11/2008. November. DeutscherAnwaltVerlag. Henssler: Berufsethos und Kommerz 721 Burmeister/Uwer: Neues zur Geldwäsche 729

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1 Aufsätze Henssler: Berufsethos und Kommerz 721 Burmeister/Uwer: Neues zur Geldwäsche 729 Anwaltsblattgespräch Kilger: Fachanwaltssystem reformieren? 744 Thema Online-Fortbildung für Fachanwälte 747 Aus der Arbeit des DAV Empfang auf dem 67. Deutschen Juristentag 750 Meinung & Kritik Offermann-Burckart: Fortbildung für jeden? 763 Kleine-Cosack: Fortbildung für jeden? 768 Mitteilungen Hähnchen: Elektronisches Mahnverfahren 779 Rechtsprechung VGH Kassel: Verschwiegenheitspflicht gegenüber Behörden /2008 November DeutscherAnwaltVerlag

2 MN Editorial Quo vadis deutsche Anwaltschaft Felix Busse, Troisdorf Rechtsanwalt, Herausgeber des Anwaltsblatts Wenn eines die immer heterogener werdende Anwaltschaft eint, ist es das Bauchgefühl einer ungewissen Zukunft, das Gefühl, den Entwicklungen immer ein paar Schritte hinterher zu hinken, das Gefühl, dass es immer schwieriger wird, wirtschaftlich Schritt zu halten oder aus der Sicht der Jungen Schritt zu fassen. Stimmt dieser Befund für einen Berufsstand, auf den in unserem ständig komplexer und undurchsichtiger werdenden Rechtssystem inzwischen fast jeder Bürger einmal angewiesen ist, liegt die Frage nach den Ursachen auf der Hand. Könnte es sein, dass die Anwaltschaft einerseits Überholtes als vermeintlich vorteilhaft zu lange verteidigt, andererseits Wertprägendes dem wirtschaftlichen Erfolg geopfert hat? Ist es nicht geradezu paradox, dass Anwälte als Angehörige eines freien Berufs unter dem ihnen von außen verordneten Mehr an Freiheit leiden? Wie kann es wieder vorwärts gehen? Dem geht Professor Dr. Martin Henssler in seiner Betrachtung der Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz (ab S. 721) nach. Er fordert den Mut ein, dass der Anwalt sich am Markt bewährt, indem er sichtbar das Vertrauen rechtfertigt, ohne das der Bürger sich ihm nicht anvertraut. Sein Vorschlag: Zum einen durchaus weitere Liberalisierung, wo sie dem Bürger nützt; zum anderen Sichtbarmachung der Gemeinwohlorientiertheit der Anwaltstätigkeit durch Erarbeitung ethischer Richtlinien jenseits sanktionierter Berufspflichten. Das schmeckt nach dem Moralin der 1987 abgeschafften Standesrichtlinien, für Kleine-Cosack deswegen eine Rolle rückwärts. Aber halt. Darin steckt der Gedanke, dass es Grundsätze anwaltlicher Berufsausübung gibt, die rechtlich nicht eingefordert werden, aber ein Pfund sind, mit dem der einzelne Anwalt wuchern kann. Warum sollte die einzelne Kanzlei sich nicht solchen selbst gesetzten Regeln unterwerfen und damit um das Vertrauen des Bürgers werben? Warum sollte für solche Leitlinien nicht in Aus- und Fortbildung geworben werden? Eine zentrale Voraussetzung für das Vertrauen des Rechtsuchenden in seinen Anwalt ist das Vertrauen in dessen Sachkunde. Wie sieht es heute mit diesem Vertrauen aus? Haben wir vielleicht nicht zu viele Anwälte, sondern nur zu viele Anwälte, in deren Qualität nicht genügend Vertrauen gesetzt wird? Deswegen ist Ausbildung so wichtig und die Verhinderung einer qualifizierten Anwaltsausbildung ein Trauma für die Zukunft. Deswegen ist so wichtig, dass die Satzungsversammlung am 14. November 2008 voraussichtlich wieder über qualitätsfördernde neue Fachanwaltskonzepte nachdenkt. Die Schlüssigkeit etwa der Einführung eines zentralen Klausurexamens ist allerdings Zweifeln ausgesetzt, wie DAV- Präsident Hartmut Kilger im Anwaltsblattgespräch (ab S. 744) noch einmal betont. Deswegen muss über eine verbesserte Fachanwaltsfortbildung nachgedacht werden. Deswegen ist Anwaltsfortbildung allgemein ein Thema. Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burghart (ab S. 763) will die Fortbildungspflicht mit einer Berufspflicht zur Ablehnung eines Mandats mangels erforderlicher Sachkunde entsprechend 4 Abs. 2 BOStB verbinden. Wie dies mit Erfolg justitiabel sein könnte, ist schwer vorstellbar. Aber es bestehen dagegen aus der Sicht von Rechtsanwalt Dr. Michael Kleine-Cosack (ab S. 768) auch erhebliche rechtliche Bedenken. Seine zum Teil wieder drastischen Formulierungen sollten das Gewicht seiner Argumente nicht aus dem Blick nehmen. Vielleicht wäre im Sinne der Hensslerschen professional governance schon viel gewonnen, wenn viele Anwälte sich freiwillig intensiv auf ihrem Gebiet fortbilden und dies in ihrer Außendarstellung den Mandanten gegenüber zu ihrem Markenzeichen machen. AnwBl 11 / 2008 I

3 Anwaltsblatt Jahrgang 58, 11 / 2008 Im Auftrag des Deutschen Anwaltvereins herausgegeben von den Rechtsanwälten: Felix Busse Dr. Peter Hamacher Dr. Michael Kleine-Cosack Wolfgang Schwackenberg Redaktion: Dr. Nicolas Lührig (Leitung) Udo Henke Manfred Aranowski Rechtsanwälte I Editorial Quo vadis deutsche Anwaltschaft Rechtsanwalt Felix Busse, Herausgeber des Anwaltsblatts Berichte aus Berlin und Brüssel IV Wenn 16 Länder kaum Gehör finden... Stefan Schnorr, Berlin VI Kohärenz im europäischen Zivilrecht Thomas Marx, Brüssel VIII Aktuelles Aufsätze 721 Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz Prof. Dr. Martin Henssler, Köln 729 Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung Rechtsanwalt Dr. Frank Burmeister, Frankfurt am Main und RechtsanwaltDr.DirkUwer,LL.M.,Mag.rer.Publ.,Düsseldorf 737 Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls Rechtsanwältin Dr. Jana Bartosch-Koch, Düsseldorf Kommentar 743 Schweigen hilft ganz und gar nicht Rechtsanwalt Micha Guttmann, Köln Anwaltsblattgespräch 744 Fachanwaltssystem reformieren? Rechtsanwalt Hartmut Kilger, Präsident des Deutschen Anwaltvereins Thema 747 Fachanwalt 2.0: Online-Fortbildung ist nicht gleich Online-Fortbildung Jochen Brenner, Hamburg Gastkommentar 749 Wenn der Rechtsweg der Erpressung dient Dr. Joachim Jahn, Frankfurt am Main Aus der Arbeit des DAV Deutscher Juristentag: DAV-Empfang 752 DAV PR-Referat: Kritik am BKA-Gesetz 752 AG Ausländer- und Asylrecht: Beschwerde bei EU 752 Landesverbände: Landesverbandskonferenz AG Geistiges Eigentum & Medien gegründet 753 Forum Junge Anwaltschaft: Neues Seminar 754 Landesanwaltstag Sachsen-Anhalt in Dessau 755 Umweltrechtstagung in Dessau 755 Deutsche Anwaltakademie: Nachrichten 756 DAV-Gesetzgebungsausschüsse: Stellungnahmen 757 AG Mietrecht und Immobilien/AG Arbeitsrecht/ AG Medizinrecht: Neue Internetpräsenz 757 AG Anwaltsnotariat: Neue Internetpräsenz 758 AG Handels- und Gesellschaftsrecht: Tagung 758 AG Sozialrecht: Intensivseminar 759 DAV-Kooperationen: Advocard 761 DAV und Amnesty International: Philippinen 762 DAV International: Deutsch-Britisches Treffen 762 Personalien: u.a. Neuer Obmann der Landesverbände / Neue Vorsitzende Meinung & Kritik 763 Zwischen Qualitätssicherung, Marketing und Berufsfreiheit Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart, Düsseldorf 768 Zerplatzte Fortbildungsträume Rechtsanwalt Dr. Michael Kleine-Cosack, Freiburg i. Br. Mitteilungen Anwaltsvergütung 773 Mehrere Auftraggeber mehrere Gegenstände mehrere Angelegenheiten Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen Anwaltspraxis 779 Mahnverfahren für Rechtsanwälte nur noch elektronisch Priv.-Doz. Dr. Susanne Hähnchen, Berlin Anwaltsrecht 782 Sanktionsfähige Berufspflichten aus einer Generalklausel? Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Hartung, Mönchengladbach Soldan-Institut für Anwaltmanagement 784 Qualität eine Frage der Wahrnehmung Prof. Dr. Christoph Hommerich, Bergisch-Gladbach und Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian, Köln II AnwBl 11 / 2008

4 Dokumentationszentrum 785 Blick ins Ausland Dokumentationszentrum für Europäisches Anwalts- und Notarrecht an der Universität zu Köln Bücherschau 786 Kostenfinanzierung Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian, Köln Haftpflichtfragen 788 E-Lawyer es gibt ihn schon Rechtsanwältin Antje Jungk, Allianz Versicherungs-AG, München Rechtsprechung Anwaltsrecht 790 VGH Kassel: Verschwiegenheitspflicht auch gegenüber Behörden Anwaltshaftung 792 BGH: Textbausteine im Schriftsatz 793 AG Karlsruhe-Durlach: Abfindungsvergleich Anwaltsvergütung 793 OLG Oldenburg: Anrechnung der Beratungshilfegebühr Kostenrecht 794 BGH: Keine Korrektur der Kostenquote 796 OLG Hamm: Kosten der Anschlußberufung Prozesskostenhilfe 796 BGH: Wiedereinsetzungsfrist I 796 BGH: Wiedereinsetzungsfrist II 797 LSG Nordrhein-Westfalen: Beschwerde gegen Ablehnung Anwaltsnotariat 799 BVerfG: Werbung für anwaltliche Zweigstelle 800 Fotonachweis, Impressum XXXVII Stellenmarkt des Deutschen Anwaltvereins XL Bücher & Internet XLVI Deutsche Anwaltakademie Seminarkalender XLVIII Schlussplädoyer Nachgefragt, Comic, Mitglieder Service AnwBl 11 / 2008 III

5 MN Bericht aus Berlin Wenn 16 Länder kaum Gehör finden... Dass auch die Länder über den Bundesrat Gesetzesinitiativen im Bundestag einbringen können und dass der Bundestag darüber beraten muss, sollte eigentlich bekannt sein. Umso mehr verwundert es, dass Bundesratentwürfe dort oft schlicht nicht behandelt werden. So blieben in der letzten Legislaturperiode über 80 Prozent der Vorschläge liegen. Auch in der laufenden Wahlperiode ist das so rund 100 Bundesratsentwürfe wurden seit Dezember 2005 im Bundestag eingebracht, verabschiedet wurden davon gerade einmal zehn, etliche Vorschläge wurden dort noch nicht einmal beraten. Initiativen in der Warteschlange Nach deutlicher Kritik aus einigen Ländern hat das Plenum nun im Herbst zumindest mehrere Länderinitiativen in seine Ausschüsse überwiesen. Dabei geht es etwa um die Ausweitung des Opferanwalts für Opfer von schwerer Körperverletzung, erpresserischem Menschenraub, Geiselnahme, Zwangsheirat und schwerem Stalking sowie die Nebenklagebefugnis für Zwangsheiratsopfer. Ferner fordern die Länder dass Personen, die nicht ausreichend Deutsch sprechen und verstehen, nicht als Schöffe berufen oder wieder von der Schöffenliste gestrichen werden können. Ein weiterer Vorschlag betrifft Änderungen in 21 StGB, damit eine Strafmilderung wegen verminderter Schuldfähigkeit bei einem selbstverschuldeten Rausch durch Alkohol oder andere Mittel ausgeschlossen wird. Zudem soll die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zu Ungunsten eines freigesprochenen Angeklagten auch dann möglich sein, wenn der Nachweis eines mit lebenslanger Strafe bedrohten Tötungsdeliktes wegen neuer wissenschaftlicher Methoden wie DNA-Auswertungen nunmehr sicher geführt werden kann. Und im Mietrecht sollen Vermieter nach einem Vorschlag des Bundesrates eine Wohnung auch dann kündigen dürfen, wenn sie das Gebäude abreißen lassen wollen. Ob und wann der Bundestag diese Entwürfe auch in 2. und 3. Lesung behandelt, ist aber noch offen. Änderungen bei Sicherungsverwahrung und Kindesmissbrauch? Offen ist auch das Schicksal neuer Bundesratinitiativen. So fordert Schleswig-Holstein Änderungen bei der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung. Während die nachträgliche Anordnung derzeit spätestens sechs Monate vor Ablauf der Zweidrittel-Strafe erfolgen muss, soll die Frist künftig verlängert werden können, etwa wenn sie aufgrund einer vom Gericht nicht zu vertretenden Verzögerung nicht eingehalten werden kann. Die Ausschüsse des Bundesrates haben den Entwurf aber erst einmal vertagt, um dazu die Praxis zu befragen. Zudem will Bayern wieder einmal das Sexualstrafrecht verschärfen und alle Fälle des sexuellen Kindesmissbrauchs zum Verbrechen hochstufen. Außerdem soll hier stets die Telefonüberwachung zulässig sein. Zumindest diese Initiative dürfte im Bundestag auf taube Ohren stoßen. Einschränkungen bei der Beratungshilfe? Änderungen fordert der Bundesrat auch bei der Beratungshilfe, um den Anstieg der Länderausgaben zu stoppen. Die Voraussetzungen für die Beratungshilfe sollen verschärft und die Mitwirkungsund Aufklärungspflichten der Antragsteller erweitert werden. Für die Beratungshilfe durch anwaltliche Vertretung soll die Eigenbeteiligung auf 20 Euro erhöht werden. Dass der Bundestag diesem Ansinnen nachkommt, ist unwahrscheinlich. Auch das von den Ländern schon im Frühjahr 2006 geforderte Prozesskostenhilfebegrenzungsgesetz stößt im Bund überwiegend auf Ablehnung, zumal es nur um Ausgaben der Länder geht. Gendiagnostikgesetz Dass auch Initiativen der Bundesregierung manchmal sehr lang brauchen, zeigt der aktuelle Gesetzentwurf zur Gendiagnostik. Schon seit Jahren wird darüber gestritten, wie die Chancen genetischer Untersuchungen für den Einzelnen ermöglicht, gleichzeitig aber genetische Diskriminierungen verhindert werden können. Nach dem Entwurf sollen genetische Untersuchungen nur nach umfassender Beratung und nur durch einen Arzt durchgeführt werden. Vorgeburtliche Untersuchungen sollen auf medizinische Zwecke beschränkt werden und Abstammungsuntersuchungen nur bei Einwilligung der Betroffenen zulässig sein; heimliche Vaterschaftstest sollen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Arbeitgeber und Versicherungen sollen grundsätzlich keine genetische Untersuchung verlangen oder verwenden dürfen; nur wenn eine Versicherung über mindestens Euro beantragt wird, müssen bekannte Untersuchungsergebnisse vorgelegt werden. Schlichtungsstelle der Anwaltschaft Außerdem plant die Bundesregierung eine bundesweit tätige Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft. Rechtsuchende sollen so bei Streitigkeiten mit ihrem Anwalt eine einvernehmliche Lösung erreichen können. Anders als die Schlichtungsangebote örtlicher Rechtsanwaltskammern soll die neue Stelle gesetzlich garantierte Unabhängigkeit genießen, der Schlichter selbst darf kein Anwalt sein. Angesiedelt werden soll sie bei der Bundesrechtsanwaltskammer. Bei der Ernennung des Schlichters und dem Erlass der Schlichtungsordnung muss ein Beirat mitwirken, dem neben Vertretern der Anwaltschaft auch Vertreter der Verbraucherverbände und anderer Einrichtungen (Verbände der Wirtschaft, des Handwerks oder der Versicherungen) angehören. Das Gesetz soll noch im Frühjahr 2009 in Kraft treten. Fahrverbot als Sanktion Überraschend hat die Bundesjustizministerin nun doch Sympathie für ein Fahrverbot als neue Sanktion für alle Straftaten bekundet also auch wenn die Straftat nicht im Zusammenhang mit einem Fahrzeug begangen wurde. Bislang hatte das BMJ einen entsprechenden Bundesratsentwurf strikt abgelehnt. Nun will man aber doch prüfen, ob ein Fahrverbot auch bei allgemeiner Kriminalität sinnvoll wäre. Es komme darauf an, ob es für den Betroffenen wirklich spürbar sei und ob es wirksam kontrolliert und durchgesetzt werden könne. Stefan Schnorr, Berlin Der Autor ist Leitender Ministerialrat und Leiter des Referats Justiz der Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und der Europäischen Union. IV AnwBl 11 / 2008

6 MN Bericht aus Brüssel Kohärenz im europäischen Zivilrecht Die Schaffung eines kohärenten europäischen Zivilrechts ist der Traum so mancher Europarechtler. Wer sich derzeit mit dem bestehenden europäischen Zivilrecht, insbesondere dem Verbrauchervertragsrecht befasst, sieht sich mit einer Vielzahl von nebeneinander stehenden Einzelregelungen konfrontiert. Das soll sich ändern. Der Gemeinsame Referenzrahmen Am europäischen Zivilrecht wird schon seit langem von Akademikern und Praktikern zeitgleich gearbeitet. Ihre Motivation liegt teils in dem Ideal eines einheitlichen Rechtsraumes wie zu Zeiten des römischen Imperiums, teils ganz irdisch in der Hoffnung auf einen erstarkenden Binnenmarkt. Derzeit betreiben nur 19 Prozent der Einzelhandelsunternehmen in der EU mit zumindest einem anderen Mitgliedsstaat Handel. Bereits Anfang der achtziger Jahre begann eine Gruppe um den dänischen Rechtswissenschaftler Lando über ein einheitliches europäisches Vertragsrechtsbuch nachzudenken. Das wissenschaftliche Projekt umfasst heute zahlreiche Universitäten und Institutionen aller EU-Mitgliedstaaten und wird seit 1998 durch die sogenannte Study Group on a European Civil Code koordiniert. Die Gruppe hat Ende 2007 den ersten Entwurf für einen Gemeinsamen Referenzrahmen veröffentlicht. Er bildet das Extrakt der größten europäischen rechtsvergleichenden Studie über das Recht der EU-Mitgliedstaaten, des Gemeinschaftlichen Besitzstandes und die EuGH-Rechtsprechung. Enthalten sind darin Regeln für das Vertragsrecht und das außervertragliche Schuldrecht. Dazu gehören auch kritisierte Vorschriften wie die Beschränkung der Vertragsfreiheit selbst bei Verträgen zwischen Unternehmern. Die abschließende wissenschaftliche Version wird zusätzlich das besondere Vertragsrecht und das Mobiliarsachenrecht sowie eine ausführliche Kommentierung umfassen. Die EU-Institutionen sind nun aufgefordert, aus dem Entwurf für einen Gemeinsamen Referenzrahmen der Wissenschaftler den Gemeinsamen Referenzrahmen zu schaffen. Dieser soll durch einheitliche Grundregeln und Definitionen zu Begriffen wie Fristen, Widerruf und Schaden das Verbrauchervertrauen in den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr stärken. Die Begeisterung in den Institutionen hält sich jedoch in Grenzen. Das Europäische Parlament kann sich noch vorstellen, dass der Referenzrahmen auch das Verbraucherrecht umfassen und in ein optionales Rechtsinstrument für grenzüberschreitende Verträge münden könne. Die Kommission sieht für den Gemeinsamen Referenzrahmen die Form einer Empfehlung oder einer interinstitutionellen Vereinbarung vor. Er könne als Werkzeugkasten für die Überarbeitung bestehender und der Schaffung neuer EU-Normen und als Orientierung für die Mitgliedstaaten und den EuGH dienen. Der Justizministerrat billigt dem Werk auf seiner Sitzung im April 2008 schließlich den Rang eines Bündels nicht bindender Leitlinien zu, das den Gemeinschaftsorganen als Inspirationsquelle dienen möge. Bereits heute ist daher absehbar, dass der Referenzrahmen nur einen Teil des Entwurfs übernehmen und nur begrenzt bei der Reform der bestehenden europäischen Verbraucherschutzregeln, dem sogenannten Verbraucheracquis, berücksichtigt werden wird. Arbeiten am Verbraucheracquis Die EU-Kommission ist seit ihrem Aktionsplan für ein kohärenteres europäisches Vertragsrecht von 2003 als Financier an dem wissenschaftlichen Projekt des Entwurfs des Gemeinsamen Referenzrahmens beteiligt. Gleichzeitig entwickelt sie auf der Basis ihres Initiativrechts mit den anderen Institutionen den Verbraucheracquis fort. Die Kommission sieht Reformbedarf, da die Verbraucher schützenden Richtlinien den Mitgliedstaaten lediglich Mindestharmonisierungen vorschreiben. Dies hat in der Umsetzung vielfach zur Rechtszersplitterung durch ein unterschiedlich hohes Verbraucherschutzniveau geführt. Hinzu kommt, dass sich die Richtlinien jeweils auf einzelne Sektoren wie Pauschalreisen oder Teilnutzungsrechte an Immobilien beziehen. Die Folge ist das Nebeneinander von sich teilweise überschneidenden Regelungen. Vier dieser Richtlinien will die Kommission nun in einer Richtlinie bündeln. Am 8. Oktober 2008 hat die Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz den Richtlinienvorschlag zum Verbrauchervertragsrecht veröffentlicht. Dieser umfasst mehrere Sektoren, deren Verbrauchervertragselemente voll harmonisiert werden. Der Vorschlag bezieht sich auf rein nationale wie auf grenzüberschreitende Verträge. Er betrifft die Richtlinien über Haustürgeschäfte zu missbräuchlichen Verbrauchervertragsklauseln, zu Fernabsatzgeschäften sowie zum Verbrauchsgüterkauf. Er enthält einheitliche Definitionen u. a. des Verbraucher- und des Unternehmerbegriffs und benennt den Umfang der vorvertraglichen Informationspflichten des Unternehmers. Die Widerrufsfrist wird europaweit auf 14 Tage festgelegt und ein einheitliches standardisiertes Widerrufsformular eingeführt. Die zweijährige Gewährleistungspflicht des Unternehmers bei vertragswidriger Ware wird ebenso fixiert wie missbräuchliche allgemeine Geschäftbedingungen. Zum letzteren Aspekt sind dem Richtlinienvorschlag zwei Listen angehängt. Die eine versammelt AGB-Klauseln, die in jedem Fall rechtswidrig sind, in der anderen sind AGB-Klauseln aufgereiht, für deren Rechtmäßigkeit der Verwender die Beweislast trägt. Die Reaktionen der anderen EU-Institutionen auf den Richtlinienvorschlag werden mit Spannung erwartet. Für Januar 2009 will die Kommission ein Weißbuch zum Gemeinsamen Referenzrahmen veröffentlichen. Die Schaffung eines einheitlichen Europäischen Zivilrechts bleibt auf mittlere Sicht unwahrscheinlich. Die Entwicklung kohärenteren Vertrags- und Verbraucherrechts in kleinen Schritten ist absehbar. Thomas Marx, Brüssel Der Autor ist Assessor und Referent im Brüsseler Büro des Deutschen Anwaltvereins. Sie erreichen den Autor unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. VI AnwBl 11 / 2008

7 MN Aktuelles Deutscher Anwaltverein Anwaltsrecht Deutscher Anwaltverein DAV-Forum zur Vertraulichkeit von Berufsgeheimnisträgern Es geht um den Schutz des Bürgers, nicht um den von Berufsgeheimnisträgern: Der DAV wird deshalb in Kooperation mit dem Deutschen Journalisten-Verband und dem Hartmannbund am in Berlin ein Forum zur Gefährdung der Privatsphäre Schutz der Vertraulichkeit im Gespräch mit Anwälten, Ärzten, Geistlichen und Journalisten im freiheitlichdemokratischen Rechtsstaat veranstalten. Der Bürger soll erfahren, dass die Einschränkungen des Schutzes der Berufsgeheimnisträger durch das Telekommunikationsüberwachungsgesetz und das BKA-Gesetz nicht zuerst in den Schutzbereich der Berufsgeheimnisträger eingreift, sondern in die Persönlichkeitsrechte der Bürger. Es geht um ihr Vertrauen, sich bestimmten Menschen rückhaltlos und unzensiert anvertrauen zu können. Prof. Dr. Uwe Volkmann (Universität Mainz) wird mit seinem Referat Die Bedeutung der Privatsphäre in der Gesellschaft des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats in die Thematik einführen. Im Anschluss daran werden ein Arzt, ein Journalist, ein Kirchenvertreter und ein Rechtsanwalt über die Bedeutung des Schutzes der Privatsphäre im Rahmen ihrer Tätigkeit sprechen. Anschließend wird ein Blick über die Grenzen auf die Rechtslage in den Niederlanden geworfen. Die Live-Demonstration einer Online-Durchsuchung und Telekommunikationsüberwachung vom Anwaltstag 2008 wird wiederholt, um zu zeigen wie leicht Überwachungsmaßnahmen möglich sind. Bärbel Bohley wird die Erfahrungen eines Überwachungsopfers schildern. Den Abschluss der Veranstaltung bildet eine umgekehrte Anhörung, im Rahmen derer drei Vertreter der beteiligten Verbände die rechts- bzw. innenpolitischen Sprecher der im Bundestag vertretenen Parteien zu den Sicherheitsgesetzen befragen werden. Anmeldungen bei der Deutschen Anwaltakademie bei Herrn Hopf unter oder per Fax 0 30/ Die Teilnahme ist kostenlos. Schlichtungsstelle für Streit zwischen Anwalt und Mandant Das Bundeskabinett hat Ende September den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer unabhängigen, bundesweit tätigen Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft beschlossen. Die neue Schlichtungsstelle soll nach dem Gesetzentwurf kostenlos in Anspruch genommen werden. Sie unterscheidet sich von den bereits bestehenden Schlichtungsangeboten örtlicher Rechtsanwaltskammern durch ihre gesetzlich garantierte Unabhängigkeit und durch die Person des Schlichters, der nicht aus den Reihen der Rechtsanwälte kommen darf. Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft soll bei der Bundesrechtsanwaltskammer angesiedelt werden. Ihre Unabhängigkeit von der Anwaltschaft wird durch die gesetzlichen Anforderungen an die Person des Schlichters und durch die vorgeschriebene Beteiligung eines Beirats sichergestellt. Dem Beirat, der bei der Ernennung des Schlichters und dem Erlass der Schlichtungsordnung mitwirkt, müssen neben Vertretern der Rechtsanwaltschaft mindestens paritätisch auch Vertreter der Verbraucherverbände und anderer Einrichtungen (Verbände der Wirtschaft, des Handwerks oder der Versicherungen) angehören. Der Tätigkeitsbereich der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft wird sich auf alle zivilrechtlichen Streitigkeiten wie beispielsweise über die Höhe der Anwaltsvergütung (Honorarstreitigkeiten) oder über Haftungsansprüche des Mandanten gegen den Anwalt (Anwaltshaftung) erstrecken. Die Teilnahme am Schlichtungsverfahren, dessen Durchführung sowohl der Rechtsanwalt als auch der Mandant beantragen können, ist für beide Seiten freiwillig. Bei zügigen Beratungen im Parlament kann das Gesetz im Frühjahr 2009 in Kraft treten. Quelle: Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom Bologna-Prozess in der Juristenausbildung? Drei Minister diskutieren Immer mehr Bundesländer sprechen sich inzwischen dafür aus, auch für das klassische Jura-Studium Bachelor- und Masterabschlüsse einzuführen. Daneben stehen die guten und schlechten Erfahrungen anderer Studiengänge, die eine solche Umstellung bereits vollzogen haben. In einer gemeinsamen Veranstaltung des Ministers für Justiz, Arbeit und Europa des Landes Schleswig-Holstein und des Deutschen Anwaltvereins am 3. November 2008 in Berlin wird beleuchtet werden, warum der Bologna-Prozess auch für die Juristenausbildung eine Chance sein könnte. Das Motto der Abendveranstaltung lautet Juristenausbildung: Schneller zum Ziel. Modernisiert berufsorientiert europafähig. Gleich drei Landesjustizminister diskutieren: Dr. Till Steffen (Justizsenator Hamburg), Roswitha Müller- Piepenkötter (Nordrhein-Westfalen) und Uwe Döring (Schleswig-Holstein) werden auf dem Podium sein. Die Hochschulsicht werden Prof. Dr. Peter M. Huber (Vorsitzender des Deutschen Juristenfakultätentags) und Prof. Dr. Dres. h. c. Karsten Schmidt (Bucerius Law School) beleuchten. Für die Anwälte wird Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer (Deutscher Anwaltverein) auf dem Podium sitzen. Vor der Diskussion stellen Referenten die derzeit diskutierten Modelle zur Umsetzung des Bologna-Prozesses in der Juristenausbildung vor. Das Modell des Deutschen Anwaltvereins wird Rechtsanwalt Prof. Dr. Hans-Jürgen Rabe (Mitglied der Arbeitsgruppe Bologna-Prozess des Deutschen Anwaltvereins) erläutern. Das Modell des Deutschen Anwaltvereins ist im Oktober-Heft des Anwaltsblatts (AnwBl 2008, 686) veröffentlicht worden. Informationen und Anmeldung: Heike Muß, Telefon: , heike.muss@lv.landsh.de, Die Veranstaltung findet von bis Uhr in der Vertretung des Landes Schleswig-Holstein beim Bund, In den Ministergärten 8, Berlin statt. VIII AnwBl 11 / 2008

