3D-Refraktion. Ein Erlebnis mit besserem Ergebnis? Teil 2. Markus Leicht, Maria Stinn, Stephan Degle. Erzeugung eines 3D-Effektes
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- Hannah Förstner
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1 3D-Refraktion Ein Erlebnis mit besserem Ergebnis? Teil 2 Markus Leicht, Maria Stinn, Stephan Degle Die Serie 3D-Refraktion Ein Erlebnis mit besserem Ergebnis? soll sich auf wissenschaftlicher Ebene mit bestehenden Fragestellungen zur 3D-Refraktion beschäftigen. Der praxisrelevante Erkenntnisgewinn für den Augenoptiker/Opto - metristen steht dabei im Vordergrund. In Teil 1 wurde ein Vergleich zwischen herkömmlicher Refraktion und 3D-Refraktion hinsichtlich der Optotypendarstellung, verwendeter Polarisationstechnik und resultierendem Refraktionsergebnis angestellt. Teil 2 der Serie soll die Frage klären, welche Auswirkung die 3D-Stimulation auf okulomotorische Mechanismen Vergenz und Akkommodation hat. Gerade aufgrund der Anwendung von 3D-Effekten im Refraktionsraum und der übergeordneten Bedeutung von Vergenz und Akkommodation während der Refraktionsbestimmung und Binokularprüfung ergibt sich die Notwendigkeit der Klärung. Erzeugung eines 3D-Effektes Um die Wirkung künstlich erzeugter 3D-Effekte auf die Okulomotorik des menschlichen Auges verstehen zu können, müssen zunächst einige Grundlagen in Bezug auf die technische Realisierung eines solchen 3D-Effektes über ein zweidimensionales Display erläutert werden. Zunächst gilt es zwei zentrale Be - dingungen zu erfüllen. Eine Bedingung zur Erzeugung eines 3D- Effektes ist die separate Darstellung jeweils eines Sehein - druckes für das rechte und linke Auge. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Halbbildern (Abb. 1). Abhängig von Abb. 1: Wahrnehmung des 3D-Effektes vor oder hinter der Displayebene in Abhängigkeit von der Zuordnung der Halbbilder zum jeweiligen Auge (HB = Halbbild, GB = Gemeinschaftsbild, SP = Stereoskopische Parallaxe). der Wiedergabemethode geschieht die Separation der Halb - bilder über verschiedene technologische Ansätze zur Bild - trennung, zumeist jedoch über zirkulare oder lineare Polarisa - tionsfilter. Eine weitere Bedingung ist die Positionierung und die perspektivische Variation der Halbbilder. Dabei werden die Halbbilder horizontal zueinander versetzt auf dem Display dargeboten. Die Halbbilder sind dabei nicht vollständig räumlich getrennt, sondern ineinander verschachtelt. Der horizontale Versatz der Halbbilder wird als stereoskopische Parallaxe (Abb. 1) bezeichnet. Sind beide Bedingungen erfüllt, setzen sich die beiden Halbbilder über querdisparate Abbildung auf den Netzhäuten beider Augen und weitere kortikale Verarbeitung zu einem dreidimensionalen Gemeinschaftsbild vor oder hinter der Displayebene zusammen. Ob der 3D-Effekt vor oder hinter der darstellenden Displayoberfläche wahrgenommen wird, hängt von der Zuordnung der Halbbilder zum jeweiligen Auge ab. Ist das rechte Halbbild dem rechten Auge und das linke Halbbild dem linken Auge zuzuordnen, so wird das Gemeinschaftsbild hinter der darstellenden Oberfläche wahrgenommen (Abb. 1, links). Bei umgekehrter Zuordnung der Halbbilder wird der 3D-Effekt vor der Displayebene wahrgenommen (Abb. 1, rechts). Wie weit sich der 3D-Effekt von der Displayebene entfernt, hängt vor - wiegend von dem Betrag der stereoskopischen Parallaxe ab. Je größer die Parallaxe, desto größer ist der 