Paracelsus. Wegbereiter der modernen Medizin und Begründer der Spagyrik

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1 Paracelsus Wegbereiter der modernen Medizin und Begründer der Spagyrik Spagyrik ist eine alte Heilmethode, die auf den Arzt und Naturphilosophen Paracelsus zurückgeht. Auf der Grundlage einer holistischen Weltsicht revolutionierte er die damalige Medizin. Er entwickelte spagyrische Herstellverfahren, dank denen er auch Giftpflanzen oder Metalle und Mineralien als Heilmittel verwenden konnte. Heute werden spagyrische Tinkturen wieder zunehmend bekannt und eingesetzt. Dr. Hans-Peter Studer hat mit Dr. R. Renato Kaiser gesprochen, dipl. Apotheker ETH, Vorstandsmitglied der NVS und der OdA AM sowie Geschäftsführer der Aurora Pharma AG in Affoltern am Albis, die spagyrische Arzneimittel herstellt. Lesen Sie im Folgenden den ersten Teil des Interviews. Herr Dr. Kaiser, wo liegen die Ursprünge der Spagyrik? Spagyrik geht zurück auf Paracelsus. Er war Arzt, Naturphilosoph und Alchemist. Er wurde 1493 in der Nähe von Einsiedeln als Sohn eines Halbadligen geboren, der Hohenheim hiess. Den Namen Paracelsus gab er sich selber. In jungen Jahren ging er mit seinem Vater, der Arzt war, nach Kärnten in Österreich und wurde dort in Biologie und Botanik sowie in Naturphilosophie und auch in Alchemie ausgebildet. Er erlangte dann in Italien einen Doktortitel für Medizin und Chirurgie. Das war für die damalige Zeit eher aussergewöhnlich, denn der Chirurg war eigentlich ein Arzt zweiter Klasse, der sich um Verletzte und Leichen kümmerte und nicht der hochangesehene Doktor war. Danach arbeitete Paracelsus als Arzt? Er begab sich auf eine langjährige Wanderschaft durch ganz Europa und hatte Kontakt zu wichtigen Persönlichkeiten wie zum Beispiel zu Erasmus von Rotterdam. Er lernte aber auch viel von Kräuterkundigen, Badern und Hebammen. Dann bekam er 1527 einen Lehrstuhl für Medizin in Basel. Dort eckte er aber relativ schnell an, weil er seine Vorlesungen auf Deutsch hielt. Damals in der Akademie gab es nur eine Sprache: Latein. Zudem verbrannte er öffentlich Lehrbücher von damaligen medizinischen Autoritäten, von Galen bis hin zu Avicenna. Der Grund dafür lag darin, dass er der Meinung war, man solle nicht einfach nur den Obrigkeiten glauben, sondern Erfahrungswissen in den Vordergrund stellen und die Natur so verstehen, wie sie ist. Er war ein rechthaberischer Mensch, der sich nicht dreinreden liess, und vertrat bedingungslos seine neue ganzheitliche Medizin. Damit schuf er sich nicht nur Freunde? Richtig. Schliesslich musste er aus Basel fliehen, auch weil er sich mit einem Stadtrat angelegt hatte. Dieser war austherapiert er jedoch heilte ihn nach seinen Methoden, stellte dafür aber eine unverschämt hohe Rechnung. Das wollte der andere nicht akzeptieren. Man warf Paracelsus in der Folge vor, er habe nicht schulmedizinisch behandelt. Nach der Flucht aus Basel begab er sich wiederum auf Wanderschaft, unter anderen in den süddeutschen Raum und auch in die Ostschweiz. Schliesslich wirkte er in Salzburg erneut als Arzt und verstarb dort im Jahr Wurde er auch an anderen Orten verfolgt? Ja, insofern, dass man ihm einen Bann auferlegte und er deswegen seine Schriften nicht publizieren konnte. Seine ersten Publikationen stammen aus den Jahren 1520 und Das waren völlig harmlose Bücher. Sein gesamtes Werk wurde erst rund 20 Jahre nach seinem Tod aufgelegt, durch einen Basler Verleger, Johannes Huser. Das war erstaunlich, denn Para- nvs.swiss, NVS-Magazin,