8 MN Aktuelles DAV Aktuell Hamburgischer Anwaltverein Rat der Europäischen Anwaltschaften DAV hilft auf dem Weg zum US-LL.M. Das 11. Deutsch-Amerikanische Graduierten- und Praktikerseminar im Juni stand in diesem Jahr unter dem Thema Dispute Resolution in International Commerce and Investment. 15 Teilnehmer darunter viele Anwältinnen und Anwälte sammelten in Köln Punkte, um einen Teil der Anforderungen an den amerikanischen Grad des International Commercial Law, LL. M., zu erfüllen. Für den LL. M., der in drei bis fünf aufeinander folgenden Sommern erreicht wird, benötigen die Teilnehmer insgesamt 36 so genannte Units, von denen vier durch die Teilnahme an diesem Seminar erreicht werden konnten. Die Teilnehmer kamen aus Brasilien (5), aus Deutschland (4) sowie aus Taiwan, Mexiko, der Ukraine, der Schweiz und Polen. Das Seminar fand bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) statt und wurde in Kooperation mit dem Deutschen Anwaltverein, dem ADIC (Armbitration Documentation and Information Center) und der School of Law at the University of California Davis angeboten. Rechtsanwältin Dr. Malaika Ahlers, Berlin Nähere Informationen zum LL. M.-Studiengang finden Sie auch auf der Homepage der University of California, Davis unter international/law/. AG Bank- und Kapitalmarktrecht 5. Jahrestagung Die Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht des DAV führt ihren 5. Tag des Bank- und Kapitalmarktrechts am 20. und 21. November in Karlsruhe durch. Die Referenten werden einen Überblick zur BGH-Rechtsprechung zum Bankrecht, Informationen zur Abgeltungssteuer u. v. m. geben. Einen Schwerpunkt wird das Thema Kreditverkauf bilden. AnmeldungenbitteperTelefax:030/ , DAV bei ChristinaLehmann,Littenstraße 11, Berlin. Symposium zur Juristenausbildung Der Hamburgische Anwaltverein (HAV) und die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (AsJ) Hamburg laden zum 3. Hamburger Symposium zur Juristenausbildung am 22. November 2008 ein. Das sog. Hamburger Modell einer Neuordnung der Juristenausbildung ist aus der Arbeit der vorherigen Symposien hervorgegangen und soll nun einem theoretischem Praxistest unterzogen werden. Derzeit erarbeiten Arbeitsgruppen die Lehrinhalte der universitären Ausbildung für den Bachelor in den drei Kernfächern, damit einhergehend die Prüfungsgegenstände für das als Aufnahmeprüfung ausgestaltete Staatsexamen, die Ausgestaltung des Staatsexamens selbst wie auch Inhalte des Referendariats. Die Ergebnisse sollen auf dem Symposium vorgestellt und intensiv diskutiert werden. Ab dem 10. November 2008 wird der Modellentwurf im Internet zur Verfügung gestellt: (dort gibt es auch an ein Anmeldeformular). AG Verkehrsrecht Veranstaltungen Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein bietet auch im November 2008 wieder verschiedene Seminare an: 9 Am 8. November in Neuss und am 22. November in Oldenburg referiert der Vors. Richter am BGH Wolfgang Ball (Karlsruhe) zum Thema Autokauf und Autoleasing. 9 Wer mehr zu Verkehrsunfallflucht und Nötigung im Straßenverkehr wissen möchte, kann sich bei Rechtsanwalt Michael Bücken (Köln) am 15. November 2008 in München informieren. 9 Einblicke in die Unfallmedizin für Anwälte gibt Dr. med. Raymond Best, Uniklinik Tübingen, am 26. November 2008 in Freiburg. Anmeldungen (bitte schriftlich): Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht, Veranstaltungsorganisation, Gansweide 21, Rheinbach, Tel: / , Fax: 95. Weitere Informationen: Menschenrechtspreis doppelt verliehen Der Rat der europäischen Anwaltschaften (CCBE) hat am 5. September 2008 in Brüssel seinen Menschenrechtspreis in diesem Jahr gleich zwei Mal verliehen. Ausgezeichnet wurden der chinesische Rechtsanwalt Li Heping und eine Gruppe von spanischen Pflichtverteidigern. Li Heping hat für seinen Kampf für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte mehrfach im Gefängnis gesessen und wurde allein schon aufgrund seiner Berufstätigkeit gefoltert. Die 23 spanischen Preisträger waren von ihrer Kammer verpflichtet worden, die Tatverdächtigen der Zuganschläge vom 11. März 2004 in Madrid zu verteidigen. Sie waren vielfach persönlich von den Anschlägen betroffen und riskierten wegen Umfang und Dauer des Verfahrens ihre berufliche Existenz. Zugleich waren sie der andauernden Kritik der öffentlichen Meinung ausgesetzt, obwohl sie ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleisteten. Mit dem rein ideellen Preis würdigt der Dachverband der europäischen Anwaltsverbände Einzelanwälte oder Anwaltsorganisationen, die sich um den Berufsstand auf dem Feld der Menschenrechte verdient gemacht haben. Die Auszeichnung ging an beide Anwärter, nachdem sich die Mitglieder des CCBE nicht mit der erforderlichen qualifizierten Mehrheit auf nur einen Preisträger einigen konnten. Deshalb entschieden die Delegierten daraufhin, den Preis an beide Kandidaten zu verleihen. Anwaltsblatt Dezember-Heft Das Dezember-Heft des Anwaltsblatts wird nicht wie gewohnt zum ersten Werktag des Monats, sondern eine Woche später erscheinen. So kann das Anwaltsblatt noch über die zweite Sitzung der vierten Satzungsversammlung am 14. November 2008 aktuell bereichten. Die Satzungsversammlung wird sich vermutlich mit einer Reform des Fachanwaltssystems beschäftigen (siehe dazu in diesem Heft das Anwaltsblattgespräch mit Kilger ab Seite 744). Die Redaktion X AnwBl 11 / 2008

9 MN Aktuelles Leserreaktion Moderne Fortbildung für Fachanwälte Rechtsanwalt Dr. Cord Brügmann hatte unter dem Titel Fachanwalt bleiben (nur) durch Multiple Choice? im Doppelheft August/September (AnwBl 2008, 603) über die Entscheidung der Rechtsanwaltskammer Köln geschrieben, die BRAK Online-Fortbildung (Newsletter mit anschließendem Multiple-Choice-Test) als Fortbildung im Sinne von 15 FAO anzuerkennen. Der Präsident der Rechtsanwaltskammer Köln erläutert die Entscheidung: Eine von den Kammern kontrollierte und überprüfte Fortbildung ist zu Recht Pflicht für jeden Fachanwalt. Die Grundregel des 15 FAO ist ein wichtiges Element der Qualitätssicherung anwaltlicher Tätigkeit. Was bedeutet Fortbildung? Bisher geht 15 FAO noch von dem Bild aus, dass der Fachanwalt seine Fortbildung hörend oder dozierend erbringt. Es wird also auf eine tatsächliche Teilnahme an einer Veranstaltung abgestellt, also auf klassische Präsenzseminare. Die Zeiten haben sich geändert, die modernen Formen der Kommunikation eröffnen hier auch neue Chancen der Weiterbildung. Aufgabe der Rechtsanwaltskammern ist es, die Fortbildung zu überwachen, sich aber auch neuen Entwicklungen nicht zu verschließen. Daher kann eine Rechtsanwaltskammer, so wie es die für die Fortbildung zuständige Abteilung IX des Kölner Kammervorstands getan hat, auch neue Wege beschreiten, selbst wenn diese für Diskussionen sorgen (AnwBl 2008, 603). Diese neuen Wege sind dann sinnvoll, wenn dadurch das Ziel, dass der Anwalt sich tatsächlich fortbildet, nicht aus den Augen verloren wird, aber eine Einschränkung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) weitgehend vermieden wird. Dies war einer der Gründe für die Rechtsanwaltskammer Köln die BRAK Online-Fortbildung beispielhaft für eine moderne Fortbildungsform anzuerkennen. Alle Beteiligten erkennen an, dass Fortbildung nicht nur durch die tatsächliche Teilnahme an Veranstaltungen erbracht werden kann, lediglich problematisch sind Überprüfung und Nachweise. Diese Fragen stellen sich jedoch auch bei Präsenzseminaren: Wer überwacht die tatsächliche Teilnahme und die geistige Anwesenheit? Kommt es wirklich immer zu dem Gedankenaustausch mit dem Referenten? Die Anwaltschaft kann sich den neuen Formen der Fortbildung nicht verschließen. So hat sich nicht nur die Rechtsanwaltskammer Köln, sondern auch die Rechtsan-waltskammer Stuttgart für die Anerkennung von Online- Seminar ausgesprochen. Fortbildung bedeutet, dass der Fachanwalt neue Entwicklungen in der Gesetzgebung, der Rechtsprechung und der Literatur zur Kenntnis nimmt. Online-Fortbildung kann auch dieses Ziel sehr wohl erreichen. Wer sich tatsächlich einen Vortrag online ansieht und dann zum Beispiel Fragen richtig beantwortet, hat sich ebenso fortgebildet wie der Teilnehmer eines Präsenzseminars. Mit dem persönlichen Passwort und der anwaltlichen Versicherung kann auch der notwendige Nachweis erbracht werden. Die Satzungsversammlung wird sich daher mit einer Änderung von 15 FAO zu befassen haben und diese Vorschrift nach einem durchdachten Konzept neu gestalten. Denkbar und sinnvoll dürfte es sein, ebenso wie in unseren europäischen Nachbarländern die Fortbildung zumindestens teilweise auch durch Online-Seminare anzuerkennen. Es wäre fatal, wenn in diesem Bereich wieder einmal die Gerichte korrigierend eingreifen müssten, wie dies bereits mehrfach bei restriktiven Vorschriften für die anwaltliche Berufsausübung der Fall war. Die meisten Kolleginnen und Kollegen werden auch weiterhin Präsenzseminare besuchen, weil sie den Gedankenaustausch in den Pausen und am Ende einer Veranstaltung besonders schätzen. Gleichwohl sollte jede Kollegin und sollte jeder Kollege die Möglichkeit haben, sich anderweitig fortzubilden, eine Berufspflicht, die nicht nur für Fachanwälte gilt. Das immer wieder festzustellende Misstrauen gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen, die eine Teilnahme an einem Online-Seminar vortäuschen könnten, ist durch nichts begründet, zumal auch die Teilnehmer von Seminarveranstaltungen sich durch Zeitung lesen und geistige Abwesenheit jeder Zeit der Wissensvermittlung entziehen können. Die wenigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die fortbildungs-resistent sind, können eine enge berufsrechtliche Reglementierung der Fortbildung nicht rechtfertigen. Rechtsanwalt Dr. Hubert van Bühren, Präsident der Rechtsanwaltskammer Köln XII AnwBl 11 / 2008

10 MN Aktuelles Leserreaktion Terminsvertretung im Parteiprozess nur durch juristische Azubis? Oliver Sabel hat im Juni-Heft des Anwaltsblatts (AnwBl 2008, 390) sowie im Doppelheft August/September (Seite XII) die Meinung vertreten, dass es nach 157 ZPO (in der ab gültigen Fassung des Rechtsberatungsneuregelungsgesetzes) im Parteiprozess dem Rechtsanwalt nicht mehr gestattet sei, Mitarbeiter seiner Kanzlei (z. B. einen Assessor) mit Untervollmacht in die mündliche Verhandlung zu entsenden. Es widerspricht Rechtsanwalt Curt Engels (Mitglied des DAV- Ausschusses Zivilverfahrensrecht). Die Auffassung von Sabel ist unrichtig, denn sie widerspricht geltendem Recht. Ein jeder, dem im Parteiprozess eine Prozessvollmacht erteilt worden ist, ist nach 81 ZPO berechtigt, kraft der ihm erteilten Prozessvollmacht einen Vertreter, also einen Unterbevollmächtigten zu bestellen. Die Untervollmacht kann unter Beschränkung für einzelne Prozesshandlungen, z. B. zwecks Wahrnehmung eines Verhandlungstermins erteilt werden ( 83 Abs. 2 ZPO). Da dies im Parteiprozess sowohl für bevollmächtigte Rechtsanwälte wie andere in zulässiger Weise vertretungsbefugte Personen ( 79 Abs. 2 S. 2 ZPO) gilt, kann 157 ZPO in der Fassung des Rechtsberatungsneuregelungsgesetzes schon von seinem Wortlaut her nicht als Beschränkung der Befugnis des Rechtsanwalts zur Erteilung einer Untervollmacht im Parteiprozess verstanden werden. 157 ZPO n. F. entspricht inhaltlich dem aufgehobenen 59 Abs. 2 S. 2 BRAO, wonach auf einen Referendar, der im Parteiprozess den Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertritt, 157 Abs. 1 und 2 ZPO a. F. nicht anzuwenden war, d. h. er konnte vom Gericht als Bevollmächtigter in der Verhandlung nicht ausgeschlossen werden. 157 ZPO n. F. setzt hinsichtlich der Möglichkeiten des Rechtsanwalts, Untervollmacht im Parteiprozess zu erteilen, somit materiell kein neues Recht, insbesondere ändert er für den Rechtsanwalt im Parteiprozess nicht 81 Abs. 2 ZPO, sondern schließt lediglich für den Stationsreferendar den richterlichen Ausschluss von der mündlichen Verhandlung aus, indem er dessen Status positiv beschreibt. Im Regierungsentwurf zum Rechtsdienstleistungsgesetz, dort in der Begründung zu Artikel 8 Nummer 6 ( 157 ZPO) wird erörtert, dass es nach geltendem Recht teilweise als zulässig angesehen werde, dass Rechtsanwälte ihre Kanzleimitarbeiter, vor allem Bürovorsteher oder nebenberuflich außerhalb der Anwaltsstation bei ihnen tätige Referendare bzw. Assessoren gelegentlich mit Terminsvollmacht zur mündlichen Verhandlung entsendeten. Es bestehe insoweit jedoch kein unabweisbares Regelungsbedürfnis. Das bedeutet, dass das Rechtsberatungsneuregelungsgesetz mit dem neuen 157 ZPO als dem Nachfolger von 59 Abs. 2 S. 2 BRAO in der bis zum geltenden Fassung die Befugnis des Rechtsanwalts zur Erteilung von Untervollmachten im Parteiprozess nicht hat ändern oder gar einschränken wollen. Es wäre auch eigenartig, wenn es dem Rechtsanwalt nicht gestattet wäre, einen volljuristisch ausgebildeten Assessor in die mündliche Verhandlung zu entsenden, sondern er sich, sofern er nicht einen anwaltlichen Untervertreter bestellt hat, ausschließlich eines noch in der Ausbildung befindlichen Juristen, eines Azubi bedienen dürfte, während nicht-anwaltliche Prozessbevollmächtigte im Parteiprozess keinerlei Beschränkungen in der Auswahl und Bestellung von Unterbevollmächtigten unterliegen. Der Hinweis von Sabel auf die restriktive gesetzgeberische Entscheidung über die Zulässigkeit einer Vertretung durch Nichtanwälte im Parteiprozess ( 79 Abs. 2 S. 2 ZPO) steht nicht im Widerspruch zur unbeschränkten Möglichkeit einer Unterbevollmächtigung durch den Rechtsanwalt, d. h. einer Befugnis, die auch den in 79 Abs. 2 S. 2 ZPO genannten, zum Prozessvertretung zugelassenen Personen, Behörden und Verbänden zu Gebote steht. Die Prozessvertretungsbefugnis als solche und der Umfang der Rechte des Prozessbevollmächtigten im Rahmen des Vollmachtsverhältnisses, sei er Rechtsanwalt oder nicht, sind unterschiedliche Dinge und sollten nicht miteinander vermischt werden. Die von Sabel vertretene Auffassung steht im Übrigen im Wertungswiderspruch zum anwaltlichen Vergütungsrecht: Nach 5 RVG erhält der Rechtsanwalt für eine Tätigkeit, die er nicht persönlich vornimmt, auch dann die Vergütung nach dem RVG, wenn er sich z. B. durch einen Assessor vertreten lässt. Es ist daher davon auszugehen, dass auch in Zukunft neben dem Stationsreferendar andere geeignete Kanzleimitarbeiter in Untervollmacht des Rechtsanwalts die mündliche Verhandlung im Parteiprozess wahrnehmen dürfen. Die Beschränkung anwaltlicher Befugnisse im Parteiprozess bedürfte, sofern überhaupt verfassungsrechtlich zulässig, einer eindeutigen Regelung des Gesetzgebers, an der es fehlt. Der Rechtsanwalt im Parteiprozess hat die unbeschränkten Befugnisse aus 81 ZPO. Rechtsanwalt Curt Engels, Hamburg Rechtsanwaltskammer Frankfurt Aufsatzwettbewerb zum Anwaltsrecht Die Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main lobt für ihren zweiten Aufsatzwettbewerb insgesamt ein Preisgeld von Euro aus. Bis zum 30. April 2009 können Aufsätze mit einem Umfang von maximal Zeichen zum Thema Das Verhalten von Rechtsanwälten (Rechtsanwaltschaft) und Justizangehörigen (Justiz) im Kontext von Freiheit und Sicherheit eingereicht werden. Der erste Preis ist mit Euro dotiert, der zweite Platz mit Euro. Für prämierte Beiträge sowie Aufsätze bis zum Rangplatz 10 steht der Kammer das Erstveröffentlichungsrecht zu. Über die Platzierungen entscheidet ein Kuratorium, dem neben Vertretern aus dem Frankfurter Kammerbezirk weitere Persönlichkeiten aus Justiz und Anwaltschaft angehören (unter anderen der Präsident des Deutschen Anwaltvereins Rechtsanwalt Hartmut Kilger). Informationen und die vollständigen Ausschreibungsunterlagen sind bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, Bockenheimer Anlage 36, Frankfurt am Main zu erhalten oder unter unter der Rubrik Aktuelles. XIV AnwBl 11 / 2008

11 Anwaltsblatt Jahrgang 58, 11 / 2008 Im Auftrag des Deutschen Anwaltvereins herausgegeben von den Rechtsanwälten: Felix Busse Dr. Peter Hamacher Dr. Michael Kleine-Cosack Wolfgang Schwackenberg Redaktion: Dr. Nicolas Lührig (Leitung) Udo Henke Manfred Aranowski Rechtsanwälte Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz * Prof. Dr. Martin Henssler, Köln Anwälte legen großen Wert darauf, kein Gewerbe auszuüben. Doch Geld müssen sie trotzdem verdienen. Was bleibt bei diesem Spannungsverhältnis heute noch von den Freien Berufen? Was muss speziell die Anwaltschaft unternehmen, um ihre Zukunft zu sichern? Der Autor plädiert in zehn Thesen für eine Rückbesinnung auf das Berufsethos der Freien Berufe und fordert die Anwaltsverbände auf, in ethischen Richtlinien die gute freiberufliche Berufsausübung (zum Beispiel bei der Fortbildung) zu regeln. Zugleich stellt der Autor klar, dass solche rechtlich nicht zwingenden, gleichwohl keineswegs unverbindlichen Regeln einer weiteren Liberalisierung des Berufsrechts nicht entgegenstehen. I. Einleitung Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz. Das mit diesem Titel angesprochene Spannungsverhältnis, in dem sich die Anwaltschaft aktuell befindet, steht paradigmatisch für einen Trend, der derzeit alle Freien Berufe erfasst. Die Anwaltschaft ist zwar so hat es Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung kürzlich anlässlich des Anwaltstags 2008 formuliert der dynamischste der klassischen Freien Berufe. 1 Das heißt aber nur, dass sich bei den Rechtsanwälten Glanz und Elend des Wandels der Freien Berufe zum Dienstleister besonders anschaulich zeigen. Alle Freien Berufe stehen vor der Aufgabe, ihre Rolle in der Gesellschaft neu zu bestimmen und damit zugleich die Weichen für ihre Zukunft zu stellen. Hans Soldan wäre, so dürfen wir aus gutem Grund hoffen, mit der Themenwahl für den Festvortrag anlässlich des stolzen 100-jährigen Jubiläums der von ihm gegründeten Stiftung einverstanden. Er hat schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts mit großer Weitsicht die Probleme gesehen, die sich aus dem Spannungsfeld zwischen legitimen Erwerbsstreben einerseits und der Bindung an ein besonderes Berufsethos andererseits ergeben. Wäre er in die heutige Zeit geboren, so würde Hans Soldan mit dem ihm eigenen Kampfgeist notwendige Veränderungen anmahnen, ebenso resolut aber das Bewahrenswerte verteidigen. Das Wirken Hans Soldans, dieses Anwalts der Anwälte, weist intensive Bezüge zu unserer Themenstellung auf, war es doch von einer hohen Wertschätzung für das Berufsethos, gleichermaßen aber von der Sorge um die berechtigten wirtschaftlichen Belange der Anwaltschaft geprägt. Die Zukunft der Anwaltschaft trieb ihn um, wie seine wiederholten Aufrufe an die deutsche Rechtsanwaltschaft 2 und Veröffentlichungen mit Titeln wie: Wohin, deutsche Anwaltschaft? verdeutlichen. Soldans Idee, in Gestalt eines Wirtschaftlichen Verbandes deutscher Rechtsanwälte eine Einkaufsgenossenschaft mit berufsständischem Engagement zu verbinden, wurde vor 100 Jahren von Teilen der Anwaltschaft als Angriff auf ihr Leitbild empfunden. Hans Soldan musste sich daher nicht nur in der Gründungsphase, sondern auch später immer wieder gegen Anfeindungen zur Wehr setzen. Dabei ging es bei seiner Selbsthilfeeinrichtung doch nur darum, für die Anwaltschaft die materiellen Grundlagen zu schaffen, die es ihr erst erlauben, ihrer Gemeinwohlaufgabe nachzukommen. 3 Die Ziele der von Soldan gegründeten Selbsthilfeorganisationen lagen auf der Linie der in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften für die Freien Berufe heute vertretenen Konzeption einer ökonomischen Ethik. 4 Sie erkennt, dass erst das Bekenntnis zu legitimen Eigeninteressen langfristig die Verwirklichung der Gemeinwohlinteressen garantiert. Moralische Vorgaben müssen, so die einleuchtende These, mit dem wohlverstandenen Eigeninteresse vereinbar sein, die gesellschaftliche Zusammenarbeit zwischen Freien Berufen und ihren Auftraggebern damit dauerhaft dem ge- * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche, um Nachweise ergänzte Fassung des Vortrags, den der Verfasser auf der Festveranstaltung anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Soldan Stiftung am 6. Juni 2008 in Berlin gehalten hat; der Vortragsstil wurde beibehalten. 1 Ausgabe vom 3. Mai Vgl. nur Soldan, Deutsche Rechtsanwalt-Zeitung 15 (1918), S Pothmann/Waldmann, Im Dienst der Anwälte: Die Soldan-Geschichte 1908 bis 2008, 2008, S. 60 ff., siehe auch Dix, AnwBl 1932, 257 ff. 4 Dazu Suchanek, Berufsethik der Steuerberater, 2007; siehe auch Hommerich, DStR 2008, 1161 ff. Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz, Henssler AnwBl 11 /

12 MN Aufsätze genseitigen Vorteil dienen. Freilich, unumstritten ist diese These unter den Ethikern nicht, kritische Stimmen sehen in dem pragmatischen Ansatz den ersten Schritt zur Selbsttrivialisierung der Freien Berufe. Hans Soldan brachte der kompromisslose Einsatz für den von ihm als richtig erkannten Weg immer wieder in Konflikt mit ethischen Grundprinzipien, die auf eine Mäßigung in der Interessenvertretung zielen. Gerade die wiederholten Auseinandersetzungen mit dem Deutschen Anwaltverein, heute der Stiftung eng verbunden, wurden erstaunlich harsch ausgetragen. Eine der eskalierenden Auseinandersetzungen führte sogar dazu, dass die Rechtsanwaltskammer beim Reichsgericht gegen ihn ein ehrengerichtliches Verfahren einleitete, weil er ein DAV Vorstandsmitglied als Schlauchführer der Dreckspritze gegen die Soldan Stiftung bezeichnet hatte. Nun werden Sie sagen: Als Vorbild für ethisches Anwaltsverhalten dürfte Hans Soldan damit wohl ausscheiden. Nicht so das von ihm angerufene Ehrengericht, das für die sicherlich eigenwillige Persönlichkeit Hans Soldans sogar den berufsrechtlichen Rechtfertigungsgrund der Ehrennotwehr erfand und ihn mit dieser Begründung von allen Vorwürfen freisprach. 5 Ein schönes Beispiel dafür, dass erst der Blick auf die Gesamtpersönlichkeit eine ethische Beurteilung erlaubt. Kompromisslos, ja radikal agierte Hans Soldan auch im Kampf gegen die Anwaltsschwemme. Nur ein sofortiger Zulassungsstopp für Anwälte erschien ihm 1931 als geeignetes Mittel. 6 Erfolg hatte er mit der uns auch heute vertraut klingenden Forderung nicht, wohlgemerkt: 1931 kamen auf einen Rechtsanwalt Einwohner, in diesem Jahr etwa 550. Hier erweist sich die Soldan Stiftung heute doch weit kreativer, wenn sie einen Preis für besonders erfolgreiche Kanzleigründungen vergibt und so Wege weist, wie in einem liberalisierten Beratungsmarkt der wachsenden Anwaltszahl Rechnung getragen werden kann. Im Geiste Hans Soldans: Wir brauchen Anwälte, die über eine hervorragende fachliche Qualifikation verfügen, ethische Grundwerte hochhalten, um das Vertrauen ihrer Mandanten zu gewinnen, die aber auch über die notwendigen organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Kenntnisse verfügen, ohne die selbständiges Unternehmertum scheitern muss. Kommerz contra Ethos, das ist nur eines von vielen Begriffspaaren, die zur Umschreibung unseres aktuellen Grundlagenthemas verwendet werden. Auf der berufsübergreifenden Ebene wird meist der tradierte Antagonismus Freier Beruf oder Gewerbe bemüht, auf der Ebene des Anwaltsberufes wird gerne der Gegensatz zwischen Organ der Rechtspflege und Dienstleistungsberuf in den Vordergrund gestellt. 7 Das facettenreiche Thema hat zunächst eine rechtliche Komponente, die sich mit der Frage umschreiben lässt, ob die Trennung zwischen Gewerbe und Freiem Beruf heute überholt ist und ob beide Begriffe nicht längst durch einen einheitlichen Unternehmensbegriff abgelöst werden sollten. Aus sozialpolitischer Sicht geht es um weit mehr als nur um eine begriffliche Grenzziehung. Die thematische Zuspitzung durch den negativ besetzten Begriff des Kommerzes formuliert eine berufsübergreifende Sorge: Ist der Freiberufler unaufhaltsam auf dem Weg zu jenen Geschäftspraktiken, die wir der anstößigen Seite der Gewerblichkeit zuordnen? Verliert seine Tätigkeit jene Charakteristika, die ihn vom Gewerbetreibenden unterscheiden? Mit der Kommerzialisierung verbunden ist die Klage, es sei um das Ansehen der Anwälte zunehmend schlechter bestellt, ihre Reputation leide darunter, dass sie in den Dunstkreis der Gewerbetreibenden geraten. All diese Sorgen münden in die Anschlussfrage: Was müssen die Freien Berufe, was muss speziell die Anwaltschaft unternehmen, um ihre Zukunft zu sichern? Liegt hier eine Aufgabe, der sich zu stellen die Verbände der Anwaltschaft bisher versäumt haben? Das Thema Freier Beruf oder Gewerbe ist ein Klassiker, sowohl in seiner rechtlichen als auch in seiner berufspolitischen Dimension. Seit Inkrafttreten der Reichsrechtsanwaltsordnung 1878 wird leidenschaftlich über die Gratwanderung des Anwalts zwischen Freiberuflichkeit und Gewerblichkeit diskutiert. Als Beleg ein Zitat: Die freien Berufe haben sich infolge der Entwicklung der Verhältnisse zweifellos den Gewerbebetrieben genähert. Wie die Ausübung eines Gewerbebetriebs in weit höherem Maße als früher... eine Vorbildung... voraussetzt, so...passen sich (umgekehrt) die freien Berufen in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit mehr und mehr den Gepflogenheiten der Gewerbebetriebe an. Die Diktion lässt eine Passage aus einer aktuellen Entscheidung vermuten, tatsächlich ist sie vor mehr als 80 Jahren vom Reichsfinanzhof formuliert worden. Die Quintessenz der Entscheidung lautete 1924 (wörtlich): Die Abgrenzung der freien Berufe von den Gewerbebetrieben wird so immer schwieriger. 8 II. Berührungsängste Anwälten war es seit jeher besonders wichtig klarzustellen, dass sie kein Gewerbe ausüben. Deutlich wird dies in der Formulierung des 2 BRAO, in dessen Absatz 1 es heißt, der Rechtsanwalt übt einen freien Beruf aus. Damit nach dieser positiven Formulierung ja kein Zweifel verbleibe, wird ihr in Absatz 2 die inhaltsgleiche negative Abgrenzung gleich noch nachgeschoben: Seine Tätigkeit ist kein Gewerbe. Und das zu Zeiten, in denen eine knappe Gesetzesfassung noch als Gebot guter Gesetzgebung galt! Die fast schon panischen Abgrenzungsbemühungen hatten durchaus ihren Grund, wie die Wahl des Heiligen zeigt, den sich die Anwaltschaft als Schutzpatron gesucht hat. Der Heilige Ivo war, so ist auf Wandinschriften in zahlreichen Kirchen in seiner bretonischen Heimat zu lesen, Anwalt und doch kein Straßenräuber eine Sache, die dem Volk wie ein Wunder vorkommt. 9 In der mittelalterlichen Elegie über Art und Sitten der kirchlichen Anwälte von Brant heißt es denn auch: Bis heute steht unser Ivo an der Himmels Pforte und wartet auf andere Kollegen und dabei wird es noch lange bleiben, bis sich womöglich doch noch ein gerechter, frommer und getreuer Anwalt findet. Dieses Anwaltsbild vom Wolf im Schafspelz einer nur vorgeschobenen Gemeinwohlorientierung ist bis heute im angelsächsischen Rechtskreis verbreitet. So alt diese Sorge um das Anwaltsbild in der Öffentlichkeit ist, so unbegründet scheint sie in Deutschland zu sein. In einer aktuellen Umfrage des Soldan Instituts hat die Aussage, dass der Rechts- 5 Pothmann/Waldmann (Fn. 3), S. 64 ff. 6 Pothmann/Waldmann (Fn. 3), S Siehe etwa die Beiträge von Kleine-Cosack, BB-Special3/2008zuHeft11,2ff.; Rabe, AnwBl 2004, 65 ff.; Hellwig, AnwBl 2004, 213 ff.; ders., BRAK-Mitt. 2008, 82 ff.; Kilger, AnwBl 2004, 402 ff.; Stürner/Bormann, NJW 2004, 1281 ff. 8 RFHE 14, 19, Vgl. Streck/Rieck, St. Ivo ( ): Schutzpatron der Richter und Anwälte, 2007, S AnwBl 11 / 2008 Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz, Henssler