3D-Effekt. Der künstliche 3D-Effekt ist letztlich der Nachbau der geo - metrischen Zusammenhänge eines realen räumlichen Reizes über eine zweidimensionale Oberfläche das stereoskopische Display. Reaktion der Okulomotorik auf 3D-Stimulation Die visuelle Verarbeitung von natürlicher Räumlichkeit in der realen Welt ist dadurch charakterisiert, dass sowohl der akkommodative Status als auch die Fixation eines Objektes durch Vergenzbewegung des Augenpaares gekoppelt sind (Abb. 2, rechts). Der Betrachter fokussiert und fixiert das Objekt, welches seine Aufmerksamkeit erregt. Bei der Betrachtung von künstlichen 3D-Effekten hingegen kommt es nach einem theoretischen Verarbeitungsmodell zu einem abweichenden Verhalten [1, 2]. Der Betrachter fokussiert konstant die Displayebene, auf welcher die Halbbilder dargeboten werden, und fixiert gleichzeitig den wahrgenommenen 3D-Effekt, welcher vor oder hinter der Displayebene liegt. Dadurch kommt es zu einer unnatürlichen Entkopplung von Vergenz und Akkommodation, der sogenannte Vergenz-Akkommodation-Konflikt (VAK) tritt auf (Abb. 2, links). Die unnatürliche Entkopplung von Vergenz und Akkommoda- 64 DOZ
2 Abb. 2: Ebene der Vergenz und Akkommodation bei stereoskopischer 3D-Darbietung (links) und realer Räumlichkeit (rechts). tion lässt sich unter Berücksichtigung der Entstehung eines künstlichen dreidimensionalen Effektes durch Stereoskopie modellhaft ableiten. Der Betrachter muss auf die Displayebene fokussieren, sodass die beiden auf dem Display dargestellten Halbbilder für das rechte und linke Auge deutlich und scharf wahrgenommen werden. Der horizontale Versatz in Zusammenspiel mit der separaten Darstellung der beiden Halbbilder für das rechte und linke Auge bewirkt hingegen, dass jedes Auge das dazugehörige Halbbild fixiert und sich die Fixierlinien des Augenpaares folglich nicht in der Displayebene, sondern in der Ebene des virtuellen 3D-Objektes schneiden. Empirische Erkenntnisse zum VAK Forschungsarbeiten zur Verifizierung des VAK zeigen, dass das erläuterte Modell zu den okulomotorischen Verarbeitungsprozessen bei 3D-Darbietung um komplexere Zusammenhänge erweitert werden muss. Eine Studie von Ukai et al. [3] verdeutlicht: Das theoretische VAK-Modell der zielgerichteten Vergenzbewegung auf den 3D-Stimulus bei statischer Akkommodation auf die Displayebene findet keine uneingeschränkte Bestätigung. Vielmehr zeigt sich auch das akkommodative Verhalten als variabel, außerhalb der Displayebene liegend. Eingehendere Untersuchungen des VAK erfolgten durch Okada et al. [4] an einem (auto)stereoskopischen Display 1 in konstanter Prüfentfernung. Auf dem Display wurde ein visueller Stimulus (Malteserkreuz) in zwei verschiedenen Betrachtungsentfernungen durch Ausnutzung des 3D-Effektes dargeboten. In Position 1 befand sich der Stimulus innerhalb der Displayebene. Es lag kein stereoskopischer 3D-Effekt vor. Position 2 des Stimulus befand sich 0,17 m vor der Displayebene, indem der stereoskopische 3D-Effekt ausgenutzt wurde. Für beide Positionen wurde die akkommodative und vergente Einstellebene des visuellen Systems messtechnisch (modifiziertes Autorefraktometer / Eye-Tracking-System) ermittelt. Dem theoretischen Modell des Vergenz-Akkommodation- Konfliktes folgend, wird beim Übergang des Stimulus von Position 1 (Abb. 3, Phase 1) zu Position 2 (Abb. 3, Phase 2 4) eine konvergente Augenbewegung provoziert. Bedingt durch die stereoskopische Parallaxe