Der lange Weg zum kurzen Schwarzen

Transkript

1 1/7 Es gibt glücklicherweise auf der ganzen Welt Menschen, die mit ihrer Passion und Begeisterung für ihr Handeln einzigartige Qualität schaffen. Die Andraschkos gehören mit ihrem Kaffee dazu. Tim Raue, vielfach ausgezeichneter deutscher Spitzenkoch Der lange Weg zum kurzen Schwarzen Von Wien nach Berlin und wieder zurück: Die Andraschko Kaffee Manufaktur kommt nach Hause ein wenig zumindest Berlin/Wien, 25. Oktober 2012 Die Kinder mögen zwar immer aus Wien sein, wie André Heller in einem seiner berühmten Chansons singt. Der ausgezeichnete Kaffee jedoch, für den die Stadt so bekannt geworden ist, nicht immer. Manchmal kommt dieser Kaffee auch aus Berlin wie im Falle der Andraschko Kaffee Manufaktur. Und zwar auf einem wunderbaren Umweg, der dann zu guter Letzt doch viel mit Wien zu tun hat. Was auch sonst. Wo liegt sie denn, diese Kaffeerösterei? Wer die Andraschko Kaffee Manufaktur besuchen will, muss in Berlin in die Köpenicker Straße 154 fahren. Das ist eine dieser typischen Berliner Ecken, weil ziemlich ungemütlich. Vielbefahrene Durchzugsstrasse, verwaiste Lagerhäuser, der riesige Parkplatz eines Umzugsunternehmens, ein Baumarkt, keine Lokale, kaum Passanten. Sobald man aber den riesigen Backsteinbau aus der Jahrhundertwende betritt, wo die Andraschkos produzieren, herrscht eine ganz andere, ebenfalls typische Berliner Stimmung: eine Mischung vieler unterschiedliche Gewerke. Vom Tischler über den Fotografen bis hin zum Schuhmacher. Ganz oben, im 4. Stock und unterm Dach befindet sich die Kaffeerösterei. In einer weitläufigen, L- förmigen Halle. Zwei Trommel- Röstmaschinen, Jutesäcke mit exotischen Aufschriften, in denen sich Rohkaffee befindet, zwei Holzfässchen mit exquisitem Blue Mountain - Kaffee aus Jamaika, hohe Regale mit knallroten Kaffeepackungen, chromglänzende Milchkännchen, geheimnisvoll- goldene Packungen unbestimmten Inhalts. Und vorne, im Zentrum der Manufaktur, ein langgestreckter Holztisch mit Büchern und Zeitschriften, Kaffeetassen, Krimskrams, Lieferscheinen, einem Computer und einem Mitarbeiter, der an seinem Vortrag arbeitet, den er anderntags vor angehenden Baristas