13 MN Aufsätze anwalt von einem besonderen Erwerbssinn getrieben sei, er zuerst an das Geld denke, nur sehr niedrige Zustimmungsquoten erhalten. 10 Auffallend ist im Gegenteil, dass es von den 14 potenziellen anwaltlichen Charakterisierungen, die den Befragten zur Auswahl gestellt wurden, sieben positive Einschätzungen auf die ersten Plätze der Zustimmungshitliste schafften. Ich betone dies, weil ich hierin nicht nur ein ermutigendes Signal an, sondern auch eine Aufgabe für alle Verbände sehe, die Berufsbilder der Freien Berufe dynamisch und zeitgemäß weiterzuentwickeln. Dass qualitätsvolle freiberufliche Tätigkeit etwas kostet, dass ihre Ausübung eines professionellen Managements bedarf und dass die Freien Berufe in einer Wettbewerbssituation stehen, all dies akzeptiert die Bevölkerung durchaus, ja sie erwartet, dass der Berufsstand auf geänderte Rahmenbedingungen reagiert und nicht auf Althergebrachtem beharrt. Die Maxime für alle Freien Berufe und zugleich meine These 1 lautet daher apodiktisch kurz: Kommerzialisierung nein, Professionalisierung ja! Und eben diese Professionalisierung der Anwaltschaft ist es, die sich die Hans Soldan Stiftung seit 100 Jahren auf ihre Fahnen geschrieben hat. III. Das Gewerbe des Anwalts historisch betrachtet In der Rückschau betrachtet ist jede sachliche Auseinandersetzung um die Grenzziehung zwischen den Freien Berufen und den Gewerbetreibenden massiv durch steuerliche Erwägungen erschwert worden. So ist denn auch der erwähnte 2 Abs. 2 BRAO zu lesen als: Der Rechtsanwalt zahlt keine Gewerbesteuer. Auch wenn dies in der amtlichen Begründung mit keiner Silbe erwähnt wird, der Gesetzgeber sich also von der verbreiteten Hypokrisie anstecken ließ, so lassen doch die zeitgenössischen Kommentare keinen Zweifel, dass die negative Klarstellung Bestrebungen, die freien Berufe der Gewerbesteuer zu unterwerfen, abwehren soll. 11 Auch dieser Abwehrkampf ist ein Dauerkampf und flammt mit schöner Regelmäßigkeit auf formulierte der damalige Präsident der BRAK, Heinrich Vigano, schulterzuckend in einem Beitrag: Gewerbesteuer für Freiberufler sind wir schon wieder so weit? 12 Nun, letztmalig waren wir im Jahre 2003 so weit, als das Gewerbesteuerreformgesetz von der Freiberuflerlobby erst im Vermittlungsausschluss gestoppt wurde. 13 Mit einem bloßen Federstrich sollte aus der Gewerbesteuer eine Gemeindewirtschaftssteuer werden. Die tragende Begründung des Gesetzesentwurfs lautete, es werde der wirtschaftlichen Entwicklung während der letzten Jahrzehnte Rechnung getragen, wonach Angehörige dieser Berufe ihre Tätigkeiten in immer größerem Umfang in Formen ausüben, wie sie früher nur bei Gewerbebetrieben üblich waren. Die Abgrenzung zwischen Gewerbetreibenden und den übrigen Selbständigen, so die Schlussfolgerung der Bundesregierung, sei in den letzten Jahrzehnten immer schwieriger geworden sei. 14 Da klingt uns doch der Reichsfinanzhof in den Ohren, der das schon 80 Jahre vorher wusste. Das BVerfG hat zwar jüngst noch einmal bestätigt, dass die Ausklammerung der Freien Berufe aus der Gewerbesteuer mit der Verfassung vereinbar sei. 15 Gerechtfertigt hat das Gericht die Differenzierung aber letztlich nicht mit dem Wesen der Freien Berufe, sondern damit, dass aufgrund hoher Freibeträge nur noch etwa 30 Prozent der Gewerbetreibenden tatsächlich mit Gewerbesteuer belastet würden. Folge sei, dass die Steuerpflicht nicht die kleinen Gewerbebetriebe erfasse, die hinsichtlich der Beanspruchung von Infrastrukturleistungen mit den freien Berufen vergleichbar seien, sondern die ertragsstarken, größeren Gewerbebetriebe mit einer typischerweise höheren Verursachung von Infrastrukturlasten. Anstatt um ein ideelles Wesen der Freien Berufe geht es nur noch um Infrastrukturlasten. IV. Der Mythos Freiberuflichkeit Ist die Freiberuflichkeit damit nur ein Mythos? Der Begriff des Freien Berufes ist eine soziologische Wortschöpfung, die nicht auf eine besondere Unabhängigkeit des Berufsträgers, sondern auf die sieben freien Künste zurückgeht. Diese Künste wurden die freien Künste genannt, weil sie einen freien, durch nichts behinderten und besonders geschulten Geist fordern und weil sich in grauer Vorvergangenheit die Freien, das heißt die privilegierten Edelgeborenen, ihnen widmeten. 16 Diese Freien konnten leicht auf ein Entgelt verzichten, waren daher nicht erwerbswirtschaftlich motiviert. Seit die freiberufliche Tätigkeit dem Erwerb des Lebensunterhalts dient, wird ein überidealisierendes Postulat einer altruistischen Einstellung den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht. Die Freien Berufe bilden keine altruistische Insel innerhalb einer im Übrigen egoistischen Berufswelt. 17 Das heißt indes gerade nicht, und damit sind wir beim Kern des Problems, dass der Freie Beruf nun ein Auslaufmodell ist, und dass alle Unterschiede nivelliert werden müssen. Wir müssen nur so meine These 2 das Wesen dieses soziologischen Phänomens Freier Beruf in einem veränderten Umfeld neu bestimmen. Die Diskussion um ein neues Leitbild der Freien Berufe, wie sie aktuell vom Berufsverband der Freien Berufe durch Einberufung eines Leitbildbeirates initiiert wurde, ist überfällig. Ein entmythologisiertes Verständnis der Freiberuflichkeit muss als Ausgangspunkt die Erkenntnis wählen, dass der Angehörige des Freien Berufes stärker als andere Erwerbstätige einem ethischen Postulat unterliegt, so dass er sich bei seiner Berufsausübung nicht primär von Erwerbsaussichten leiten lassen darf. Welche Eigenarten jeweils dieses besondere Berufsethos bedingen, lässt sich nur auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau für alle Freien Berufe einheitlich bestimmen. Das sehr heterogene Spektrum der Freien Berufe mit allein vier Hauptgruppierungen, (1) den Heilberufen, (2) den rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen, (3) den naturwissenschaftlich-technisch orientierten Berufen und (4) den weiter unterteilbaren 18 Freien Kulturberufen, dieses Spektrum 10 Hommerich/Kilian, AnwBl 2007, 705 f. 11 Isele, BRAO, 1976, 2 Anm. III.B. unter Hinweis auf Cüppers, den Vater der RAObritZ. 12 BRAK-Mitt. 1982, Siehe BT-Drucks. 15/ BT-Drucks. 15/1517, S BVerfG WM 2008, 1175 = AnwBl 2008, 539 (Ls.). 16 Allgemein zum Freien Beruf Henssler, PartGG, 2. Aufl. 2008, 1 Rn. 51 ff. 17 Vgl. Kilian, ZIP 2007, 710 ff. m.w.n. 18 Etwa in die Gruppierungen der Vermittler geistiger Güter und Informationen, der Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer, Erzieher; zum Ganzen Henssler (Fn. 16), 1 Rn. 98 ff. Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz, Henssler AnwBl 11 /

14 MN Aufsätze führt bei der Neubestimmung der Wesensmerkmale in ein gewisses Dilemma. Weder die Selbständigkeit siehe die vielen Freiberufler im Anstellungsverhältnis noch die persönliche Vertragserfüllung siehe schon die Hinweise des Reichsfinanzhofs noch die besonders hohe Qualifikation siehe die wachsenden Ausbildungserfordernisse auch außerhalb der Freien Berufe treffen das Wesen der Freien Berufe. Es kann daher nicht überraschen, wenn macht- bzw. konflikttheoretische Ansätze 19 der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in den Freien Berufen lediglich eine Konstruktion zur sehr wirkungsvollen Durchsetzung der eigenen Gruppeninteressen sehen. Die Gefahr, dass die Freien Berufe nur noch als schlagkräftige Lobbyistengruppierung wahrgenommen und als solche zwangsläufig angefeindet werden, muss ernst genommen werden, schon deshalb, weil sie dies seien wir ehrlich auch sind. Nicht nur die Freien Berufe brauchen damit eine Leitbilddiskussion. Die Anwaltschaft darf sich mit dieser allgemeinen Debatte nicht zufrieden geben, sondern muss ihr eigenes Leitbild schärfen und weiterentwickeln. Die Steuerberater sind hier mit ihrer Initiative Perspektiven von morgen 20 einen Schritt weiter und haben bereits im Jahr 2006 ein eigenes Leitbild verabschiedet. Es soll: die Perspektive auf langfristig gültige, zukunftsorientierte Zielsetzungen eröffnen. Das führt mich zu den in meiner These 3 zusammengefassten Folgerungen: Die Gemeinsamkeit aller Freien Berufe liegt in einer besonderen Gemeinwohlorientierung ihrer Tätigkeit, die drittbezogen, also auf die Wahrnehmung der Mandanten- bzw. Klienteninteressen ausgerichtet ist. Die eigenwirtschaftlichen Interessen der freiberuflichen Dienstleister sind den Interessen ihrer Klienten und ihrer Gemeinwohlaufgabe keinesfalls über-, sondern allenfalls gleichgeordnet. Idealiter spiegelt sich die Fremdnützigkeit ihrer Tätigkeit in einem eigenständigen Berufsethos. Für die Anwaltschaft liegt der Gemeinwohlbezug, den es im Sinne meiner These 4 als leitbildprägend herauszustellen gilt, in der verfassungsrechtlich abgesicherten Funktion der Freien Advokatur als unverzichtbare Grundbedingung jedes rechtsstaatlichen Systems. Diese Funktion bedingt ein Vertrauensverhältnis zum Mandanten, das sich nur sicherstellen lässt, wenn der Anwalt seine Grundpflichten zur Unabhängigkeit, Verschwiegenheit und Vermeidung von Interessenkonflikten ernst nimmt. Das uns bekannte, in seinen Eckpunkten durch die BRAO vorgegebene Leitbild der gewissenhaften, eigenverantwortlichen, unabhängigen, verschwiegenen und Interessenkollisionen vermeidenden Tätigkeit bildet die Vertrauensgrundlage und ermöglicht es der Anwaltschaft, ihre im Gemeinwohl liegenden Aufgaben zu erfüllen. Die Anwaltschaft hat damit im Gegensatz zu vielen anderen Freien Berufen ein sehr klares Leitbild, das außerdem sogar verfassungsrechtlich abgesichert ist, wie es nunmehr auch vom BVerfG anerkannt wird. 21 Ein verfassungsrechtlich abgesichertes Leitbild ist eine geradezu einzigartige Ausgangsposition. Schade, dass die Anwaltschaft die sich daraus ergebenden Chancen erstaunlich wenig nutzt. Ein leitbildgestütztes Berufsethos bietet, gerade weil es keine Werbemaßnahme ist, sondern dem Schutz der Mandanten dient, im Wettbewerb mit ethisch nicht gebundenen Konkurrenten, das schönste Marketinginstrument, über das ein Dienstleistungsberuf überhaupt verfügen kann. 22 Im Forum des Deutschen Anwaltvereins Zukunft der Anwaltschaft, sind diese Marketingchancen von Christoph Hommerich, heute Vorstand des Soldan Instituts für Anwaltmanagement, bereits 1998 angesprochen, von den Verbänden aber nicht aufgenommen worden. 23 V. Moderne Reizpunkte 1. Einleitung Vor diesem historischen, soziologischen und ökonomischen Hintergrund lässt sich nun ein Blick auf Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft werfen. Die Freien Berufe müssen den einen oder anderen hundert Jahre alten Ballast abwerfen, um das zu bewahrende Wesen der Freiberuflichkeit zur Geltung zu bringen. Dass man auch in 80 Jahren Stellungnahmen des Jahres 2008 mit der Bemerkung nichts Neues an der Front der Freien Berufe zitieren wird, lässt sich schon wegen der Internationalisierung der freiberuflichen Dienstleistungsmärkte ausschließen. Die Lage ist ernst: Liberalisierte ausländische Märkte zwingen zur Anpassung, wie der Fall Doc Morris zeigt. 24 Die EU-Kommission hat sich die Abschaffung all jener freiberuflichen Besonderheiten auf die Fahne geschrieben, die sie als gemeinwohlschädliche Wettbewerbshemmnisse ansieht. Die europäischen Wettbewerbspolitiker haben die sehr einseitige Sicht auf die Freien Berufe als eigennützige Interessengruppen gerne übernommen und in einigen Mitgliedstaaten beachtliche Erfolge erzielen können. Ich verweise nur auf das Decreto Bersani, das in Italien zur Aufhebung weiter Bereiche des Berufsrechts geführt hat. 25 Selbst das EU-Parlament wankt, hat es doch mit deutlicher Kritik angemerkt, dass die Freien Berufe und ihre Kammern allzu häufig ihre Selbstregelungsbefugnis mehr zur Förderung der Interessen ihrer eigenen Mitglieder als zur Förderung derjenigen der Verbraucher nutzen. 26 Die Bereiche, in denen die EU-Kommission Handlungsbedarf sieht, betreffen die Werbung, die berufliche Zusammenarbeit und das Gebührenrecht, 27 und in der Tat sind hier die spannendsten Entwicklungen zu beobachten, die sich umschreiben lassen mit den vier Stichworten: Erfolgshonorar, gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit, Wettbewerbs- statt Werberecht und Reform des Rechtsdienstleistungsmarkts. 19 Parkin, Strategies of Social Closure in Class Formation, in F. Parkin (Hrsg.), The Social Analysis of Class Structure, 1974, S. 1 ff. 20 Vgl. dazu die Hinweise auf der Homepage der Bundessteuerberaterkammer ( 21 BVerfGE 76, 171, 190 = AnwBl 1987, 598, 602; BVerfGE 110, 226, 252, 259 = AnwBl 2004, 309, 315, 317; BVerfGE 113, 29, 49 = AnwBl 2005, 578 (Ls.); Henssler, ZZP 115 (2002), 321, 324 f.; ders., AnwBl 2004, 458 f.; siehe auch Rick, Die verfassungsrechtliche Stellung des Rechtsanwalts, 1988, S. 128 f. 22 Jaeger, NJW 2004, 1, 6; Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41, Vgl. Hommerich, Sonderheft AnwBl 2/2000, S. 19 ff. 24 EuGH NJW 2004, 131; VG Saarland v Az. 3 K 361/06; LG Saarbrücken v Az. 7 O 103/06; derzeit sind erneut Verfahren beim EuGH unter den Az: C-171/07 und C-172/07 anhängig. 25 Dazu Dolce, BRAK-Mitt. 2006, 203 f. 26 Europäisches Parlament, Resolution On Competition Policy, P5 TA-PROV (2004)0053, p. 83, para Europäische Kommission, Report On Competition in Professional Services, COM (2004) 83 final (February 9, 2004); dazu Henssler/Kilian, AnwBl 2005, 1 ff. 724 AnwBl 11 / 2008 Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz, Henssler

15 MN Aufsätze 1. Erfolgshonorare Zum ist das Gesetz zur Neuregelung der Vereinbarung von Erfolgshonoraren in Kraft getreten. 28 Es wurde erzwungen durch die Entscheidung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit des bisherigen uneingeschränkten Verbots in 49b Abs. 2 BRAO. 29 Der Gesetzgeber hat sich in der von einem parteiübergreifenden Konsens getragenen Regelung für eine Lösung entschieden, die man als ganz kleine bezeichnen muss. Die im Rechtsausschuss beschlossenen Änderungen haben die ohnehin schon zurückhaltende Öffnung, die der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorsah, auf das verfassungsrechtlich gebotene absolute Minimum reduziert. 30 Das Erfolgshonorar darf nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ohne die Vereinbarung des Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Das Thema Erfolgshonorar passt unmittelbar in den Kontext meines Vortrags, gibt es doch nur wenige unmittelbar mit der Freiberuflichkeit begründete Fragen des Berufsrechts, bei denen sich Befürworter und Gegner derart unversöhnlich gegenüber stehen. Ein gerne bemühtes Argument der Gegner ist, dass eine am Erfolg orientierte Vergütung dem Wesen des freien Berufes widerspreche. Sie rücke den Anwalt in die Nähe des Gewerbetreibenden, der sich zu einem gewerbsmäßigen Begünstigten, zu einem Konsorten der Partei degradiere und vampirhaft handele. 31 Ich plädiere dafür, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen, um das viel gescholtene Erfolgshonorar besser zu verstehen. Dann wird auch die Frage des cui bono deutlicher werden: wem nützt eigentlich das richtig ausgestaltete Erfolgshonorar, dem Anwalt oder dem Mandanten? Es wird in der Diskussion ausschließlich als ein Honorar des Anwalts begriffen. Als Honorar des Rechtsanwalts ist das Erfolgshonorar zunächst einmal etwas ganz Gewöhnliches: Es gibt die drei Grundformen der Pauschalvergütung, des Zeithonorars und der gesetzlichen Gebühren nach dem RVG. Erfolgsabhängig werden diese uns vertrauten Vergütungsformen beim Erfolgshonorar allein deshalb, weil sie im Interesse des Mandanten der Finanzierung seiner Rechtsverfolgungskosten dienen. Die Erfolgsabhängigkeit gibt einem im Ansatz gewöhnlichen Honorar eine zusätzliche Dimension und lässt es zu einem Finanzierungsinstrument im Interesse des Rechtsuchenden werden. Der Rechtsanwalt übernimmt eine Funktion, die ansonsten Gegenstand der Versicherungswirtschaft ist, nämlich die Versicherung gegen das Lebensrisiko, Rechtsverfolgungskosten ausgesetzt zu sein. 32 Dass der Rechtsanwalt hierbei ein höheres Honorar erhält, ist in der Natur der Sache begründet. Der Rechtsanwalt wird nicht nur für seine Arbeitsleistung vergütet, sondern auch für zwei weitere Leistungen, die einen wirtschaftlichen Wert haben: die wirtschaftliche Übernahme eines fremden Risikos und die Vorfinanzierung einer Rechtsstreitigkeit. Damit lässt sich auch ganz einfach definieren, wann ein Erfolgshonorar angemessen und wann es aufgrund eines Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung sittenwidrig und damit nichtigist.deraufschlagaufdasverkehrsüblicheunbedingte Honorar darf nur die Risikoübernahme und die Vorfinanzierung ausgleichen, mehr nicht! 33 Die Antwort auf die Frage nach dem cui bono fällt aus dieser Perspektive eindeutig aus. Nach meiner These 5 nützt das Erfolgshonorar dem Mandanten, der im Sinne eines Wahlrechts nunmehr eine alternative Finanzierungsmöglichkeit und die Chance zur Risikofreizeichnung erhält. Seine Zulassung stärkt den Zugang zum Recht. Einem Anwalt würde ich dagegen von seiner Vereinbarung immer abraten, schon weil eine verlässliche Risikobewertung schwierig ist und die Hoffnung auf überproportional hohe Gewinne an der Sittenwidrigkeitsschwelle scheitert. Das gilt insbesondere dann, wenn die Rechtsprechung weiterhin ein bestimmtes Mehrfaches der gesetzlichen Gebühren als sittenwidrig ansieht. 34 Zugleich zeigt sich, dass das Argument der unerwünschten Kommerzialisierung fehlgeht. Der Anwalt, der gegen eine notwendig angemessene Risikoprämie einem bedürftigen oder risikoscheuen Mandanten den Zugang zum Recht eröffnet, verletzt nicht die ethischen Grundlagen seines Berufs, sondern handelt ganz im Sinne seiner Gemeinwohlorientierung. Meine Prognose ist: Entweder wird die Regelung durch ein sehr weites Verständnis des Begriffs der wirtschaftlichen Verhältnisse, die ein Erfolgshonorar rechtfertigen, in der praktischen Handhabung geöffnet oder aber sie wird nur kurzen Bestand haben! 2. Berufsausübungsgesellschaften: Rechtsformen, Fremdkapital, Gesellschafterkreis a. Rechtsform Im Spannungsfeld zwischen Freiem Beruf und Gewerbe steht seit Jahrzehnten die kooperative Berufsausübung. Welche Rechtsformen sollen den Freien Berufen offenstehen, welcher Personenkreis soll als Gesellschafter in Betracht kommen und sollen drittens nur aktiv mitarbeitende Gesellschafter aufgenommen werden all diese Fragen werden mit Blick auf das Wesen der Freiberuflichkeit restriktiv beantwortet. Bis heute ist es im Gesellschaftsrecht nicht gelungen, die Besonderheiten der Freien Berufe überzeugend zu erfassen. Die Rechtsform einer Gesellschaft ist als Anknüpfungspunkt für eine Sonderstellung der Freien Berufe generell ungeeignet. Ob das Berufsethos, ob die besonderen Berufspflichten bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung beachtet werden, lässt sich völlig losgelöst von der Rechtsform beurteilen. Ob ein Unternehmer die Kapitalstruktur, die Haftung, die organisatorischen oder steuerrechtlichen Vorteile einer bestimmten Rechtsform für sich in Anspruch nehmen kann, ist keine Frage, die durch den Status als Freier Beruf oder Gewerbetreibender beeinflusst wird. Ausländische Rechtsordnungen haben das längst erkannt. Österreich hat mit dem UGB die Trennung zwischen den Gesellschaften für die 28 BGBl. I, S. 1000; dazu Kilian, NJW2008,1905ff. 29 BVerfGE 117, 163 = AnwBl 2007, 297; siehe dazu Kilian, BB 2007, 1061 ff. und 1905 ff. 30 Vgl. BT-Drucks. 16/ Vgl. die Nachweise bei Kilian, Der Erfolg und die Vergütung des Rechtsanwalts, 2003, S Kilian, BB 2007, 1061, Siehe bereits Kilian (Fn. 31), S. 427 ff. 34 BGHZ 162, 98 = AnwBl 2005, 582; zu dieser Thematik ist unter dem Az. 1 BvR 1342/07 eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig. Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz, Henssler AnwBl 11 /

16 MN Aufsätze Freien Berufe und die Gewerbetreibende zum 1. Januar 2007 aufgegeben. Eine Offene Gesellschaft und entsprechend auch eine KG kann seither jeden erlaubten Zweck einschließlich freiberuflicher Tätigkeit wahrnehmen. 35 Nur der deutsche Gesetzgeber dilettiert weiterhin mit Teillösungen. Deutlich werden die Schwächen dieses halbherzigen Ansatzes bei der Regelung der GmbH & Co KG, die seit September 2007 den Wirtschaftsprüfern 36 und noch aktueller, nämlich seit April , auch den Steuerberatern 38 zur Verfügung steht. Die KG setzt den Betrieb eines Handelsgewerbes voraus ( 161, 105 HGB), sie kann also streng genommen einem Freien Beruf niemals offenstehen. Es zeigt die Absurdität dieser handelsrechtlichen Schranken, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Wirtschaftsprüfer GmbH & Co KG gleichwohl eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne der WPO ausübe. Die Idee, dass es nunmehr einen berufsrechtlichen Begriff der Freiberuflichkeit geben soll, der sich vom handelsrechtlichen unterscheidet, ist absurd. 39 Die GmbH & Co KG muss konsequenterweise auch den Rechtsanwälten zur Verfügung gestellt werden. Die Ungleichbehandlung ist ein klarer Verstoß gegen Art. 3 GG. Vergleichbare Sachverhalte dürfen nicht willkürlich ungleich behandelt werden, die drei wirtschaftsnahen Beratungsberufe sind aber wie das BVerfG betont vergleichbar. 40 Die amtlichen Begründungen 41 der Gesetzesnovellen rechtfertigen die Zulassung der GmbH & Co KG mit einem berechtigten Bedarf gerade der kleinen und mittelständischen Praxen. 42 Ob dieser Bedarf tatsächlich besteht, will ich gar nicht beurteilen. Wichtig erscheint nur, dass ein konsequent und diskriminierungsfrei handelnder Gesetzgeber, der einen entsprechenden Bedarf bejaht, diese Rechtsform zwingend auch den anderen Freien Berufen zur Verfügung stellen muss. 43 Erkennt man dies, dann sind die Folgerungen weitreichend: Auch die umgekehrte Privilegierung der Freien Berufe durch die Partnerschaft mit ihrem in 8 Abs. 2 PartGG verankerten Haftungsvorteil ist ihrerseits weder rechtspolitisch noch verfassungsrechtlich überzeugend. Weshalb ein gewerblicher Dienstleister, der seine Tätigkeit als aktiv mitarbeitender Gesellschafter in einer Personengesellschaft ausübt, für die Verfehlungen seiner Mitgesellschafter anders als ein freiberuflicher Partner unbeschränkt persönlich haften muss, ist schlicht nicht nachvollziehbar. 44 Auch wenn ich mir als Kommentator des PartGG damit selbst die Arbeitsgrundlage entziehe, muss meine These 6 damit lauten: Jede rechtsformbezogene Differenzierung zwischen den Gesellschaften, die den Freien Berufen einerseits und den Gewerbetreibenden andererseits zur Verfügung stehen, ist überholt. b. Das Dogma der aktiven Mitarbeit Nicht vergleichbar eindeutig fällt die Beurteilung eines anderen Kernelements des sich wandelnden Rechts der Berufsausübungsgesellschaften aus, nämlich des Dogmas der aktiven Mitarbeit der Gesellschafter. 45 Ein praktischer Anwendungsfall ist das uns in den vergangenen Monaten medienwirksam nahe gebrachte Fremd- und Mehrfachbesitzverbot im deutschen Apothekengesetz, das Auslöser für den Streit um die Internetapotheke Doc Morris war. 46 Es geht um die grundsätzliche Frage, ob sich an Berufsausübungsgesellschaften nur die im Zweifel nicht allzu finanzstarken Berufsangehörigen beteiligen dürfen, die in der Gesellschaft aktiv ihren Beruf ausüben oder auch berufsfremde Investoren. Verschiedene Gesetze betonen dieses Dogma der aktiven Mitarbeit als Wesenselement kooperativer freiberuflicher Tätigkeit. Dass es nicht einfach werden wird, dieses Dogma zu halten, zeigt die Entwicklung im Ausland. Die Presse berichtete im letzten Jahr ausführlich über den ersten Börsengang einer australischen Anwaltskanzlei. Platziert wurden 35 Mio. Aktien zu einem Ausgabepreis von 1.00 AUSD, sie stiegen am ersten Handelstag um 40 Prozent. England hat sich das australische Vorbild aufgreifend für sog. Alternativ Business Structures (ABS) geöffnet. Der entsprechende Legal Services Act 2007 ist Ende Oktober 2007 mit Royal Consent, also mit königlichem Segen, verabschiedet worden. Wer sich vor Augen führt, dass die Namen fast aller deutschen Großkanzleien mittlerweile englisch klingen und sie häufig in der Rechtsform der LLP tätig sind, dem wird deutlich, dass sich Deutschland der Diskussion nicht wird entziehen können. 47 Anders als bei der Frage der Rechtsform besteht bei der Gesellschafterstellung tatsächlich ein Zusammenhang zum Gemeinwohlbezug der Freien Berufe. Die Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit ist ein im allgemeinen Interesse liegendes Regelungsanliegen. Sowohl aus rechtspolitischer als auch aus verfassungs- und europarechtlicher Hinsicht lässt sich damit eine Beschränkung der Gesellschafterstellung rechtfertigen. Diskussionswürdig bleibt, ob das vollständige Verbot jeder Beteiligung über das hinausgeht, was zur Wahrung der Unabhängigkeit erforderlich ist. Ich möchte für einen weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers plädieren. Nach meiner These 7 gilt: Die EU-Mitgliedstaaten dürfen legitimerweise selbst ein vollständiges Verbot der Fremdbeteiligung anordnen, um jeder Gefahr für die Unabhängigkeit effektiv zu begegnen Werberecht Als ein Musterbeispiel für den Unterschied zwischen Gewerblichkeit und Freiberuflichkeit galt lange Zeit auch das Werberecht. Hier dürfte die notwendige Liberalisierung in den letzten Jahren wohl am konsequentesten fortgeschritten sein. Die BRAO verbietet in 43b weiterhin neben der unsachlichen Werbung die nicht berufsbezogene Werbung und 35 Siehe dazu etwa Roth, ZIP 2006, 1749 ff.; Fritz, GmbHR 2007, 34 ff. und 747 f. 36 Siehe 28 Abs. 1 WPO ivm. 27 Abs. 2 WPO, geändert durch das Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordnung vom , BGBl. I, S. 2178; dazu Naumann/Hamannt, WPg 2007, 901, Das 8. StBerÄndG vom , das 50 Abs. 1 StBerG neu gefasst hat, ist am in Kraft getreten (BGBl. I, S. 666). 38 Dazu Goez, DB 2008, Der Umstand, dass die KG wegen ihrer registerrechtlich nicht näher geprüften Treuhandtätigkeit in das Handelsregister eingetragen werden muss ( 27 Abs. 2 WPO), führt allenfalls zu einer scheinbaren Kaufmannseigenschaft. 40 BVerfGE 98, 49, 62 = AnwBl 1998, 405, 408 m. Anm. Henssler, JZ 1998, 1065 ff. 41 BT-Drucks. 16/2858, S. 24; BT-Drucks. 16/707, S Siehe auch Naumann/Hamannt, WPg 2007, 901, 904; Goez, DB 2008, 971, Dazu auch Römermann, AnwBl 2008, 609 ff. 44 Siehe bereits Henssler, in: FS Wiedemann, 2002, S. 907, 927 ff. 45 Dazu ausführlich Henssler, BRAK-Mitt. 2007, 186 ff. 46 Dazu Mand, WRP 2008, 906 ff. Siehe auch Kleine-Cosack, AnwBl 2007, 737 ff.; ders., DB 2007, 1851 ff. 47 Dazu ausführlich Henssler, BRAK-Mitt. 2007, 238 ff. 48 So im Ergebnis auch Hellwig, NJW 2005, 1217, AnwBl 11 / 2008 Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz, Henssler