die Grundlage zur Erzeugung des 3D-Effekts folgt das Augenpaar dem 3D-Objekt bei seiner Bewegung zum Probanden hin. Weiter wäre nach den theoretischen Annahmen zum VAK ein konstanter Zustand der Akkommodation bei Variation der stereoskopischen Parallaxe zu erwarten. Ebenso wie Ukai et al. finden Okada et al. jedoch ein variables akkommodatives Verhalten vor. Der Akkommodationserfolg steigert sich kurz nach der plötzlichen Verschiebung des Malteserkreuzes zum Probanden hin (Phase 2). Die Akkommodation folgt somit dem 3D-Effekt. Den Schub der Akkommodation erklären die Autoren durch einen akkommodativen Anteil, welcher durch die konvergente Augenbewegung induziert wird. Der Anstieg des akkommodativen Status durch die sogenannte Vergenzakkommodation 2 stellt sich jedoch nur kurzfristig ein, sodass eine nachträgliche Korrektur, möglicherweise durch den gegenläufig wirkenden akkommodativen Anreiz der resultierenden Unschärfe bedingt, einsetzt. Schließlich resultiert eine übermäßige Verschiebung der akkommodativen Ebene von der dar- u 1 3D-Display, welches nach dem stereoskopischen Prinzip zur Erzeugung des 3D-Effektes arbeitet, jedoch ein vor das LCD-Panel geschaltetes Zusatzpanel (Barrierefilter, Lentikularlinsen) nutzt, um den Gebrauch von 3D-Brillen (Polarisation, Shutter) zu umgehen. [5] 2 Akkommodation, die direkt durch eine Änderung der Konvergenz hervorgerufen wird. [6, S. 4] Abb. 3: Akkommodativer und konvergenter Aufwand eines repräsentativen Probanden während der Darbietung eines 3D-Stimulus auf einem 3D-Display in 0,50 m Prüfentfernung. Abrupte Verschiebung des Stimulus von einer Betrachtungsentfernung von 0,50 m (Phase Ph1: Objekt in der Displayebene; kein 3D-Effekt) auf 0,33 m (Phase Ph2 Ph4: 3D-Objekt vor der Displayebene, stereoskopischer 3D-Effekt) (in Anlehnung an [4, S. 480]). DOZ
3 stellenden Displayebene weg in einer unscharfen Abbildung auf der Netzhaut. Nach Überschreiten des limitierten Bereiches der Tiefenschärfe als Toleranzbereich wird die retinale Unschärfe wahrnehmbar. Reflexakkommodation 3 wird ausgelöst. Hierdurch wird der akkommodative Aufwand erneut reduziert (Phase 3). Nach einer gewissen Zeitspanne der gegenseitigen Beeinflussung nehmen Konvergenz und Akkommodation einen stabilen Zustand ein (Phase 4), [ ] when a balance between convergence-driven and defocus-driven accommodation is reached. [4, S.483] In diesem Zustand zeigt sich nun eine größere Diskrepanz zwischen Akkommodation und Vergenz als zu dem Zeitpunkt, für welchen das Malteserkreuz in der Displayebene positioniert war. Dieses Verhalten veranschaulicht die gesteigerte Entkopplung von Vergenz und Akkommodation, der VAK kommt zum Tragen. Die Forschungsergebnisse von Torii et al. [7] stehen weitestgehend in Einklang mit den Erkenntnissen von Okada et al. Da Torii et al. jedoch ebenso Probanden untersuchten, die keinen akkommodativen Schub, sondern einen langsamen und konstanten Anstieg des akkommodativen Erfolges zeigten, diskutieren sie darüber hinaus den Einfluss der individuellen Ausprägung des CA/C-Gradienten 4. Schließlich ist der diskutierte Betrag an Vergenzakkommodation, welcher durch konvergente Augenbewegung ausgelöst wird, von Individuum zu Individuum unterschiedlich. Dieser Zustand würde die verschiedenen charakteristischen Variationen der einleitenden akkommodativen Antwort erklären. Die Annahme von Torii et al., dass die Individualität der initialen akkommodativen Antwort