2 2/7 halten wird. Die wollen wissen, wie man den perfekten Espresso und Cappuccino macht und was es mit Latte Art auf sich hat also dem kunstvollen Ineinandermengen von Espresso- Crema und geschäumter Milch, so dass weiß- braune Muster entstehen. Gleich neben dem langen Tisch befindet sich die Versuchsküche mit Kaffeemaschinen, gebrauchten Tassen, Schalen mit Probe- Röstungen, Mahlmaschinen und noch mehr Kaffeepackungen. Mit einem Wort: Wir sehen den Lebens- und Arbeitsraum von zwei Menschen, die ganz offensichtlich dort angekommen sind, wo sie hin wollten: in ihr eigenes Unternehmen. Mit einem Produkt, das sie schätzen und dem sie ihre ganze Aufmerksamkeit widmen. Wie produziert man erstklassigen Kaffee, wie das die Andraschkos tun? Mit der Produktion erstklassigen Kaffees verhält es sich wie mit der Herstellung anderer hochwertiger Güter auch. Man braucht dazu: die besten Rohstoffe, profunde Kenntnisse, die richtige Haltung und einen breiten kulturellen Background. Manches davon kann man kaufen, anderes muss man sich in jahrelanger Arbeit aneignen, wieder anderes hat man im Gefühl. In welchem genauen Verhältnis das eine zum anderen steht, ist schwer zu beschreiben, eigentlich gar nicht. Wer zum Beispiel für seine Sorten wie Bar Italia oder Wiener Kaffeehausmischung nur hochklassigen Arabica- Rohkaffee verwendet, wie das die Andraschkos tun, der hat dafür mehrere Gründe: Weil er sich dem Ehrenkodex des Handwerks verpflichtet fühlt; weil er seine Zeit nur mehr damit verbringen will, hochqualitative Dingen zu produzieren; und weil er die soziale Verpflichtung spürt, mit Rohstoff- Lieferanten zusammen zu arbeiten, die ihre Mitarbeiter genauso gut behandeln wie ihre Produkte. Ganz zu schweigen von der Lust daran, seinen Kunden schlicht & einfach den besten Kaffee zu liefern. Wer wollte da ein Motiv vom anderen trennen? Und wozu? In dieser Art geht es weiter: Wer viel Geld investiert, um den besten Arabica- Rohkaffee zu kaufen, beginnt damit, seine Lieferanten zu besuchen. In Süd- Indien zum Beispiel oder in Brasilien, wo Willy Andraschko im Oktober 2012 war. Um die Produzenten persönlich kennen zu lernen, die Lage der Farm, deren Mitarbeiten. Und um schließlich mit den Farm- Besitzern direkt Geschäfte zu machen, die diesen höhere Erlöse bringen als der Großhändler sie bietet. So greift eins ins andere, bedingt es, schließt ein Drittes aus. Handwerk eben. Wer diese Grundhaltung akzeptiert hat, wird sich nicht mehr wundern, die beiden Andraschkos immer wieder zu treffen. In Triest (wo sie immer wieder die Kunst des Kaffeeröstens verfeinern), in Mailand (wo sie die Leute von Rocket besuchen, die ganz ausgezeichnete Kaffeemaschinen herstellen) oder in Wien (wo sie zu ihren Wurzeln zurückkehren, von denen jetzt die Rede sein soll).

3 3/7 Wer sind denn nun diese Andraschkos? Erst Kaffeehausbewohner, dann Kaffeehausgründer, heute Kaffeeröster. Geht es etwas genauer? Willy Andraschko, geboren 1956 im 13. Wiener Gemeindebezirk, ging nicht nur in die Graphische Fachakademie für Fotografie, sondern auch ausgiebig ins Kaffeehaus. Sehr ausgiebig. Manche sagen sehr sehr ausgiebig. Von Elisabeth Andraschko- Graf gibt es ähnliche, wenn auch deutlich weniger dramatische Berichte. Das hat damit zu tun, dass sie eine Foto- und Illustratoren- Agentur nicht nur gründete, sondern auch jahrelang erfolgreich führte. Wer ausgiebig im Wiener Kaffeehaus gelebt hat, der versteht irgendwann, dass es sich dabei um einen öffentlichen Raum handelt, wie es ihn auf der Welt nicht noch einmal gibt. Einen Raum, der keine Klassen kennt, keine Styleguides und keine Gentrifizierung. Der vielmehr Platz bietet für den Menschen als solchen. Für dessen Streitereien, seinen trivialen Tratsch, seine beiläufigen Alltäglichkeiten, endlosen Tarockpartien, mühseligen Arbeitsstunden am Laptop, seine konzentrierten Geschäftstermine. Und für dessen Bedürfnis, stundenlang bei einer einzigen Bestellung dazusitzen und jene Gesellschaft zu genießen, die wir bekanntlich fürs Alleinsein brauchen. Zusammengehalten wird diese (statisch gesehen unmögliche) Gesellschafts- Skulptur durch den Kaffee. Und zwar in zweifacher Form. Als Idee. Und als reales Getränk. Dem Espresso, dem Cappuccino und dem Verlängerten kommt die Aufgabe zu, den Geist jener Menschen zu schärfen, die sich in seinem Zeichen treffen und dann meist auch wirklich trinken. All das sollte man tunlichst wissen, wenn man sich an die Probat UG 22 stellt, um Kaffee zu rösten. Die Andraschkos jedenfalls halten es für eine unabdingbare Voraussetzung für ihr ganzes Tun. Wie genau die Andraschkos das Kaffeehaus verstanden haben, zeigt der Umstand, dass es ihnen gelungen ist, dessen Idee nach Berlin zu transferieren und zum Leben zu erwecken. Und zwar in Gestalt des Café Einstein in der Kurfürstenstrasse. Wer fragt, wo man in der 3,7 Millionen- Stadt Berlin ein Kaffeehaus findet, das seinen Namen verdient, wird als erstes das Einstein genannt bekommen. Rund zwanzig Jahre haben die Andraschkos gemeinsam mit anderen diese Institution gepflegt und gelebt. Wie stark deren Substanz ist, zeigt der Umstand, dass es selbst nach ihrem Abgang das Einstein geblieben ist. Welche Traditionen verbinden die Andraschkos in ihren Kaffees? Zwei sehr wichtige. Die italienische bzw. mitteleuropäische. Und die amerikanische. Erstere Tradition wird durch den Espresso verkörpert, wie ihn die Italiener und da wiederum vor allem die Triestiner produzieren und zubereiten. Lange geröstet, schwarz, herb im Geschmack. Zucker? Ja! Milch? Nein! Meist besteht der italienische Espresso aus Bohnen