17 MN Aufsätze die Mandatswerbung im Einzelfall. Weiter gehende Beschränkungen der BORA, der anwaltlichen Berufssatzung, wurden vom BVerfG kassiert. 49 Heute ist es an der Zeit, die Unterschiede zwischen freiberuflicher und gewerblicher Werbung gänzlich aufzugeben, eine Forderung, die auch von Vertretern der EU-Kommission geteilt wird. Der neu gefasste 52WPO 50 lautet nunmehr schlicht: Werbung ist zulässig, es sei denn, sie ist unlauter. M. E. ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die anwaltliche Parallelnorm des 43b BRAO ein vergleichbares Schicksal ereilen wird wie dies vom DAV zu Recht vorgeschlagen worden ist. 51 Meine das Werberecht betreffende These 8 fordert daher: Das werbliche Verhalten der Anwälte und sonstiger Freier Berufe ist nur noch dem allgemeinen Wettbewerbsrecht zu unterwerfen, nicht dagegen zusätzlichen berufsrechtlichen Restriktionen. 4. Rechtsdienstleistungsgesetz Anlass, über die Kommerzialisierung des Anwaltsberufs nachzudenken, gibt auch das ebenfalls zum 1. Juli 2008 in Kraft getretene Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). 52 Der entsprechende Brückenschlag zu unserem Thema mag auf den ersten Blick überraschen, ist doch allgemeine Auffassung, dass es der Anwaltschaft gelungen ist, den Status Quo weitgehend zu bewahren. Das RDG führt gleichwohl zu einer Neubewertung von Rechtsdienstleistungen, weil diese künftig vermehrt auch gewerblichen Anbietern offenstehen. Nach 5 RDG ist es künftig jedermann gestattet, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, wenn sie zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Anbieters gehören. Möglich wird die Unfallregulierung durch Kfz-Werkstätten, die Testamentsvollstreckung durch Banken, die Rechtsberatung durch Hausund Wohnungsverwalter, die Fördermittelberatung und Ähnliches. Diese Rechtsänderung bietet ein Einfallstor für eine Kommerzialisierung von Rechtsdienstleistungen. Da diese bislang untrennbar mit dem Anwaltsberuf verknüpft sind, mindert das RDG zwangsläufig die Distanz zwischen freiberuflich tätigen Rechtsanwälten und gewerblichen Dienstleistern. Die Schnittmenge, in der beide dieselbe Leistung anbieten können, wird wachsen. 53 Ob meine Befürchtungen übertrieben sind, lässt sich schwer abschätzen. Zu betonen ist: Unsere Rechtslage ist in Europa singulär. In fast allen Nachbarländern sieht sich der Rechtsanwalt im außergerichtlichen Bereich nicht durch Monopolrechte geschützt und daher der intensiven Konkurrenz nicht-anwaltlicher Rechtsdienstleister ausgesetzt. 54 Dies hat von Land zu Land zu ganz unterschiedlichen Konsequenzen geführt. In einigen Ländern ist der Rechtsanwalt weitgehend auf eine Funktion als Prozessanwalt reduziert. Zum Teil ist es in der Wahrnehmung der Bevölkerung zu einer gewissen Vermengung von anwaltlichen und nicht-anwaltlichen Berufsbildern gekommen. Teilweise hat sich aber eine friedliche Koexistenz der verschiedenen Rechtsdienstleister entwickelt. Eine solche harmonische Entwicklung wünsche ich der Anwaltschaft auch für den deutschen Beratungsmarkt! 5. Der Blick in die Zukunft: Recht wandelt sich, Anschauungen wandeln sich Der Blick auf nur vier aktuelle Entwicklungen hat gezeigt, dass die Wahl des negativ besetzten Begriffs der Kommerzialisierung nicht zu einer allgemeinen Abwehrhaltung gegen jede Reformüberlegung verleiten darf. Trotz der in den letzten Jahrzehnten bereits erreichten Liberalisierung gibt es weiterhin Regularien, in denen die Differenzierung zwischen Gewerbe und Freiem Beruf überholt ist. Aus dem Spektrum der aufgegriffenen Themen seien die Gesellschaftsformen und das Werberecht erwähnt. Für andere Eigenständigkeiten, dazu zähle ich u.a. das Fremdbesitzverbot, lohnt es sich dagegen zu kämpfen. Eine vollständige Nivellierung aller Unterschiede zu gewerblichen Unternehmern wäre nicht im Interesse der Bevölkerung, die auf die Dienstleistungen der Freien Berufe angewiesen ist. Raum für Restriktionen der unternehmerischen Tätigkeit sehe ich dort, wo der Gemeinwohlbezug der Freien Berufe tangiert ist. Der Abschied von überkommenen Regeln wird es erleichtern, diesen Wesenskern mit umso schärferen Argumenten zu bewahren. Sie erwarten von mir zu Recht einen Blick in die Zukunft: Was kann die Anwaltschaft, was können allgemein die Freien Berufe unternehmen, um ihre Zukunft zu sichern? Ich hoffe, die in meiner These 9 enthaltene Botschaft mit meinen bisherigen Ausführungen hinreichend vorbereitet zu haben. Sie lautet: Es gibt nur einen einzigen Weg um den Sonderstatus der Freien Berufe trotz veränderter Anschauung langfristig zu bewahren, und dieser Weg führt über ein besonderes Berufsethos. Ohne Berufsethos sollte es keine Zugehörigkeit zu den Freien Berufen geben, andernfalls scheitert ein gemeinsames Leitbild an übergroßer Heterogenität der Gruppenmitglieder. Für alle Freien Berufe scheint mir hier das fundamentale Zukunftsproblem zu liegen. Speziell für die Anwälte gilt: In dem Maße, in dem sich der Anwaltsmarkt weiter segmentiert, die Zahl der Anwälte immer weiter zunimmt, die persönlichen Bindungen innerhalb des Berufs zugleich abnehmen, in dem Maße muss als Gegengewicht die gemeinsame berufsethische Grundlage hervorgehoben werden. Sie tritt neben die positiv-rechtliche Regulierung der Tätigkeit durch die Berufsgesetze. Eine solche die sanktionierten Berufspflichten ergänzende Berufsethik als weitere Steuerungsmöglichkeit freiberuflichen Handelns führt in Deutschland ein Schattendasein. Dies kontrastiert deutlich zu dem Befund aus anderen Rechtsordnungen, insbesondere dem angelsächsischen Rechtskreis. Dort tritt neben rechtliche Regularien ergänzend eine Berufsethik, die zugleich zentraler Ausbildungsgegenstand ist. Wir reden derzeit viel über die Corporate Governance, und den entsprechenden Kodex, der rechtlich nicht zwingende, aber keineswegs unverbindliche Regeln guter Unternehmensführung enthält, neudeutsch soft law. Ich meine, die Freien Berufe brauchen zur Stärkung ihres eigenständi- 49 Vgl.etwaBVerfGAnwBl2003,584ff.(zu 6BORAa.F.);BVerfGAnwBl2004, 586ff.(zu 7BORAa.F.). 50 Geändert durch das Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordnung vom , BGBl. I S Siehe AnwBl 2007, 682, 684 mit Begründung in AnwBl 2007, 688, Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom , BGBl. I S. 2840; dazu Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41 ff.; Kilian/Sabel/vom Stein, Das neue Rechtsdienstleistungsrecht, Vgl. Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41, Siehe dazu den Überblick in BT-Drucks. 16/3655, S. 28 ff.; Henssler, AnwBl 2001, 525, 531 f. Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz, Henssler AnwBl 11 /

18 MN Aufsätze gen Profils in vergleichbarer Form eine professional governance, nämlich festgeschriebene Regeln guter freiberuflicher Berufsausübung, die der Ausbildung des Nachwuchses zugrunde gelegt werden. Der Umstand, dass sogar die Mehrzahl der Freien Berufe keinen gesetzlich normierten und sanktionierten Berufspflichten unterworfen ist, verdeutlicht, dass das Berufsethos wie ganz allgemein moralische Grundsätze nicht notwendig Rechtsfragen betrifft. Bei den berufsrechtlich gebundenen Berufen ist die notwendige Differenzierung zwischen Berufsrecht und Berufsethos etwas in Vergessenheit geraten. Die Anwaltschaft hat, als 1987 aufgrund der Vorgaben des BVerfG 55 der Zwitter der anwaltlichen Standesrichtlinien abgeschafft wurde und die Berufsrechtspraxis sich auf die demokratisch legitimierte, rechtlich verbindliche Berufssatzung beschränkt hat, den wichtigen Aspekt von nicht zwingenden, aber gleichwohl prägenden ethischen Leitlinien aus den Augen verloren. Ich sehe in der Entwicklung einer professional governance eine reizvolle zusätzliche Funktion der anwaltlichen Verbände, über die die Anwaltschaft befreit von europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Fesseln unter Einbeziehung der Mandantensicht die communis opinio im Berufsstand festhalten und damit dessen Ansehen im positiven Sinne steuern und bewahren kann. Meine Schlussthese 10 betont: Für eine selbstverfasste Anwaltschaft liegt es besonders nahe, ethische Richtlinien zu verabschieden. Ihre Tätigkeit umfasst Bereiche, in denen sich ethische Präzisierungen geradezu aufdrängen. Zur Verdeutlichung seien aus dem weiten Anwendungsfeld für solche Standards guter anwaltlicher Unternehmensführung beispielhaft fünf Bereiche herausgegriffen: 9 Erstens: Berufsethischen Regeln könnte zunächst die Aufgabe zukommen, innerhalb des relativ großen Spielraums, den das Berufsrecht aus verfassungsrechtlichen Gründen belassen muss, Orientierung zu bieten. Konkret besteht ein Orientierungsbedarf etwa bei der Vertretung widerstreitender Interessen durch unterschiedliche Sozietätspartner, die das Berufsrecht erlaubt, sofern die Mandanten einverstanden sind und außerdem Belange der Rechtspflege nicht entgegenstehen. 56 Welche Abschottungsmaßnahmen bieten sich etwa an? Sollten generell nur Beratungsteams aus verschiedenen Kanzleistandorten widerstreitende Interessen vertreten dürfen? 9 Zweitens: Berufsethische Richtlinien könnten zum zweiten den sachgerechten Umgang mit Erfolgshonoraren präzisieren und damit dem Anwalt wie dem Mandanten wertvolle Hilfestellung bieten. Das gilt insbesondere für den Umgang mit der quota litis. 9 Drittens: Sie könnten ferner die Lücken füllen, die sich aus der Aufgabe eines eigenständigen berufsrechtlichen Werberechtes ergeben, und Werbeformen aufzeigen, die sich mit der anwaltlichen Vertrauensstellung gut vertragen. Effektiv sind wegen der herausragenden Bedeutung der Vertrauensbeziehung ohnehin nur seriöse Werbemethoden. 55 BVerfGE 76, 171 = NJW 1988, 191 = AnwBl 1987, 598; BVerfGE 76, 196 = NJW 1988, 194 = AnwBl 1987, Dazu umfassend demnächst Deckenbrock, Strafrechtlicher Parteiverrat und berufsrechtliches Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, 2008 (erscheint im Anwaltverlag). 57 So die 1909 erschienene Schrift von Hans Soldan, Neue Ziele neue Wege, Ein Vorschlag zur Hebung des deutschen Anwaltsstandes. 9 Viertens: Auch die Fortbildung, für die wir derzeit den sehr unbefriedigenden Zustand einer zwar gesetzlich in 43a Abs. 6 BRAO verankerten, aber berufsrechtlich nicht sanktionierten Pflicht haben, erscheint mir ideal für eine Zuordnung zu berufsethischen Richtlinien. Derzeit ist die Pflicht mangels kontrollierbaren Fortbildungskonzepts bedeutungslos und allenfalls mittelbar in Regressprozessen relevant. Sie gehört damit nicht in die BRAO, sondern in einen Kodex berufsethischer Richtlinien. 9 Fünftens: Im Sinne eines fünften Gebiets sind schließlich all jene Bereiche zu nennen, die die Organisation der anwaltlichen Tätigkeit betreffen: das effektive Kanzleimanagement, die externe Kommunikation, das Honorarmanagement, zusammenfassend also das ganze Feld guter anwaltlicher Unternehmensführung. Wir sollten solche ethische Prinzipien der Ausbildung, einem Gebiet, das die Hans Soldan Stiftung besonders intensiv gefördert hat, zugrunde legen. Zudem könnte jede Anwaltskanzlei, die strenge ethische Regeln beachtet, dies in ihrem Kanzleiprofil dokumentieren. Ich bin zuversichtlich, dass sich allein hierdurch eine positive Steuerungsfunktion ergeben kann, rechtliche Sanktionen damit entbehrlich sind. Die Nachfrager anwaltlicher Leistungen, insbesondere die Wirtschaft wären nicht nur froh über derartige Leitlinien, sie würden sich auch bei der Auswahl ihrer Berater an entsprechenden Selbstverpflichtungen gerne orientieren. Ich schließe mit Hans Soldan: Neue Ziele, neue Wege 57 lautete der Titel seiner 1909 an die Anwaltschaft gerichteten Denkschrift. Freie Berufe, die von dem Ziel einer Stärkung ihres Berufsethos geleitet werden, und dieses vertrauensbildend als Kontrast zum kommerziellen Dienstleister einsetzen, schlagen den Weg in eine erfolgreiche Zukunft ein. Der Anwaltschaft sei eine solche Zukunft von Herzen gewünscht. Prof.Dr.MartinHenssler,Köln Der Autor ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Wirtschaftsrecht sowie des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln. Sie erreichen den Autor unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. 728 AnwBl 11 / 2008 Die Anwaltschaft zwischen Berufsethos und Kommerz, Henssler

19 MN Aufsätze Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung Die Umsetzung der Dritten EG-Geldwäscherichtlinie durch das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz Rechtsanwalt Dr. Frank Burmeister, Frankfurt am Main, und Rechtsanwalt Dr. Dirk Uwer, LL.M., Mag. rer. Publ., Düsseldorf Weitgehend unbemerkt von der anwaltlichen Praxis haben sich am 21. August 2008 der Anwendungsbereich und die Sorgfaltspflichten bei der Bekämpfung der Geldwäsche für Anwältinnen und Anwälte grundlegend geändert. Die Autoren stellen die neuen Regelungen mit ihren Erleichterungen und Verschärfungen dar und geben Hinweise, wie Anwälte das Gesetz umsetzen sollten. Der Beitrag schließt an ihren Aufsatz Auswirkungen des Geldwäschebekämpfungsgesetzes und der Novellierung der 370a AO, 261 Abs. 1 Satz 3 StGB auf die wirtschaftsanwaltliche Beratung in AnwBl 2004, 199 an. Am 21. August 2008 ist das Gesetz zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz) in Kraft getreten. 1 Hierdurch wurde das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz GwG ) gemäß den Vorgaben der Dritten EG-Geldwäscherichtline 2 sowie der entsprechenden Durchführungsrichtlinie 3 vollständig neu gefasst. 4 Die Novelle zielt in erster Linie darauf ab, den Anwendungsbereich des Gesetzes auf Terrorismusfinanzierung zu erweitern, einen differenzierten, risikoorientierten Ansatz bei der Befolgung des Pflichtenprogramms einzuführen und bisher bestehende Regelungslücken (z. B. hinsichtlich der Identifizierung juristischer Personen) zu schließen. Der folgende Beitrag stellt die für die wirtschaftsanwaltliche Beratung relevanten Neuerungen im Vergleich zur früheren Rechtslage vor. Diese bringen zwar gesteigerte Sorgfaltspflichten mit sich, dürften aber in der täglichen Praxis durchaus auch zu Erleichterungen führen. I. Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes Bekanntlich wurden durch das Geldwäschebekämpfungsgesetz vom 8. August die zuvor nur für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Versicherungsunternehmen geltenden Identifizierungspflichten ( Know your customer ) auf die rechtsberatenden Berufe 6 ausgedehnt, wenn sie (a) im Namen und auf Rechnung ihrer Mandanten Finanz- oder Immobilientransaktionen durchführen oder (b) für ihre Mandanten an der Planung oder Durchführung von folgenden Geschäften mitwirken: 9 Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben, 9 Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten ihres Mandanten, 9 Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten, 9 Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel, 9 Gründung, Betrieb oder Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen. An diesem Katalog von Geschäften, denen nach Auffassung des Gesetzgebers ein besonderes Gefährdungspotential innewohnt, hat sich auch durch die Neufassung nichts geändert (vgl. 2 Abs. 1 Nr. 7 GwG), so dass Rechtsanwälte bei anderweitigen Tätigkeiten den Pflichten des Geldwäschegesetzes weiterhin nicht unterliegen. Während nach der alten Rechtslage (vgl. 2 Abs. 1 Satz 1 GwG a. F.) eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung erforderlich war, um den betragsunabhängigen Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes zu eröffnen, genügt nunmehr gemäß 3 Abs. 2 Nr. 1 GwG die Begründung einer Geschäftsbeziehung. Nach der Legaldefinition des Begriffs der Geschäftsbeziehung in 1 Abs. 3 GwG erfasst dies jede geschäftliche oder berufliche Beziehung, die unmittelbar in Verbindung mit den geschäftlichen oder beruflichen Aktivitäten der Verpflichteten unterhalten wird, und bei der beim Zustandekommen des Kontakts davon ausgegangen wird, dass sie von gewisser Dauer sein wird. In der Sache ändert sich somit nicht viel, wenngleich die bisher streitige Frage, ob der Anwendungsbereich des Gesetzes auch bei Einzelmandaten eröffnet sein kann, 7 nunmehr vom Gesetz ausdrücklich bejaht wird, sofern nur bei Mandatsannahme die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieses von gewisser Dauer sein und sich nicht z. B. in einer bloßen Erstberatung (vgl. 34 Abs. 1 RVG) erschöpfen wird. Außerhalb des Bestehens einer Geschäftsbeziehung ist der Rechtsanwalt gemäß 3 Abs. 2 Nr. 2 GwG den Sorgfaltspflichten des Geldwäschegesetzes unterworfen, wenn Transaktionen bar oder unbar im Wert von EUR oder mehr durchgeführt werden. Unter Transaktion ist gemäß 1 Abs. 4 GwG jede Handlung zu verstehen, die eine Geldbewegung oder eine sonstige Vermögensverschiebung bezweckt oder bewirkt. Dies umfasst nicht nur die Annahme, sondern auch den Abgang von Zahlungen in entsprechender Höhe, und geht damit erheblich weiter als 2 Abs. 2 und 3 GwG a. F., nach der nur die Annahme von Bargeld, Wertpapieren oder Edelmetallen in entsprechender Höhe erfasst war. Nach 1 BGBl. I S Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl.EG Nr. L 309/15. 3 Richtlinie 2006/70/EG der Kommission vom 1. August 2006 mit Durchführungsbestimmungen für die Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Begriffsbestimmung von politisch exponierte Personen und der Festlegung der technischen Kriterien für vereinfachte Sorgfaltspflichten sowie für die Befreiung in Fällen, in denen nur gelegentlich oder in sehr eingeschränktem Umfang Finanzgeschäfte getätigt werden, ABl.EG Nr. L 214/29. 4 Mit der Umsetzung war der deutsche Gesetzgeber bereits seit dem 15. Dezember 2007 in Verzug. Sofern in diesem Beitrag Vorschriften des GwG zitiert werden, wird auf das GwG in der Fassung des Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetzes vom 13. August 2008 Bezug genommen, sofern nicht der Zusatz a. F. (alte Fassung) anzeigt, dass die bisher geltenden Vorschriften gemeint sind. 5 BGBl. I S Nach 2Abs.1Nr.7GwGbestehtderverpflichtetePersonenkreisnunmehraus Rechtsanwälten, Notaren, Patentanwälten, Kammerrechtsbeiständen und registrierten Personen im Sinne des 10 des Rechtsdienstleistungsgesetzes. Der Einfachheit halber wird dieser Personenkreis nachfolgend nur als Rechtsanwälte bezeichnet. Zur Mehrfachqualifikation vgl. Burmeister/Uwer, AnwBl 2004, S. 199 f. 7 Vgl. hierzu ausführlich Burmeister/Uwer, aao, S. 200 f.; Müller, Der Pflichtenkatalog für Steuerberater und andere Freiberufler nach dem Geldwäschebekämpfungsgesetz, DStR 2004, Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung, Burmeister/Uwer AnwBl 11 /

20 MN Aufsätze der Gesetzesbegründung trägt der erweiterte Tatbestand dem Umstand Rechnung, dass bei Transaktionen großer Beträge regelmäßig ein erhöhtes Risiko der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung besteht. 8 Ferner hat der Rechtsanwalt gemäß 3 Abs. 2 Nr. 3 GwG die Sorgfaltspflichten des Geldwäschegesetzes zu erfüllen, wenn der Verdacht einer Geldwäschehandlung nach 261 StGB oder der Terrorismusfinanzierung besteht. Neu ist in diesem Zusammenhang lediglich die Legaldefinition des Begriffs der Terrorismusfinanzierung in 1 Abs. 2 GwG. 9 Neu ist weiterhin 3 Abs. 2 Nr. 4 GwG, wonach die Sorgfaltspflichten wieder aufleben, wenn der Rechtsanwalt Zweifel hat, ob die auf Grund der Bestimmungen des Geldwäschegesetzes erhobenen Angaben zu der Identität des Mandanten oder des wirtschaftlich Berechtigten zutreffend sind. II. Sorgfaltspflichten Ist der zuvor beschriebene Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes eröffnet, hat der Rechtsanwalt die in 3 ff. GwG beschriebenen allgemeinen Sorgfaltspflichten zu beachten, die je nach typisierter Risikolage vereinfacht oder verstärkt sein können (dazu unten III.). Welche allgemeinen Sorgfaltspflichten den Rechtsanwalt treffen, ergibt sich aus 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GwG: Während es bislang verdachtsunabhängig nur die Identifizierungspflicht und die Pflicht zur Erkundigung nach dem wirtschaftlich Berechtigten und zur Feststellung dessen persönlicher Daten gab, sieht 3 Abs. 1 GwG zwei zusätzliche Pflichten vor und erweitert insoweit den Katalog verdachtsunabhängiger Pflichten. Die in 3 Abs. 1 GwG als allgemeine Sorgfaltspflichten bezeichneten verdachtsunabhängigen Pflichten sind 9 die Identifizierung des Vertragspartners, 9 die Einholung von Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung, 9 die Abklärung, ob der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt, und dessen Identifizierung sowie 9 die kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung. Soweit der Verpflichtete die drei erstgenannten Sorgfaltspflichten nicht erfüllen kann, darf er die Geschäftsbeziehung nicht begründen oder fortsetzen und keine Transaktion durchführen; zudem ist eine bestehende Geschäftsbeziehung vom Verpflichteten ungeachtet anderer vertraglicher Bestimmungen durch Kündigung oder auf andere Weise zu beenden ( 3 Abs. 6 GwG). Für Rechtsanwälte gilt jedoch eine wichtige Ausnahme: Erstrebt der Mandant eine Rechtsberatung oder Prozessvertretung, kann das Mandat trotz der Nichterfüllung der Sorgfaltspflichten angenommen bzw. fortgesetzt werden, es sei denn, der Rechtsanwalt weiß, dass der Mandant ihn bewusst für den Zweck der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung aufsucht (vgl. 3 Abs. 6 Satz 3 GwG). Damit dürfte die Verpflichtung zur Mandatsablehnung bzw. -niederlegung nur ganz ausnahmsweise greifen. Allerdings wird der Rechtsanwalt in jedem derartigen Fall sorgfältig zu prüfen haben, ob die Fortsetzung des Mandates tatsächlich opportun ist. 1. Identifizierungspflicht Im Mittelpunkt der Sorgfaltspflichten steht weiterhin die ordnungsgemäße Identifizierung des Mandanten gemäß 4 Abs. 1 GwG. Allerdings reicht die bloße Feststellung der Identität nicht mehr aus; erforderlich ist nunmehr nach der Legaldefinition in 1 Abs. 1 GwG auch die Überprüfung der Identität. Beides hat grundsätzlich bereits vor Begründung der Mandatsbeziehung oder Durchführung der Transaktion zu erfolgen. Hiervon darf nur dann eine Ausnahme gemacht werden und die Identifizierung erst später abgeschlossen werden, wenn dies erforderlich ist, um den normalen Geschäftsablauf nicht zu unterbrechen, und ein geringes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht. Zur Frage der Erforderlichkeit äußert sich die Gesetzesbegründung nicht. Sie dürfte aber immer dann zu bejahen sein, wenn ein Handeln des Rechtsanwalts im Mandat geboten ist, welches allein wegen der noch nicht abgeschlossenen Identifizierung unterbleiben müsste, zum Beispiel, wenn das Abwarten der Identifizierung die Gefahr der Versäumnis von Fristen mit sich brächte. Anders als nach der bisherigen Rechtslage unterscheidet das Gesetz nunmehr zwischen der Identifizierung natürlicher Personen und der von juristischen Personen und Personengesellschaften, die den bisher praeter legem erforderlichen Rückgriff auf den Anwendungserlass zur Abgabenordnung ( AEAO ) 10 weitgehend entbehrlich machen. Dies ist sehr zu begrüßen, da diese Regeln auf die Kontenführung bei Banken zugeschnitten sind und für Rechtsanwälte nur bedingt passen. a) Natürliche Personen Die Identifizierung natürlicher Personen ist inhaltlich weitgehend unverändert geblieben. Zur Feststellung der Identität einer natürlichen Person hat der Rechtsanwalt mittels eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises, mit dem die Passund Ausweispflicht im Inland erfüllt wird, folgende Angaben zu erheben: Vor- und Nachname, Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Anschrift sowie Art, Nummer und ausstellende Behörde des Ausweises. Den Ausweis wird der Rechtsanwalt deshalb zweckmäßigerweise fotokopieren. 11 Anders als nach der bisherigen Rechtslage ( 1 Abs. 5 Satz 1 GwG a. F.) sind nicht nur der Personalausweis und der Reisepass geeignete Ausweispapiere, sondern sämtliche Ausweise, mit denen die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird, also gemäß 1 Abs. 2 PassG auch der vorläufige Reisepass sowie amtliche Pässe (Dienst- und Diplomatenpass). Ausländische Ausweise werden anerkannt, wenn sie den An- 8 Vgl. BT-Drs. 16/9038, S Terrorismusfinanzierung im Sinne des GwG ist die Bereitstellung oder Sammlung finanzieller Mittel in Kenntnis dessen, dass sie ganz oder teilweise dazu verwendet werden oder verwendet werden sollen, eine Tat nach 129a StGB, auch in Verbindung mit 129b StGB oder eine andere der in den Art. 1 bis 3 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (ABl.EG Nr. L 164/3) umschriebenen Straftaten zu begehen oder zu einer solchen Tat anzustiften oder Beihilfe zu leisten. Nach dem zitierten Rahmenbeschluss muss es sich dabei um Straftaten handeln, die mit dem Ziel begangen werden, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören. 10 Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 2. Januar 2008 (BStBl. I S. 26), zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 17. Juli 2008 (BStBl. I S. 694). Einschlägig sind die Anmerkungen zu 154 AO (Kontenwahrheit). 11 Vgl. auch schon die Verhaltensempfehlung der Bundesrechtsanwaltskammer für Rechtsanwälte im Hinblick auf die Vorschriften des GwG, BRAK-Nr. 84/2005, Ziffer II AnwBl 11 / 2008 Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung, Burmeister/Uwer

