Amtsangemessene Alimentation kinderreicher Beamtenfamilien Ein Leitfaden. Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht
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- Hinrich Goldschmidt
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1 Amtsangemessene Alimentation kinderreicher Beamtenfamilien Ein Leitfaden Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Instanzenweg ist zu beschreiten Wie bekannt, werden zahlreiche Verfahren an Verwaltungsgerichten, in denen Beamte kinderbezogene Besoldungsbestandteile für die Jahre ab 1999 geltend machen, geführt. Eine einheitliche Rechtsprechung hat sich dabei noch nicht herauskristallisiert. In sämtlichen Verfahren, in denen dem Beamten ein Anspruch auf Höheralimentation zugesprochen wurde, wurde die Berufung/Revision zugelassen, sodass bei der Frage, ob ein Verfahren als Erfolg versprechend erachtet werden soll, zu berücksichtigen ist, dass mit großer Wahrscheinlichkeit der Instanzenweg zu gehen ist. Das Führen eines gerichtlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist nicht kostenfrei (siehe unten). Grundsätzlich muss berücksichtigt werden, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 eine Einzelfallentscheidung war sie betraf einen Beamten der Besoldungsgruppe A14. Aus diesem Grund können keine Musterverfahren durchgeführt werden, sondern jeder Betroffene muss einzeln seinen Anspruch über den Klageweg verfolgen. Ungewiss ist, ob eine Klage zum Erfolg führen wird, denn bei der derzeitigen Gewährung kinderbezogener Besoldungskomponenten handelt es sich um pauschalierte Zahlungen, die dazu führen, dass diesbezüglich möglicherweise bei unteren Besoldungsgruppen eine Überkompensation vorliegen, während bei höheren Besoldungsgruppen die Möglichkeit einer Unterkompensation bestehen kann. Anspruch ist zu individualisieren Es ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger während des gerichtlichen Verfahrens individuell für seine jeweilige Besoldungsgruppe und für jedes Jahr differenziert
2 nachweisen muss, wie hoch die jeweiligen vorenthaltenen kinderbezogenen Besoldungsbestandteile sind. Ein pauschaliertes Schreiben reicht zur Einlegung der Klage beim Verwaltungsgericht zur Sicherung der Ansprüche zwar aus, im weiteren Klageverfahren muss die Unteralimentation jedoch individuell nachgewiesen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu folgenden Rechengang aufgestellt: Die zu ermittelnden Vergleichsgrößen bezogen auf ein Kalenderjahr sind die Nettoeinkommen, die ein Beamter derselben Besoldungsgruppe mit zwei Kindern und ein weiterer Beamter dieser Besoldungsgruppe mit mehr als zwei Kindern erzielt. Auszugehen ist vom Grundgehalt der Endstufe der Besoldungsgruppe, der das Amt des Beamten zugeordnet ist. Dabei bleibt die Absenkung der Besoldung nach Maßgabe der 2. Besoldungsübergangsverordnung, ebenso wie z. B. eine Besoldungskürzung nach 3 a BBesG und individuelle Besoldungsbestandteile, unberücksichtigt. Zuzurechnen sind weitere allgemein vorgesehene Besoldungsbestandteile, wie z. B. Einmalzahlungen, die allgemeine Stellenzulage nach Nr. 27 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B, das Urlaubsgeld und die jährliche Sonderzahlung. Darüber hinaus sind der Familienzuschlag und das Kindergeld für eine Beamtenfamilie jeweils mit einem dritten, vierten und jedem weiteren Kind einzubeziehen. Von diesem Bruttoeinkommen, ausgenommen das Kindergeld, das der Einkommensteuer nicht unterworfen ist, werden abgezogen die Lohnsteuer nach Maßgabe der besonderen Lohnsteuertabellen, der Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer. Der Vergleich beider entsprechend ermittelter Nettoeinkommen ergibt die für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Differenz des Nettoeinkommens eines Beamten mit zwei und eines Beamten mit mehr als zwei Kindern. Diese ermittelte Einkommensdifferenz ist der Bedarf des dritten Kindes gegenüberzustellen. Diese Bedarfsberechnung geht von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes aus. Zunächst ist getrennt für die Ver-
