in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom
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- Leander Zimmermann
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1 Seite 1/5 in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom Expertengespräch zum Thema Hodenkrebs Und zu diesem Thema begrüße ich jetzt Prof. Lothar Weißbach, Ärztlicher Leiter der Euromed-Clinic in Fürth. Schön, dass Sie zu uns gekommen sind. Prof. Weißbach, ist das richtig, wirklich und der richtige Weg: Gerade mal die Operation gehabt zu haben und sich dann sofort wieder in die Arbeit zu stürzen? Ja, das überrascht etwas, das gebe ich zu. Das war auch früher anders. Dann haben die Betroffen schon drei, vier Wochen Pause in Anspruch genommen. Aber es sind alles junge Leute, sie stehen im Berufsleben. Das Berufsleben hat sich auch geändert und sie achten darauf, schnell innerhalb von fünf bis sieben Tagen die Arbeit wieder aufzunehmen. Aber ist es möglich eine Krankheit zu verdrängen? Also wirklich einen solchen Einschnitt, eine solche Operation gehabt zu haben und dann durch viel Arbeit ganz einfach das zu verdrängen, was gerade alles passiert ist? Verdrängung ist ja eine Art von Krankheitsbewältigung und die nehmen die jungen Männer meistens in Anspruch. Also in Ordnung für Sie? Für mich in Ordnung, ja. Prof. Weißbach, bevor wir mehr von Ihnen erfahren, haben wir jetzt für die Zuschauer ein paar Informationen kurz zusammengefasst, im Film. Sprecherin: In Deutschland zählt Hodenkrebs mit etwa Neuerkrankungen im Jahr zu den eher seltenen Krebsarten. Trotzdem ist er bei Männern zwischen 20 und 40 Jahren die häufigste bösartige Tumorart. Die Basis der Erkrankung wird bereits vor der Geburt gelegt. Durch einen Überschuss des
2 Seite 2/5 weiblichen Hormons Östrogen bei der Mutter werden Keimzellen des Fötus sozusagen falsch programmiert. Diese Krebsvorläufer-Zellen schlummern dann im Körper des Kindes bis sie von Hormonschüben in der Pubertät aktiviert werden. Besonders gefährdet sind Jungen, deren Hoden in der embryonalen Entwicklung nicht aus der Bauchhöhle in den Hodensack gewandert sind, die also einen Hodenhochstand haben, zudem Männer in deren Familien es bereits Hodenkrebs gibt und solche mit verkleinerten Hoden. Der Urologe führt bei Unregelmäßigkeiten wie Verhärtungen oder Veränderungen der Größe des Hodens eine Tast- und eine Ultraschall-Untersuchung durch. So entscheidet er, ob eine Operation nötig ist. Zusätzliche Untersuchungen des Blutes und der Organe lassen auf das Stadium und die Ausbreitung des Krebses schließen. Bei einem bösartigen Tumor muss der Hoden mit samt Nebenhoden und Samenstrang entfernt werden. Über 90 Prozent der Betroffenen können so geheilt werden. Prof. Weißbach, seit 1980 hat es bei Hodenkrebs eine Verdoppelung der Erkrankungen gegeben. Was könnten dafür die Ursachen sein? Wenn ich sie genau wüsste, säße ich nicht hier, sondern wäre berühmt. Wir wissen es nicht genau. Umweltfaktoren sind es nicht, aber es kommt wahrscheinlich eine Hormonbehandlung der schwangeren Frauen in Betracht. Und es gibt noch einen Faktor, der ganz sicher ist, das ist der Hodenhochstand, der im frühen Kindesalter behoben sein soll. Das ist häufig nicht der Fall. Und der Hodenhochstand kann auch Folge einer vorangehenden Hormonbehandlung der Mütter sein und der ist offenbar auch auslösender Faktor. Ja und noch eine Warum-Frage: Warum erkranken so häufig junge Männer? Ja, die Kinder, die zur Geburt kommen, die Knaben haben schon von der Anlage her kranke Zellen in ihren Hoden. Der Hoden ist von Anfang an nicht gesund. Und bis die Tumorzellen ausreifen, braucht es etwa 20 bis 30 Jahre und das ist genau das Erkrankungsalter, in dem der Hodentumor auftritt. Welche Symptome kann es geben, die ein Mann bemerkt? Das Organ ist nicht diskret, aber die Symptome sind diskret. Wenn sich Betroffene vorstellen, dass sie krank sind, dann haben sie kein Krankheitsgefühl. Sie sind nicht abgeschlagen, sie merken ihre Krankheit nicht. Sie haben keine Schmerzen, der Schmerz ist völlig untypisch für den Hodentumor.