durch die unterschiedliche Ausprägung des CA/C-Gradienten und damit der Vergenzakkommodation erklärt werden könne, wurde in einer weiteren Studie von Fukushima et al. [8] aufgegriffen und bestätigt. Es konnte ein korrelativer Zusammenhang zwischen der Ausprägung des akkommodativen Schubes und dem individuellen CA/C-Gradienten festgestellt werden. Daraus ergeben sich unter Gruppierung in Probanden mit hohen bzw. niedrigen CA/A-Gradienten spezifische Muster im akkommodativen Verhalten auf Stimulation mit stereoskopischen Inhalten (Abb. 4a bzw. 4b). Wie bereits von Okada et al. und Torii et al. diskutiert, setzen sich die verschiedenen Variationen der spezifischen Verhaltensmuster der Akkommodation (Abb. 4, Ziffer 5) aus der Sum - mation der antagonistischen Vergenzakkommodation (Ziffer 2) und der durch Defokus induzierten Akkommodationsanteile (Ziffer 4) zusammen. Die Vergenzakkommodation zeigt sich gegenüber der durch Defokus induzierten Akkommodation als individuell variabler und damit als ausschlaggebender Faktor bei der Beurteilung, ob es zu einem akkommodativen Schub kommt. Fukushima et al. kommen unter Analyse ihrer Stichprobe zu folgendem Schluss: accommodative overshoot [..] is a characteristic response in around 50 % of subjects [8, S. 9]. Die diskutierten Studien weisen alle die Charakteristik von Fallstudien auf (N 8). Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum akkommodativen Verhalten der untersuchten Probanden bei Betrachtung stereoskopischer 3D-Effekte verdeutlichen, dass Abb. 4: Schematische Darstellung des akkommodativen Aufwandes während der Darbietung einer stereoskopischen Sequenz auf einem Display in 0,50 m Entfernung. Abrupte Variation des stereoskopischen Effektes von einer Betrachtungsentfernung von 0,50 m (Stimulus innerhalb der Displayebene) zu 0,33 m (Stimulus vor der Displayebene). Akkommodatives Verhalten bei (a) Dominanz der Vergenzakkommodation gegenüber der durch Defokus induzierten Akkommodation und bei (b) weniger deutlichen Verhältnismäßigkeiten beider gegenspielender Faktoren zur Akkommodationsauslösung. [8, S. 11] die akkommodative Ebene nicht statisch innerhalb der Displayebene liegt, sondern vielmehr individuellen Schwankungen unterworfen ist. Dabei kommt es zu einer mehr oder weniger starken Verschiebung der akkommodativen Ebene in Richtung des 3D-Stimulus außerhalb der Displayebene. Aufgrund der großen Bandbreite möglicher Reaktionsmuster, lässt sich ohne weiterführende Untersuchungen nicht vorhersehen, wie sich das akkommodative System bei 3D-Stimulation verhält. Transfer bisheriger Erkenntnisse auf die 3D-Refraktion Bisherige Forschungsergebnisse werfen folgende Frage auf: Welchen akkommodativen Status nimmt der Betrachter während der 3D-Refraktion ein? Um diese Fragestellung empirisch klären zu können, wurde im Rahmen einer Fallstudie (N = 6) der akkommodative Status während der 3D-Refraktion mit Hilfe eines Freisicht-Autorefraktometers (WAM-5500 / Grand Seiko Co., Ltd.) bestimmt. Hierfür wurden die Probanden mit einem 3 [ ] unwillkürliche Einstellung des refraktiven Status als Antwort auf retinale Unschärfe, um ein scharf definiertes und fokussiertes Netzhautbild zu erzielen und zu erhalten [ ] [9, S. 97] 4 [ ] der CA/C-Gradient kann gemessen werden, um festzustellen, ob ein bekannter Betrag an Konvergenz in überhöhter oder reduzierter Vergenzakkommodation resultiert. [ ] Der Gradient gibt den ausgelösten Betrag der Vergenzakkommodation für einen definierten Betrag der Konvergenz an. [10] 66 DOZ