2 Paracelsus-Originalausgabe von Johannes Huser aus dem Jahr 1589 celsus hinterliess ein riesiges Werk und war zu Lebzeiten weit herum bekannt, aber man drohte den Verlegern mit Konsequenzen: "Wenn Ihr Paracelsus auflegt, dann hat das Folgen." Dennoch wurde er zum Wegbereiter für eine neue, moderne Medizin, für eine andere ganzheitliche Heilkunde. Was waren deren Grundzüge? Paracelsus war ein grosser Kenner der hermetisch-alchemistischen naturphilosophischen Betrachtung, angefangen bei den sieben hermetischen Gesetzen, die man noch heute als Gesetze kaum widerlegen kann, zum Beispiel dass alles Geist ist und alles Schwingung, aber auch das Gesetz der Symmetrie, der Entsprechungen, das Gesetz von Ursache und Wirkung, die Gesetze der Polarität, der Geschlechter. Es gibt dazu ein bedeutsames Buch mit dem Titel Kybalion. Es wurde von einem unbekannten Autor vor etwas mehr als 100 Jahren in den USA publiziert. Dort sind die hermetischen Gesetze schön umschrieben. Diese Gesetze, die ja zwischenzeitlich zum Beispiel auch durch die Quantenphysik un- termauert wurden, waren für Paracelsus eine wichtige Grundlage seiner Weltsicht? Selbstverständlich, und genauso vertrat er, dass die Natur aus den vier Elementen Feuer, Luft, Wasser und Erde besteht. Zudem vermittelte er eine neue Betrachtungsweise des Menschen und der Welt, das Körper-Seele-Geist- Prinzip, die tria principia. Alles besteht aus Körper, Seele und Geist. Das kam einer ganzheitlichen Sicht des Menschen als Teil der Natur gleich. Paracelsus glaubte auch an die Planetenkräfte, an den Einfluss des Universums auf das, was hier auf der Erde passiert. Diesbezüglich gründeten seine Überzeugungen auf uraltem Menschheitswissen? Ja, Paracelsus ist nicht der Erfinder der Idee, dass es Entsprechungen und Synergien des Makrokosmos, des Universums, zum Mikrokosmos des Menschen gibt. Viele Leute verstehen das heute jedoch falsch. Wenn man zum Beispiel von lunaren Prozessen spricht, dann ist damit nicht einfach der Mond gemeint, sondern ein Wirkprinzip. Es steht für Wachstum, Aufbau und Regeneration, aber auch für Schlaf, rhythmische Prozesse und Reflektion. Die Regulation des Wasserhaushaltes unterliegt ebenfalls einem Mondprozess. Diese Sichtweise findet sich auch in der anthroposophischen Medizin. Das heisst, beide haben eigentlich die gleiche naturphilosophische Grundlage? Die Grundlage der anthroposophischen Medizin ist sicherlich in der Alchemie zu suchen und auch in Paracelsus als Wegbereiter für ein ganzheitliches Denken in der Medizin. Was die vier Elemente anbelangt, so reicht sie weiter zurück auf Empedokles, einen alten griechischen Philosophen und Naturforscher. Seine Erkenntnisse sind später von Aristoteles, einem Schüler von Platon, weiterentwickelt worden. Er ordnete den Elementen Qualitäten zu. So sind die Humoralpathologie und die Humoralmedizin als Grundlage für eine medizinische Anwendungsmöglichkeit entstanden. Aber Galen war ebenfalls ein Vertreter der Humoralpathologie, und auch dessen Schriften hat Paracelsus seinerzeit in Basel verbrannt? nvs.swiss, NVS-Magazin,

3 Man muss sich vor Augen halten, wie die Medizin zurzeit von Paracelsus ausgesehen hat. Damals wurden im Zusammenhang mit der Humoralmedizin Ausleitverfahren eingesetzt und zwar ziemlich drastische: Man gab Abführ- und Brechmittel, man machte Aderlass, erzeugte künstliche Wunden. Was Paracelsus ablehnte, war, dass man einen todkranken Menschen mit derart drastischen Massnahmen heilen könne. Die damaligen Ärzte machten das, und dann ist gelegentlich mal ein Patient gestorben. Das war dann einfach Schicksal. Dagegen hat sich Paracelsus gewehrt? Man hatte eine Standardmethode, und wenn sie nicht funktionierte, war man tot. Gegen diese Art von Therapie wehrte er sich. Für ihn war klar, dass man bei einem kranken Menschen zuerst dafür sorgen muss, dass er genügend Lebensenergie hat, damit er überhaupt gesunden kann. Er verstand schlichtweg den Menschen anders. So wie Galen und die Humoralmedizin das postulierten, war es einfach ein Ungleichgewicht der Säfte, die es auszugleichen galt. Das lehrte Paracelsus durchaus auch, erweiterte diese Sichtweise