3 Seite 3/5 Was hat man denn dann? Man hat eine Vergrößerung des Organs oder auch eine Veränderung der Festigkeit, der Konsistenz und das sind die beiden Leitsymptome. Und daran orientieren selbst wir uns: Vergrößerung und Veränderung der Härte, der Festigkeit das sind die beiden Leitsymptome. Und sollte man dann zum Hausarzt gehen oder besser gleich zum Urologen? Unser Gesundheitssystem ist ja nun so ausgerichtet, dass man erst den Hausarzt aufsucht und der wird dann in gesicherten oder in Fällen, die abklärungsbedürftig sind, den Facharzt in Anspruch nehmen. Und heutzutage gibt es welche Therapiemöglichkeiten bei Hodenkrebs? Vielfältige, das hängt vom Erkrankungsstadium ab. Am Anfang steht immer wie wir es gesehen haben in dem Beitrag die Operation. Die Operation besteht darin, dass man den Hoden freilegt, die Diagnose sichert und ihn dann entfernt. Das gesamte Organ wird entfernt. Damit ist aber nicht in allen Fällen eine Heilung vollzogen, sondern es hängt von der Art, der Charakteristik des Tumors ab und da hilft uns der Pathologe am Mikroskop, ob man noch eine weitere Behandlung durchführen muss. Wann ist denn Chemo, wann ist denn Bestrahlung notwendig? Die Bestrahlung ist reserviert für den günstigsten Tumor, quasi das Haustier, dass ist das Seminom. Dann wird bestrahlt, weil das ein Tumor ist, der sehr, sehr gut auf die Bestrahlung anspricht. Und wenn es sich um ein Nicht-Seminom handelt, das sind dann die aggressiven Tumoren, die richtigen Krebsarten, dann wird mit einer Chemo gearbeitet oder aber es wird eine größere Lymphkontenoperation vorgenommen.
4 Seite 4/5 Wenn man Hodenkrebs hört, sollte man doch immer gleich überlegen: Will ich eigentlich noch ein Kind zeugen oder will ich das nicht? Das heißt also die Fruchtbarkeit ist doch eigentlich in jedem Fall beeinträchtigt, oder? Haben wir bis vor zehn oder acht Jahren total vernachlässigt, obwohl es junge Männer waren, obwohl sie oft in einer Partnerschaft lebten, aber noch mit unerfülltem Kinderwunsch. Völlig richtig, was Sie sagen. Wir müssen im Erstgespräch den Patienten sofort darauf hinweisen, dass möglicherweise seine spätere Fertilität, dass heißt die Zeugungsfähigkeit eingeschränkt ist. Und es gehört heute zu unseren Aufgaben nicht nur darüber aufzuklären, sondern auch gleich die Möglichkeiten zu schaffen, dass ein Depot angelegt wird, eine Konserve, die eingefroren wird, damit das Paar dann später darauf zurückgreifen kann. Wie reagieren die Patienten darauf, wenn Sie das selber ansprechen, wenn Sie dahingehend beraten? Ja, es kommt auf das Einfühlungsvermögen des Doktors an. Das darf man nicht frontal machen, denn das ist ja eine erheblich Erweiterung einer regionalen Erkrankung. Ein Patient denkt: Na gut, ein Organ ist krank und wenn es entfernt wird ist alles gut behoben. Aber wenn ein Kinderwunsch im Hintergrund steht, hat das natürlich für das Paar schon erhebliche Auswirkungen und die Männer reagieren nachdenklich, die Frauen oft bestürzt. Und es ist dann unsere Aufgabe, das Paar aufzuklären und ihm Wege zu zeigen, die sehr, sehr erfolgreich sind. Das heißt, wenn ein Nachwuchs gewünscht ist, dann klappt es dann auch. Würden Sie noch etwas sagen zur Prognose bei Hodenkrebs und wie sieht es aus mit der Rückfallquote? Am liebsten spreche ich über die Prognose, weil die so gut ist. Der Hodentumor ist bei jungen Männern zwischen 20 und 35 Jahren der häufigste Krebs. Aber daraus darf man nicht ableiten, dass er häufig tödlich verläuft, dass ist eher die Seltenheit. Wir haben zwei Probleme zu bewältigen: Erstens, dass die Patienten zu spät kommen, und zweitens, dass sie nicht die richtige erste Maßnahme angeboten bekommen. Das sind die einzigen Faktoren, die die Prognose etwas trüben. Ansonsten werden heute 80 bis 90 Prozent ich bin vorsichtig mit Prozentzahlen, aber die werden heute in der Literatur genannt dieser Patienten geheilt. Die sind gesund und die Rückfallquote ist sehr, sehr gering. Trotzdem unterwerfen wir diese Patienten einer regelmäßigen Nachsorge, falls ein
5 Seite 5/5 Rezidiv auftritt, wie sie es angesprochen haben, damit das dann rechtzeitig behandelt werden kann. Hätten Sie noch einen abschließenden Rat? Ja, der Rat geht an die Männer, das sind die potenziell Betroffenen speziell an die jungen Männer. Und so wie wir den Frauen beigebracht haben, ab und zu die Brust abzutasten, so sagen wir auch den Männern, dass sie im Bad oder unter der Dusche ab und zu nachschauen, ob der Hoden möglicherweise im Seitenvergleich eine Größenveränderung erfahren hat. Und dann gibt es noch die Broschüre der Deutschen Krebshilfe, die kann man sich besorgen und darin auch noch mal nachlesen. Prof. Weißbach, vielen Dank für die Information und das Sie bei uns waren.
Welche Untersuchungen führt der Urologe bei Verdacht auf einen Hodentumor durch?
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