in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom
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- Günther Hochberg
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1 Seite 1/5 in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom Expertengespräch zum Thema Leberkrebs Und zu diesem Thema begrüße ich jetzt Prof. Dr. Michael Manns, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule in Hannover. Schön, dass Sie zu uns gekommen sind. Guten Tag. Prof. Manns, wie konnte Joseph J. das alles so gut überstehen? Zum Ersten hat er eine extrem positive Einstellung zu seiner Krankheit und zum Leben. Und zum Zweiten sind die richtigen Therapieverfahren zum richtigen Zeitpunkt für ihn verfügbar gewesen. Hätte er ohne die damalige Therapie, hätte er ohne das neue Medikament überlebt? Sicherlich nicht! Er hatte ein Leberzellkarzinom, einen Leberkrebs in einer durch Hepatitis B zerotisch umgeformten Leber entwickelt. Dies ist ohne Behandlung mit dem Leben nicht vereinbar. Für ihn war eine Lebertransplantation erstmals im Jahre 1986 durchgeführt worden. Das sind noch die frühen Jahre der Lebertransplantation. Die zweite dann 1992 und er hat danach eine ganz schwere erneute Infektion, eine sogenannte Re-Infektion, der zweiten transplantierten Leber durch das Hepatitis B Virus bekommen. Und die hätte er ohne medikamentöse Therapie sicherlich nicht überlebt. Das heißt, sieben Jahre vor Zulassung ist durch Versuchsmedikation diese Therapiemöglichkeit erst erfolgt. Prof. Manns, für die Zuschauer haben wir noch ein paar kurze Informationen zusammengefasst im Film. Sprecherin: Mit etwa Neuerkrankungen im Jahr gehört Leberkrebs, oder auch Leberzellkrebs genannt, in Deutschland zu den eher seltenen Krebsarten. Dennoch leiden immer mehr Frauen und Männer am
2 Seite 2/5 Leberzellkarzinom. In den letzten Jahren hat sich die Zahl verdoppelt. Hauptursachen für die Entstehung von Leberkrebs sind chronische Virusinfektionen nach Hepatitis B oder C und regelmäßiger Alkoholmissbrauch. Aber auch genetische Faktoren können das Risiko für Leberkrebs erhöhen. Nach der Diagnose Leberzellkrebs gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten. In der Regel erfolgt eine Operation, bei der entweder Teile der Leber oder aber das ganze Organ entfernt wird. In letzterem Fall schließt sich eine Lebertransplantation an. Bei der sogenannten selektiven internen Radiotherapie, kurz SIRT, werden radioaktive Kügelchen über einen Katheter in die Leber eingebracht. Eine Bestrahlung erfolgt dann von Innen. Oft wird das Leberzellkarzinom spät erkannt. Die Aussicht auf Heilung ist dann eher ungünstig. Dennoch überleben durchschnittlich 40 Prozent der Betroffenen den Leberkrebs. Prof. Manns, wie kommt es zum Leberkrebs, was sind die Ursachen, was sind die Risikofaktoren? In 90 Prozent entsteht der Leberkrebs auf dem Boden einer Leberzirrhose. Sie ist praktisch die Vorstufe. Alle Ursachen, die zur Leberzirrhose führen können, können letztlich auch zum Leberkrebs führen. Am häufigsten sind dies der Virus Hepatitis B und C, gefolgt von Alkohol und oft ist es eine Kombination. Vor allem, wenn Patienten mit chronischer Virusinfektion der Leber dann zusätzlich noch vermehrt Alkohol trinken. Aber eine Hepatitis B führt nicht automatisch zwangsläufig zum Leberkrebs? Nein. Hepatitis B ist ein Virus, welches die Leber befällt. Erst die Immunreaktion des Körpers gegen die infizierte Leber macht die Krankheit aus, die dann in der Folge einer chronischen Entzündung in der Regel über Jahre und Jahrzehnte zu einer Leberzirrhose führt. Und auf deren Boden entwickelt sich dann in der Regel der Leberkrebs. Wenn ich mich noch für einen gesunden Menschen halte, bei welchen Anzeichen sollte ich denn unbedingt zum Arzt gehen? Das Problem ist, dass viele Patienten sich gesund fühlen, bis zum Stadium des Leberkrebses. Viele wissen und merken gar nicht, dass sie über Jahre und Jahrzehnte letztlich schon eine Virusinfektion in sich tragen. Wenn sie sich zum Beispiel Hepatitis C ansehen, ist es so, dass in der Regel 20 bis 30 Jahre vergehen, bis aus der chronischen Infektion eine Leberzirrhose und dann etwa zehn Jahre später ein Leberzellkrebs entstehen.