aber massgeblich. Das Ungleichgewicht entstand seiner Meinung nach nicht nur durch eine falsche Ernährung oder eine Vergiftung, sondern er betonte klar, es gebe verschiedene weitere Ursachen für eine Erkrankung. Welche waren das zusätzlich? Er postulierte fünf Ursachen: die Umweltfaktoren bis hin zum Universum, ens astrale, angefangen von den Planeten bis hin zu Witterungsverhältnissen sowie zur Pestilenz, der Übertragung von Krankheitskeimen über die Luft, im modernen Sinn betrachtet. Darüber hinaus sagte er, man könne auch krank werden aufgrund einer schwachen Konstitution. Eine weitere Ursache sind Gifte, die einerseits über die Ernährung in den Körper gelangen können, aber auch durch eine falsche ärztliche Medikamentenbehandlung. Ein wichtiger Punkt war für ihn zudem, krank zu werden aufgrund eines kranken Geistes. Wenn jemand psychisch nicht stabil ist, bildet das einen Nährboden auch für körperliche Krankheiten. Und zu guter Letzt das Karma, das Schicksal, das Gottgegebene ens die. Daraus folgte dann auch ein differenziertes Therapieverständnis? Wenn eine Krankheit verschiedene Ursachen haben kann, dann gibt es auch verschiedene Heilungswege, nicht nur einen. Das entspricht einer ganzheitlichen Sichtweise. "Ich muss dafür sorgen, dass ich mich gesund ernähre oder die richtigen Medikamente bekomme gegen mein Leiden. Wichtig ist aber auf der anderen Seite, meine Psyche so zu stärken und meine positive Lebenshaltung einzubringen, dass ich wieder gesunde." Zudem postuliert Paracelsus, dass nicht nur ein Heilmittel einen Menschen gesund macht, sondern auch sein Umfeld. Dabei ist auch der Arzt ein Arkanum, ein Heilmittel. Heute reden wir vom Placeboeffekt. Ich gehe davon aus, dass dieser genau auf solche Faktoren wie eine gute Beziehung zwischen Arzt/Therapeut und Patient zurückzuführen ist. Sowie auf die Beziehung zwischen Geist und Körper man muss daran glauben und dann wirkt etwas bereits? Das kann man nicht völlig auseinanderhalten. Auch die Schulmedizin ist heute zur Einsicht gelangt, dass das soziale Umfeld genauso betrachtet werden muss wie der Mensch als Ganzes. Um geheilt werden zu können, braucht es jedenfalls weit mehr, als nur eine chemische Substanz zu geben. Man kann den Menschen als Teil des Universums folglich nicht isoliert betrachten, auch bezogen auf die Planeteneffekte. Warum soll etwas, das im Universum funktioniert, im Menschen nicht funktionieren? Wie im Grossen, so im Kleinen? Genau. Paracelsus war ein grosser Anhänger der Signatur. Heute gibt es viele Kritiker, die die Signaturenlehre als widerlegte Pseudowissenschaft ansehen. Ich glaube aber, das ist eine Fehlinterpretation dessen, was Paracelsus gemeint hat. Unter Signatur versteht er nichts anderes als wortwörtlich ein Zeichen. Pflanzen mit gelben Blüten deuten auf Wirkkräfte der Sonne hin, besitzen also eine aktivierende Qualität oder eine antidepressive Wirkung. Hab Sonne im Herzen, das ist damit gemeint der Effekt der Sonne. Zum Beispiel bezogen auf das Johanniskraut? nvs.swiss, NVS-Magazin,

4 Johanniskraut ist die Sonnenpflanze schlechthin. Aber wenn ich das über all die Jahrhunderte anschaue, dann haben wir heute beim Johanniskraut bereits wieder nur einen Teilaspekt in die rationale Phytotherapie eingebracht, nämlich die leicht antidepressive Wirkung. Johanniskraut steht noch für viel mehr, zum Beispiel für Wundheilung, usw. Auch in der Welt der Mineralien gibt es diejenigen, die für die Sonne stehen, zum Beispiel den Citrin mit seiner gelben Farbe. Oder in der Welt der Metalle das Planetenmetall der Sonne, Gold. Gold zählt zwar nicht zu den essentiellen Spurenelementen oder Metallen, man findet auch praktisch kein Gold im Organismus. Der Grund besteht darin, dass Gold nicht löslich ist. Heute gibt es aber moderne Studien, bei denen man mit kolloidalem Gold arbeitet. In