4 Abb. 5: Messergebnisse der Fallstudie zur Akkommodation auf stereoskopische Stimulation (links) über eine Testfeld der 3D-Refraktion (rechts) (MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung). Testfeld eines 3D-Refraktionssystems (PasKal3D / IPRO GmbH) auf einem 32-Zoll-Display (LG 32LA6136) in einer Betrachtungsentfernung von 4,0 m konfrontiert (Abb. 5, rechts oben). Das Testfeld kann in ein zentrales und ein peripheres Testfeld untergliedert werden. Das zentrale Testfeld, bestehend aus weißem Hintergrund und schwarzem Optotypen, wird ohne stereosko - pischen Effekt dargestellt. Hinsichtlich der räumlichen Aus - prägung erscheint das zentrale Testfeld somit innerhalb der Displayebene. Das periphere Testfeld setzt sich im Gegensatz zum zentralen Testfeld aus zwei Halbbildern zusammen, die mit einer stereoskopischen Parallaxe versehen sind. Resultierend wird das periphere Testfeld räumlich versetzt hinter der Displayebene wahrgenommen. Die Probanden wurden nun aufgefordert, sich nacheinander auf die markierten Punkte im zentralen (REF = Referenz) und peripheren Testfeld (P1, P2, P3) zu konzentrieren (Abb. 5, rechts oben). Zeitgleich wurde der refraktive Status mit dem Freisicht- Autorefraktometer nacheinander für die ausgewählten Punkte innerhalb der Szenerie aufgenommen (jeweils 20 Messwiederholungen). Die Differenz des refraktiven Status beim Betrachten des Referenz-Messpunktes und den peripheren Messpunkten P1 bis P3 stellt die akkommodative Differenz zwischen zentralem und peripherem Testfeld dar. Durch die Studie sollten erste Erkenntnisse gesammelt werden, inwiefern der akkommodative Status durch den 3D-Effekt beeinflusst wird. In Abbildung 5 (links) sind die Ergebnisse der Studie grafisch veranschaulicht. Es wird deutlich, dass sich die akkommodative Einstellebene (graue Linie) des Probandenkollektivs bei Betrachtung der Messpunkte P1 bis P3 im Mittel hinter der Displayebene (grüne Linie) im Bereich des 3D-Stimulus (rote Linie) befindet. Es kommt innerhalb der Stichprobe folglich zu einer Desakkommodation von durchschnittlich 0,10 dpt bei direkter Betrachtung des peripheren 3D-Effektes. Des Weiteren ist festzustellen, dass die individuellen Einzelwerte des akkommodativen Verhaltens (graue Punkte) eine hohe Streuung aufweisen. Die Erkenntnisse der Fallstudie stehen somit weitest - gehend in Einklang mit den obigen Ergebnissen zitierter Forschergruppen. Durch einen stereoskopischen Effekt wird der akkommodative Status tendentiell in Richtung des 3D-Effektes außerhalb der Displayebene verschoben. Dieses Verhalten ist durch die Vergenzakkommodation hervorgerufen, welche durch die initiale Vergenzbewegung zur Fixation des 3D-Stimulus ausgelöst wird. Aufgrund der großen Betrachtungsentfernung von 4,0 m schlägt sich der Abstand zwischen Displayebene und 3D-Effekt in einer geringen Differenz zwischen den akkommodativen Sollwerten für beide Ebenen nieder. Folglich wird die akkommodative Abweichung des betrachtenden Auges von der darstellenden Displayebene durch die Tiefenschärfe des Auges kompensiert. Es kommt zu keiner Auslösung von antagonistischer Reflexakkommodation, welche den akkommodativen Status erneut in Richtung der Displayebene verschieben würde. Die starke Streuung des akkommodativen Verhaltens innerhalb der Stichprobe lässt sich durch den individuellen CA/C-Gradienten, der