21 MN Aufsätze forderungen des 4 Abs. 1 PassG oder des 1 Abs. 2 PersAuswG genügen, also insbesondere anerkannte Pässe und Passersatzpapiere. 12 b) Juristische Personen oder Personengesellschaften 4 Abs. 3 Nr. 2 GwG regelt nunmehr im Einzelnen, welche Angaben bei der Identifizierung von juristischen Personen oder Personengesellschaften zu erheben sind, nämlich Firma, Name oder Bezeichnung, Rechtsform, Registernummer (soweit vorhanden), Anschrift des Sitzes oder der Hauptniederlassung und Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans oder der gesetzlichen Vertreter. Ist ein Mitglied des Vertretungsorgans oder der gesetzliche Vertreter eine juristische Person, so sind deren Firma, Name oder Bezeichnung, Rechtsform, Registernummer (soweit vorhanden) und Anschrift des Sitzes oder der Hauptniederlassung zu erheben, nicht jedoch die Namen der Mitglieder ihres Vertretungsorgans oder ihrer gesetzlichen Vertreter. Der Rechtsanwalt muss sich vergewissern, dass die nach 4 Abs. 3 GwG zu erhebenden Angaben zutreffend sind. Hierfür kommt gemäß 4 Abs. 4 Nr. 2 GwG die Einholung von Auszügen aus dem Handels- oder Genossenschaftsregister oder einem vergleichbaren amtlichen Register oder Verzeichnis, Gründungsdokumente oder gleichwertige beweiskräftige Dokumente in Betracht. Möglich ist auch die Einsichtnahme in die Register- oder Verzeichnisdaten bzw. die Einholung eines elektronischen Registerauszuges. Neben dem im Gesetzestext ausdrücklich genannten Handels- oder Genossenschaftsregister sind auch das Partnerschaftsregister, das Vereinsregister, die Stiftungsverzeichnisse sowie vergleichbare ausländische Register und Verzeichnisse für die Überprüfung geeignet. 13 In Deutschland sind die Mitglieder des Vertretungsorgans einer Kapitalgesellschaft stets im Handelsregister eingetragen (z. B. 39 AktG, 10 GmbHG). Für Kapitalgesellschaften anderer EU-Mitgliedstaaten gelten aufgrund der Harmonisierungsrichtlinie 14 die gleichen Publizitätsvorgaben wie für eine deutsche Kapitalgesellschaft, d. h. die Vertretungsorgane dürften sich ohne weiteres ermitteln lassen. Bei Personengesellschaften sind die Gesellschafter und ihre Vertretungsmacht eingetragen ( 106, 162 HGB). Bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag alle Gesellschafter vertretungsbefugt ( 714, 709 BGB). Im Einzelfall kann es aber durchaus vorkommen, dass der Rechtsanwalt die Vertretungsbefugnis einem ausländischen Register nicht entnehmen kann, weil ein entsprechendes Register in diesem Land nicht existiert oder es keine Angaben über die Vertretungsbefugnis enthält. Ähnliche Schwierigkeiten können auftreten, wenn ausländische Register oder Gründungsdokumente zwar existieren, aber nicht in deutscher oder einer anderen EU-Arbeitssprache verfügbar sind. Die Überprüfung der Angaben des Mandanten wird dadurch wesentlich erschwert, wenn nicht sogar ganz unmöglich. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung, wie der Rechtsanwalt in solchen Fällen zu verfahren hat. Die äußerste Grenze der Pflichten des Rechtsanwaltes markiert das für ihn faktisch und rechtlich Mögliche. Insoweit greift der allgemein (den Gesetzgeber eingeschlossen) anerkannte Grundsatz, dass von niemandem etwas Unmögliches verlangt werden kann (ultra posse nemo obligatur). Zudem liegt der Dritten EG-Geldwäscherichtlinie und der Neufassung des GwG der Gedanke zugrunde, dass sich der Umfang der vom Adressaten zu erfüllenden Sorgfaltspflichten nach dem Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung im konkreten Einzelfall richtet. Dieser Rechtsgedanke kommt beispielsweise in 3 Abs. 4 Satz 2 GwG und in 5 Abs. 5 Satz 2 GwG zum Ausdruck, wenn dort von risikoangemessenen Maßnahmen die Rede ist. Er lässt sich auf das Problem fehlender oder unverständlicher Angaben in ausländischen Registern übertragen: Der Rechtsanwalt muss eine Einschätzung über das konkrete Risiko von Geldwäschehandlungen treffen und auf Grundlage dieser Einschätzung die Maßnahmen ergreifen, die er für erforderlich hält. Er hat mit anderen Worten zwischen Risiko und eigenem zumutbaren Aufwand abzuwägen. Wenn also beispielsweise nur ein Registerauszug in chinesischer oder russischer Sprache vorliegt und die Art des Geschäfts oder die Person des Mandanten Rückschlüsse auf ein erhöhtes Risiko zulassen (siehe hierzu auch unten V.3.), wird man es als zumutbar und angemessen ansehen müssen, eine Übersetzung der relevanten Dokumente zu veranlassen. Erscheint das Risiko indes aufgrund der konkreten Umstände gering, wäre eine solche Übersetzung unangemessen und somit entbehrlich. In diesem Zusammenhang ist schließlich noch auf die Mitwirkungspflicht des Mandanten hinzuweisen. Gemäß 4 Abs. 6 GwG muss der Mandant dem Rechtsanwalt die erforderlichen Informationen und Unterlagen (einschließlich späterer Änderungen) zur Verfügung stellen, damit dieser seine Sorgfaltspflichten (fortlaufend) erfüllen kann. Eine wichtige und für die Praxis bedeutsame Neuerung ist, dass der für einen Mandanten Auftretende (z. B. der Geschäftsführer oder der Syndikusanwalt) selbst nicht mehr identifiziert werden muss. Nach der alten Rechtslage mussten bei einer juristischen Person oder Personengesellschaft als Mandant noch grundsätzlich diese selbst und der für diese Auftretende identifiziert werden, letzterer also durch Vorlage amtlicher Lichtbildausweise. Hiervon konnte nur nach Maßgabe des bereits erwähnten Anwendungserlasses zur Abgabenordnung abgesehen werden, z. B. wenn das vor dem Rechtsanwalt erscheinende Mitglied der Geschäftsführung im Handelsregister als Vertreter der juristischen Person eingetragen war. 15 Dies ist nun nicht mehr erforderlich, da die Novelle im Einklang mit der Dritten EG-Geldwäscherichtlinie ausschließlich auf den Vertragspartner und den wirtschaftlich Berechtigten abstellt, nicht jedoch auf den persönlich Auftretenden Vgl. Fülbier, in: Fülbier/Aepfelbach/Langweg, Kommentar zum GwG, 5. Aufl. 2006, 1 Rn. 85 f. Eine beispielhafte Übersicht hierzu bietet Langwegu0;, in: Fülbier/Aepfelbach/Langweg, aao, 2 Rn. 53 ff. 13 Vgl. BT-Drs. 16/9038, S. 38 und auch schon die Verhaltensempfehlung der Bundesrechtsanwaltskammer für Rechtsanwälte im Hinblick auf die Vorschriften des GwG, aao 14 Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl.EG Nr. L 65/8 ff.). 15 AEAO zu 154, Nr. 7 lit. j). Vgl. zum Ganzen Müller, aao, S. 1315; Burmeister/ Uwer, aao, S Vgl. BT-Drs. 16/9038, S. 33. Der Bundesrat übte hieran in seiner Stellungnahme deutliche Kritik, da der Wegfall der Identifizierungspflicht beim persönlich Auftretenden (Vertreter oder Bote) die Beweisführung in Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche erheblich beeinträchtigen, wenn nicht sogar gänzlich unmöglich machen und sich negativ auf die Effektivität der Geldwäschebekämpfung insgesamt auswirken würde (aao, S. 60 f.). Diese Kritik ist von der Bundesregierung jedoch mit Hinweis auf die europarechtlichen Vorgaben zurückgewiesen worden (vgl. BT- Drs. 16/9080, S. 2). Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung, Burmeister/Uwer AnwBl 11 /

22 MN Aufsätze c) Absehen von der Identifizierung Leicht modifiziert wurde auch die Vorschrift, nach der von einer Identifizierung abgesehen werden kann, wenn es sich um einen Altmandanten handelt und dieser bereits bei früherer Gelegenheit identifiziert worden ist ( 7 GwG a. F.). Nunmehr kann gemäß 4 Abs. 2 GwG von einer Identifizierung abgesehen werden, wenn der Rechtsanwalt den Mandanten bereits bei früherer Gelegenheit identifiziert und die dabei erhobenen Angaben aufgezeichnet hat, es sei denn, der Rechtsanwalt muss auf Grund der äußeren Umstände Zweifel hegen, dass die bei der früheren Identifizierung erhobenen Angaben weiterhin zutreffend sind. Zu beachten ist jedoch, dass die frühere Identifizierung den Anforderungen des 4 GwG genügt haben muss, so dass z. B. eine frühere Übersendung bloßer Ausweiskopien ohne Einsicht in das Original durch den Rechtsanwalt (oder einen Erfüllungsgehilfen, vgl. unten IV.) nicht ausreichend ist. Kann nach 4 Abs. 2 GwG von einer erneuten Identifizierung abgesehen werden, so ist dies in der Akte entsprechend zu vermerken. Zu Beweiszwecken dürfte es sinnvoll sein, die damals erhobenen Aufzeichnungen zur Identitätsfeststellung noch einmal zu kopieren oder in der Akte zumindest zu vermerken, wo diese Aufzeichnungen zu finden sind. 2. Abklärung des Hintergrunds des Mandates Die durch die Gesetzesnovelle neu eingeführte Pflicht zur Abklärung des Hintergrunds des Mandates ( 3 Abs. 1 Nr. 2 GwG) erweitert das Know your customer -Konzept und soll den Rechtsanwalt besser in die Lage versetzen, ein Risikoprofil über den jeweiligen Mandanten zu entwickeln. 17 Sofern sich Zweck und Art des Mandats nicht bereits zweifelsfrei aus der Beauftragung selbst ergeben, trifft den Rechtsanwalt die Pflicht, hierzu Informationen einzuholen. Im Regelfall dürfte es hierbei ausreichen, dem Mandanten entsprechende Fragen zu stellen und auf Plausibilität zu prüfen. Nur wenn diese Auskünfte nicht erteilt werden oder unplausibel sind, trifft den Rechtsanwalt die Pflicht, weitere Nachforschungen anzustellen. 3. Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten und der Eigentums- und Kontrollstruktur des Mandanten Gemäß 3 Abs. 1 Nr. 3 GwG hat der Rechtsanwalt abzuklären, ob der Mandat für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt. Anders als 8 Abs. 1 Satz 1 GwG a. F., der lediglich vorschrieb, dass sich der Rechtsanwalt bei der auftretenden Person zu erkundigen hatte, ob diese für eigene Rechnung handelt, ohne dies näher zu spezifizieren, 18 definiert 1 Abs. 6 GwG den wirtschaftlich Berechtigten nunmehr als die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht, oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird. Hierdurch soll die Abschirmwirkung juristischer Personen und anderer Gesellschaftsformen durchbrochen werden. 19 Beispielhaft bestimmt 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 GwG, dass wirtschaftlich Berechtigter bei einer nicht börsennotierten Gesellschaft jede natürliche Person ist, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile hält oder mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert. Während diese Schwelle nach dem gesetzlichen Beispiel in 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 GwG auch bei rechtsfähigen Stiftungen und treuhänderischer Vermögensverwaltung maßgeblich ist, soll sie nach dem Willen des Gesetzgebers indes bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine Rolle spielen: Diese sei aufgrund ihrer fehlenden Registereintragung, fehlender Formerfordernisse und der Abdingbarkeit der gesetzlichen Vorschriften über ihre Binnenorganisation für Außenstehende in besonderem Maße intransparent und somit für Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung besonders geeignet. Aus diesem Grunde sei hier eine besonders sorgfältige Einschätzung des mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung verbundenen Risikos geboten und risikoangemessener Weise zu entscheiden, welche einzelnen Gesellschafter als wirtschaftlich Berechtigte zu identifizieren sind. 20 Im Zweifel werden dies alle Gesellschafter sein. Als gering stuft der Gesetzgeber dagegen das Risiko bei der Wohnungseigentümergemeinschaft ein; eine dokumentenmäßige Überprüfung der Identität aller Wohnungseigentümer sei nicht erforderlich, sondern es genüge der Rückgriff auf eine jährlich zu aktualisierende Liste aller Wohnungseigentümer. 21 In der Tat dürfte sich eine Wohnungseigentümergemeinschaft als organisatorische Plattform für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung weniger eignen. Zur Erfüllung der Pflicht aus 3 Abs. 1 Nr. 3 GwG muss sich der Rechtsanwalt jedoch nicht nur nach der Existenz eines wirtschaftlich Berechtigten erkundigen, sondern nach 4 Abs. 5 GwG auch die Identität des wirtschaftlich Berechtigten feststellen. Das umfasst gemäß 4 Abs. 5 Satz 1 GwG zumindest dessen Vor- und Nachnamen und, soweit dies in Ansehung des im Einzelfall bestehenden Risikos der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung angemessen ist, weitere Identifizierungsmerkmale (etwa Anschrift, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit). Hinsichtlich der Überprüfung der Identität genügt es jedoch, sich durch risikoangemessene Maßnahmen zu vergewissern, dass die Angaben zutreffend sind (vgl. 4 Abs. 5 Satz 2 GwG); die Einsichtnahme in Ausweisunterlagen des wirtschaftlich Berechtigten dürfte nur bei erhöhtem Risiko geboten sein. 22 Ferner trifft den Rechtsanwalt in den Fällen, in denen der Mandant keine natürliche Person ist, die Pflicht, die Eigentums- und Kontrollstruktur des Vertragspartners mit angemessenen Mitteln in Erfahrung zu bringen ( 3 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 GwG). Die Angemessenheit der hier erforderlichen Maßnahmen richtet sich zunächst nach dem Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsrisiko des Mandats bzw. der Transaktion. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, welche Erkenntnismöglichkeiten dem Rechtsanwalt zur Klärung des Sachverhalts zur Verfügung stehen. Das Gesetz überlässt es den Rechtsanwälten, ob diese für die Feststellung und Überprüfung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten öffentliche Aufzeichnungen nutzen, ihre Kunden um zweckdienliche Daten bitten oder die Informationen auf andere Art und Weise beschaffen. 23 Kurz: Der zu betreibende Aufwand muss verhältnismäßig bezogen auf das konkrete Risiko sein. 17 Vgl. BT-Drs. 16/9038, S Vgl. Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach/Langweg, aao, 8 Rn Kallert, Das neue Geldwäschegesetz, DStR 2008, 1661, BT-Drs. 16/9038, S BT-Drs. 16/9038, S A.A. aber offenbar Kallert, aao. 23 Vgl. Erwägungsgrund 10 der Dritten EG-Geldwäscherichtlinie, Abl.EG Nr. L 309/16; BT-Drs. 16/9038, S AnwBl 11 / 2008 Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung, Burmeister/Uwer

23 MN Aufsätze 4. Überwachung der Mandatsbeziehung Schließlich hat der Rechtsanwalt nach 3 Abs. 1 Nr. 4 GwG die Pflicht, die Mandatsbeziehung kontinuierlich zu überwachen (Monitoring), um sicherzustellen, dass die durchgeführten Transaktionen mit den vorhandenen Informationen über den Mandanten und gegebenenfalls über den wirtschaftlich Berechtigten, deren Geschäftstätigkeit und Kundenprofil und soweit erforderlich mit den vorhandenen Informationen über die Herkunft ihrer Vermögenswerte übereinstimmen. In diesem Zusammenhang hat der Rechtsanwalt weiterhin sicherzustellen, dass die jeweiligen Dokumente, Daten oder Informationen im angemessenen zeitlichen Abstand aktualisiert werden. 4 Abs. 6 GwG statuiert die entsprechende Mitwirkungspflicht des Mandanten (siehe bereits oben II.1.b). Durch diese Pflicht sollen versteckte Risikoindikatoren sichtbar gemacht werden, die anfänglich noch nicht erkennbar waren. Die Pflicht ist nicht nur auf alle neuen Mandanten, sondern zu geeigneter Zeit auch auf die bestehende Mandantschaft auf risikoorientierter Grundlage anzuwenden. Für die nach der alten Rechtslage bereits identifizierten Personen greift die Pflicht ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesnovelle; sie müssen sukzessive in die Überwachung einbezogen werden. 24 III. Risikoorientierte Ausrichtung des konkreten Pflichtenumfangs Bei der Erfüllung sämtlicher Sorgfaltspflichten nach 3 Abs. 1 GwG haben Rechtsanwälte gemäß 3 Abs. 4 Satz 1 GwG den konkreten Umfang ihrer Maßnahmen entsprechend dem Risiko des Mandanten, des jeweiligen Mandates oder der jeweiligen Transaktion zu bestimmen; zudem müssen sie gegenüber der für sie örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer darlegen können, dass der von ihnen konkret gewählte Umfang der durchgeführten Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung als angemessen anzusehen ist ( 3 Abs. 4 Satz 2 GwG ). Die Einräumung eines Ermessensspielraums soll einer flexiblen Ausgestaltung der konkreten Erfüllung der Pflichten dienen und unnötiger bürokratischer Aufwand bei Mandaten, in denen ein nur geringes Risiko besteht, vermieden werden Abs. 4 GwG lässt selbst nicht erkennen, mit welchen konkreten Mitteln der Rechtsanwalt aus eigenem Ermessen das Pflichtenprogramm des 3 Abs. 1 GwG herabsenken kann oder sogar unter Umständen verschärfen muss. Aus der Gesetzesbegründung geht jedoch hervor, dass hierbei die ebenfalls neu eingefügten Fallgruppen der vereinfachten und verstärkten Sorgfaltspflichten gemäß 5 und 6 GwG maßgeblich sein sollen. 26 Unklar bleibt allerdings, warum dann sowohl in 5 Abs. 1 Satz 2 GwG als auch in 6 Abs. 1 Satz 2 GwG nochmals auf die Darlegungspflicht aus 3 Abs. 4 Satz 2 GwG Bezug genommen wird. 1. Verstärkte Sorgfaltspflichten Nach 6 Abs. 1 Satz 1 GwG haben Rechtsanwälte verstärkte Sorgfaltspflichten zu erfüllen, soweit erhöhte Risiken bezüglich der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung bestehen können. 6 Abs. 2 GwG zählt allerdings nicht abschließend auf, wann von einem erhöhtem Risiko auszugehen ist. Als gesetzliche Beispiele werden allein Mandate mit im Ausland ansässigen politisch exponierten Personen ( 6 Abs. 2 Nr. 1 GwG) und sog. Fernmandate ( 6 Abs. 2 Nr. 2 GwG) erwähnt; beide Fallgruppen beziehen sich nur auf natürliche Personen als Mandanten. Ferner sollen nach der Gesetzesbegründung verstärkte Sorgfaltspflichten bestehen, wenn der Mandant in einem Staat ansässig ist, dessen Geldwäschepräventionsstandards nicht den internationalen Standards entsprechen oder nicht hinreichend effektiv sind. 27 Zudem enthält 6 Abs. 3 GwG eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung, in der zusätzliche Maßnahmen bestimmt werden können, die die Verpflichteten zu ergreifen haben, um dem erhöhten Risiko zu begegnen, und um weitere Fälle zu benennen, in denen ein erhöhtes Risiko bestehen kann. a) Politisch exponierte Personen ( PEPs ) 6 Abs. 2 Nr. 1 GwG begründet verstärkte Sorgfaltspflichten, wenn die Anwendung angemessener, risikoorientierter Verfahren ergibt, dass es sich bei dem Mandanten um eine im Ausland ansässige politisch exponierte Person ( PEP ), ein unmittelbares Familienmitglied 28 der PEP oder eine dieser bekanntermaßen nahestehende Person 29 handelt. PEPs sind Personen, die ein wichtiges öffentliches Amt ausüben oder innerhalb des letzten Jahres ausgeübt haben. 30 Öffentliche Ämter unterhalb der nationalen Ebene gelten dabei in der Regel nur dann als wichtig, wenn deren politische Bedeutung mit der ähnlicher Positionen auf nationaler Ebene vergleichbar ist. Dies ist insbesondere in föderalen Staaten relevant. Der erhöhte Sorgfaltsmaßstab soll vermeiden, dass der Finanzsektor zu Zwecken der Korruption in Ländern, in denen diese verbreitet ist, instrumentalisiert wird. 31 Bei im Inland ansässigen PEPs bleibt es hingegen bei den allgemeinen Sorgfaltspflichten nach 3 Abs. 1 GwG. Bei einem Mandat mit einer im Ausland ansässigen PEP besteht für den Rechtsanwalt die Pflicht, angemessene Maßnahmen zur Bestimmung der Herkunft der im Rahmen des Mandats bzw. der Transaktion eingesetzten Vermögenswerte zu ergreifen, sowie die Mandatsbeziehung einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen. Von eher geringer praktischer Bedeutung für die anwaltliche Beratung dürfte hingegen die Verpflichtung sein, die Begründung eines Mandatsverhältnisses mit einer PEP von der Zustimmung des unmittelbar Vorgesetzten des für den Verpflichteten Handelnden abhängig zu machen. 24 Vgl. BT-Drs. 16/9038, S Vgl. BT-Drs. 16/9038, S Vgl. BT-Drs. 16/9038, S Vgl. BT-Drs. 16/9038, S. 40. Siehe aber unten V.3 sowie Fußn Nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/70/EG (Abl.EG Nr. L 214/29) handelt es sich hierbei um den (Ehe-)Partner, Kinder und deren (Ehe-)Partner sowie Eltern. 29 Nach Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2006/70/EG (aao) sind damit enge Geschäftspartner oder Treuhänder gemeint. 30 Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/70/EG (aao) sind dies vor allem Staats- und Regierungschefs, Minister und ihre Stellvertreter, Staatssekretäre, Parlamentsmitglieder, Richter an letztinstanzlichen Gerichten, Mitglieder der Rechnungshöfe, Vorstände von Zentralbanken, Botschafter, Geschäftsträger und hochrangige Offiziere der Streitkräfte sowie Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane staatlicher Unternehmen. 31 Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl.EG Nr. L 309/15, 25. Erwägungsgrund. Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung, Burmeister/Uwer AnwBl 11 /

24 MN Aufsätze b) Fernmandate Neu aufgenommen wurde in 6 Abs. 2 Nr. 2 GwG eine Regelung zur Identifizierung von nicht persönlich anwesenden natürlichen Personen, die selbst Mandanten sind. Der Gesetzgeber sieht hierin ein erhöhtes Risiko und schreibt deshalb gesteigerte Sorgfaltspflichten vor. Den Rechtsanwalt trifft bei derartigen Fernmandaten nicht nur die Pflicht, die Identität des Vertragspartners anhand eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises, mit dem die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird, einer beglaubigten Kopie eines solchen Ausweises oder einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne von 2 Nr. 3 SigG zu überprüfen, sondern er muss zudem sicherstellen, dass die erste Transaktion im Rahmen des Mandates unmittelbar von einem Konto erfolgt, das auf den Namen des Mandanten bei einem Kreditinstitut eröffnet ist, welches den Pflichten der Dritten EG- Geldwäscherichtlinie unterfällt, oder bei einem in einem Drittstaat ansässigen Kreditinstitut, für das Anforderungen gelten, die denen des GwG gleichwertig sind. 32 Diese Überprüfung wird gerade bei außerhalb der EU ansässigen Kreditinstituten enorme Schwierigkeiten bereiten; über die in Drittstaaten für Kreditinstitute geltenden Anforderungen wird der Rechtsanwalt Informationen nur unter ganz erheblichem Aufwand einholen können. Auch bei Fernmandaten muss jedoch eine Abwägung stattfinden: Der Rechtsanwalt muss nur die Sorgfaltspflichten erfüllen, deren Erfüllung ihm rechtlich und tatsächlich möglich ist und die in angemessenem Verhältnis zum Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung stehen. Das Gesetz schweigt allerdings zu der Frage, wie sich der Rechtsanwalt verhalten soll, wenn es in dem betreffenden Fernmandat gar nicht zu einer ersten Kontotransaktion im vorgenannten Sinne kommt. 33 Es bleibt deshalb abzuwarten, ob das Bundesministerium des Innern im Rahmen seiner Verordnungsermächtigung ( 6 Abs. 3 GwG) die Sorgfaltspflichten bei Fernmandaten noch konkretisiert. 2. Vereinfachte Sorgfaltspflichten Von der Erfüllung der Sorgfaltspflichten des 3 Abs. 1 GwG darf abgesehen werden, wenn das Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung gering ist, kein konkreter Verdacht bezüglich einer Geldwäschehandlung nach 261 StGB oder der Terrorismusfinanzierung vorliegt und keine verstärkten Sorgfaltspflichten eingreifen. Nicht ganz einleuchtend ist allerdings, warum es nach der Gesetzesbegründung von den Fällen des konkreten Verdachts abgesehen stets auch bei der Verpflichtung bleiben soll, die Geschäftsbeziehung zu überwachen, um komplexe und ungewöhnlich große Transaktionen ohne klar ersichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck aufzudecken und gegebenenfalls einen Verdachtsfall anzuzeigen. 34 Die Überwachungspflicht ist nämlich in 3 Abs. 1 Nr. 4 GwG geregelt. Gemäß 5 Abs. 1 Satz 1 GwG kann aber von der Erfüllung sämtlicher Sorgfaltspflichten nach 3 Abs. 1 GwG abgesehen werden. Hervorzuheben ist jedenfalls, dass in den Fällen, in denen ein geringes Risiko besteht, nicht mehr identifiziert werden muss. Die praktisch relevante Frage, wann ein geringes Risiko im Sinne des 5 Abs. 1 GwG besteht, wird in 5 Abs. 2 GwG beantwortet: 9 Nach 5 Abs. 2 Nr. 1 GwG besteht ein geringes Risiko bei Transaktionen von oder zugunsten von bzw. Mandatierung durch Verpflichtete im Sinne von 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 GwG, also Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Finanzunternehmen, Versicherungsunternehmen, Versicherungsvermittler sowie Investmentaktiengesellschaften. Dies gilt auch, soweit es sich um ein Kredit- oder Finanzinstitut mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder mit Sitz in einem Drittstaat handelt, das dort gleichwertigen Anforderungen und einer gleichwertigen Aufsicht unterliegt. 9 Weiterhin besteht gemäß 5 Abs. 2 Nr. 2 GwG bei Transaktionen von oder zugunsten von sowie bei Mandatierung durch börsennotierte Gesellschaften ein geringes Risiko und befreit insofern von den allgemeinen Sorgfaltspflichten. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die erforderlichen Angaben bei börsennotierten Gesellschaften öffentlich zugänglich sind. 35 Bei der börsennotierten Gesellschaft muss es sich entweder um eine Gesellschaft handeln, deren Wertpapiere zum Handel auf einem organisierten Markt im Sinne des 2 Abs. 5 WpHG in einem EU-Mitgliedstaat zugelassen sind, oder um eine börsennotierte Gesellschaft aus einem Drittstaat, die Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile unterliegt, die denjenigen des Gemeinschaftsrechts gleichwertig sind. 9 Ein geringes Risiko nimmt der Gesetzgeber auch bei der Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten bei Anderkonten von Rechtsanwälten, Notaren und weiteren Angehörigen von Rechtsberufen des In- und EU-Auslands an, sofern der Inhaber des Anderkontos dem kontoführenden Institut die Identität des wirtschaftlich Berechtigten angeben kann (vgl. 5 Abs. 2 Nr. 3 GwG). 9 Ein geringes Risiko besteht ferner bei Transaktionen von oder zugunsten von sowie bei Mandatierung durch inländische und unter bestimmten weiteren Voraussetzungen auch EU-ausländische Behörden (Privilegierung von Behörden mit Aufgaben- und Haushaltstransparenz, vgl. 5 Abs. 2 Nr. 4 GwG). Schließlich enthält 5 Abs. 4 GwG eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung, in der weitere Kriterien bestimmt werden können, bei denen ein geringes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht. IV. Erfüllung der Sorgfaltspflichten durch Dritte Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten durch Dritte war auch schon nach alter Rechtslage gängige Praxis, wenn auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung. Nunmehr enthält 7 GwG eine ausdrückliche Erlaubnis mit einigen Einschränkungen. So kommen als Dritte nur bestimmte, im Katalog des 2 Abs. 1 GwG genannte Verpflichtete in Betracht, die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die Sorgfaltspflichten ordnungsgemäß erfüllt werden (z. B. Kreditinstitute, Versicherungen, Versicherungsvermittler, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater). Diese Dritten können auch in einem anderen EU-Mitgliedstaat sowie in Drittstaaten ansässig sein. 32 Die zur alten Rechtslage vertretene (zweifelhafte) Ansicht der RAK Berlin (Berliner Anwaltsblatt 2004, 291), dass es genüge, wenn der Mandant eine einfache Kopie eines tauglichen Ausweispapiers übersende, ist damit jedenfalls nicht mehr haltbar. 33 Siehe auch die Stellungnahme der Bundesberufskammern zum Regierungsentwurf des Geldwäschebekämpfungsgesetzes vom 5. November 2007, S. 9 f. 34 Vgl. BT-Drs. 16/9038, S Vgl. BT-Drs. 16/9038, S AnwBl 11 / 2008 Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung, Burmeister/Uwer

25 MN Aufsätze Hervorzuheben ist jedoch, dass die Pflicht zur kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung im Sinne des 3 Abs. 1 Nr. 4 GwG nicht auf Dritte übertragen werden kann. Zudem stellt 7 Abs. 1 Satz 2 GwG klar, dass die endgültige Verantwortung für die ordnungsgemäße und vollständige Erfüllung der Sorgfaltspflichten unübertragbar bei dem verpflichteten Rechtsanwalt verbleibt. Mit der Aufgabendelegation geht also keine Verantwortungsdelegation einher. Nach 7 Abs. 2 GwG kann auch die Durchführung der zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten erforderlichen Maßnahmen vertraglich auf andere zuverlässige Personen übertragen werden kann. Diese Personen sind Erfüllungsgehilfen des Rechtsanwalts, d. h. die von ihnen ergriffenen Maßnahmen werden dem Rechtsanwalt zugerechnet. V. Sonstige Pflichten 1. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Die bisher in 9 GwG a. F. geregelten Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten sind nunmehr in 8 GwG geregelt. Die Vorschrift wurde zum Teil nur redaktionell geändert. Praktisch relevant sind aber die Ausdehnung der Aufbewahrungspflicht auf solche Belege, die im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung oder mit der Transaktion stehen ( 8 Abs. 1 Satz 1 GwG), sowie die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren auf fünf Jahre gemäß 8 Abs. 3 Satz 1 GwG. Zu beachten ist weiterhin, dass diese Frist bei der praktisch wohl relevantesten Pflicht, nämlich der Pflicht zur Identifizierung vor Begründung der Geschäftsbeziehung, erst mit dem Schluss des Kalenderjahres beginnt, in dem die Geschäftsbeziehung endet ( 8 Abs. 3 Satz 2 GwG). Die Belege (z. B. Ausweiskopien) müssen nicht in Papierform aufbewahrt werden, sondern dürfen eingescannt und elektronisch gespeichert werden, vgl. 8 Abs. 2 GwG. 2. Interne Sicherungsmaßnahmen Die bislang in 14 GwG a. F. normierte Pflicht zur Vornahme interner Sicherungsmaßnahmen findet sich jetzt in 9 GwG wieder. Neu ist, dass sich sämtliche Sicherungsmaßnahmen nicht nur auf die Bekämpfung der Geldwäsche, sondern auch auf die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung beziehen (vgl. 9 Abs. 1 Satz 1 GwG). Allerdings gilt diese Pflicht künftig nur noch dann, wenn Rechtsanwälte die in 2 Abs. 1 Nr. 7 GwG aufgeführten Kataloggeschäfte regelmäßig ausführen. Von großer praktischer Bedeutung für Rechtsanwälte ist zudem die Beschränkung des Adressatenkreises der Pflicht zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten. Diese Pflicht gilt nicht mehr für Rechtsanwälte (vgl. 9 Abs. 2 Nr. 1 GwG) und führt damit zu einer echten Entlastung. Weiterhin ist die bisher in 14 Abs. 2 Nr. 3 GwG a. F. normierte Verpflichtung zur Sicherstellung der Zuverlässigkeit von Beschäftigten, die befugt sind, Finanztransaktionen durchzuführen, ersatzlos gestrichen worden, da der bürokratische Aufwand nach Auffassung des Gesetzgebers in keinem Verhältnis zum Nutzen stand. Die anderen Sicherungsmaßnahmen, also die Entwicklung und Aktualisierung interner Grundsätze, Sicherungssysteme und Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie die Unterrichtung der Beschäftigen über die Methoden dieser Straftaten und der Pflichten des GwG, sind inhaltlich weitgehend unverändert geblieben und gelten weiterhin auch für Rechtsanwälte. 3. Anzeige von Verdachtsfällen Die Anzeigepflicht von konkreten Verdachtsfällen ist wie bislang in 11 GwG geregelt, wurde dort jedoch in einigen Bereichen geändert. Wesentlich sind hier die Änderungen in 11 Abs. 1 Satz 1 GwG. Danach wird die Verdachtsmeldepflicht auch auf die Fälle ausgeweitet, in denen sich erst nachträglich ein Verdacht der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung herausstellt. Des Weiteren löst nunmehr auch schon der Verdacht des Versuchs der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung die Meldepflicht aus. Die Bundesrechtsanwaltskammer differenziert in diesem Zusammenhang in ihrer Verhaltensempfehlung für Rechtsanwälte nach Indizien für einen Verdacht nach 11 Abs. 1 GwG, die in der Person des Mandanten liegen und nach Indizien aus dem Geschäft selbst. 36 Danach liegen in den folgenden Fällen Indizien vor, die in der Person des Mandanten begründet sind: 9 Der Mandant verlangt Anonymität und versucht, seine Identität zu verschleiern. 9 Der Mandant erteilt falsche Auskünfte oder verweigert für die Durchführungen der Dienstleistung erforderliche Informationen. 9 Gegen den Mandanten ist ein Ermittlungsverfahren wegen einer Katalogtat im Sinne des 261 StGB anhängig und es ist hinsichtlich etwaiger, aus der Tat erlangter Vermögenswerte die Anordnung von Verfall / Rückgewinnungshilfe in Betracht zu ziehen. Folgende Indizien aus dem Geschäft selbst sollen nach Auffassung der Bundesrechtsanwaltkammer einen Verdacht im Sinne des 11 Abs. 1 GwG begründen können: 9 Es geht um die Durchführung von Geschäften, die offenkundig unwirtschaftlich sind und für die auch auf Nachfrage keine vertretbaren legitimen steuerlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründe benannt werden. 9 Der Mandant versucht, hochvolumige unbare Zahlungen zu vermeiden. 9 Zahlungen zugunsten des Mandanten auf das Konto des Anwalts werden ohne plausiblen Grund von Drittzuwendern geleistet, die in keiner nachvollziehbaren Beziehung zu dem Mandanten stehen und die in einem Land ansässig sind, das auf der FATF-Liste der nicht-kooperativen Staaten und Gebietskörperschaften steht Das Unternehmen des Mandanten weist die Merkmale einer Scheingesellschaft auf (z. B. fehlende Betriebsausstattung, fehlendes Personal). Diese Anhaltspunkte sind nach Ansicht der Bundesrechtsanwaltskammer zu gewichten; das Vorliegen nur eines einzelnen Anhaltspunktes reicht grundsätzlich nicht aus. 36 Vgl. zum Ganzen die Verhaltensempfehlung der Bundesrechtsanwaltskammer für Rechtsanwälte im Hinblick auf die Vorschriften des GwG, aao, Ziffer II Die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) veröffentlicht eine Liste der sog. NCCT-Länder (Non-Cooperative Countries and Territories), deren gesetzliche oder faktische Maßnahmen nicht den von der FATF festgesetzten Standards genügen. Zur Zeit befinden sich allerdings keine Länder mehr auf der NCCT-Liste. Frühere NCCT-Länder waren z. B. Cook Islands, Indonesien, Myanmar, Nauru, Nigeria und Philippinen. Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung, Burmeister/Uwer AnwBl 11 /