4 4/7 verschiedener Herkunft; deren Mischung ist Teil jener hohen Kunst der feinen Mischung, die die Andraschkos zu ihrem Wahlspruch erhoben haben. Doch in den vergangenen Jahren hat sich die Kaffeewelt weiter entwickelt. Aus den USA kam der italienische Espresso verwandelt zurück. Und zwar in mehrfacher Form verwandelt. Als deutlich heller gerösteter Kaffee, der mehr Aromen, aber auch deutlich mehr Säure besitzt. Weniger geeignet als Espresso, dafür die Basis ganz ausgezeichneten Filterkaffees (die entsprechenden Maschinen vorausgesetzt). Eine weitere Neuerung ist es, vor allem Single Origins anzubieten, also keine Blends, sondern Kaffeebohnen einer einzigen Farm und Sorte. Und schließlich trat auch der Espresso als bevorzugte Zubereitungsart in den Hintergrund. Die Szene betraten die Latte Macchiatos und Cappuccinos. Beunruhigend? Keineswegs. So, wie sich das Wiener Kaffeehaus in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, so hat sich auch der Kaffee verändert. Mit dem Espresso und seiner klaren Form sind die Andraschkos groß geworden, die heller gerösteten Singles haben sie schätzen gelernt. Und versuchen beidem gerecht zu werden. Klar definierbare Erfolgsrezepte gibt es keine, denn mit den Kaffeebohnen ist es wie beim Wein: Der Jahrgang, die Lage, das Wetter machen den Geschmack. Es kommt also darauf an, dass man als Produzent ausgezeichneten Kaffees in Bewegung bleibt. Berlin spielt in dieser Mischung der Traditionen eine wichtige Rolle. Die Stadt bietet durch ihre rege und kleinteilige Szene, auch im Bereich der Kaffeeproduktion, die idealen Bedingungen, einen eigenen Weg zu finden. Und verlangt durch ihre schiere Größe, dass man für sich selbst einen Platz findet, auf dem man sich nicht nur behaupten kann, sondern auf dem man zufrieden ist. Wer schätzt den von den Andraschkos produzierten Kaffee? Eine wachsende Zahl von Profis, die erstklassigen Kaffee zu schätzen wissen. Menschen also, die erstklassige Restaurants oder Hotels betreiben und ihren Gästen beste Qualität bieten wollen. Einer von ihnen ist Tim Raue, der vielfach ausgezeichnete Berliner Spitzenkoch, der das Restaurant Tim Raue führt und zwar in Berlin- Kreuzberg. Eigentlich ist er Tee- Trinker und hielt von Kaffee gar nichts. Bis er in die Manufaktur kam. Heute sagt er: Die schönsten Momente im Leben sind für mich die, bei denen man geringe Erwartungen hegt und vor Begeisterung im Nachhinein strahlt. Ich trinke keinen Kaffee und sollte mit meiner Frau zu einer Kaffeeprobe gehen ungern kam ich mit. Der erste Espresso wurde gereicht und an meinem Gaumen ergoss sich ein honig- samtiger Aromenstrom, voller Würze und von beachtlicher Dimension. Ich war einfach baff und beeindruckt. Es gibt glücklicherweise auf der ganzen Welt Menschen, die mit ihrer Passion und Begeisterung für ihr Handeln einzigartige Qualität schaffen. Die Andraschkos gehören mit ihrem Kaffee dazu.

