Trauerrede für Karl A. Duffek

Transkript

1 Trauerrede für Karl A. Duffek Wien 25. August 2016 Ernst Stetter, Generalsekretär, FEPS Leuchtende Tage. Nicht weinen, dass sie vorüber sind. Lächeln, dass sie gewesen. FEPS Rue Montoyer 40 B Brussels europe.eu

2 Sehr geehrter Herr Duffek, Sehr geehrte Frau Duffek, Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, lieber Alfred, Sehr geehrte Frau Direktorin, liebe Barbara Sehr geehrte Frau Duffek, Sehr geehrte Frau Siri, Hochverehrte Trauergemeinde, Das Unfassbare erfassen zu wollen, das Unbegreifliche jetzt begreifen zu müssen verlangt von uns allen den Tod von unserem Freund und Kollegen, von ihrem Sohn, von ihrem Partner Karl Duffek zu akzeptieren. In unserer Trauer kommt es jetzt darauf an, dass wir seinen Tod realisieren, nicht nur hinnehmen, sondern annehmen. Das Ja zu sagen zu seinem Leben, schließt auch das Ja zu seinem Sterben ein. Die Traurigkeit, die über uns kommt, die Trauer, die uns lähmt, das Nein zu seinem frühen Sterben werden laut. Ich war von der Nachricht vom überraschenden Tod von Karl wie wir alle hier bestürzt. Ich war verstört und bin aufrichtig getroffen. Ich spreche all den anwesenden Familienmitgliedern und nahen Angehörigen und all den Kollegen vom Karl Renner Institut mein aufrichtiges und herzliches Beileid aus. Dies auch im Namen des Vorsitzenden der FEPS, der europäischen sozialdemokratischen Stiftung, des Herrn Ministerpräsidenten Massimo D Alema und im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FEPS. Die Nachricht vom Tode von Karl hat mich in Kanada erreicht. Ich war für die FEPS auf dem Weg von dem Kongress der amerikanischen Demokraten in Philadelphia nach Montreal zum Weltsozialforum. Ich will damit ausdrücken, dass dies auch sehr viel mit Karl zu tun hat, mit seinem Willen die Welt anders zu sehen, mit seinem Anspruch, die Welt zu ergründen, mit seinem Engagement und mit seinem kulturellen Verständnis für das Andere, für das Weite, das doch immer nah ist. Dies hat auch deshalb mit ihm zu tun, da er in der Verbindung von Politik, Gesellschaft und Kultur, in der Verbindung von den verschiedensten Arten des sich Ausdrückens, sei es im Diskurs, im Text oder in der Musik das Umfassende sah, das nur im kritischen Zusammenwirken die erforderlichen Antworten geben kann, die es zu ergründen gilt. 2

3 Karl war seit der Gründung der FEPS 2008 ihr Vizepräsident und Schatzmeister. Er war unserer Stiftung sehr verbunden und verkörperte in idealer Weise für uns das über das Nationale hinausgehende, das Europäische, das Internationale. Wir verlieren in Karl einen aufrichtigen Mitstreiter, einen immer engagierten Diskutanten und einen verantwortungsvollen Schatzmeister, der die FEPS seit ihrer Gründung entscheidend mitgeprägt hat. Dafür danken wir ihm aus ganzem Herzen. Wir werden ihm immer ein bewahrendes Andenken gewähren. Erst kürzlich hatte ich mit Karl auf der Jahreshauptversammlung der FEPS gesprochen. Ich habe mit ihm lange gesprochen. Ich habe dabei gefühlt, dass er etwas sucht, was ihm erneuerte Kraft gibt und neuen Halt in seinem Leben gegen könnte. Es bleibt mir aber besonders in Erinnerung, wie er den Saal verließ, als ob er uns zeigen wollte, dass er zum letzten Mal herausgehen würde. Er stand kurz vor dem Ende von seinem Platz auf dem Podium auf, sagte zu mir, er müsse jetzt gehen und schritt majestätisch durch den Mittelgang aus dem Saal, nicht wie üblich durch die Seitentür, wenn er vorzeitig seinen Flieger bekommen musste. Es ist mir nun klar, dass ich ihn so zum letzten Mal sah und dass er uns für immer verlies. Ja, Karl war mein guter Freund, mein langjähriger Kollege, mein nicht müde werdender Mitstreiter. Wenn ich mit ihm Projekte besprach, Ideen entwickelte, oftmals in Wien am Renner- Institut, aber auch in Brüssel oder am Telefon gab es am Ende des Gesprächs immer das entscheidende Wort, das mir klar machte, dass Karl das Projekt, die Idee, oder die Arbeit unterstützte: Passt! Karl verkörperte als der langjährige Direktor des Dr. Karl Renner Instituts, als der internationale Sekretär der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und als unser Vizepräsident, das was viele von uns hier im Saale an ihm bewunderten und dies zu Recht: Karl war Österreicher, Europäer und Weltbürger. Der Europäer Karl sah Europa als die große Herausforderung für unseren Kontinent. Er erkannte in seiner einzigartigen kritischen Intellektualität die großen gesellschaftspolitischen Herausforderungen Europas. Er suchte immer nach Antworten. Er suchte aber nicht nach wohlgefälligen Vorschlägen. Eckte er damit an? Sicherlich in vielen der Gremien, in den so oftmals hinter Türen tagenden Ausschüssen, in Seminaren und Tagungen, an denen er teilnahm. Gewiss hier in Wien, zweifellos im Vorstand der europäischen Sozialdemokratie, dem er als internationaler Sekretär der SPÖ angehörte, natürlich auch bei uns. 3