26 MN Aufsätze Das bisher in 11 Abs. 5 GwG a. F. geregelte Informationsweitergabeverbot bezüglich der Verdachtsanzeige ist nunmehr umfassend in 12 GwG verortet. Das Verbot der Informationsweitergabe gilt nun nicht mehr ausnahmslos. 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 GwG benennt die Fälle, in denen die Informationsweitergabe ausnahmsweise zulässig ist. Das ist innerhalb der EU länderübergreifend insbesondere zwischen den verpflichteten Rechtsanwälten der Fall. Die Ausnahmeregelung soll dem Verpflichteten ermöglichen, sich die erforderlichen Informationen über Methoden und Verdachtsanhaltspunkte der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung in seinem Tätigkeitsbereich zu verschaffen. 38 Nunmehr ausdrücklich geregelt ist der bislang in der Literatur umstrittene Fall, in dem der Rechtsanwalt sich bemüht, den Mandanten von einer Geldwäschehandlung oder einer Terrorismusfinanzierung abzuhalten. Gemäß 12 Abs. 2 GwG gilt das Bemühen des Rechtsanwalts, einen Mandanten davon abzuhalten, eine rechtswidrige Handlung zu begehen, nicht als Informationsweitergabe im Sinne des 12 Abs. 1 GwG. Damit hat sich der Streit im Schrifttum erübrigt. konkret erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung der Pflichten. Aufgrund des risikoorientierten Ansatzes lässt sich allerdings trotz des mit der Neufassung einhergehenden grundsätzlich erweiterten Pflichtenkatalogs nicht sagen, dass mit der Neufassung des GwG auch im Einzelfall weitergehende Pflichten und damit mehr Aufwand als bisher verbunden sind. So nimmt das zukünftige Pflichtenprogramm beispielsweise bei börsennotierten Unternehmen deutlich gegenüber dem noch gültigen Pflichtenumfang ab, was im Rahmen der alltäglichen wirtschaftsanwaltlichen Beratung zu einer signifikanten Erleichterung führen wird. Ein starrer Pflichtenkatalog, wie ihn noch das alte Geldwäschegesetz vorsah, besteht nach der Neufassung eben nicht mehr. VI. Sanktionen An gewohnter Stellte findet sich schließlich in 17 GwG die Sanktionsnorm im Hinblick auf bestimmte Pflichtverletzungen. Nach 17 Abs. 1 GwG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig (also grob fahrlässig) seinen Vertragspartner nicht identifiziert, Feststellungen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig aufzeichnet oder Aufzeichnungen nicht aufbewahrt. Neu eingeführt wurde, dass eine Ordnungswidrigkeit auch vorliegt, wenn der Verpflichtete einen Verdachtsfall vorsätzlich oder leichtfertig nicht anzeigt ( 17 Abs. 1 Nr. 4 GwG). Für jede dieser Ordnungswidrigkeiten kann gemäß 17 Abs. 3 GwG eine Geldbuße bis zu EUR verhängt werden. Ferner handelt nach 17 Abs. 2 GwG ordnungswidrig, wer vorsätzlich das Vorhandensein eines wirtschaftlich Berechtigten nicht abklärt, dessen Namen nicht erhebt, die gesteigerten Sorgfaltspflichten bei einem Fernmandat nicht befolgt oder unbefugterweise Informationen weitergibt. Ein solcher Verstoß kann nach 17 Abs. 3 GwG mit einer Geldbuße bis zu EUR belegt werden. Verstöße gegen die Pflicht zur Vornahme interner Sicherungsmaßnahmen nach 9 GwG sind nicht als Ordnungswidrigkeiten nach 17 GwG sanktionierbar. Zu beachten ist jedoch, dass (bedingt) vorsätzliche Verletzungen der Sorgfaltspflichten des Geldwäschegesetzes je nach Fallkonstellation auch die Gefahr einer Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Geldwäsche ( 261, 27 StGB), Begünstigung ( 257 StGB) oder Strafvereitelung ( 258 StGB) begründen können. VII. Zusammenfassung Das Geldwäschegesetz ist erheblich verändert worden. Kernpunkte der Änderungen sind die Erstreckung sämtlicher Pflichten auf die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, ein im Grundsatz erweitertes Pflichtenprogramm sowie ein risikoorientierter Ansatz im Hinblick auf die Beurteilung der Dr. Frank Burmeister, Frankfurt am Main Der Autor ist Rechtsanwalt. Er ist Partner der Sozietät Hengeler Mueller. Sie erreichen den Autor unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. Dr. Dirk Uwer, LL.M., Mag.rer.publ., Düsseldorf Der Autor ist Rechtsanwalt. Er ist Partner er Sozietät Hengeler Mueller. Sie erreichen den Autor unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. 38 Vgl. BT-Drs. 16/9038, S AnwBl 11 / 2008 Neue Regeln für Anwälte bei der Geldwäschebekämpfung, Burmeister/Uwer

27 MN Aufsätze Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls Voraussetzungen und Möglichkeiten der Abwendung Rechtsanwältin Dr. Jana Bartosch-Koch, Düsseldorf Der selbständige Anwalt ist auch Unternehmer. Auch wer als Anwalt erfolgreich ist, kann in eine finanzielle Krise geraten. Krankheit, Scheidung oder Fehlspekulation sind klassische Ursachen. Der Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls schützt die Rechtssuchenden, entzieht dem Anwalt aber die Lebensgrundlage. Der Beitrag fasst die aktuelle Rechtsprechung zusammen, die in besonderen Konstellationen Auswege kennt. Nach 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtssuchenden nicht gefährdet werden. Wann diese Voraussetzungen anzunehmen sind und wie der Zulassungswiderruf trotz Bestehens eines Vermögensverfalls möglicherweise verhindert werden kann, ist trotz einer zunehmenden Anzahl höchstrichterlicher Entscheidungen im Einzelnen oftmals unklar. Der Beitrag soll konkrete Hilfestellung bieten. 1 I. Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift Auch wenn gelegentlich von betroffenen Rechtsanwälten das Gegenteil behauptet wird, ist die Vorschrift des 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar stellt der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft einen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit 2 und sofern der Betroffene eine eigene Kanzlei aufgebaut und unterhalten hat möglicherweise auch einen Eingriff in sein Eigentumsrecht 3 dar. Dieser ist jedoch gerechtfertigt, da er zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes erforderlich ist. Im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit stellt die Widerrufsregelung eine subjektive Zulassungsschranke dar 4. Diese ist allerdings zur Aufrechterhaltung einer geordneten Rechtspflege eines überwiegenden Gemeinschaftsgutes, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht 5, erforderlich und gerechtfertigt 6. Zum gleichen Ergebnis muss auch die Prüfung einer möglichen Verletzung des Eigentumsrechts (konkret: eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb 7 ) des betroffenen Rechtsanwalts führen. Selbst wenn auch hier ein Eingriff angenommen werden sollte, kann die verfassungsrechtliche Beurteilung der Zulässigkeit von Einschränkungen bei den funktional aufeinander bezogenen Grundrechten der Berufsfreiheit und des Eigentumsschutzes, nicht unterschiedlich ausfallen 8. II. Voraussetzungen des Zulassungswiderrufs Wie aus 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ersichtlich, hängt der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls von zwei Voraussetzungen ab, die kumulativ vorliegen müssen. Der betroffene Rechtsanwalt muss sich in Vermögensverfall befinden und die Interessen der Rechtsuchenden müssen dadurch gefährdet sein. 1. Vermögensverfall Nach der auch im Schrifttum anerkannten Definition der Rechtsprechung liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Betroffene in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen 9. a) Vorliegen von Vermögensverfall Auf den ersten Blick scheint diese Definition vier Kriterien vorzugeben, anhand derer sich das Vorliegen von Vermögensverfall feststellen lässt. Tatsächlich handelt es sich jedoch um nur eine Voraussetzung, nämlich das Vorliegen von ungeordneten Vermögensverhältnissen 10, die durch die weiteren vermeintlichen Kriterien genauer beschrieben wird. So zeigt die Beschreibung der Vermögensverhältnisse als schlecht, dass das Merkmal ungeordnet nicht in einem rein formellen Sinne zu verstehen ist. Die Vermögensverhältnisse sind also nicht deshalb als geordnet oder ungeordnet zu qualifizieren, weil der Betroffene seine Vermögenswerte und Verbindlichkeiten buchhalterisch geordnet erfasst oder im Gegenteil überhaupt keine Übersicht über seine Vermögensverhältnisse hat 11. Es kommt vielmehr auf eine Ordnung der Vermögensverhältnisse im materiellen Sinne an. Diese entsteht dadurch, dass sich der Betroffene wie ein ordentlicher Schuldner keinen fälligen Verbindlichkeiten gegenübersieht, die er nicht nur vorübergehend nicht erfüllen kann. Aus diesem Grund können betroffene Rechtsanwälte bei der gerichtlichen Überprüfung des Zulassungswiderrufs mit der Argumentation keinen Erfolg haben, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens den Vermögensverfall beende, weil im Zuge dieses Verfahrens der Insolvenzverwalter eine Aufstellung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten anfertige und die Verhältnisse dadurch ordne 12. Hierdurch wird 1 Eine ausführliche Darstellung enthält die im Verlag Dr. Kovac erschienene Dissertation Versagung, Rücknahme und Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft der Verfasserin. 2 BVerfG, Beschl. v BvR 79/85, NJW 1993, 318; Kleine-Cosack, NJ 1992, Vgl. etwa EGMR, Beschl. v /97, AnwBl 2000, Gubelt, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12 Rn BVerfG, Beschl. v BvR 596/56, BVerfGE 7, 406; Beschl. v BvR 697/77, NJW 1981, 33; Gubelt, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 12 Rn. 55; Rittstieg, in: Alternativkommentar GG, Art. 12 Rn. 97; Tettinger, in:sachs, GG, Art. 12 Rn BVerfG,Beschl.v BvR1287/83, NJW 1984, 2341; BGH, Beschl. v AnwZ (B) 63/05 Rn. 4; Beschl. v AnwZ (B) 73/04 II. 2. a.; Beschl. v AnwZ (B) 7/00 II. 3.; Beschl. v AnwZ (B) 9/94, BRAK-Mitt. 1994, 177; BVerwG, Beschl. v I C 43/74, NJW 1977, 2178; AGH München, Beschl. v BayAGH I 9/96, BRAK-Mitt. 1997, 175; Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 14 Rn. 3, 25; Kleine-Cosack, AnwBl 2005, 442; ders. NJ 1992, 331; Prütting, AnwBl 1994, 318; Römermann, EWiR 2000, In den Schutzbereich fallen nicht nur Betriebe i. S. d. GewO sondern auch freiberufliche Tätigkeiten; vgl. BGH, Beschl. v AnwZ (B) 1/86, BGHZ 97, 209 = NJW 1986, 2500 = MDR 1986, 755; Urt. v III ZR 110/64, BGHZ 45, 154; Urt. v III ZR 126/66, NJW 1967, 1749, BGH, Beschl. v AnwZ (B) 1/86, BGHZ 97, 209 f. = NJW 1986, 2500 f. = MDR 1986, Vgl. etwa BGH, Beschl. v AnwZ (B) 110/05 Rn. 4; AnwZ (B) 94/05 Rn. 5; Beschl. v AnwZ (B) 60/05 Rn Welches etwa auch gemäß 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO Voraussetzung für den Widerruf der Bestellung als Wirtschaftsprüfer ist. 11 Irreführend insoweit BGH, Beschl. v AnwZ (B) 32/05 Rn. 11; Beschl. v AnwZ (B) 86/04 Rn So z. B. im Beschl. v AnwZ (B) 13/05, AnwBl 2006, 280 = NJW-RR, 2006, 559 unter II. 1. b). Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls, Bartosch-Koch AnwBl 11 /

28 MN Aufsätze nämlich nur eine formelle Ordnung der Vermögensverhältnisse hergestellt, die für das Vorliegen eines Vermögensverfalls nicht entscheidend ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann auch aus einem weiteren Grund nicht zu einer Beendigung des Vermögensverfalls führen. Während des laufenden Insolvenzverfahrens bedient der Betroffene seine Verbindlichkeiten nämlich nicht selbst. Die Befriedigung der Gläubiger erfolgt vielmehr zwangsweise durch den Insolvenzverwalter. Schon deshalb kann während des Insolvenzverfahrens nicht von geordneten Vermögensverhältnissen im oben dargestellten, materiellen Sinne ausgegangen werden. Dies erkennt auch die höchstrichterliche Rechtsprechung an, nach der eine Beendigung des Vermögensverfalls nur in solchen Fällen angenommen werden kann, in denen der betroffene Rechtsanwalt zumindest in absehbarer Zeit wieder frei über sein Vermögen verfügen kann 13. Im Kern zielt diese Forderung darauf, dass der Betroffene wieder in die Lage versetzt werden muss, seinen Verbindlichkeiten selbstbestimmt nachzukommen. Erreicht wird dieser Zustand im auf das Insolvenzverfahren folgenden Restschuldbefreiungsverfahren. In einer vielbeachteten Entscheidung 14 hat der BGH daher konsequenterweise angenommen, dass der Vermögensverfall durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens und die Ankündigung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht gemäß 291 InsO beseitigt werden kann. Das Bestehen von Vermögensverfall ist unabhängig von einem Verschulden des Betroffenen 15. Dies ergibt sich daraus, dass der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls keinen Strafcharakter hat 16 und auch nicht haben darf, sondern lediglich dem Schutz der Rechtssuchenden vor den sich aus dem Vermögensverfall ergebenden Gefahren für ihre Interessen dient. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob der Rechtsanwalt seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen kann oder will, ob er bilanziell überschuldet ist oder überhaupt je Vermögen besessen hat. Denn die Gefährdung der Rechtssuchenden, der durch die Widerrufsvorschrift begegnet werden soll, besteht bereits dadurch, dass der Rechtsanwalt sich unbestrittenen bzw. titulierten offenen Verbindlichkeiten gegenübersieht, die er nicht planmäßig erfüllt 17. Insbesondere das Vorhandensein von Immobilienvermögen hindert die Annahme eines Vermögensverfalls daher nicht 18, wenn der Rechtsanwalt sich weiterhin offenen Verbindlichkeiten gegenübersieht. Ob dies an der mangelnden Werthaltigkeit oder Realisierbarkeit des Vermögens oder am mangelnden Willen zu dessen Verwertung liegt, ist dabei unerheblich 19, führt doch beides dazu, dass der Rechtsanwalt sich Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt sehen kann, die nicht zwingend zunächst auf sein Immobilienvermögen abzielen müssen, sondern sich auch etwa gegen von ihm verwaltete Fremdgelder richten können. b) Nachweis des Vermögensverfalls Zum Nachweis des Vermögensverfalls macht die Rechtsanwaltskammer in den meisten Fällen von der gesetzlichen Vermutung des 14 Abs. 2 Nr Halbs. BRAO oder einer von der Rechtsprechung entwickelten tatsächlichen Vermutung Gebrauch. Vermutungstatbestände der gesetzlichen Vermutung sind die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen sowie seine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis gemäß 26 Abs. 2 InsO oder 915 ZPO. Grundlage der tatsächlichen Vermutung sind insbesondere Schuldtitel und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt 20 sowie die nicht rechtzeitige Weiterleitung von Fremdgeldern 21. Im Hinblick auf das Vorliegen von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt genügt dabei zur Begründung des Vermutungstatbestandes bereits das Vorliegen von vorläufig vollstreckbaren Zahlungstiteln. Dies ergibt aus dem Sinn und Zweck der Widerrufsvorschrift, die allein dem Schutz der Interessen der Rechtssuchenden dienen soll. Dieser Schutzzweck muss bei der Auslegung und Konkretisierung der Widerrufsvoraussetzungen berücksichtigt werden. Im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung der Rechtssuchenden durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt, die möglicherweise auch in Mandantenvermögen erfolgen, lässt die Rechtsprechung bereits die Existenz von Schuldtiteln zur Begründung des Vermutungstatbestandes genügen 22. Dabei muss konsequenterweise schon die Existenz von vorläufig vollstreckbaren Titeln genügen, da auch aus solchen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen möglich sind. Problematisch ist hierbei jedoch, dass sich die Vermutung eines Vermögensverfalls dadurch auch in solchen Fällen ergeben kann, in denen die vorläufig vollstreckbar titulierte Forderung zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Gläubiger streitig ist und der Rechtsstreit um den Bestand der Forderung geführt wird, obwohl der Rechtsanwalt sich nicht in finanziellen Schwierigkeiten befindet und die Forderung ohne Weiteres begleichen könnte. In solchen Fällen ist es dem Rechtsanwalt dem selbstverständlich wie jedem Schuldner zugestanden werden muss, den Bestand einer Forderung gerichtlich klären zu lassen jedoch zuzumuten, durch Sicherheitsleistung dem noch nicht rechtskräftigen Titel die Vollstreckbarkeit zu nehmen. Darüber hinaus hat der Rechtsanwalt schließlich die Möglichkeit im Widersprechungsverfahren die Vermutung zu widerlegen. In zeitlicher Hinsicht muss der Vermutungstatbestand bei Erlass der Widerrufsverfügung gegeben sein 23. Ist der Vermutungstatbestand bereits vor Erlass der Widerrufsver- 13 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 43/03, AnwBl 2005, 216 = NJW 2005, 511; Beschl. v AnwZ (B) 28/99, AnwBl 2001, 296 = BRAK-Mitt. 2000, 144 = ZIP 2000, 1018 = NJW-RR 2000, 1229 = NZI 2000, 262 = BB 2000, 1427; Feuerich, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 14 Rn Beschl. v AnwZ (B) 40/04, AnwBl 2005, 363 = NJW 2005, 1271 ff.. 15 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 38/04 2. b); Beschl. v AnwZ (B) 74/03 II. 2.; Beschl. v AnwZ (B) 27/00, BGH-Report 2001, 668 (Leitsatz); Beschl. v AnwZ (B) 88/98, BRAK-Mitt. 1999, 270 (Leitsatz); Kleine-Cosack, BRAO, 14Rn Vgl. etwa Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 14 Rn Vgl. zu möglichen Gefahren für die Interessen der Rechtssuchenden unter 2.a. 18 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 72/05 Rn. 4; Beschl. v AnwZ (B) 18/98, BRAK-Mitt. 1999, BGH, Beschl. v AnwZ (B) 54/04 Rn Vgl. etwa BGH, Beschl. v AnwZ (B) 110/05 Rn. 4; Beschl. v AnwZ (B) 60/05 Rn. 5; Beschl. v AnwZ (B) 72/05 Rn. 3; AnwZ (B) 70/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 64/05 Rn. 3; AnwZ (B) 57/05 Rn. 3; Beschl. v AnwZ (B) 13/05, AnwBl 2006, 280 = NJW-RR 2006, 559; Kleine-Cosack, BRAO, 14 Rn. 14; Laufhütte, DRiZ 1990, BGH, Beschl. v AnwZ (B) 54/04 Rn. 3; Beschl. v AnwZ (B)46/04II.1.a);AGHHamm,Beschl.v ZU20/98AGHHamm, AnwBl 1999, 698; Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 14 Rn BGH, Beschl. v AnwZ (B) 66/04; AnwZ (B) 16/05 II. 1; Beschl. v AnwZ (B) 67/04 II. 2. a). 23 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 110/05 Rn. 3; AnwZ (B) 94/05 Rn. 4; Beschl. v AnwZ (B) 60/05 Rn. 4; Beschl. v AnwZ (B) 25/98, BRAK-Mitt. 1999, 36; Beschl. v AnwZ (B) 32/94, BRAK-Mitt. 1995, 30; Beschl. v AnwZ 80/90, NJW 1991, 2083 = BRAK-Mitt. 1991, 166 = MDR 1991, 905; AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. v AnwZ (B) 16/79, BGHZ 75, 356 = NJW 1980, 841; Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 14 Rn. 32; Jessnitzer/Blumberg, 14 Rn. 10; Zuck, BRAK-Mitt. 1989, AnwBl 11 / 2008 Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls, Bartosch-Koch

29 MN Aufsätze fügung weggefallen, kann die Vermutung nicht zur Begründung der Widerrufsentscheidung herangezogen werden. Anders verhält es sich, wenn der Vermutungstatbestand erst nach Erlass der Widerrufsverfügung entfällt. Da es für die Rechtmäßigkeit der Widerrufsverfügung darauf ankommt, dass ihre Voraussetzungen im Zeitpunkt ihres Erlasses vorlagen, genügt es grundsätzlich, dass der Vermutungstatbestand im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung gegeben war 24. c) Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls Stützt die Rechtsanwaltskammer den Widerruf der Zulassung auf eine Vermutung für das Vorliegen von Vermögensverfall, hat der Betroffene die Möglichkeit, nachzuweisen, dass ein Vermögensverfall zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung tatsächlich nicht gegeben war 25. Dieser Nachweis dürfte in der Praxis allerdings nur in den seltensten Fällen zu führen sein. d) Nachträglicher Wegfall des Vermögensverfalls Durchaus möglich ist allerdings, dass sich die Vermögensverhältnisse des Betroffenen im Laufe des Verfahrens zur gerichtlichen Überprüfung der Widerrufsentscheidung bessern. In diesem Fall ist die Widerrufsverfügung gemessen an der Sachlage im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtmäßig. Ob dies jedoch dazu führen kann, dass die nachträgliche Besserung der Vermögensverhältnisse nicht mehr berücksichtigt werden darf, ist unter verfassungsrechtlichen Aspekten fraglich. Schließlich ist der Widerruf der Zulassung nur gerechtfertigt, weil er zum Schutz der Rechtssuchenden erforderlich ist. Dieser Schutz kann jedoch nicht rückwirkend, sondern stets nur für die Zukunft gewährt werden. Es entspricht daher der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass die Entwicklung nach Erlass der Widerrufsverfügung ausnahmsweise dann zu berücksichtigen ist, wenn der Widerrufsgrund nachträglich zweifelsfrei weggefallen ist und der Rechtsanwalt sogleich wieder zugelassen werden müsste 26. Der BGH führt zur Begründung Erwägungen der Prozessökonomie an. Es soll eine zeit- und kostenaufwändige Verdoppelung der Verfahren vermieden werden, die entstünde, wenn dem Betroffenen die Zulassung zuerst entzogen und sogleich wieder erteilt werden müsste 27. Darüber hinaus ergibt sich die Notwendigkeit der Berücksichtigung eines nachträglichen Wegfalls des Vermögensverfalls auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen. Der Widerruf der Zulassung ist nämlich zum Schutz der Rechtssuchenden nicht mehr erforderlich und damit auch nicht mehr gerechtfertigt, wenn die Gefährdung, vor der die Rechtssuchenden geschützt werden sollen, nicht mehr gegeben sein kann. Der betroffene Rechtsanwalt kann in einer solchen Situation nicht darauf verwiesen werden, dass er sofort nach Rechtskraft des Widerrufs einen Antrag auf Wiederzulassung stellen kann. Denn selbst wenn der Rechtsanwalt ohne Probleme sofort wieder zur Rechtsanwaltschaft zugelassen wird, so kann er doch während des Zulassungsverfahrens, das sich in der Regel über Monate hinzieht, nicht als Rechtsanwalt tätig sein. Auch diese zeitlich begrenzte Verhinderung, den Anwaltsberuf auszuüben, stellt einen ungerechtfertigten Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Der betoffene Rechtsanwalt muss allerdings vollen Beweis dafür erbringen, dass er spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung sämtliche gegen ihn gerichteten Forderungen getilgt hat oder in einer Weise zu erfüllen vermag, die seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse wieder als geordnet erscheinen lassen 28. Dazu muss er insbesondere seine gesamte Einkommens- und Vermögenslage offen legen und dem Gericht eine sorgfältige Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobener Forderungen zur Verfügung stellen, die auch Angaben dazu enthält, welche der Forderungen bereits erfüllt worden sind und wie die noch offenen Forderungen erfüllt werden sollen 29. Die in dieser Aufstellung gemachten Angaben sind zu belegen 30. Gelingt es dem betroffene Rechtsanwalt nicht, sämtliche gegen ihn bestehende Forderungen zu erfüllen, kann er das Ende des Vermögensverfalls auch dadurch herbeiführen, dass er mit sämtlichen Gläubigern, die nicht sofort befriedigt werden können, Ratenzahlungsvereinbarungen abschließt 31. Dadurch verlieren die offenen Forderungen ihre sofortige Fälligkeit. Sind die Raten so bemessen, dass der Rechtsanwalt sie neben seinen allgemeinen Lebenshaltungskosten aus seinen Einkünften bestreiten kann 32, führt dies zu einer Ordnung seiner Vermögensverhältnisse. Der erforderliche Nachweis dafür, dass der Betroffene die mit seinen Gläubigern vereinbarten Ratenzahlungspflichten auch auf längere Sicht wird erfüllen können 33, kann regelmäßig dadurch erfolgen, dass er zumindest bei bereits länger bestehenden Vereinbarungen die regelmäßige Zahlung in der Vergangenheit nachweist 34 und aus der Einkommensund Vermögensaufstellung, die er vorzulegen hat, ein entsprechender monatlicher Überschuss über die laufenden Kosten ersichtlich ist 35. Gelingt ihm dies, steht der nachträgliche Fortfall des Vermögensverfalls fest und die Widerrufsverfügung ist aufzuheben. 2. Gefährdung der Rechtssuchenden Steht fest, dass sich der betroffene Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet, ist für den Widerruf der Zulassung weiterhin erforderlich, dass durch den Vermögensverfall die Interessen der Rechtssuchenden gefährdet werden. Aus der Formulierung der Widerrufsvorschrift, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtssuchenden nicht gefährdet sind, ergibt sich eine Beweislastumkehr, so dass die Gefähr- 24 Vgl. BGH, Beschl. v AnwZ (B) 32/05 Rn. 12; Beschl. v AnwZ (B) 80/90, NJW 1991, 2083 = BRAK-Mitt. 1991, 166 = MDR 1991, 905; Beschl. v AnwZ (B) 16/79, BGHZ 75, 356 = NJW 1980, 841; Beschl. v AnwZ (B) 11/62, BGHZ 38, 10 = NJW 1962, 2006; BVerwG, Urt. v BVerwG 1 C , BVerwGE 65, 1 (Leitsatz). 25 Kleine-Cosack, BRAO, 7 Rn. 77; Laufhütte, DRiZ 1990, BVerfG,Beschl.v BvR780/85,BRAK-Mitt.1985,234;BGH, Beschl. v AnwZ (B) 110/05 Rn. 6; AnwZ (B) 94/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 60/05 Rn. 9; Beschl. v AnwZ (B) 81/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 16/79, BGHZ 75, 356 (Leitsatz) = NJW 1980, 841 f.; vgl. auch Römermann, AnwBl 2005, So auch aktuell BGH, Beschl. v AnwZ (B) 94/05 Rn BGH, Beschl. v AnwZ (B) 25/98, BRAK-Mitt. 1999, 36; AGH Hamm, Beschl. v ZU 21/98 AGH Hamm, AnwBl 2000, 199; Feuerich, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 14 Rn BGH, Beschl. v AnwZ (B) 60/05 Rn. 6; Beschl. v AnwZ (B) 29/06 Rn. 9; Beschl. v AnwZ (B) 54/04 Rn. 6; Beschl. v AnwZ (B) 25/98, BRAK-Mitt. 1999, 36; Feuerich, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 14 Rn BGH, Beschl. v AnwZ (B) 13/04 II BGH, Beschl. v AnwZ (B) 81/04 Rn. 2; Beschl. v AnwZ (B) 40/04, AnwBl 2005, 363 = NJW 2005, 1271 f.; Beschl. v AnwZ (B)35/94,BRAK-Mitt.1995,29;AGHHamm,Beschl.v ZU26/97 AGH Hamm, AnwBl 1999, 698; vgl. auch Feuerich, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 14 Rn. 59, 65; Jessnitzer/Blumberg, 14 Rn BGH, Beschl. v AnwZ (B) 32/94, BRAK-Mitt. 1995, Vgl. BGH, Beschl. v AnwZ (B) 90/03 2. b). 34 SoetwaAGHHamm,Beschl.v ZU26/97AGHHamm,AnwBl1999, BGH, Beschl. v AnwZ (B) 32/05 Rn. 16. Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls, Bartosch-Koch AnwBl 11 /