die personenspezifische Kopplung zwischen Vergenz und Akkommodation charakterisiert, begründen. Darüber hinaus müssen Messungenauigkeiten des Autorefraktometers berücksichtigt werden. Konsequenzen bei Anwendung der 3D-Refraktion Der gewählte Studienaufbau liefert erste Erkenntnisse, inwiefern es innerhalb der untersuchten Stichprobe bei nacheinander folgender Betrachtung von zentralen Optotypen und peripheren 3D-Effekten wie es bei der Anwendung der 3D-Refraktion sicherlich gelegentlich vorkommt zu akkommodativen Schwankungen kommt. Es wird nicht geklärt, ob es bei ausschließlicher Betrachtung der Optotypen, ohne den 3D-Effekt direkt zu fixieren, ebenso zu einer akkommodativen Variation aufgrund der Abbildung des 3D-Effektes auf peripheren Netzhautarealen kommt. Diese Sehsituation liegt während der Refraktionsbestimmung sicherlich überwiegend vor. Erst die Klärung dieser Fragestellung lässt den Schluss zu, ob sich mögliche akkommodative Schwankungen letztlich auf das Refraktionsergebnis auswirken können. Studienerkenntnisse zur Gegenüberstellung der ermittelten Refraktionswerte über herkömmliche Refraktion und 3D-Refraktion deuten darauf hin, dass eine Beeinflussung des Refrak - tionsergebnisses durch den VAK bei einem Großteil ausbleibt [11, 12]. Schließlich zeigt sich hier keine statistisch signifikante Differenz zwischen den sphärischen Refraktionswerten bei herkömmlicher Refraktion und 3D-Refraktion. Nichtsdestotrotz ist die unvorhersehbare und praxisrelevante Beeinflussung des akkommo - dativen bzw. refraktiven Status in Einzelfällen, vor allem bei einer festen Kopplung zwischen Akkommodation und Vergenz (hoher CA/C-Gradient), nicht vollständig ausgeschlossen. Vor allem aufgrund der Unvorhersehbarkeit des akkom modativen Verhaltens auf 3D-Stimulation ergibt sich für den Einzelfall ggf. eine Situation, u DOZ
5 die für die Qualität der Refraktionsbestimmung nicht zuträglich ist. Zwischenfazit Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Fallstudie zunächst um eine Studie mit eingeschränkter Probandenzahl handelt. Folglich können die Erkenntnisse zwar für die untersuchten Individuen interpretiert werden, eine allgemeingültige Aussage lässt sich jedoch nicht ableiten. Hierfür ist die Untersuchung einer weitaus umfangreicheren Stichprobe unter Anwendung eines modifizierten Studiendesigns notwendig, um valide und übertragbare Erkenntnisse zu generieren. Bis zur weiteren Klärung offener Fragen, sollen abschließend einige Handlungsempfehlungen auf Grundlage des bisherigen Kenntnisstandes für den Anwender der 3D-Refraktion formuliert werden. Es wird empfohlen, auf Testanordnungen zurückzugreifen, welche die zentrale Darstellung der Optotypen bzw. Testmarken um ein weißes Umfeld ergänzen und erst im peripheren Bereich einen stereoskopischen 3D-Effekt darstellen. Um die diskutierten Nebeneffekte der stereoskopischen 3D- Darbietung auf das akkommodative System möglichst gering zu halten, bietet sich darüber hinaus eine geeignete Instruktion des Betrachters an. So sollte der Betrachter darauf hingewiesen werden, sich während der Refraktionsbestimmung an entsprechenden Testfeldern auf die dargestellten Optotypen auf weißem Hintergrund zu konzentrieren und Blickauslenkungen auf den peripheren 3D-Effekt zu vermeiden. Ausblick Neben der Berücksichtigung des akkommodativen Verhaltens ist es im Besonderen für die Prüfung des Binokularstatus von übergeordnetem