3 gleichsjahre der bundes- und jahresdurchschnittliche Regelsatz für Minderjährige, die mit beiden Elternteilen zusammenleben, im Alter ab der Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu berechnen. Dabei bleiben entsprechend der Berechnung der Dienstbezüge unberücksichtigt die ebenfalls abgesenkten Regelsätze in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Hinzugerechnet wird ein Zuschlag von 20 % zur Abgeltung einmaliger Leistungen, ein weiterer Zuschlag für die Kosten der Unterkunft ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 Quadratmeter für das Kind, sowie ein Zuschlag von 20 % der anteiligen Durchschnittsmiete zur Abgeltung der auf das Kind entfallenden Energiekosten. Der danach errechnete Bedarf erhöht sich um 15 %. Da die sozialhilferechtlichen Regelsätze in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich festgesetzt sind, zur Jahresmitte erhöht und Altersklassen gebildet worden sind, müssen für das jeweilige Kalenderjahr gewichtete Durchschnittsregelsätze berechnet werden. Danach ist mit einem Gewichtungsfaktor für jede der drei Altersgruppen (bis zum vollendeten 7. Lebensjahr, vom 8. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr und vom 15. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr) entsprechend der Anzahl der erfassten Jahrgänge ein Landesdurchschnitt und anschließend ein Durchschnitt über alle alten Bundesländer zu bilden. Zur Abgeltung einmaliger Leistungen wird der Zuschlag in Höhe von 20 % des gewichteten Durchschnittsregelsatzes erhoben. Für das Jahr 2001 betrug beispielsweise der gewichtete Durchschnittsregelsatz 358,83 DM, mithin die Leistungsabgeltung 71,77 DM. Für die Unterkunftskosten sind nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts die durchschnittlichen Mieten in den alten Bundesländern zugrunde zu legen. Die Vergleichsberechnung auf der Grundlage des sozialhilferechtlichen Bedarfs mit einem Zuschlag von 15 % kennzeichnen den Mindestbedarf des Kindes eines Beamten, ist dieser unterschritten, besteht die Möglichkeit, dass das Verwaltungsgericht dem Beamten diesen Anspruch zuspricht. Problem möglicher Verjährung bei rückwirkender Beantragung von Ansprüchen Im Hinblick auf das prozessuale Risiko muss darauf hingewiesen werden, dass Ansprüche auf Besoldung grundsätzlich der dreijährigen Verjährungsfrist des Bürgerli-
4 chen Gesetzbuchs unterliegen. Dies bedeutet, dass bis Ende des Jahres 2005 lediglich Ansprüche ab dem Jahr 2002 geltend gemacht werden können. Im Hinblick auf die Geltendmachung besoldungsrechtlicher Ansprüche hat jedoch das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen darauf hingewiesen, dass es dem Beamten zuzumuten sei, in Fällen, in denen er davon ausgeht seine Besoldung würde nicht den Grundsätzen einer amtsangemessenen Alimentation entsprechen, zeitnah einen Antrag auf Höheralimentierung zu stellen. Zeitnah bedeutet nach dem Bundesverfassungsgericht innerhalb eines Haushaltsjahres. Ob diese Rechtsprechungsgrundsätze auch bei der rückwirkenden Beantragung kinderbezogener Besoldungsbestandteile von den Verwaltungsgerichten angewendet werden Folge wäre eine Kürzung der Ansprüche auf das jeweilige Haushaltsjahr und teilweise Klageabweisung kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Gerichtskostenvorschuss notwendig Weiter ist zu berücksichtigen, dass seit dem 1. Juli 2004 für Prozessverfahren vor dem Verwaltungsgericht ein Gerichtskostenvorschuss vom Kläger erhoben wird. Dieser richtet sich nach den neuen Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen und beträgt drei Gebühren nach der Gerichtskostentabelle. Für einen Streitwert von beispielsweise Euro ergeben sich damit Gerichtsgebühren von 219 Euro. Ein wesentlicher Unterschied zu den bisherigen Gerichtskosten ergibt sich dadurch, dass eine Klagerücknahme nicht mehr kostenfrei möglich ist, sondern nur zur Reduzierung der Gerichtskosten auf eine Gebühr führt. Für das Führen des Berufungsverfahrens werden vier Gebühren erhoben. Der Gerichtskostenvorschuss ist mit Klageeinreichung zu entrichten. Entwurf einer allgemeinen Klageschrift Nachfolgend ein allgemeiner Entwurf einer Klageschrift, welche lediglich als Orientierungshilfe dienen kann. Im weiteren Verfahren sind die individuellisierten Ansprüche, die nach obigem Verfahren zu ermitteln sind, im Gerichtsverfahren vorzutragen.