30 MN Aufsätze dung vermutet wird 36 und der betroffene Rechtsanwalt ihren Ausschluss nachweisen muss. Wie beim Nachweis des Vermögensverfalls kommt es dabei in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung an. Der Nachweis eines Ausschlusses der Gefährdung für die Zukunft reicht jedoch im gerichtlichen Überprüfungsverfahren aus, um eine Aufhebung der Widerrufsverfügung zu erreichen. Dies kann zwar nicht wie beim nachträglichen Wegfall des Vermögensverfalls mit prozessökonomischen Erwägungen begründet werden, da der Anwalt, der sich in Vermögensverfall befindet und einen Ausschluss der Gefährdung der Rechtssuchenden nachweisen kann, gemäß 7 Nr. 9 BRAO nicht sofort wieder zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen wäre. Es ergibt sich jedoch aus verfassungsrechtlichen Überlegungen, da unverhältnismäßig tief in die Freiheit des Betroffenen eingriffen würde, ohne einen zusätzlichen Schutz für die Rechtssuchenden zu erreichen, wenn am Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft trotz mittlerweile sichergestelltem Gefährdungsausschluss festgehalten würde. a) Mögliche Gefahren Durch den Vermögensverfall werden die Interessen der Rechtssuchenden insbesondere in zweierlei Hinsicht gefährdet. Zum einen sieht die Rechtsprechung eine Gefahr dadurch, dass der in finanzielle Schwierigkeiten geratene Rechtsanwalt geneigt sein könnte, Mandantengelder zu unterschlagen. Zum anderen besteht stets das Risiko, dass im Zuge von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seitens der Gläubiger des betroffenen Rechtsanwalts auf Fremdgelder zugegriffen wird, die sich im Gewahrsam des Rechtsanwalts befinden, und die Mandanten zumindest das Prozessrisiko einer Vollsteckungsgegenklage tragen. Ist über das Vermögen des Betroffenen das Insolvenzverfahren eröffnet worden, besteht zusätzlich die Gefahr, dass Mandanten Honorarzahlungen an den Rechtsanwalt leisten, ohne dass diese schuldbefreiende Wirkung haben. b) Maßnahmen zum Ausschluss der Gefahren Will der Rechtsanwalt den Ausschluss einer Gefährdung der Rechtssuchenden nachweisen, muss er umfassend darlegen, dass er Schutzmaßnahmen ergriffen hat, die sämtliche der geschilderten Gefahren für die Interessen der Rechtssuchenden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen 37. Auch wenn viele Betroffene versuchen, im gerichtlichen Überprüfungsverfahren einen Gefährdungsausschluss geltend zu machen, gelingt dies auf Grund der hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung an dessen Nachweis stellt, nur in den seltensten Fällen. Meist scheitern die beabsichtigten Vorkehrungsmaßnahmen daran, dass es sich um reine Selbstbeschränkungen handelt, deren Einhaltung von der Rechtsanwaltskammer nicht überwacht werden kann 38 und die schon aus diesem Grund nicht das erforderliche Maß an Sicherheit für die Rechtssuchenden schaffen 39. So genügt es für den Gefährdungsausschluss nicht, dass sich der Betroffene bisher berufsrechtlich untadelig verhalten hat 40, sich auf bestimmte Mandate insbesondere solche, bei denen er nicht in Kontakt mit Fremdgeldern kommt beschränkt 41 oder sich zu einem bestimmten Umgang mit Mandantengeldern verpflichtet 42. Ebenfalls nicht zu einem hinreichend sicheren Ausschluss der Gefährdung der Rechtssuchenden führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechtsanwalts 43. Dies ergibt sich schon aus der Wertung des Gesetzgebers, der bei der Novellierung der BRAO 1994 gerade die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Vermutungstatbestand für das Vorliegen von Vermögensverfall eingeführt hat. Auch wenn grundsätzlich zwischen den beiden Widerrufsvoraussetzungen Vermögensverfall und Gefährdung der Rechtssuchenden zu unterschieden ist, wäre die Einführung dieses Vermutungstatbestandes geradezu unsinnig gewesen, wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Gefährdung der Rechtssuchenden von vornherein ausgeschlossen wäre. Darüber hinaus begründet die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine (weitere) Gefährdung für die Interessen der Rechtssuchenden. Da der Entzug der Verfügungsbefugnis auch dazu führt, dass an den Insolvenzschuldner grundsätzlich nicht mehr mit befreiender Wirkung geleistet werden kann, besteht nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des betroffenen Rechtsanwalts die Gefahr, dass Mandanten Honorarzahlungen an ihn selbst leisten, ohne dadurch wenn nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen des 82 Satz 1 InsO gegeben sind von ihrer Verbindlichkeit befreit zu werden 44. Unter diesen Umständen wird eine Gesamtwürdigung aller Umstände, in die nach Ansicht der Literatur auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens einzubeziehen ist 45, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gewisse Vermutung für die Geset- 36 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 110/05 Rn. 9; AnwZ (B) 94/05 Rn. 6; Beschl. v AnwZ (B) 60/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 81/05 Rn. 6; Beschl. v AnwZ (B) 61/00, BRAK-Mitt. 2002, 37; Feuerich, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 14 Rn. 60; Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 14 Rn. 29; Laufhütte, DRiZ 1990, 433; Roggenbuck, NJ 1991, Vgl. BVerwG, Beschl. v I C 43/74, NJW 1977, 2178 (zum Vermögensverfall eines Rechtsbeistandes); vgl. auch Nachweise bei Feuerich, in: Feuerich/ Weyland, BRAO, 14 Rn. 60; Jessnitzer/Blumberg, 14 Rn. 10; Roggenbuck, NJ 1991, 208; Zuck, BRAK-Mitt. 1988, 165; ders. BRAK-Mitt. 1989, 123 Fn BGH, Beschl. v AnwZ (B) 94/05 Rn. 9; Beschl. v AnwZ (B) 60/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 34/05 Rn. 9; Beschl. v AnwZ (B) 50/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 64/04 II. 3. a), b); Beschl. v AnwZ (B) 38/04 2. b); Beschl. v AnwZ (B) 70/03, BRAK-Mitt. 2005, 27; Kleine-Cosack, BRAO, 14 Rn. 14; Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 14 Rn. 30 f. 39 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 63/05 Rn BGH, Beschl. v AnwZ (B) 57/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 26/05 Rn. 5; AnwZ (B) 23/05 Rn. 6; Beschl. v AnwZ (B) 79/04 Rn. 11; Beschl. v AnwZ (B) 64/04 II. 3. b); Beschl. v AnwZ (B) 70/03, BRAK-Mitt. 2005, Für die Beschränkung auf Mandate ohne Fremdgeldzugriff: BGH, Beschl. v AnwZ (B) 60/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 26/05 Rn. 5; Beschl. v AnwZ (B) 43/04 II. 2.; Beschl. v AnwZ (B) 70/03, BRAK-Mitt. 2005, 27; Feuerich, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 14 Rn. 62; Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 14 Rn. 31; Kleine-Cosack, BRAO, 14 Rn. 14; Zuck, BRAK-Mitt. 1989, 123 Fn. 8; für eine Beschränkung auf Tätigkeit in eigenen Sachen oder Sachen der Familie: BGH, Beschl. v AnwZ (B) 34/05 Rn. 9; Beschl. v AnwZ (B) 64/04 II. 3. a); Beschl. v AnwZ (B) 38/04 2. b); Beschl. v AnwZ (B) 13/99, zitiert von Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 14 Rn. 30; zur Tätigkeit als Strafverteidiger: BGH, Beschl. v AnwZ (B) 32/04 II. 1. b); zur Tätigkeit in steuerlichen Angelegenheiten: BGH, Beschl. v AnwZ (B) 27/00, BGH-Report 2001, 668 (Leitsatz); zur gänzlichen Aufgabe anwaltlicher Tätigkeit: BGH, Beschl. v AnwZ (B) 50/05 Rn z. B. durch Einrichtung von Anderkonten: BGH, Beschl. v AnwZ (B) 93/04 II. 2; Beschl. v AnwZ (B) 43/04 II. 2; vgl. auch Jessnitzer/Blumberg, 14 Rn. 10; Zuck, BRAK-Mitt. 1988, 165 unter Verweis auf BGH AnwZ (B) 20/87, S. 6 = BRAK-Mitt. 1988, 50; oder durch Übertragung der Verwaltung von Fremdgeldern an einen Dritten: BGH, Beschl. v AnwZ (B) 21/05 Rn. 5; Beschl. v AnwZ (B) 70/03, BRAK-Mitt. 2005, 27; Beschl. v AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; AGH Hamm, Beschl. v ZU 14/98 AGH Hamm, AnwBl 2000, BGH, Beschl. v AnwZ (B) 57/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 50/05 Rn. 7; Beschl. v AnwZ (B) 38/04 2. b); Beschl. v AnwZ (B) 28/99, BRAK-Mitt. 2000, 144 (Leitsatz) = ZIP 2000, 1018 = NJW-RR 2000, 1228 = AnwBl 2001, 296 = NZI 2000, 263 = BB 2000, 1426 f.; Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 14 Rn. 29 m.w.n. 44 Vgl. BGH, Beschl. v AnwZ (B) 11/05 Rn. 10; Beschl. v AnwZ (B) 43/03, AnwBl 2005, 216 = NJW 2005, Kleine-Cosack, AnwBl 2005, 443; vgl. auch Schmittmann, NJW 2002, AnwBl 11 / 2008 Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls, Bartosch-Koch

31 MN Aufsätze zestreue des Betroffenen 46 mit sich bringen mag, stets ergeben, dass allein aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht von einem Ausschluss der Gefährdung der Rechtssuchenden ausgegangen werden kann. Die einzige Maßnahme, die einen hinreichend sicheren Schutz der Rechtssuchenden vor den durch den Vermögensverfall bestehenden Gefahren für ihre Interessen sicherstellen kann, ist die Aufgabe der selbständigen Praxis und der Eintritt in eine Sozietät 47. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung muss dieser im Angestelltenverhältnis unter weitreichenden arbeitsvertraglichen Beschränkungen der Tätigkeit des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalt erfolgen. Im ersten Fall, in dem der Anwaltssenat beim BGH einen Ausschluss der Gefährdung durch Eintritt in ein Anstellungsverhältnis anerkannt hat 48, hatte der betroffene Rechtsanwalt seinen Beruf bisher ohne jede Beanstandung ausgeübt, selbst den Insolvenzantrag gestellt und waren keine Mandanten unter den Insolvenzgläubigern. Zudem hatte er seine eigene Praxis aufgegeben und war nunmehr als angestellter Rechtsanwalt in einer größeren Kanzlei tätig, die einen guten Ruf genoss und bisher nie Anlass zu Beanstandungen gegeben hatte. Sein Arbeitsvertrag mit den Inhabern dieser Kanzlei enthielt weitreichende Beschränkungen: So war geregelt, dass sein Name nicht auf dem Türschild und dem Briefkopf des Kanzleipapiers erschien. Mandate konnte der Rechtsanwalt nur im Auftrag und auf Rechnung der Sozietät annehmen. Die Übernahme eigener Mandate war ihm verboten, ebenso die Annahme von Mandantengeldern. Kam es zu Barzahlungen, musste er stets der Büroübung entsprechend eine zweite Person hinzuziehen. Um sicherzustellen, dass diese Beschränkungen auch eingehalten werden, hatten sich die Inhaber der Kanzlei der Rechtsanwaltskammer gegenüber schriftlich verpflichtet, jede Änderung des Arbeitsverhältnisses oder dessen Beendigung dieser unverzüglich anzuzeigen. Zudem übernahm es die Kanzlei, den pfändbaren Teil des Einkommens des Rechtsanwalts direkt an den Insolvenzverwalter abzuführen. Unter diesen besonderen Umständen hat der BGH einen Ausschluss der Gefährdung anerkannt, gleichzeitig aber klargestellt, dass eine Gefährdung der Rechtssuchenden in deren vorrangigem Interesse nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden könne 49, so dass auch in Zukunft die Aufgabe der eigenen Kanzlei und der Eintritt in ein Angestelltenverhältnis nicht automatisch zur Annahme des Gefährdungsausschlusses durch das Gericht führen werden 50. Dass der BGH strenge Anforderungen an den Gefährdungsausschluss durch Aufgabe der selbständigen Tätigkeit und Eintritt in eine Sozietät stellt, ist verständlich und im Interesse der Rechtssuchenden zu begrüßen. In einigen Bereichen scheinen die Anforderungen allerdings zu hoch gesteckt und zum Schutz der Rechtsuchenden auch nicht erforderlich. So sollte auch der Eintritt in eine Sozietät als Partner sofern an einen solchen angesichts der finanziellen Lage des Rechtsanwalts überhaupt zu denken ist bei Vereinbarung der entsprechenden Beschränkungen seiner Tätigkeit zu einem Gefährdungsausschluss führen können 51. Gesellschaftsvertraglich können schließlich grundsätzlich die gleichen Beschränkungen vereinbart werden wie in einem Anstellungsvertrag. Zudem sollten die erforderlichen Beschränkungen selbst auf das erforderliche Mindestmaß reduziert werden. Dazu gehört die Voraussetzung, dass sowohl der Rechtsanwalt als auch seine Arbeitgeber/Sozien sich in der Vergangenheit berufsrechtlich untadelig verhalten haben. War dies nicht der Fall, kann die Rechtsanwaltskammer nicht davon ausgehen, dass die erforderlichen vertraglichen Beschränkungen und getroffenen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Rechtssuchenden stets eingehalten werden. Inhaltlich müssen die vertraglichen Beschränkungen auf jeden Fall so gestaltet sein, dass ein direkter Kontakt des Betroffenen mit Fremdgeldern verhindert wird, er also insbesondere keine Zahlungen entgegennehmen und auch keine Mandate auf eigene Rechnung übernehmen darf. Zur Vermeidung von Zahlungen unmittelbar an den Betroffenen (z. B. im Rahmen von Gerichtsterminen) müssen organisatorische Vorkehrungen getroffen werden. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Name des Betroffenen nicht im Briefkopf oder auf dem Türschild der Sozietät angegeben wird, da hierdurch kein signifikanter zusätzlicher Schutz der Rechtssuchenden erreicht wird. Entsprechend hat der BGH etwa in einer neueren Entscheidung 52 dem bislang zweiten Fall, in dem der Anwaltssenat ausnahmsweise einen Gefährdungsausschluss angenommen hat akzeptiert, dass der Betroffene, der von seiner Gesellschafterstellung in einer Rechtsanwalts-GmbH in den Angestelltenstatus gewechselt war, weiterhin im Briefkopf aufgeführt wurde mit dem Zusatz, dass es sich um einen angestellten Rechtsanwalt handelt. Trotz aller vertraglichen Beschränkungen der Tätigkeit des betroffenen Rechtsanwalts bleibt jedoch das Problem, dass er sich zu deren Einhaltung nur gegenüber seinen Vertragspartnern rechtlich verpflichtet. Aus Sicht der Rechtsanwaltskammer stellen diese Beschränkungen lediglich eine Art freiwilliger Selbstbeschränkung dar, die die vertragsbeteiligten Rechtsanwälte jederzeit wenn auch nur gemeinsam ändern oder aufheben können, ohne dass die Rechtsanwaltskammer hiervon auch nur Kenntnis erlangt. Um einen auch auf Dauer hinreichend sicheren Gefährdungsausschluss zu gewährleisten, muss daher zumindest eine mittelbare Kontrollierbarkeit der Beschränkungen durch die Rechtsanwaltskammer sichergestellt werden. 53 Dies kann dadurch erfolgen, dass sich die Sozien bzw. Arbeitgeberanwälte gegenüber der Rechtsanwaltskammer vertraglich verpflichten, für die Einhaltung der vertraglichen Beschränkungen Sorge zu tragen und etwaige Unregelmäßigkeiten oder eine Veränderung oder Beendigung des Vertrages der Rechtsanwaltskammer unverzüglich mitzuteilen. Entgegen einigen Stimmen in der Literatur 54 kann die Verletzung einer solchen Verpflichtung für die Rechtsanwälte, die eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Rechtsanwaltskammer abgegeben haben, zu berufsrecht- 46 Römermann, AnwBl 2005, Vgl. die Grundsatzentscheidung des BGH, Beschl. v AnwZ (B) 43/03, AnwBl 2005, 216 = NJW 2005, 511 f. 48 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 43/03, II. 2. c), AnwBl 2005, 216 = NJW 2005, BGH, Beschl. v AnwZ (B) 13/05, AnwBl 2006, 280 = NJW-RR 2006, 559; Beschl. v AnwZ (B) 43/03, AnwBl 2005, 216 = NJW 2005, Vgl. Beschl. v AnwZ (B) 28/05 Rn. 9 f.; Beschl. v AnwZ (B) 13/05, AnwBl 2006, 280 = NJW-RR 2006, 559 f. 51 SoetwaOVGMünster,Beschl.v A2591/02,AnwBl2005,72(Leitsatz) für Wirtschaftsprüfer. Gleiches muss natürlich auch für den Verbleib in einer solchen Sozietät gelten. 52 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 101/05, AnwBl 2007, 714 f. 53 Dies forder der BGH in seiner jüngsten Entscheidung Beschl. v AnwZ (B) 101/05, AnwBl 2007, 714 allerdings nicht mehr. 54 Vgl. etwa Römermann, AnwBl 2005, 182 f. Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls, Bartosch-Koch AnwBl 11 /

32 MN Aufsätze lichen Konsequenzen führen 55, was die Wahrscheinlichkeit ihrer Einhaltung erhöht. Wird die Verpflichtung gegenüber der Rechtsanwaltskammer, auf die Einhaltung der vertraglichen Beschränkungen zu achten und etwaige Unregelmäßigkeiten anzuzeigen, nämlich durch schriftlichen Vertrag übernommen, handelt es sich dabei um eine öffentlich-rechtlichen Vertrag, dessen Verletzung gemäß 113 Abs. 1 i. V. m. 43 BRAO, der als Transportnorm für nicht in der BRAO geregelte Berufspflichten fungiert 56, Grundlage einer anwaltsgerichtlichen Maßnahme sein kann. Im Hinblick auf die erforderliche Größe der Sozietät, in die der in Vermögensverfall geratene Rechtsanwalt eintreten muss, um den Widerruf seiner Zulassung zu verhindern, wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung stets betont, dass die Aufnahme eines Anstellungsverhältnisses bei einem Einzelanwalt auf keinen Fall zum Ausschuss der Gefährdung der Rechtsuchenden ausreiche 57. Der Eintritt müsse vielmehr in eine größere Sozietät erfolgen 58. Ab welcher Anzahl von Sozien eine Sozietät als größer einzustufen ist, wird von der Rechtsprechung nicht näher präzisiert. Begründet wird das Erfordernis einer gewissen Größe der Anstellungssozietät damit, dass der in Vermögensverfall geratene Rechtsanwalt in einer kleineren Kanzlei faktisch viel eher dazu in der Lage sei, sich über die vereinbarten Beschränkungen zum Schutz der Rechtssuchenden hinwegzusetzen 59. In der Tat ist dem BGH zuzugeben, dass die Kontrollmöglichkeiten insbesondere bei ungeplanten Abwesenheiten einzelner Rechtsanwälte umso besser sind, je größer die Sozietät ist, in die der Betroffene eintritt. Dennoch muss eine Abwägung der vorrangigen Interessen der Rechtssuchenden mit den berechtigten Interessen des Betroffenen ergeben, dass die Sozietät, in die er als Angestellter oder Sozius eintritt, lediglich mindestens zwei (weitere) Sozien umfassen muss. Eine größere Anzahl von Sozien zu fordern, würde die Hürden für den Betroffenen, eine geeignete Sozietät zu finden, unverhältnismäßig erhöhen, während der Schutz der Rechtssuchenden dadurch nur marginal intensiviert würde. In seiner jüngsten Entscheidung rückt der BGH nun wenn auch nicht ausdrücklich 60 von seiner Forderung einer größeren Sozietät ab und nimmt einen Gefährdungsausschluss auch bei der Begründung eines Angestelltenverhältnisses mit nur einem Arbeitgeberanwalt an. Hiermit schließt er allerdings möglicherweise unter dem Eindruck des besonders gelagerten Einzelfalls ein wenig über das Ziel eines angemessenen Interessenausgleichs zwischen dem betreffenden Rechtsanwalt und den Rechtssuchenden hinaus. Eine Überwachung des Betroffenen durch mindestens zwei Sozien dürfte einzelfallunabhängig als ausreichender Schutz der Interessen der Rechtssuchenden anzuerkennen, aber zu diesem auch zu fordern sein. 55 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 43/03, AnwBl 2005, 216 = NJW 2005, Feuerich, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 43 Rn. 5; Grunewald/Piepenstock, MDR 2000, 871; Kleine-Cosack, BRAO, 43 Rn. 6; a. A. Hartung, KammerMitteilungen RAK Düsseldorf, BGH, Beschl. v AnwZ (B) 13/05, AnwBl 2006, 280 = NJW-RR 2006, 559 (Leitsatz); AnwZ (B) 14/05 Rn. 10; AnwZ (B) 96/04 Rn. 6; Beschl. v AnwZ (B) 73/04 II. 2. b). 58 BGH, Beschl. v AnwZ (B) 43/03, AnwBl 2005, 216 = NJW 2005, BGH, Beschl. v AnwZ (B) 14/05 Rn. 10; AnwZ (B) 13/05, AnwBl 2006, 280 = NJW-RR 2006, 560; AnwZ (B) 96/04 Rn Vgl. Römermann, AnwBl 2007, BGH, Beschl. v AnwZ (B) 43/03, AnwBl 2005, 216 = NJW 2005, So auch Römermann, AnwBl 2005, 183. c) Vereinbarkeit der Beschränkungen mit dem anwaltlichen Berufsbild Die vertraglichen Beschränkungen der anwaltlichen Tätigkeit, denen sich ein in Vermögensverfall geratener Rechtsanwalt unterwerfen muss, um den Schutz der Rechtssuchenden zu gewährleisten und damit den Widerruf seiner Zulassung abzuwenden, sind entgegen Befürchtungen der Rechtsprechung 61 ohne Weiteres mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es in 1 3 BRAO niedergelegt ist, vereinbar. Die dort niedergelegten Regelungen beschränken sich auf die Beschreibung eines Kern-Berufsbildes, das auf den Grundsätzen der anwaltlichen Unabhängigkeit, der Freiberuflichkeit und der Unbeschränkbarkeit anwaltlicher Betätigung aufbaut. Diese Grundsätze werden durch die in erster Linie organisatorischen Maßnahmen, die zum Schutz der Rechtssuchenden erforderlich sind, nicht verletzt 62. III. Zusammenfassung Ein Vermögensverfall ist anzunehmen, wenn der betroffene Rechtsanwalt sich nicht nur vorübergehend offenen Verbindlichkeiten gegenübersieht, die er nicht fristgerecht erfüllen kann oder will. In der Praxis bedienen sich die Rechtsanwaltskammern zum Nachweis des Vermögensverfalls meist der widerleglichen gesetzlichen Vermutung des 14 Abs. 2 Nr Halbs. BRAO (bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Eintragung ins Schuldnerverzeichnis) oder einer von der Rechtsprechung entwickelten tatsächlichen Vermutung (bei Erwirkung von Vollstreckungstiteln oder Nichtauskehrung von Fremdgeldern). Steht fest, dass sich ein Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet, bedarf es zum Widerruf seiner Zulassung gemäß 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO weiterhin, dass die Interessen der Rechtssuchenden durch den Vermögensverfall gefährdet werden, wobei dies widerleglich gesetzlich vermutet wird. Zur Widerlegung der Vermutung muss der Rechtsanwalt nachweisbar wirksame Maßnahmen zum Schutz der Rechtssuchenden ergreifen. Einzig erfolgversprechende Maßnahme in diesem Zusammenhang ist die Aufgabe der selbständigen Tätigkeit und der Eintritt in eine Sozietät. Dabei muss sich der Betroffene, der sich ebenso wie die (anderen) Mitglieder der Sozietät bisher berufsrechtlich untadelig verhalten haben muss, vertraglichen Beschränkungen insoweit unterwerfen, als er von jeglichem Umgang mit Fremdgeldern abgeschirmt wird. Zudem müssen sich mindestens zwei Sozien vertraglich gegenüber der Rechtsanwaltkammer verpflichten, für die Einhaltung der Beschränkungen Sorge zu tragen und etwaige Unregelmäßigkeiten oder ein Ende der Vertragsbeziehung unverzüglich anzuzeigen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, besteht einer der seltenen Ausnahmefälle, in denen ein in Vermögensverfall geratener Rechtsanwalt seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft entgegen 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO behalten kann. Dr. Jana Bartosch-Koch, Düsseldorf Die Autorin ist Rechtsanwältin. Sie ist Associate im Düsseldorfer Büro von Clifford Chance und hat an der Universität zu Köln, Institut für Anwaltsrecht, bei Prof. Dr. Barbara Grunewald zu Fragen der Versagung, Rücknahme und des Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls promoviert. Sie erreichen die Autorin unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. 742 AnwBl 11 / 2008 Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls, Bartosch-Koch

33 MN Kommentar Es war drei Uhr morgens. Die Schauspieler waren nach einer gelungenen Premierenfeier auf dem Weg in ihre Hotels. Was dann in Halberstadt geschah, erfuhr die Öffentlichkeit aus den Medien. Acht rechtsradikale junge Männer stürzten sich auf die Schauspieler und schlugen massiv und mit brachialer Gewalt auf ihre Opfer ein. Sie ließen, so die Zeugenaussagen, ihrem Hass gegenüber den Linken freien Lauf. Die Empörung in der Öffentlichkeit war groß. Doch der Aufschrei verstummte ebenso schnell, wie er gekommen war. Was blieb, waren die Verletzungen der Betroffenen, die körperlichen und die psychischen, sowie das Gefühl der Opfer, letztlich mit dem, was ihnen geschehen ist, allein zu bleiben. Vier Schauspieler erhielten Unterstützung aus Mitteln der DAV-Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewalt, die es ihnen finanziell ermöglichten, Anwaltshilfe in Anspruch zu nehmen. Sie konnten Anwälte und Anwältinnen ihres Vertrauens aufsuchen, die ihnen halfen, die schwierige Zeit nach den Gewalttaten zu bestehen und ihre Rechtsansprüche zu wahren. Vor allem aber halfen ihnen ihre Anwälte auch, aktiv im Nebenklageverfahren an der Verfolgung ihrer Peiniger teilzunehmen und so aus der Passivität ihres Opferseins herauszukommen. So konnte die DAV-Stiftung auch in einem anderen Fall einem Opfer eines Angriffs in einem Supermarkt in Prenzlau helfen. Einer der Angreifer beleidigte den Mann mit den Worten Ausländer! Türke! und schlug ihn Schweigen hilft ganz und gar nicht Micha Guttmann, Köln Rechtsanwalt und Journalist, Vorsitzender des Kuratoriums der DAV-Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewalt mehrfach mit Fäusten ins Gesicht. Auch als das Opfer bereits am Boden lag, ließ der Angreifer nicht von ihm ab und trat ihm gegen seinen Kopf. Das Opfer trug erhebliche Verletzungen davon. Die Sehfähigkeit auf einem Auge ist bis heute eingeschränkt. In vielen Fällen ähnlicher Art ist es im übrigen nur engagierten Anwälten und Anwältinnen zu verdanken, dass Ermittlungen überhaupt weitergeführt Die Anwaltschaft hilft bedürftigen Opfern rechtsextremistischer Gewalt. und dass Verfahren nicht eingestellt, sondern zu einem Abschluss gebracht werden. Doch nicht immer erfährt die Öffentlichkeit von rechtsradikalen Gewalttaten, deren Zahl im Laufe der vergangenen Jahre weiter gestiegen ist. In vielen Polizeiberichten, aber auch bei Staatsanwaltschaften ist eine Tendenz sichtbar, rechtsextrem motivierte Körperverletzungen und Beleidigungen nicht als solche zu deklarieren. Die Vermutung liegt nahe, dass die Behörden aus Rücksichtnahme auf das Ansehen der Kommunen und der lokalen Bevölkerung und sicher auch des jeweiligen Bundeslandes so zurückhaltend agieren. Doch dies ist der falsche Weg. Schweigen hilft ganz und gar nicht. Rechtsextremismus lässt sich nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn Vorfälle und Gewalttaten öffentlich bekannt gemacht werden. Und wenn frühzeitig neue Entwicklungen und Tendenzen erkannt werden. Die DAV-Stiftung hat bei einer Auswertung der Fälle des vergangenen Jahres festgestellt, dass neben Ausländern immer mehr Deutsche Opfer rechter Gewalt werden, die ihrem Äußeren nach dem alternativen bzw. linken Spektrum zuzuordnen sind. Während 2006 noch 21,62 Prozent der Opfer linke Deutsche waren, sind es in diesem Jahr bereits 56,7 Prozent. Und es gibt noch eine beunruhigende Erkenntnis. Die Zahl der weiblichen Opfer bei den an die Stiftung herangetragenen Fällen hat sich von rund 8 Prozent im Jahr 2006 auf fast 25 Prozent in diesem Jahr gesteigert. So wurde eine junge Frau auf einem Berliner S-Bahnhof von einer Gruppe junger Männer angegriffen, die von einer Demonstration des rechtsradikalen politischen Spektrums kamen. Sie bekam zunächst einen Fußtritt und wurde dann zu Boden gestoßen. Als sie am Boden lag, schlugen drei Angreifer auf sie ein. Die Gewalttäter hatten die junge Frau dem politisch linken Spektrum zugeordnet und ihr eine Lektion verpassen wollen. Auch dieser Vorfall zeugt von der zunehmenden Hemmungslosigkeit der Rechtsextremisten. Hervorzuheben allerdings ist in allen Fällen, die an die DAV-Stiftung herangetragen wurden, das Engagement der Anwältinnen und Anwälte, das sehr oft über die rein fachliche Beratung und Betreuung der Opfer hinausgeht. Interessant ist dabei, dass rund 60 Prozent der Opfer von Anwältinnen vertreten werden. Die DAV-Stiftung zeigt damit, dass sich die Anwaltschaft ihrer Verantwortung bewusst ist, gegen menschenverachtende Ideologien und Gewalttaten in der Öffentlichkeit Flagge zu zeigen. Die DAV-Stiftung ist auf Spenden angewiesen. Neben der Möglichkeit der direkten Spenden können Sie auch bei den Gerichten darauf hinwirken, dass die Stiftung durch gerichtliche Geldauflagen gemäß 153 a StPO und Bewährungsauflagen begünstigt werden kann. Sie ist in die Listen der gemeinnützigen Einrichtungen aufgenommen, denen diese Geldauflagen zu Gute kommen können. Bitte unterstützen Sie uns. Wir freuen uns über Ihr Engagement. DAV Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewalt, Konto , Dresdner Bank Bonn, BLZ AnwBl 11 /

