unbedingt beim Sonnenaufgang den Grat erreicht haben, um das Bietschhorn im schönsten Morgenlicht erstrahlen zu sehen - das war mir emotional sehr wichtig. Dann ging die Sonne am hohen Weisshorn auf, das Matterhorn lag aber noch im Schatten, und ich erreichte den Grat. Mein erster Blick galt dem majestätischen Bietschhorn. Und siehe: Die Sonne war an ihm schon lange aufgegangen - ich war ein wenig enttäuscht.

Welche Überraschung auf dem Gipfel dann - eine ein-hornige Gämse begrüsste mich mit ihrem Pfeifen, machte jedoch keine grossen Anstalten, sich auf den Abstieg zu begeben.

Dennoch fragte ich mich, was dieses Tier da oben wohl wollte - und ihrem Gesichtsausdruck konnte ich entnehmen, dass sie sich das gleiche über mich fragte.

Nicht, dass ich schneller, höher, extremer oder eleganter auf den Gipfel gestiegen wäre. Auch mit oder ohne Sauerstoff war keine Frage.

3 Welche Überraschung auf dem Gipfel dann - eine ein-hornige Gämse begrüsste mich mit ihrem Pfeifen, machte jedoch keine grossen Anstalten, sich auf den Abstieg zu begeben. Nur zögernd verliess sie den Ort und war noch lange zu sehen. Ich schenkte ihr nur wenig Aufmerksamkeit, weil mein Interesse den schönen Bergen galt, die ich eifrig fotografierte. Dennoch fragte ich mich, was dieses Tier da oben wohl wollte - und ihrem Gesichtsausdruck konnte ich entnehmen, dass sie sich das gleiche über mich fragte. Dass sie nur ein Horn besass, bemerkte ich erst nach dem Studium meiner Fotos. Das Bergsteigen neu definiert. Älwe Rigg Mit dieser Tour habe ich das Bergsteigen revolutioniert. Nicht, dass ich schneller, höher, extremer oder eleganter auf den Gipfel gestiegen wäre. Auch mit oder ohne Sauerstoff war keine Frage. Es gibt ja schon Klettern und Joga, oder Wandern und Vogelbeobachtung - und seit heute gibt es Bergsteigen und Lyrik. Zwar habe ich schon auf meiner langen Wanderung zum tiefsten Punkt der Schweiz vor ein paar Wochen eifrig Schillers Glocke auswendig gelernt. Aber heute habe ich dies auf einer richtigen Bergtour gemacht. Und das ist doch eine ganz andere Dimension. Wenn man sich des Dichters Worte beim Aufstieg auf der Zunge zergehen lässt, ist das ein sehr intensives Gefühl. Die Berge erheben sich noch majestätischer, die Farben leuchten kräftiger, und die Vögel singen wie nie zuvor gehört. Und noch etwas: man steigt viel leichter und quasi unbeschwert. Sportliche Leistung und kultureller Genuss vereint an einem Tag! Wenn du das nächste Mal mit mir auf eine Tour kommst, werde ich schon darauf bestehen, dass auch du ein Gedicht auswendig lernst. Kann aber überhaupt gelernt werden, wenn man zu zweit am Berg

unterwegs ist? - Du wirst auf dem Gipfel nicht gleich Schillers Glocke rezitieren müssen, die extrem lang ist - mir wird schon die vierzeilige Kurzfassung genügen (du findest sie im Internet).

Den Film mute ich aber niemandem zu - die Qualität ist ungenügend. Es war aber eine Herkulesaufgabe, das Gedicht nach dem langen, qualvollen Aufstieg fehlerfrei aufzusagen.

Am Anfang meint man, es nie schaffen zu können. Doch dann reiht man Schritt für Schritt aneinander; viele Schritte ergeben eine erste Etappe, und am Schluss reiht man noch die Etappen aneinander.

4 unterwegs ist? - Du wirst auf dem Gipfel nicht gleich Schillers Glocke rezitieren müssen, die extrem lang ist - mir wird schon die vierzeilige Kurzfassung genügen (du findest sie im Internet). Nachdem ich schon viele Stunden in das Gedicht investiert habe, habe ich den ersten Zehntel davon auf dem Gärsthorn vor dem majestätischen Bietschhorn rezitiert, und zwar vor laufender Kamera. Den Film mute ich aber niemandem zu - die Qualität ist ungenügend. Es war aber eine Herkulesaufgabe, das Gedicht nach dem langen, qualvollen Aufstieg fehlerfrei aufzusagen. Immer wieder musste ich neu anfangen, bis es schlussendlich klappte - nur noch ein kleiner Versprecher. Die Glocke auswendig lernen, ist wie die Besteigung eines sehr hohen Berges. Am Anfang meint man, es nie schaffen zu können. Doch dann reiht man Schritt für Schritt aneinander; viele Schritte ergeben eine erste Etappe, und am Schluss reiht man noch die Etappen aneinander. Und dann steht man ganz oben - noch bevor man es richtig realisiert hat. Der höhere Gipfel des Gärsthorns Ab und zu war es etwas lästig: es kam vor, dass ich mitten in einer heiklen Wegpassage nicht mehr sicher war, ob es hiess bis sich die Wege trennen oder bis die Wege sich trennen. So musste ich mitten in heikler Passage meine Zettel herausnehmen, um mir ja nicht etwas Falsches einzuprägen. Was man sich falsch einprägt, bringt man fast nicht mehr aus dem Gedächtnis weg. Nesthorn unverkennbar im Hintergrund

Da gibt es doch Parallelen zum Bergsteigen.

Und so sieht man an Gräten oft die unmöglichsten Seilmanöver.

Und noch etwas: jetzt ist der Weg nach Brischeru ausgebaut worden, so dass man mit dem Auto hoch fahren kann. Da hatte jemand viel Geld!

5 Da gibt es doch Parallelen zum Bergsteigen. Viele Bergsteiger haben einmal gelernt: am langen Seil gehen - es hätte heissen müssen: am kurzen Seil gehen. Und so sieht man an Gräten oft die unmöglichsten Seilmanöver. Wer da wahre Wäscheleinen spannt, wo man am Drei-Meter-Seil geht, lebt gefährlich und gefährdet sich und den anderen. Und noch etwas: jetzt ist der Weg nach Brischeru ausgebaut worden, so dass man mit dem Auto hoch fahren kann. Da hatte jemand viel Geld! Mehr Bequemlichkeit für die Hüttenbesitzer also - doch nun kommen sie um ihre Trainingsmöglichkeit. Und zudem wurde der Alpe die Exquisität genommen. Herumstehende Autos nehmen dem Ort die romantische Ausstrahlung, die er vorher noch hatte. Bietschhorngipfel Fazit: Dies war ein sehr lyrischer Ausflug für mich. Hat mir sehr gefallen. Episch der Blick auf das Bietschhorn - fast dramatisch, mindestens aber lyrisch!

6 Blick zurück auf den Gipfel Blick nach Westen

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