Interesse, das Verhalten der vergenten Augenbewegung während der 3D-Refraktion zu hinterfragen. Schließlich wirkt sich die Beeinflussung des Vergenzstatus durch Darbietung von stereoskopischen Effekten mitunter auf die Prüfung der vorliegenden Heterophorie aus. Wie oben erläutert, geht die Darstellung eines stereoskopischen Effektes mit der Verschiebung der vergenten Einstellebene außerhalb der Displayebene einher. Damit wird ein Zustand provoziert, wie er bei herkömmlichen Methoden zur Heterophoriebestimmung nicht vorliegt. Auch in diesem Punkt besteht weiterer Forschungsbedarf für den speziellen Fall der 3D-Refraktion. Auf weitere mögliche Problemstellungen bei der Untersuchung des binokularen Sehens über die 3D-Refraktion wurde bereits in der vorherigen Ausgabe der DOZ eingegangen [13]. n In einem folgenden Teil 3 werden weitere Aspekte der 3D-Refraktion thematisiert. Es soll zunächst auf verschiedene Methoden zur Bestimmung des dominanten Auges eingegangen werden und anschließend ein Vergleich mit der Ermittlung der Augendominanz im Rahmen der 3D-Refraktion erfolgen. Autoren: Markus Leicht M. Sc. markus.leicht@fh-jena.de Maria Stinn B.Sc. Prof. Dr. Stephan Degle stephan.degle@fh-jena.de Literatur [1] RUSHTON, S. K.; RIDDELL, P. M. (1999): Developing visual systems and exposure to virtual reality and stereo displays: some concerns and speculations about the demands on accommodation and vergence; Applied Ergonomics, 30, [2] HOFFMAN, D.; GIRSHICK, A.; AKELEY, K. (2008): Vergence-accommodation conflicts hinder visual performance and cause visual fatigue; Journal of Vision, 8 (3) 33, 1-30 [3] UKAI, K; KATO, Y. (2002): The use of video refraction to measure the dynamic properties of the near triad in observers of a 3-D display; Ophthal. Physiol. Opt., 22, [4] OKADA, Y.; UKAI, K.; WOLFFSOHN, J. et al. (2006): Target spatial frequency determines the response to conflicting defocus- and convergence-driven accommodative stimuli; Vision Research, Vol. 46, [5] HOLLIMAN, A.; DODGSON, N. A.; FAVALORA, G. E. et al. (2011): Three-Dimensional Displays: A Review and Applications Analysis; IEEE Transactions on Broadcasting, Vol. 57 (2), [6] MILLODOT, M. (2004): Dictionary of Optometry and Visual Science; 6. Auflage; Edinburgh; Butterworth-Heinemann [7] TORII, M.; OKADA, Y.; UKAI, K. et al. (2008): Dynamic measurement of accommodative response while viewing stereoscopic images; J. Modern Optics, 55, [8] FUKUSHIMA, T.; TORII, M.; UKAI, K. et al. (2009): The relationship between CA/C ratio and individual differences in dynamic accommodative responses while viewing stereoscopic images; Journal of Vision, 9 (13), 21, 1-13 [9] BENJAMIN, W. J. (2006): Borish s Clinical Refraction; 2. Auflage; St. Louis, Missouri; Butterworth-Heinemann, Elsevier Inc. [10] ANSONS, A. M.; DAVIS, H. ((2014): Diagnosis and Management of Ocular Motility Disorders; 4. Auflage; Chichester, West Sussex; John Wiley & Sons, Ltd. [11] SCHMIDT-KIY, O.; GREIN, H.-J. (2015): Besser 2D oder 3D? Die Reproduzierbarkeit der Refraktionsbestimmung mit PasKal3D; DOZ, 05/15, [12] DEGLE, S.; LEICHT, M.; STINN, M. (2015): 3D-Refraktion: Ein Erlebnis mit besserem Ergebnis? Teil 1; DOZ, 06/15, [13] STOLLENWERK, G. (2015): Standpunkt des Wissenschaftlichen Beirats der IVBS zur 3D-Refraktion ; DOZ, 07/15, Anzeige Fachbücher zur Aus- und Weiterbildung finden Sie in unserem Online-Shop 68 DOZ
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