nach dem Märchen der Gebrüder Grimm

Transkript

1 1 Dornröschen Ein Theaterstück von Johannes Galli nach dem Märchen der Gebrüder Grimm IN IN Es war einmal ein König und eine Königin und die sprachen immer: Sieh nur unser großes und schönes Reich, sind wir nicht glücklich? Nein, wir sind nicht glücklich. Aber warum denn nicht, habe ich Dir nicht alle Wünsche erfüllt? Wir haben kein Kind. Wir kriegen immer keines. Frau Königin, ich muss zu den Regierungsgeschäften. Wir kriegen immer keins. re regina regno fortunato auguri bambino affari di governo FROSCH IN Als die Königin einmal in ihrer Badewanne war kam ein Frosch herein. Frau Königin, noch ehe ein Jahr vergeht werdet ihr eine wunderschöne Tochter gebären. Ich werde eine Tochter gebären, mein sehnlichster Wunsch geht in Erfüllung. Das muß ich gleich meinem Gemahl erzählen. Gemahl, Gemahl, wir bekommen ein Kind! Was, der König bekommt ein Kind? Welche Freude tobt in meinem königlichen Busen. Der König bekommt ein Kind, der König bekommt ein Kind, will sagen die Königin. Juchu! vasca da bagno stupenda figlia marito seno, torace rana HEROLD HEROLD Noch ehe ein Jahr vergangen war, da bekam die Königin ein kleines Mädchen Mein süsses, süsses Röschen. Er kitzelt das Baby Dutzi, Dutzi, Dutzi! Bautschi, Bautschi, Bautschi! Wie sie sich freut, wie du dich freust, wie ich mich freue... Eine solche Freude muss verkündet werden. Herolde des ganzen Landes, verkündet, dass mir dem König und der Königin ein Kind geboren ist. Hört ihr Leute, hört geschwind...geboren ist das Königskind. Darum künden wir mit lautem Schalle...Freut euch, ihr Menschen, freut euch alle! Stopp! Das klingt ja schrecklich, vielleicht übt ihr noch ein wenig. Jawohl, Majestät. ragazza piccola rosa una tal gioia dovrà annunciare spaventoso maestà Jetzt werden die Schüler von mir gefragt, was man denn alles für ein Fest braucht und was ihr Lieblingsessen und Getränk ist. (zählt erst alle Ideen der Kinder auf) Richtet die Rosen für den Tischschmuck und schmückt die Pferde rose per la decorazione Bringt vom besten Wein! Nein! Nicht vom neuen, den alten will ich haben. Rollt die Fässer herein! Lasse er mich kosten (er bekommt einen Becher gereicht, trinkt und spuckt sofort alles wieder aus). N ein! Nicht den Essig, den Wein will ich haben! Ja, Fischer, an die Arbeit! Den Teich ruhig ausgefischt und aufgetischt. Haha, der König kann auch dichten! botte di vino aceto pescatore stagno comporre Aber natürlich musste der König, neben Grafen, Fürsten, Edelleuten, Prinzen und Rittern auch die Feen einladen. Wie viele weise Feen gibt's in unserem Lande? IN Dreizehn, oh mein Gemahl. zum Diener Wiederhole! Ich decke zwölf goldene Gedecke. 1 invitare le fate saggio apparecchio due piatti d oro