dieser Form ist es vom Körper aufnehmbar? Ja, es sind Mini-Goldpartikel, und die Partikelaufnahme läuft über retikuloendotheliale System. Man kann heute experimentell zeigen, dass kolloidales Gold und kolloidales Silber als Pendant dazu eindeutig pharmakologische Wirkungen haben. Bei spagyrisch aufbereitetem Gold sind wir jedoch nicht mehr im Bereich von Partikeln. In einer spagyrischen Zubereitung ist kein Gold mehr nachweisbar. In pharmakologischer Hinsicht ist sie demzufolge unbedenklich. Als Alchemist hat wohl auch Paracelsus mit Gold oder mit anderen Metallen wie zum Beispiel Blei gearbeitet und versucht, sie therapeutisch einzusetzen? Er hat gesehen, dass es Substanzen gibt, die für den Organismus hoch giftig sind. Klassisches Beispiel: Blei und Quecksilber. Er arbeitete sicher auch mit solchen Schwermetallen und suchte einen Weg, wie er ihnen quasi die Giftigkeit nehmen und gleichzeitig ihre Qualitäten und möglicherweise auch die Heilkräfte zum Tragen bringen konnte, die in diesen Schwermetallen enthalten sind, kurzum, wie er daraus ein ungiftiges Arkanum oder Heilmittel machen konnte. So empfahl Paracelsus zum Beispiel alchemistisch aufgearbeitetes Quecksilber bei Syphilis. Dieses Bild von Alois Hirschvogel findet sich auf jeder Paracelsus-Medaille oder auf Briefmarken. Es zeigt Paracelsus mit seinem Schwert, das er ständig mit sich herumgetragen hat. Auf dessen Knauf stand das Wort Azoth. Azoth stellt das schöpferische Lebensprinzip dar. Mit Hilfe dieser Substanz sollte der Stein der Weisen (Lapis philosophorum) hergestellt werden beziehungsweise die wahre Quintessenz das Lebenselixier schlechthin. Der Azoth wird auch als philosophischer Merkur bezeichnet. Das Planetenmetall für den Merkur ist Quecksilber. Es ist anzunehmen, dass es sich beim Azoth um alchemistisch zubereitetes Quecksilber handelt also eine Quecksilberquintessenz. (RK) Die gleiche Zielsetzung hatte Paracelsus wohl auch hinsichtlich Giftpflanzen? Im Arzneimittelschatz haben wir Dutzende oder sogar Hunderte von Pflanzen, die extrem giftig sind. Der Eisenhut zum Beispiel enthält Atropin, da reichen ein paar Milligramm, um schwerste Vergiftungserscheinungen auszulösen. Die tödliche Dosis liegt bei fünf bis zehn Milligramm; therapeutisch gebraucht hat man jahrzehntelang ein halbes Milligramm. Paracelsus hat nach einem Verfahren gesucht und ge- nvs.swiss, NVS-Magazin,

5 forscht, wie er aus dieser Pflanze die unbestrittenen Heilwirkungen gewinnen konnte, ohne die Giftstoffe weiterhin drin zu haben, und er hat es in der Spagyrik gefunden. Was bedeutet und beinhaltet Spagyrik? Das Wort kommt aus dem Griechischen, es ist ein technischer Ausdruck, der aus zwei Wortstämmen besteht: spao = trennen und ageiro = vereinen, mit der Idee, mit dem Trennvorgang Ballast- und Giftstoffe zu eliminieren und die gereinigten Bestandteile eines Naturstoffes zu erhalten. Man machte das nicht nur mit Pflanzen, sondern mit allem, was natürlich ist, man arbeitete auch mit Mineralien und Metallen. Und am Schluss vereinte man es zu einer echten Medizin. Wie machte Paracelsus das im Fall des Eisenhuts? Dort ist es relativ einfach. Paracelsus merkte, dass ein vergorenes Nahrungsmittel wie zum Beispiel Sauerkraut bekömmlicher ist. Ein wesentlicher Teil des spagyrischen Herstellverfahrens besteht folglich in einem Gärprozess, was nichts anderes als eine Vorverdauung darstellt. Gleichzeitig entsteht dabei Alkohol. Dieser hat einen lösenden Effekt, der eingeschlossene Substanzen aus der Pflanzenmatrix herauslöst. Gleichzeitig werden grosse Moleküle sozusagen vorverdaut, zerkleinert, zerhackt. Reicht das bereits aus, um die Pflanze zu "entgiften"? Nein. Der eigentliche Entgiftungsprozess erfolgt über eine Destillation, bei der Giftstoffe im Rückstand verbleiben. Wenn man das heute mit modernen Methoden analysiert, dann