3 Seite 3/5 Aber merke ich denn vorher irgendetwas? Ja, es gibt uncharakteristische Symptome, wie Schwäche und auch Muskelschmerzen. Sehr wichtig ist, dass Ärzte bei irgendwelchen uncharakteristischen Beschwerden, die sogenannten Leberwerte mitbestimmen. Das sind die Transaminasen, das sind Enzyme, die bei Zelluntergang vermehrt im Blut freigesetzt werden. Diesen erhöhten Leberwerten muss der Arzt nachgehen. Und eine der Untersuchungen, die unbedingt durchgeführt werden müssten, sind Antikörper gegen Hepatitis C und auch das Australia-Antigen, das HBsAg als Marker für die Hepatitis B. Wenn es denn zum Leberkrebs gekommen ist und wenn der Leberkrebs festgestellt wurde, welche Therapiemöglichkeiten gibt es heute? Es gibt eine ganze Reihe von Therapiemöglichkeiten. Die hängen im Wesentlichen vom Stadium des Tumors ab und gar nicht so sehr von der Ursache. Ist der Tumor klein genug, das heißt nicht mehr als drei Zentimeter bei nicht mehr als drei Tumoren, oder ein einzelner Herd bei nicht mehr als fünf Zentimetern, dann kann man den Tumor resezieren oder die gesamte Leber einer Lebertransplantation zuführen, da die Lebertransplantation dann auch die Vorstufe für den Krebs, nämlich die Zirrhose mit entfernt. Alternativ bei einzelnen Herden kann man auch mit sogenannten lokalen Verfahren zum Beispiel durch Lasertherapie oder durch Radiofrequenzablation oder durch lokale Ethanol- Alkoholinjektion einzelne Herde abtöten. Sind mehrere Herde vorhanden, die Leberfunktion aber noch vorhanden, wird eine sogenannte Chemoembolisation der Leber durchgeführt. Leider aber sind in über 50 Prozent der Fälle zum Zeitpunkt der Diagnose all diese Verfahren nicht mehr möglich, weil der Tumor dann nicht mehr lokal entfernt werden kann. Dann gibt es seit einem Jahr eine medikamentöse Therapie, mit der man den Prozess aufhalten kann. Ich wollte noch einmal kurz bei der Transplantation bleiben. Was muss ich denn anschließend beachten? Wie muss ich mich nach der Transplantation verhalten? Erst mal, unabhängig von der Ursache, die zur Lebertransplantation geführt hat, handelt es sich um die Transplantation eines fremden Spenderorgans. Hier muss die Abstoßungsreaktion kontrolliert werden. Das heißt wir müssen noch lebenslang immunsuppressive Medikamente einnehmen. Diese müssen regelmäßig eingenommen werden und auch kontrolliert werden in ihrem Effekt. Das Zweite ist, wenn wie bei unserem Patienten, eine Hepatitis B zur Transplantation geführt hat, muss
4 Seite 4/5 man die erneute Infektion der Leber mit allen Mitteln verhindern! Und dies kann man heute mit Medikamenten tun. Wie lange kann ich überhaupt mit einer transplantierten Leber leben? Das weiß kein Mensch. Aber, wie an unserem Patienten gesehen: Es kann über Jahrzehnte gehen. Unser Patient hat die Transplantation letztlich bis jetzt 22 Jahre überlebt. Können Sie sagen, welche Heilungschancen der Leberkrebs hat? Die Heilungschancen sind dann groß, wenn er einzelne Herde betrifft und wir diese entweder durch Operation oder durch lokal ablative Verfahren entfernen können. Die beste Heilungschance ist durch die Transplantation gegeben, weil wir hiermit die gesamte Zirrhoseleber austauschen, die letztlich eine Vorstufe für den Krebs darstellt. Ich kann doch aber, und Sie würden mir da bestimmt ein paar Tipps geben, Leberkrebs vorbeugen, nicht wahr? Das ist eine exzellente Frage. Sie hängt wiederum ab von der Ursache, die zum Leberkrebs führt. Bei Hepatitis B gibt es inzwischen eine Impfung im Gegensatz zu Hepatitis C. Und wenn die gesamte Bevölkerung gegen Hepatitis B geimpft ist, dann ist der Leberkrebs durch Hepatitis B letztlich verhindert. Prof. Manns, haben Sie noch einen abschließenden Rat für Patienten und solche, die keine Patienten werden wollen? Ja sicher. Erstens ist es wichtig, dass man gegen Hepatitis B impft. Das Zweite ist, wenn man eine Leberzirrhose hat, ob jetzt durch Hepatitis B, Hepatitis C oder durch Alkohol oder durch seltenere Erkrankungen, wie die Eisenspeicherkrankheit, muss man sich regelmäßig überwachen, damit wenn ein Tumor auftritt, man in den Frühstadien erfasst wird, damit so etwas, wie eine Transplantation möglich ist. Und auch wenn andere Stadien vorliegen, muss man wissen, dass es inzwischen für jedes einzelne Stadium eine wirksame Therapie gibt. Und inzwischen, selbst wenn die Tumoren
5 Seite 5/5 eine größere Größe oder weiteres Stadium erreicht haben, gibt es Medikamente, die das Fortschreiten des Tumors aufhalten können, wenn auch gleich in diesem Stadium der Tumor in der Regel nicht heilbar ist. Prof. Manns, ganz herzlichen Dank, dass Sie bei uns waren. Vielen Dank für die Informationen. Ich danke Ihnen.
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