Praxis der Entwicklung von IT-Strategien an Rechenzentren deutscher Universitäten und Hochschulen

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1 Praxis der Entwicklung von IT-Strategien an Rechenzentren deutscher Universitäten und Hochschulen Prof. Dr. Gerhard Schneider

2 Interessantes Thema. Vorbemerkung: ich habe keine statistisch begründeten Einsichten! Meine Ausführungen beschränken sich auf beobachtete Notwendigkeiten, verschiedene Einzelgespräche, Kommissionsarbeit, Gutachten, etc. Selbst wenn man Defizite und Notwendigkeiten erkennt, heißt das noch nicht, dass alle Probleme in der eigenen Institution bestens gelöst sind. Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen - Ich werfe trotzdem, es klirrt so schön Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 2

3 IT-Strategie des Rechenzentrums wozu? IT-Strategie: Braucht man sowas? Wenn ja, für wen? Und wer bestimmt diese? Wer setzt sie um? Und wer verteidigt sie????? Ansatz 1: RZ als letzter Mohikaner vom Stamm der Wahrheit Verteidiger der besten Lochkartenstanzer Es gibt leider auch viele moderne Lochkarten. Das RZ unterstützt dies und das nicht Warum nicht? Wer bestimmt, dass etwas unnötig ist? Im Elfenbeinturm lebt es sich gut Solange die Nutzer nicht aufgeklärt sind Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 3

4 IT-Strategie des Rechenzentrums wozu? Ansatz 2: Das RZ ist die IT-Spitze der Universität Keiner kann es besser, keiner ist schneller zumindest wenn man die Beherrschung des Tagesgeschäfts mit einbezieht Angesichts Nutzern geben sogar Informatiker auf Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit: das Tagesgeschäft muss funktionieren Die Mittel für das Tagesgeschäft müssen ausreichend vorhanden sein Ausreichend: wer sorgt dafür, dass ein Dienst mit minimalem Aufwand betrieben wird und sich der Mitarbeiter nicht verkünstelt? Wenn man schon mal ausgekontert wird, dann Bitte nur so, dass es keine wichtige Person merkt Oder nur auf neuen, unbestellten Gebieten Das Märchen von Hase und Igel Immer wenn ein Benutzer anruft und eine Lösung sucht, ist das RZ schon da und kennt die Antwort Ein Märchen? Immerhin hat der Igel gewonnen Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 4

5 Spannungsfelder einer IT-Strategie Welche Themen interessieren die Universität in ihrer Vielfalt? Welche Themen erscheinen dem RZ wichtig? Dem RZ nicht dem Spieltrieb eines einzelnen! Welche Themen sind für wichtige Personen von Bedeutung? Und wie bekommt man das unter einen Hut??? Wer bestimmt: für die Universität? über das Rechenzentrum? Player: Das Rektorat, der IT-Ausschuss, ein Poweruser, der Zufall, Kann man da überhaupt mithalten angesichts der Personalstärke? Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 5

6 Das Personalproblem des RZ Personalstärke ist fundamental Aber im Sinne von Napoleon! Nicht die absolute Zahl entscheidet, sondern die Flexibilität der Leute Die Bereitschaft, alte heißgeliebte Tätigkeiten aufzugeben und sich neuer anzunehmen Kein Problem des Alters: Es gibt alte Junge und junge Alte Mitarbeiter kann man nicht in wenigen Minuten umschulen (Binsenweisheit) Was kann man also mit dem vorhandenen Stamm tun? Jetzt, in naher Zukunft, in der mittleren Zukunft? Personalentwicklung: zu oft missverstanden als Beförderung Personalentwicklung: was muss man veranlassen, damit ein Mitarbeiter in mittlerer Zukunft das leistet, was das RZ dann braucht? Prof. Dr. Gerhard Schneider - Rechenzentrum 6

7 Personalproblem im RZ Zu oft ist man von der Entwicklung überrascht Manchmal hat man die Entwicklung auch kommen sehen Jedenfalls ist niemand bereit Es ertönt der Ruf nach neuem Personal Und das RZ ist (wie jede andere Einrichtung in diesem Zustand) erledigt schreien kann jeder Man verliert die Glaubwürdigkeit! Umso mehr, je lauter man schreit Neues Personal erhält man nicht Zumindest nicht in der heutigen Zeit Aber wenn man überzeugend darlegen kann: was sollen wir noch tun, unsere Ressourcen sind optimal ausgenutzt und wir sind überprüfbar gut Im Stile von mein Haus, mein Boot, meine Pferde dann besteht vielleicht die Chance auf Projektpersonal! Prof. Dr. Gerhard Schneider - Rechenzentrum 7