4 Passte ihm etwas nicht, war er nicht zufrieden mit der Art und Weise, wie Probleme diskutiert wurden, konnte er sich nicht wiederfinden in den Gedanken und Analysen der Anderen, so war er oft desillusioniert, enttäuscht und manchmal auch wütend. Wie können die nur so etwas Deppertes vorschlagen! Das war dann sein Kommentar, ja er stand dann auch oft auf und verließ die Versammlung. Wir alle wussten dann, dass er es damit ernst meinte, dass er die Analyse, die Entscheidung so nicht mittragen wird. Das war er, der kritische Denker, der brillante Intellektuelle, der nach Antworten Suchende! Karl suchte Antworten, er suchte Lösungen und als überzeugter Sozialdemokrat war er kein Illusionär und kein Träumer. Er war immer auf der Suche der realistischen, der sozial gerechten und vor allem demokratisch legitimierten Alternative. In diesem Sinne haben wir in der FEPS Karl mehr als geschätzt. Als die europäische Sozialdemokratie 2009 bei den Europawahlen nicht gerade das beste Ergebnis bekam, war er es zusammen mit Dir, lieber Herr Bundeskanzler, der entschlossen und engagiert die intellektuelle Herausforderung einer Neuen Linken einer NEXT LEFT annahm, unterstützte und wenn immer es ihm möglich war, auch persönlich über die Jahre begleitete. Die Aufsatzsammlungen mit inzwischen 10 Bücherausgaben von NEXT LEFT wurde von ihm mitherausgegeben. Er war aber auch hier der Kritische und der Fragende, der nichts sofort akzeptierte und schnell abnickte. Um der Politik wieder Substanz zu geben und sie dem Wähler wieder zu vermitteln, bedarf es überzeugender und brillanter Ideen, schreiben wir gemeinsam im Vorwort zu der 7. Ausgabe der Bücherreihe mit dem Titel Ein neues Narrativ umreißen. Genau hierin sah er die gewaltigen Herausforderungen der Moderne: Die Bewahrung und Weiterentwicklung unserer aus der Tradition entstandenen europäischen gesellschaftlichen Werte, durchaus der sozialdemokratischen Werte, die Ergründung der oftmals zerstörerischen Konsequenzen der Globalisierung und insbesondere der Kampf dem daraus leider wachsenden nationalen Populismus das Entscheidende entgegenzusetzen. Das waren seine zentrale Anliegen. Karl war davon überzeugt, dass wir nur in einer erneuerten Verbindung nationaler, europäischer und internationaler Werte die Herausforderungen unserer Gesellschaften meistern können. Karl war auch davon überzeugt, dass dabei der Jugend die Schlüsselrolle zukommt. Deshalb unterstütze er ganz besonders das gemeinsame europäische Netzwerk und Forschungsprogramm 4

5 FEPS YAN die Gruppe europäischer junger und fortschrittlicher Akademiker, die immer in Wien zusammenkommt. Auch dafür ist FEPS und bin ich ihm persönlich zum aufrichtigen Dank verpflichtet. Verehrte Trauergemeinde, Konfuzius gab uns dies auf den Weg: Leuchtende Tage. Nicht weinen, dass sie vorüber sind. Lächeln, dass sie gewesen. Aber auch Dein Lächeln, lieber Karl, werden wir ganz gewiss in unserer Erinnerung bewahren. Mes adieux, mein treuer Freund! 5