5 5/7 Aber da sind noch ein paar andere, die Qualität zu schätzen wissen: Die Betreiber des eben eröffneten Waldorf Astoria Berlin am Bahnhof Zoo. Der Fixstern des Berliner Restaurant- Nachtlebens, das Grill Royal. Die österreichische Spitzenköchin Sarah Wiener, mit der gemeinsam die Andraschkos eine Kaffee- Linie entwickelt haben. Tim Mälzer, der den Andraschko- Kaffee seinen Gästen serviert, und viele andere. Einen ganz besonderen Platz in dieser edlen Galerie nehmen Helmut Unger und Michi Klein ein. Weil sie den beiden Andraschkos die Gelegenheit bieten, mit ihrem Kaffee dorthin zurück zu kehren, wo alles seinen Anfang nahm.

6 6/7 Zahlen, Daten, Biographien Andraschko Kaffee Manufaktur Berlin Gegründet: 2006 Kaffee- Umsatz: 8,5 Tonnen pro Monat Angestellt: 8 Adresse: Köpenicker Straße 154, Berlin- Kreuzberg Tel.: +49 (0) Fax: +49 (0) info@andraschkokaffee.com Homepage: Ausstattung Rösterei Röstmaschinen: Probat UG 22 & Probatone L50 (Emmerich/Deutschland) Verpackungsmaschinen: TME (Parma/Italien) & Gandus (Mailand/Italien) Bevorzugte Kaffeemaschinen La Marzocco (Florenz/Italien) & Rocket (Mailand/Italien) Bevorzugte Mühlen Mahlkönig (Hamburg/D) & Mazzer (Gardigiano di Scorze/Italien) Diese Restaurants, Hotels und Bars servieren Kaffee von den Andraschkos Tim Raue (Berlin) Waldorf Astoria (Berlin) Sarah Wiener (Wien/Berlin) Grill Royal (Berlin) Unger & Klein (Wien) u.v.m. Bezugsquellen Andraschko Kaffee Unger & Klein, Herrengasse 6-8, 1010 Wien

7 7/7 Biographien Wilhelm Andraschko wurde 1956 in Wien geboren und verbrachte einen Großteil seiner Jugendfreizeit in Wiener Kaffeehäusern. Nach einer Ausbildung an der Graphischen Fachakademie für Fotografie in Wien und ersten Erfahrungen in der Galerien- und Antiquitätenszene, ging der kunstinteressierte Kaffee- Liebhaber zunächst für drei Jahre auf Reisen zog er nach Berlin um. Dort leitet er als Mitinhaber das legendäre Café Einstein in der Berliner Kurfürstenstraße und etablierte es zu einem der bekanntesten Cafés Europas lernte er seine Frau Elisabeth kennen, die er 1994 heiratete eröffneten die beiden das Vorzimmer der politischen Bühne das Café Einstein Unter den Linden kaufte Wilhelm Andraschko den ersten Probat Trommelröster und begann damit, im Foyer des Café Einstein in der Kurfürstenstraße den Kaffee für den Eigenbedarf der Cafés selbst zu rösten. Parallel dazu entwickelte er gemeinsam mit seiner Frau die Einstein Coffee Shop AG, die 1999 an den Markt ging und heute insgesamt 12 Filialen zählt. Seit der Gründung der Andraschko Kaffee Manufaktur im Jahr 2006 konzentriert sich das Ehepaar ausschließlich auf die Produktion hochwertiger Kaffees in Berlin- Kreuzberg. Elisabeth Andraschko ist ebenfalls gebürtige Österreicherin. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Baden bei Wien folgten neben dem Studium erste Aufträge als Fotomodell und der Einstieg in die Werbebranche begann Elisabeth mit ihrer Arbeit als Make up Artistin und Stylistin für internationale Werbe- und Modekunden in Wien gründete sie die Agentur für Fotografen, 1991 folgte die Gründung der Agentur Weinper & Graf eine Repräsentanz für Fotografen und Illustratoren, die zudem internationale Fotoproduktionen für Großkunden organisierte und betreute lernte Elisabeth ihren heutigen Mann Wilhelm Andraschko kennen folgte die Hochzeit eröffneten die beiden das Vorzimmer der politischen Bühne das Café Einstein Unter den Linden. Dort leitete Elisabeth Andraschko die Bereiche Marketing, Werbung und Veranstaltungsplanung entwickelte sie gemeinsam mit ihrem Mann die Einstein Coffee Shop AG, die 1999 an den Markt ging und heute insgesamt 12 Filialen zählt. Seit der Gründung der Andraschko Kaffee Manufaktur im Jahr 2006 konzentriert sich das Ehepaar ausschließlich auf die Produktion hochwertiger Kaffees in Berlin- Kreuzberg.