8 Personalproblem im RZ Projektpersonal??? Wir brauchen Dauerstellen!!! WARNUNG: auch die Wissenschaft hat i.w. nur Projektstellen Dauerstellen sind ein kostbarer Schatz!! Ein RZ-Leiter verfügt über x hochwertige Dauerstellen (x>>5) Ein Groß-Ordinarius mit mehreren Rufen vielleicht über ein bis zwei Der Konflikt ist vorprogrammiert!!! Auch Projektstellen sind wertvoll! Mit ihnen kann man Arbeit erledigen Und bei einer entsprechenden Personalplanung ist vielleicht eine Planstelle frei, ehe das Arbeitsrecht zum Problem wird Klar: diese Planstelle hatte mal andere Aufgaben. Das RZ verändert sich als Folge eines solchen Vorgehens Prof. Dr. Gerhard Schneider - Rechenzentrum 8

9 Erkenntnis: Personalplanung und Personalentwicklung sind essentiell für die Weiterentwicklung In welche Richtung geht die Weiterentwicklung? Also: wie lautet die Strategie von RZ und Hochschule? Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 9

10 Wege zur Strategie Man wartet auf die Vorgabe der großen IT- Kommission Und wartet. Und wundert sich über das Ergebnis, das einem gar nicht passt. Man definiert sich das Ziel Und wundert sich, dass man alleine auf dem Weg unterwegs ist Man sucht sich Ziele, die der Hochschule dienen Und benutzt verschiedenste Umstände, um auf dem Weg zum Ziel positiv aufzufallen dabei ist man relativ frei zu handeln und zu entscheiden Am Ende entscheidet die normative Macht des Faktischen Wie wird das RZ in die Zielfindung eingebunden? Erfährt man zeitnah, was los ist? Damit man sich entsprechend drauf einstellen kann Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 10

11 Wege zur Strategie Im Klartext: Klinkenputzen, socialising, wahrgenommen werden, dabei sein Wozu gibt es Fakultätskolloquien? Darf man sich in die Dekanerunde einladen? Gelegentliche überzeugende Vorlagen/Memos fürs Rektorat Alles Dinge, die man als Informatiker im Studium lernt Da redet man doch lieber mit dem sysadmin eines Instituts geringer Wirkungsgrad Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 11

12 Beichte Unter diesen Aspekten kann man die verschiedenen Aktivitäten in Freiburg (verschiedentlich darüber vorgetragen) auch bewerten: PC-Beschaffungen Identity-Management e-learning VoIP Informationsmanagement Diese Felder sind nun positiv vom RZ besetzt ohne RZ läuft hier nichts mehr Konsequenz: man wird auch in anderen Bereichen gefragt Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 12

13 Argumente zur Strategieauswahl Thema passt in das Portfolio des RZ Einer muss es ja machen wenn es jemand anders macht, wird es evtl. unangenehm fürs RZ Thema ist cool Thema ist in und hat Potenzial Das Potenzial sollte man doch abschätzen können Vorsicht vor Überexpansion Mut haben, manche ausgelutschte Dienste aufzugeben Auch wenn diese den Mitarbeitern Freude bereiten Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 13

14 Strategieanpassung Wie flexibel reagiert man auf überraschende neue Entwicklungen? Die der 5-Jahresplan nicht vorhergesehen hat Bleibt das RZ beim Plan oder kann man elastisch immer wieder mit das können wir schon lange antworten? Zu hohe Elastizität überfordert die meisten Mitarbeiter die wenigsten haben den Spieltrieb aus Spass an der Freude Manche wollen einfach Geld verdienen Man muss nicht auf jeder Hochzeit tanzen, wenn man auf genügend vielen neuen (!) Hochzeiten gut tanzt Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 14

15 Selbstevaluation am Beispiel Guter Testfall: WLAN-Einführung Wie leicht war die Einführung mit/gegen die eigenen Mitarbeiter Wie ist das Betriebsmodell (campusweite SSID oder zersplittert) Wie schnell konnte eine flächendeckende Versorgung sichergestellt werden? Ausrede kein Geld gilt angesichts der Preise nur bedingt Hatte wirklich das Bauamt alleine an der zögerlichen Umsetzung Schuld? Umsetzung von Roaming-Ideen DFN-Roaming, eduroam: welche Diskussionen finden im Haus statt? Nächster Testfall: dienstliche Nutzung von Handy und Datentarifen Wer kann die Beratung durchführen? Wer ist der Meinung: mobil = Pendeln zwischen Arbeitsplatz und Home Office?? Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 15

16 Zusammenfassung Die RZ-IT-Strategie sollte vom RZ getrieben werden, ohne sich zu weit von den Bedürfnissen der Hochschule zu entfernen dann werden die Gremien die eingeschlagene Richtung weitgehend unterstützen. Eine angepasste Strategie hat Volker Pispers in einem anderen Zusammenhang wie folgt beschrieben: man schaut, wo die Mehrheit hinläuft, überholt diese dann auf der Standspur und ruft mir nach. Allerdings verbietet es die Berufsehre, eine unsinnige Richtung zu wählen bzw. den Lemmingen zu folgen Prof. Dr. Gerhard Schneider Rechenzentrum 16