2 2 Warum denn zwölf, wenn ich dreizehn sage? Weil wir nur zwölf haben! Ein Problem! Dreizehn Feen und nur zwölf goldene Gedecke. Was mach ich denn nur mit der Dreizehnten? Ich bin doch ein König, und König kommt von können! Ein König is also ein Mann, der alles kann: auch Probleme lösen! Die Lösung: die Dreizehnte wird einfach nicht eingeladen. An die Arbeit! Die Schüler werden jetzt nach guten Wünschen gefragt. Das Fest begann, die Kerzen leuchteten, die Musik spielte und dann kamen die Feen zur Wiege des Kindes, um dem Kind die guten Wünsche zu bringen. Ich wünsche dem Kind ein fröhliches Herze. Ich wünsche dem Kinde Liebe und Hoffnung. Ich wünsche dem Kinde Friede und Frohsinn. Ich wünsche dem Kinde Mut und Geduld. Ich wünsche dem Kinde Schönheit und Tugend Ich wünsche dem Kinde allzeit Gesundheit. Ich wünsche dem Kinde einen wachen Geist. Die Als 11 Feen ihre guten Wünsche gesagt hatten, da wurde es auf einmal kalt und finster im Raum. Die Königin befahl die Fenster schliessen zu lassen und die Kerzen wieder zu entzünden. Aber das war nicht der Grund. Herein kam die Dreizehnte, die die man nicht eingeladen hatte. Man hat mich nicht eingeladen. Man hat mich also ausgeschlossen. Aber ich lasse mich nicht ausschliessen. Nie! Von niemandem. Deshalb will ich mich rächen. An ihrem 15. Geburtstag wird sie sich an einer Spindel stechen und tot umfallen. Zum Glück war da noch die zwölfte Fee, die ihren Wunsch noch nicht gesagt hatte. Verehrtes Königspaar, ich kann den Fluch zwar nicht aufheben, doch ich kann ihn mildern. Eure Tochter soll nicht tot umfallen, sondern nur in einen hundertjährigen Schlaf fallen. Das ist ein Problem Hundert Jahre Schlaf. Was mache ich denn jetzt? Die Lösung: Ich lasse alle Spindeln im ganzen Reich zerstören. Und wenn Röschen 15 ist, woran soll sie sich dann stechen? Diener, an die Arbeit. Zerstört alle Spindeln im Reich. (sammelt alle Spindeln ein) Ins Feuer damit! IN So wuchs das kleine Mädchen also heran und alle guten Wünsche der Feen gingen in Erfüllung, bis zu ihrem 15. Geburtstag. Heute ist mein 15. Geburtstag, und mein Vater hat mir so ein schönes Kleid geschenkt. Es ist ein richtiges Tanzkleid. Oh ja, ich will tanzen üben. Sieh nur, wie schön sie tanzt. Das viele Geld für die Tanzstunden hat sich gelohnt. Dass du auch immer nur an's Geld denken musst! Einer muß es ja tun! Röschen, Königskind, komm einmal her. Höre, wir fahren in die Stadt, nach London, du bleibe hier und tue, was dir gefällt. Oh ja, ich werde tanzen üben. Da gibt es allerdings eine Sache, die ich dir sagen muss. Gehe nicht hinauf auf diesen 2

3 Die 13. Die 13. Die 13. Turm und schon gar nicht in die Kammer des Turmes. Dies ist dir verboten. Ja, Vater, es ist mir verboten. Was ist dir verboten? Es ist mir verboten, auf den Turm zu gehen. Richtig, du denkst nicht an den Turm. Hörst du? Und schon gar nicht an die Kammer des Turmes. Du stellst dir einfach den Turm vor. Er malt mit dem Finger einen Turm in die Luft. Und dann machst du so. Fffft. Fffft. Er durchkreuzt mit dem Finger das Bild. Ach, das geht ja nicht. Dann denkt sie ja gerade dran. Also wiederhole, woran du nicht denkst. Ich denke nicht an den Turm, und schon gar nicht an die Kammer des Turmes. Also bis bald, spiele schön, Röschen. Ich denke nicht an den Turm, und schon gar nicht an die Kammer des Turmes. Warum sie s mir nur verbieten? Ich würde zu gerne wissen, was in der Kammer ist. Vielleicht ein kurzer Blick. Sie geht zum linken Off und schaut hinein. Hier ist eine Treppe. Wie morsch die Stufen sind. Wie morsch die Stufen sind und verfallen alles ist. Da ist die Tür, was sich wohl dahinter verbirgt. Ich will's versuchen. Ich will in die Kammer. Ich will in die Kammer. Ich muss in die Kammer. Guten Tag, Mütterchen. Was macht Ihr da? Ich spinne. Was ist das für ein lustig Ding, das da herum springt? Hier. Nun ist es geschehen. 3 Torre stanzetta vietato scala marcia Dornröschen war also eingeschlafen. Aber nicht nur sie schlief ein, auch alle anderen im Schloss. Die Eltern in der Kutsche, die Diener, die Zofen, die Mägde, die Knechte, die Gärtner. Sogar die Tiere schliefen ein. Die Pferde, die Hunde, sogar die Fliegen. Und wisst Ihr wer als Letzter einschlief? Ich bin hier der Chefkoch und was ich sage wird gemacht! Wo ist denn mein Lehrling? Sie, Herr Koch! Sie, Herr Chefkopf. Sie, Herr Kochtopf. Sie, Herr Chefkoch. Ja, was gibt's? Sie da draussen, da schlafen die Tauben auf dem Dach. Was redest du denn da. Tauben schlafen doch nicht am helllichten Tag. Der einzige, der schläft bist du: Rühr mir jetzt die Suppe an Sie Herr Koch. Sie Herr Chefkochtopf. Sie Herr Chefkoch. Ja, was gibt s? Jetzt ist mir der Kochlöffel auch eingeschlafen. Kochlöffel schlafen doch nicht ein, mach das Feuer an. Sie Herr Koch. 3 addormentarsi carrozza capocuoco apprendista piccione minestra