sind alle Giftstoffe, wie man sie aus der Pflanzenwelt kennt Lektine, Alkaloide, Atropin, Nikotin, etc., nicht destillierbar. Das heisst, ich kann über die Destillation entgiften. Aber das Destillat enthält trotzdem die Heilqualität der Giftpflanze, obwohl die Gifte selber nicht mehr enthalten sind? Es enthält einen Teil der Heilqualität, als wesentlichen Bestandteil des Destillats. Die ätherischen Öle aus der Pflanze sind destillierbar. Das ist die Seele der Pflanze, der Sulfur, all das, was riecht und brennt und flüchtig ist. Darüber hinaus hat man den merkurialischen Anteil, der im Prinzip den Alkohol betrifft. Dieser ist sehr wichtig, um ein eingenommenes Medikament im ganzen Körper zu verteilen. Eine spagyrische Tinktur geht sehr einfach auch durch die Haut hindurch und überall hin. Diese Qualität beruht auf dem Merkur. Es geht also um zwei Komponenten: die ätherischen Öle als Sulfur und die im Alkohol löslichen Stoffe als Merkur? Um dem Körper-Seele-Geist-Prinzip gerecht zu werden, benötigen wir auch noch den Körper, und dafür steht Sal, die Salze. Das Sulfur- und Merkurprinzip haben schon arabische Alchemisten gekannt; es war dann Paracelsus, der das sehr wichtige Sal-Prinzip entdeckte. Also muss ich die Mineralsalze, die in der Pflanze enthalten sind, ebenfalls gewinnen und reinigen. Die sind nicht destillierbar, sondern befinden sich im Rückstand? Richtig, sie sind einerseits im Presskuchen, im Trester, in welchem die ausgelaugten Pflanzenbestandteile enthalten sind. Und auch im Destillationsrückstand befinden sich Salze. Also wird beides verascht, das heisst verbrannt, was gleichzeitig auch zur Entgiftung führt. Wenn man das bei 400 Grad verascht, dann gehen die Giftstoffe kaputt. Es gibt ein paar Ausnahmen. Ein klassisches Beispiel ist das Seveso-Gift Dioxin. Dioxine sind eine extrem giftige Substanzklasse, dafür sind Temperaturen ab 900 Grad erforderlich. Wie lassen sich Quecksilber oder Blei "entgiften"? Das geschieht natürlich nicht über einen Gärprozess, sondern wird alchemistisch anders aufgeschlossen. Wir bei Aurora Pharma stellen allerdings keine Blei- und auch keine Quecksilber-Tinktur her. Der Grund ist relativ einfach. Das Arbeiten mit den Ausgangssubstanzen wäre für den Mitarbeiter viel zu gefährlich. Man würde spezielle Apparaturen benötigen und müsste alles in geschlossenen Systemen herstellen. Die resultierenden Spagyrika jedoch sind ungiftig. Sie enthalten auch kein Blei oder Quecksilber mehr, sondern lediglich die entsprechende energetische Qualität. nvs.swiss, NVS-Magazin,

6 Ja, er hat das versucht und sicher auch geschafft. Eines der faszinierendsten Materialen, mit denen ein Alchemist umgehen kann, ist Quecksilber, Mercurius. Das Merkur-Metall hat bestimmt auch ihn fasziniert und damit hat er sicherlich ebenfalls gearbeitet. In Salzburg, wo er gestorben ist, wurden seine Gebeine exhumiert. Man fand in seinen Knochen extrem hohe Konzentrationen von Quecksilber. Er atmete wohl die Dämpfe des Quecksilbers ein oder nahm es über die Haut auf und vergiftete sich so. Er ist also an einer Berufskrankheit gestorben, an dem, wovor ich Respekt habe und es deshalb nicht selber herstelle. Was können wir heute von Paracelsus lernen? Für Paracelsus galt der Grundsatz, dass die Praxis nicht von der Theorie geleitet werden soll, sondern, im Gegenteil, die Theorie muss der Praxis folgen. Zudem war er überzeugt, dass nur ein lebenslanges Studium der Natur einen weiterbringt. In Salzburg, wo er 1541 verstorben ist, steht dieses Denkmal zu Ehren von Paracelsus. Paracelsus jedoch hat selber entsprechende Tinkturen hergestellt? Lesen Sie im zweiten Teil des Interviews, auf welche Weise spagyrische Tinkturen heute hergestellt werden und welche Bedeutung dabei Begriffe wie "chymische Hochzeit", "Archäus" oder "Quintessenz" haben. nvs.swiss, NVS-Magazin,