5 An das Verwaltungsgericht Datum,.. Klage der/ des Adresse - Kläger gegen das Land Nordrhein Westfalen, vertreten durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein Westfalen in Düsseldorf - Beklagte - wegen amtsangemessener Alimentation ab dem Jahr 1999 Ich erhebe Klage und werde beantragen, die Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheides vom.. dem Kläger ab dem Jahr 1999 eine Besoldung unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (AZ 2 BvL 26/91 o. A.) zu gewähren, d. h. insbesondere für das dritte Kind (und weitere Kinder) des Klägers 15 % über dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf liegenden Nettobetrag, abzüglich des für die Jahre 2000 und 2001 mit den Dezemberbezügen gezahlten Nettobetrages in Höhe von...., zu
6 leisten und die sich ergebenen Beträge mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen. Begründung: Der Kläger ist als Beamter (Land/Dienststelle/Ort) tätig. Er erhält eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe. Der Kläger hat drei Kinder 1. Name Kind 2. Name Kind 3. Name Kind Für alle drei Kinder erhielt/erhält der Kläger wie folgt Kindergeld und damit auch den kinderbezogenen Anteil zum Ortszuschlag: vom. Mit Schreiben vom. beigefügt in der Anlage K1 beantragte der Kläger höhere Dienstbezüge unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 22. März BvL 1/86 -. Er verwies zudem auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 AZ 2 C Mit seinem Schreiben vom, beigefügt in der Anlage K2, legte er Widerspruch gegen seine Besoldung für die Jahre 1999 bis einschließlich 2004 ein. (evtl. weiteren Schriftverkehr mit dem Landesamt für Besoldung und Versorgung beifügen). Auf den Widerspruch des Klägers erging der Widerspruchsbescheid vom., beigefügt in Anlage K3. Die Beklagte hat lediglich den Anspruch auf Nachzahlung eines erhöhten Familienzuschlags ab dem 3. Kind für die Zeit vom bis anerkannt. Eine nachvollziehbare Berechnung der erfolgten Nachzahlung in Höhe von.hat die Beklagte versäumt. Insoweit wird beantragt, der Beklagten aufzulegen, eine nachvollziehbare Berechnung der Nachzahlung zu erteilen.
7 Für die Jahre 1999 und 2002 bis 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung eines höheren Anteils im Familienzuschlag ab. Die sich aus Artikel 9 2 BBVanpG 99 ergebenen Erhöhungsbeträge entsprechen nicht der verfassungsrechtlichen Rechtslage. Mit der zitierten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die amtsangemessen Alimentation bestimmter Beamtengruppen in den Jahren 1988 bis 1996 durch die damaligen Besoldungsgesetze nicht gewährleistet war. In den Gründen der Entscheidung zu C.III führt das Bundesverfassungsgericht näher aus, wie es den Mindestbedarf einer kinderreichen Beamtenfamilie definiert. Neben verschiedenen Rückwirkungsregelungen traf das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidungsformel zu II. für die Zukunft folgende Regelung: Der Gesetzgeber hat die als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage bis zum 31. Dezember 1999 mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen. Kommt der Gesetzgeber dem nicht nach, so gilt mit Wirkung vom 1. Januar 2000: Besoldungsempfänger haben für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtsbedarfs eines Kindes, der sich nach Maßgabe der Gründe zu C.III.3. errechnet. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 17. Juni 2004 festgestellt, dass sich ein Anspruch des Beamten unmittelbar aus der oben angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergibt. Dieser Anspruch ist von den Verwaltungsgerichten selbst vollstreckbar. Die Besoldung des Beamten mit mehr als zwei Kindern genügt erst dann den verfassungsrechtlichen Vorgaben, wenn der Beamte mit Rücksicht auf das dritte und jedes weitere Kind ein höheres Nettoeinkommen erzielt, welches ausreicht, um den Bedarf dieses Kindes zu decken. Aus diesem Grunde ist zunächst das Nettoeinkommen zu ermitteln, welches ein Beamter derselben Besoldungsgruppe mit zwei Kindern einer-
8 seits und mit drei oder mehr Kindern andererseits hat. Dieses Nettoeinkommen ist pauschalierend und typisierend festzustellen. (Es sollte die Darstellung der o. g. Berechnungen zum eigenen individualisierten Anspruch erfolgen.) Nach den dargestellten Berechnungen lässt sich feststellen, dass der Kläger Anspruch auf Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils im Ortszuschlag für die Zeit vom bis.. sowie vom.. bis.. und für die Zukunft hat. Der Zinsanspruch ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von 291 BGB i. V. m. 288 Abs. 1 BGB. (Unterschrift)
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