4 Sie Herr Eintopf. Sie, Herr Nachttopf. Sie Herr Chefkoch, jetzt ist das Feuer auch eingeschlafen Du, jetzt reicht s mir aber. Jetzt kriegst du ein paar an die Backen! Alle waren eingeschlafen. Um das Schloss aber wuchs eine riesige Dornenhecke immer höher und undurchdringlich. Im ganzen Land erzählte man sich von der schlafenden Prinzessin und es kamen viele Prinzen und Ritter, um sie zu befreien, aber es blieben alle in den Dornen hängen. N Wir sind die Dornenhecke, wir wachsen und verstecken. Das Königskind, es schläft so gern, wir halten alle Männer fern. Wir pieksen, stechen, kratzen, beißen, weil wir die Dornenhecke heißen. Da kommt schon wieder einer der denkt, er käme hier so einfach durch. Hier kommt keiner durch. RITTER 1 Ich bin der Ritter Brumm, und ich bin gar nicht dumm. Was ist denn jetzt das für eine blöde Hecke. Da hat mir daheim aber keiner etwas davon erzählt (kommt näher und sticht sich) Spinnst du, da gehe ich lieber wieder heim zu meiner Mutter! RITTER 2 RITTER 2 RITTER 3 RITTER 3 Ich bin der Ritter Wagemut, und bin für alle Dornen gut. Mein Vater sagte immer: Gehst Du zur Dorne, vergiss deine Handschuhe nicht. (Sticht zu) Hilfe, ich hänge fest! Ich bin der Prinz Eisenherz und kenne überhaupt keinen Schmerz. Ausserdem kann ich Karate. (Sticht zu) Hilfe, ich hänge fest. 4 siepe con le spine prinicipi e cavalieri crescere nascondere stupida guanti Und so ging das immer weiter, bis die 100 Jahre vorbei waren und wieder ein Prinz,bdiesmal zur rechten Zeit am rechten Orte war. 1 Ich will weiter kratzen und stechen. 2 Ich habe keine Lust mehr, immer zu pieksen, zu stechen, zu kratzen und zu beissen, ich will auch mal blühen. fiorire 1 Das dürfen wir nicht. Doch, wenn zur rechten Zeit... der rechte Mann kommt, dann dürfen wir. 1 Das passiert doch nie. 2 Doch, jetzt. Und ich blühe jetzt 1 Na gut, blüh, ich halt mit. graffiare pungere fiorire Gerade hat mir ein alter Mann erzählt, dass hinter dieser Hecke eine wunderschöne Prinzessin schläft. Aber das ist ja gar keine Hecke, das sind ja wunderschöne Rosen. Und sie gehen von alleine zur Seite. (geht zu Dornröschen und küsst sie wach) Hast Du mich wachgeküsst? Ja komm! Es geht nicht immer ohne Schmerzen zu erwachen. Es ist schön aufzuwachen und seinen Prinzen zu finden. Es ist schön warten zu können und im richtigen Moment zu küssen. In diesem Moment wachte aber nicht nur Dornröschen auf, sondern auch alle anderen: die Eltern in der Kutsche, die Diener, die Zofen, die Mägde, die Knechte Mi hai svegliato baciandomi? dolore 4

5 sogar die Tiere wachten wieder auf. Die Pferde, die Hunde, die Fliegen und am Ende auch wieder der Koch (wird alles gespielt). Der Prinz aber ging mit Dornröschen zu ihren Eltern und fragte sie, ob er sie heiraten dürfe. Und natürlich haben die Ja gesagt, denn er hatte sie ja wachgeküsst. So gingen sie auf sein Schloss und feierten Hochzeit. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Eltern = genitori heiraten = sposarsi Hochzeit = matrimonio 5 5