34 MN Anwaltsblattgespräch Überlegungen der Satzungsversammlung: Wie das Fachanwaltssystem reformieren? DAV-Präsident Kilger über eine Reform des Fachanwaltssystem und die erneut diskutierten Pläne für ein zentrales Klausurenexamen Etikettenschwindel oder Erfolgsmodell? Der Weg zum Fachanwalt setzt auf Nachweise: Die praktische Erfahrung belegen Falllisten und die theoretischen Kenntnisse bescheinigt der Seminaranbieter. Die Rechtsanwaltskammern prüfen auf Vollständigkeit. Das möchte die Satzungsversammlung ändern. Die Rechtsanwaltskammern sollen eine Prüfungskompetenz bekommen (siehe zu den Hintergründen den Kasten auf den Seiten 744 und 745). Umstritten ist aber der Weg zur Verschärfung des Fachanwaltszugangs: Wie Qualität prüfen? Die Satzungsversammlung diskutiert in ihren Ausschüssen erneut ein zentrales Klausurenexamen. Am 14. November 2008 wird sie wieder tagen. Zum Redaktionsschluss dieses Heftes stand nicht fest, ob das Thema Reform des Fachanwaltssystems auf der Tagesordnung steht. Auf jeden Fall geht es am Ende um mehr als ein Zentralabitur: Wer soll zukünftig Fachanwalt werden? Das Anwaltsblatt fragte den Präsidenten des Deutschen Anwaltvereins. Anwaltsblatt: Für die einen ist ein Fachanwalt heute ein Etikettenschwindel, für die anderen sind die Fachanwaltschaften ein Erfolgsmodell. Was stimmt? Kilger: Der Fachanwalt ist alles in allem ein wirkliches Erfolgsmodell. Das System ist aber in die Jahre gekommen. Es bedarf deswegen einer Überprüfung. Sie bezieht sich eher auf einzelne Aspekte. Die Bezeichnung Etikettenschwindel übertreibt maßlos. Anwaltsblatt: Gibt es Reformbedarf beim Fachanwaltssystem? Kilger: Ja, es gibt Reformbedarf. Er betrifft beide Bereiche: den der Zugangsschwelle zur Fachanwaltschaft wie den der kontinuierlichen Beibehaltung des Fachanwaltstitels. Beide Bereiche bedingen einander; kein Bereich kann ohne Rücksicht auf den anderen Bereich geändert werden. Anwaltsblatt: Wo sollte als erstes reformiert werden? Kilger: Es sollten die Bedingungen überprüft werden, die für die Beibehaltung des Fachanwaltstitels gelten. Jeder sorgfältig arbeitende Fachanwalt weiß, dass 10 Stunden Fortbildung pro Jahr nicht ausreichen. Das drängt. Anwaltsblatt: Das sehen viele anders. Die Kammern kämpfen für eine eigene Prüfungskompetenz. Müssen Fachanwaltskandidaten intensiver geprüft werden? Kilger: Nein, die bisherige Prüfung beim Zugang ist intensiv genug. Anwaltsblatt: Und die Berichte über angebliche Missbräuche? Kilger: Wenige Fälle von Missbrauch bei den Falllisten oder bei der Klausurenkorrektur stellen nicht das gesamte System infrage. Missbräuche in einzelnen Bereichen müssen natürlich beseitigt werden. Anwaltsblatt: Die Einführung eines zentralen Klausurexamens soll die anwaltliche Qualität sichern. Das zweite Staatsexamen hat es kaum geschafft. Was bringt das 3. Klausurexamen? Kilger: Ein drittes Klausurexamen, eingerichtet für den Zugang zum Fachanwalt, bedeutet zunächst die Verlängerung der Unzuträglichkeiten, die wir von der Juristenausbil- Hintergrund Worüber die Satzungsversammlung entscheiden kann und wo ihre Kompetenzen enden Die Satzungsversammlung wird am 14. November 2008 in Berlin zusammentreten, um voraussichtlich über eine Reform des Fachanwaltssystems zu diskutieren. Die Rechtsanwaltskammern sollen vor allem mehr Prüfungskompetenzen bekommen. Ein zentrales Klausurexamen (Stichwort Zentralabitur ) ist in der Diskussion. Außerdem wird vermutlich der 20. Fachanwaltstitel, der Fachanwalt für Agrarrecht auf der Tagesordnung stehen. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses lag die Einladung für die zweite Sitzung der vierten Satzungsversammlung noch nicht vor. Doch welche Kompetenzen hat die Satzungsversammlung überhaupt? Um es vorweg zu nehmen: Die Satzungsversammlung kann den Fachanwalt für Agrarrecht beschließen, den Zugang zur Fachanwaltschaft aber kann sie aus eigener Kraft nicht verschärfen. Die Satzungsversammlung ist kein Parlament. Ihre Befugnisse sind eingeschränkt. Sie kann nicht wie der Gesetzgeber frei entscheiden. Sie schafft nur Satzungsrecht und ist damit an die Ermächtigungen in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) gebunden. Sie darf die BRAO weder ausdrücklich noch stillschweigend korrigieren. Neue Berufspflichten können genauso wenig erfunden, wie bestehende verschärft werden. Darüber wacht das Bundesjustizministerium: Kein Beschluss der Satzungsversammlung kann in Kraft treten, wenn das Bundesjustizministerium widerspricht. Die Begrenzung der Kompetenzen bemerkt manches Mitglied der Satzungsversammlung vor allem beim Fachanwaltssystem und der Fortbildung (zu den Möglichkeiten und Grenzen der Regelung einer allgemeinen Fortbildungspflicht siehe in diesem Heft Offermann-Burckart ab Seite 763 und Kleine-Cosack ab Seite 768). 744 AnwBl 11 / 2008 Reform des Fachanwaltssystems, Kilger

35 MN Anwaltsblattgespräch Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Rechtsanwalt Hartmut Kilger: Der Fachanwalt ist alles in allem ein wirkliches Erfolgsmodell.... Wenige Fälle von Missbrauch bei den Falllisten oder bei der Klausurenkorrektur stellen nicht das gesamte System infrage. dung selbst kennen. Hier geht es um die Prüfung im Beruf selbst: seine Wirklichkeit hat zuletzt etwas mit Klausuren zu tun. Anwaltliche Qualität geht weit über das hinaus, was Klausuren bewältigen können. Außerdem halte ich eine bundeseinheitliche Prüfung für falsch: Regionale Besonderheiten der Rechtsprechung können so nicht beachtet werden. Anwaltsblatt: Komplizierte Prüfungsverfahren führen regelmäßig zu Klagen. Brauchen wir irgendwann den Fachanwalt für Fachanwaltsrecht? Kilger: Das könnte man hin und wieder fast meinen, wenn man die Diskussion zu den Fachanwaltschaften betrachtet. Manchmal entsteht der Eindruck, als ob der Wald vor lauter Bäumen aus dem Blickfeld gerät: er steht aber durchaus gut da. Anwaltsblatt: Welche Prüfungsform wäre für Anwälte angemessen? Kilger: Eindeutig die mündliche. Der Anwaltsberuf ist ein Beruf vor allem der mündlichen Kommunikation nicht nur im Strafprozess. So ist die Satzungsversammlung ermächtigt, neue Fachanwaltschaften einzuführen. Sie darf auch das durch 43c BRAO vorgegebene Fachanwaltssystem näher ausgestalten. Den gesetzlichen Rahmen kann sie aber nicht verändern. Die BRAO ordnet an, dass für die Verleihung des Titels der bloße Nachweis von theoretischen Kenntnissen und praktischen Erfahrungen reicht. Auch der BGH sieht das so (zuletzt BGH AnwBl 2008, 711). Ein obligatorisches Fachgespräch als mündliche Prüfung kann die Satzungsversammlung damit genauso wenig einführen wie ein zentrales, bei den Rechtsanwaltskammern abzulegendes Klaussurenexamen. Mit diesem Ergebnis wollte sich schon die dritte Satzungsversammlung nicht begnügen. Sie hatte in ihrer letzten Sitzung im Sommer 2007 an den Bundesgesetzgeber appelliert, den Rechtsanwaltskammern eine inhaltliche Prüfungskompetenz zu geben. Das Schlagwort lautete Sicherung der Qualität der Fachanwaltschaften. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries lehnte eine Änderung der BRAO ab. Sie verwies unter anderem darauf, dass sich die Satzungsversammlung auf kein Prüfungssystem einigen konnte. In der Tat war das im Sommer 2007 vorgeschlagene zentrale Klausurenexamen für Fachanwälte in der Satzungsversammlung durchgefallen. Die Satzungsversammlung konnte sich nicht darauf verständigen, wie denn die Qualität konkret gesichert werden soll. Die vierte Satzungsversammlung scheint nun einen zweiten Anlauf zu planen. Der für die Fachanwaltschaften zuständige Ausschuss entwickelt zur Zeit wie von der vierten Satzungsversammlung in ihrer konstituierenden Sitzung im Januar 2008 aufgefordert einen Vorschlag zur Qualitätsprüfung. In der Diskussion ist wieder wie die Protokolle des Ausschusses zeigen ein zentrales Klausurexamen. Das Anwaltsblatt wird über die zweite Sitzung der vierten Satzungsversammlung am 14. November 2008 im nächsten Heft berichten. Rechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Berlin Reform des Fachanwaltssystems, Kilger AnwBl 11 /

36 MN Anwaltsblattgespräch Anwaltsblatt: Sollte die Prüfung einen Praxisbezug haben oder andersherum: Wie viel Theorie muss abgeprüft werden? Kilger: Wenn Theorie geprüft werden soll, dann nur fachspezifische. Die Fachanwaltsausbildung kann und darf nicht dazu da sein, Mängel der Juristenausbildung zu beseitigen. Anwaltsblatt: Wie sollen theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen gewichtet werden? Kilger: Derzeit wohl noch zu gleichen Teilen. Das kann sich erst ändern, wenn wir eine Anwaltsausbildung bekommen. Die Praxis ist das, was der Mandant braucht. Anwaltsblatt: Und wie weist der zukünftige Fachanwalt sie nach? Reicht Fälle zählen? Kilger: Es gibt wohl niemanden, der sich über das Fällezählen freut. Es ist ein Behelf mangels besserer Konzepte. Ein besseres Konzept wäre das obligatorische Fachgespräch. Ich denke, dass ich als Spezialist auf dem Gebiet des Sozialrechts im Gespräch innerhalb von zehn Minuten ermitteln kann, ob dem Bewerber die praktische Erfahrung fehlt, die er für den Fachanwalt für Sozialrecht benötigt. Anwaltsblatt: Wie viel Spezialisierung braucht der Fachanwalt? Kilger: Das wird sehr vom Fachgebiet (aber zum Beispiel auch von den regionalen Verhältnissen des Markts) abhängen. Ich glaube nicht, dass hier eine einheitliche Aussage möglich sein wird. Anwaltsblatt: Noch einmal anders gefragt: Wie viele Fachanwaltschaften kann ein Anwalt abdecken? Kilger: Auch das kann nicht einheitlich beantwortet werden. In meinem Fachbereich ist es durchaus denkbar, dass sich die Titel im Sozialrecht, im Medizinrecht und im Verwaltungsrecht sinnvoll ergänzen. Eine allgemeine Limitierung scheint mir deswegen nicht sachgerecht. Sicher wird eine natürliche Grenze im Bereich von drei, höchsten vier Fachgebieten liegen. Mehr ist auch schlicht nicht zu machen, wenn man nur an die nötige Fortbildung denkt. Anwaltsblatt: Sie sagen, zehn Stunden Pflichtfortbildung reichen nicht. Was muss passieren? Kilger: Zehn Stunden sind tatsächlich ein Tropfen auf den heißen Stein. Andererseits sollte man sehen, dass derjenige, der sein Fachgebiet kennt, auch ohne Regulierungszwang schon heute erheblich mehr leistet. Das Problem ist nur, dass sich einige wenige auf den zehn Stunden ausruhen. Das ist nicht im Sinne des Mandanten: er muss sich auf die Aufrechterhaltung des Standards verlassen können. Das spricht für eine moderate Anhebung auf zum Beispiel 15 Stunden. Anwaltsblatt: Soll durch E-Learning ein Teil des Fortbildungssolls erfüllt werden? Kilger: Da sollten wir offen sein wir stehen bei der Beurteilung dieser Fortbildungsform allerdings noch am Anfang. Sie kann traditionelle Formen nicht gänzlich ersetzen. Die richtige Mischung muss die Lösung sein. Anwaltsblatt: In den Fachanwaltschaften nimmt die Spezialisierung zu: Sollte die Pflichtfortbildung darauf reagieren? Kilger: Jedenfalls nicht mit weiterer Regulierung. Fachanwälte wissen, welche Fortbildung sie benötigen. Die Fortbildungseinrichtungen der Anwaltschaft bieten das an. Hier funktioniert der Markt. Anwaltsblatt: Wie sollte in fünf Jahren die Pflichtfortbildung für Fachanwälte aussehen? Kilger: Wir brauchen ein System, das auch bei lang gedienten Anwälten einen Standard sichert, wie er beim Zugang vorausgesetzt wurde. Fortbildung wird in erster Linie Seminarfortbildung bleiben. Anwaltsblatt: Wie viele Fachanwaltschaften braucht die Anwaltschaft? Kilger: So viele, wie der Markt braucht. Also weder Fachanwälte für jede Kleinigkeit noch Fehlen von Fachanwälten in wichtigen Gebieten. Das bedeutet eine behutsame Weiterentwicklung der bisherigen Zahl der Gebiete. Anwaltsblatt: Wie viele Fachanwälte braucht die Anwaltschaft? Kilger: Nicht so viele Fachanwälte, wie es Anwälte gibt. Trotz entgegenstehender Behauptungen hat der Nicht-Fachanwalt weiter eine wichtige Aufgabe. Allerdings sollte nicht das Verhältnis der Fachanwälte zu den Nicht-Fachanwälten maßgeblich sein: es zählen allein die Anforderungen des Marktes, die sich am sichersten wie die Erfahrung zeigt an der Entwicklung von Zahl und Stärke der DAV-Arbeitsgemeinschaften ablesen lassen. Anwaltsblatt: Jede Prüfung, jede weitere praktische Ausbildung wird den Zugang zu den Fachanwaltschaften erschweren. Das freut vor allem die, die schon Fachanwalt sind. Ist das gewollt? Kilger: Das würde mich überhaupt nicht freuen. Konkurrenzneid ist noch nie ein guter Ratgeber gewesen. Anwaltsblatt: Wie soll das Fachanwaltssystem auf die Spezialisierung reagieren? Kilger: Behutsam und unaufgeregt. Spezialisierung ist der Zug unserer Zeit aber er ist nicht alles. Die Zeit wird kommen, in dem wieder dringend nach dem Generalisten gerufen wird. Die Anwaltschaft sollte sich weiter dafür bereithalten in der Ausbildung wie in der Ausgestaltung des Fachanwalts. Anwaltsblatt: Was bleibt am Ende für den Rechtsanwalt? Werden wir am Ende wie bei den Ärzten nur Fachspezialisten haben? Kilger: Ich kann nur hoffen, dass das nicht der Fall sein wird. Die Stärke der Anwaltschaft ist Ihre Vielgestaltigkeit. Die Reduzierung nur auf Fachspezialisten wäre eine Verarmung, welche den Rechtssuchenden nicht zugemutet werden sollte. Das Gespräch führte Rechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Berlin. Hartmut Kilger, Tübingen Hartmut Kilger, Tübingen Im Anwaltsblattgespräch: Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins. Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht ist Mitglied der Satzungsversammlung und Vorsitzender des Ausschusses 5 (Ausbildung und Fortbildung). 746 AnwBl 11 / 2008 Reform des Fachanwaltssystems, Kilger

37 MN Thema Fachanwalt 2.0: Online-Fortbildung ist nicht gleich Online-Fortbildung Wie das Mitmach-Internet das Fortbildungsgeschäft für Fachanwälte langsam umwälzt ein Marktbericht Jochen Brenner, Hamburg Fachanwälte müssen sich im Jahr bislang zehn Stunden fortbilden. Neue Wege bietet das Internet und seitdem die Bundesrechtsanwaltskammer selbst Online-Fortbildung fördert, werden die Kammern großzügiger. Das Internet meint es gut mit den deutschen Juristen. Es hat ihnen mit dem Online-Recht Arbeit geschaffen, die alle klassischen Disziplinen berührt. Es fordert bei der digitalen Rechteverwertung ihren Pioniergeist und im e-commerce ihre Vorstellungskraft. Es verlangt technisches Verständnis und den Blick für die buchstäbliche Grenzenlosigkeit des Netzes. Es sichert die Existenz ganzer Kanzleien, unterhält Lehrstühle, bestimmt den Alltag jüngerer Studentengenerationen. Die klassische Fortbildung: offline Meint es das Internet gut mit den deutschen Anwälten? Gemessen an der großen Bedeutung für den Beruf herrschte auf dem millionenschweren Aus- und Weiterbildungsmarkt für Anwälte bis vor kurzem noch Pionier-Stimmung beim Einsatz digitaler Lehrmethoden. Während Ärzte Live-Streams von Operationen schon seit Jahren für die Fortbildung nutzen oder die technikaffinen Steuerberater aus einem Online-Fortbildungsangebot wählen können, das an manchen Tagen abwechslungsreicher als das deutsche Fernsehprogramm ist, bildeten sich Anwälte bislang so fort, wie es die traditionsreiche Branche seit über hundert Jahren tut: offline. Die Zurückhaltung war so lange nicht ohne Grund, wie das Internet eine kommunikative Einbahnstraße war. Lehrangebote glichen dem Frontalunterricht, den die meisten Anwälte noch aus der Schule kannten. Die Beschleunigung des Internets und seine Personalisierung jedoch haben das Internet kommunikativer gemacht, der Einzelne bleibt vor dem Bildschirm weder isoliert noch unerkannt. Inzwischen hat sich der Weiterbildungsmarkt für Anwälte im Internet zu einem jungen, aber viel versprechenden Angebot entwickelt. Bewegung bei den Kammern Reagiert haben auch einige der deutschen Rechtsanwaltskammern nicht gerade früh und vor allem nicht ohne den sanften Druck einzelner Anwälte, die genauso fortbildungswillig wie internetaffin waren. Einer von ihnen ist Andreas Hagenkötter. Der Fachanwalt für Steuerrecht und Strafrecht war bis 2001 Geschäftsführer des Deutschen Anwaltsvereins und arbeitet seitdem als Anwalt in Ratzeburg. Seine jährlich zehnstündige Fortbildungsverpflichtung aus 15 der Fachanwaltsordnung (FAO) erfüllte er durch klassische Lehrgänge bis auf eineinhalb Stunden, die er beim Online-Fortbildungsanbieter Teletax des Steuerberaterverbands absolvierte. Dazu loggte er sich auf dem Server von Teletax ein und verfolgte den Vortrag des Referenten, der am oberen linken Bildrand zu sehen war. Zu dem zweistündigen Vortrag liefen synchron Power-Point-Folien ab, zu denen jeder Teilnehmer schriftlich oder per Mikrofon Fragen stellen konnte. Die schleswig-holsteinische Rechtsanwaltskammer weigerte sich, die Online-Stunden anzuerkennen. Hagenkötter trieb den Fall bis vor den Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs, der zwar in der Sache nicht entschied, aber so ablehnend nicht reagierte. Das bewegte die Kammer in Schleswig dazu, Hagenkötters Online-Stunden anzuerkennen. Der Fall hat Bewegung in die Branche gebracht: Die Kammer Köln erkannte jüngst zwei Stunden einer online erworbenen Fortbildung im Sinn des 15 der Fachanwaltsordnung an für Multiple-Choice-Aufgaben Im Stuttgarter Kammerbezirk können Anwälte davon ausgehen, mit dem Download einer voraufgezeichneten Internet-Seminarweiterbildung auf offene Ohren zu stoßen. Preiswerte Seminare online Unter den rund deutschen Fachanwälten ist die Nachfrage nach einer Alternative zur klassischen Weiterbildung stark wie nie. Von den Seminargebühren abgesehen schmerzen viele vor allem der Verdienstausfall und lange Anreisen. Und da fast jeder fünfte der rund deutschen Anwälte inzwischen eine oder zwei Fachanwaltstitel führt, ist mit der immer liberaleren Haltung der Kammern im Schatten der klassischen Seminare ein bemerkenswerter Bildungsmarkt im Internet entstanden. Der Deutsche Anwaltverein gehört mit der Deutschen Anwaltakademie zu den großen Aus- und Weiterbildern auf dem Markt für Juristen. Im vergangenen Jahr besuchten mehr als Teilnehmer die 680 Seminare und 70 Fachanwaltslehrgänge. Neben dem klassischen Ausbildungsgeschäft bietet die Deutsche Anwaltakademie seit 2005 Online-Seminare zur Weiterbildung an. Die Anwälte melden sich persönlich auf der Homepage an, sehen in einem kleinen Fenster auf dem Monitor ihren Dozenten und können Zeitsparend und kostengünstiger: die Online-Fortbildung. Lernen am eigenen Arbeitsplatz. Online-Fortbildung für Fachanwälte, Brenner AnwBl 11 /

38 MN Thema in ihrem Browser den Ablauf der Veranstaltung über Power- Point-Folien verfolgen. Über ein Headset hören Sie den Vortrag des Fachmanns und können Fragen an ihn richten. Die technischen Voraussetzungen dafür sind relativ gering. Headset, eine halbwegs schnelle Internetverbindung (45 Kbit/s für Down- und Upload), Soundkarte und ein wenig Festplattenspeicher genügen für den virtuellen Seminarraum. Die komplette Fachanwaltsausbildung würde ich so allerdings nicht anbieten, sagt Rechtsanwalt Philipp Wendt, der die Anwaltakademie seit rund eineinhalb Jahren als Geschäftsführer leitet. Länger als eine Stunde kann man sich am Computer am Stück nicht konzentrieren, sagt er. Für die Weiterbildung sind die Seminare der Anwaltakademie jedoch auch finanziell eine Alternative. 99 Euro kostet die Online-Teilnahme etwa am Online-Seminar Betriebsbedingte Kündigung für zwei Stunden, der Satz für ein 6-Stunden- Seminar in einem Tagungshotel irgendwo in Deutschland liegt bei 249 Euro: ohne Anfahrt und Unterkunft. Klicken für Fachanwaltsfortbildung Als zweites Online-Standbein hat die Deutsche Anwaltakademie in Kooperation mit dem Datenbankanbieter Juris das Anwaltszertifikat Online eingeführt. Alle zwei Wochen erhalten Abonnenten einen Newsletter per Mail, der Aufsätze, Gerichtsentscheidungen und Gesetzgebungsinitiativen enthält. Am Ende eines Quartals können sich die Abonnenten durch Multiple-Choice-Fragen klicken und so ihr Wissen überprüfen und dokumentieren. Die Anwaltskammer Köln hat solche Prüfungsverfahren inzwischen bei der BRAK Online-Fortbildung mit zwei Stunden pro Quartal als Weiterbildung für Fachanwälte anerkannt. Damit hat die Kammer den 15 der Fachanwaltsordnung, der,hören oder,dozieren vorschreibt, um das,klicken erweitert, sagt Wendt. Inhaltsgleich wie Deutsche Anwaltakademie und Juris mit ihren Anwalts-Zertifikat-Online bietet bereits etwas länger die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) mit dem Verlag Wolters Kluwer unter dem Slogan Nutzen Sie Ihre Freizeit optimal? eine Online-Fortbildung für Fachanwälte an. Rechtsanwalt Martin Huff, ehemaliger Kommunikations- Chef von Wolters Kluwer und seit Oktober Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln, bezeichnet das Angebot für Fachanwälte im Netz als großen Schritt. Das Programm von Kammer und Verlag sieht ebenso vor, dass Fachanwälte vierteljährlich ein Abfragemodul bestehen müssen. So können sie maximal acht der zehn notwendigen Fortbildungsstunden nachweisen. Neuer Trend: Seminar zum Download Doch Online-Seminare bleiben ein Risiko zumindest in Kammerbezirken, die dem Internet noch misstrauen. Zu leicht sei der Betrug, zu gering die Kontrolle. Den Bedenken der Kammer-Juristen versucht ein kleiner westfälischer Fortbilder mit technischem Know-How entgegenzutreten. Das Unternehmen Advobildung aus Ochtrup bietet vor Ort Seminare an, die Mitarbeiter ins Internet stellen, wo sie gegen Gebühr angesehen und heruntergeladen werden können. Auch hier ergänzen Power-Point-Folien, Foren und Chat- Rooms das Angebot. Advobildung allerdings kontrolliert, ob der Download tatsächlich von dem angemeldeten Rechner stattgefunden hat und lässt sich vom Teilnehmer eine eidesstattliche Versicherung über diesen Vorgang zuschicken. Allein mit dieser Kombination aus technischer und persönlicher Kontrolle ist es Advobildung gelungen, die Anerkennung des Online-Seminars im Sinne des 15 FAO vor der Rechtsanwaltskammer Stuttgart in einem Fall durchzusetzen. Günstiger als Vor-Ort-Seminare ist das Download- Paket mit 49 Euro noch dazu. Und selbst wenn der Preis identisch wäre, sagt Co-Geschäftsführer und Rechtsanwalt Christian Teupen, bleibt der Online-Teilnehmer viel flexibler. Jeden Abend eine Stunde im Büro zu lernen ist wesentlich angenehmer als einen ganzen Tag oder ein ganzes Seminar-Wochenende lang. Elektronischer Fingerabdruck als Nachweis Endgültig überzeugen will Teupen die Kammern mit seinem jüngsten Plan, die tatsächliche Anwesenheit vor dem Computer mit Hilfe des biometrischen Fingerabdrucks zu beweisen. Sein Modellversuch sieht vor, bei der Erstanmeldung zum Online-Seminar nicht nur eine anwaltliche Versicherung zu verlangen, sondern auch eine Datenkarte mit Ausschnitten des Fingerabdrucks anzulegen. In nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Intervallen leuchtet dann am Monitor der Befehl auf, den Daumen auf ein installiertes Lesegerät zu legen und so die Anwesenheit vor dem Rechner zu beweisen. Ob diese Tüftelei im Schäubleschen Geist Anklang bei den Anwälten findet, bleibt abzuwarten. Beim Fachverlag Haufe in Freiburg gibt man sich abwartender. Produktmanager und Rechtsanwalt Christian Gempp registrierte in den vergangenen Wochen zwar eine stark gesteigerte Nachfrage, deren wirkliche Bedeutung sich aber erst noch erweisen müsse. Im Angebot hat Haufe die Online-Seminare zwar, über eine etwaige Anerkennung der Kammer macht sich Gempp zurzeit noch keine Gedanken. Wir stehen mit den Seminaren noch am Anfang. So unterschiedlich die einzelnen Verlage, Institute und Kammern die Fortbildung für Fachanwälte im Internet auch beurteilen: Mit der Verfeinerung des Angebots und immer neuen Möglichkeiten, juristisches Wissen elektronisch aufzubereiten und konsumierbar zu machen, werden Fachanwälte in Zukunft immer öfter am Bildschirm fortgebildet werden. Die virtuelle Welt hat ihnen nicht nur Arbeit verschafft, sondern wird ihnen die Arbeit auch erleichtern. Das Internet meint es gut mit den deutschen Anwälten. Jochen Brenner, Hamburg Der Autor arbeitet als Journalist in Hamburg. Er hat Jura studiert und die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht. Sie erreichen den Autor unter der -Adresse 748 AnwBl 11 / 2008 Online-Fortbildung für Fachanwälte, Brenner

39 MN Gastkommentar Prozesse führen kann ein lukratives Geschäft sein nicht nur für Anwälte, sondern mitunter auch für deren Mandanten. In Deutschland gibt es ein paar Dutzend Berufskläger, die systematisch gegen Aktiengesellschaften zu Felde ziehen. Einige von ihnen sind darüber sogar zu Millionären geworden. Nicht weil sie ihre Prozesse gewinnen würden. Im Gegenteil: Der Sinn dieser Masche liegt darin, sich die Klagen noch vor einem Richterspruch abkaufen zu lassen. Denn schon durch den Besitz einer einzigen Aktie lassen sich eilige Transaktionen, die die anderen Aktionäre zuvor auf einer Hauptversammlung mit meist überwältigender Mehrheit beschlossen haben, jahrelang blockieren. Als Hebel dient die Sperre für die notwendige Eintragung ins Handelsregister, die das Beschreiten des Rechtswegs auslöst. Auf dem 67. Deutschen Juristentag geschah nun Ungewöhnliches. Obwohl die räuberischen Aktionäre eigentlich gar nicht auf der Tagesordnung standen, entwickelten sie sich in der Abteilung Wirtschaftsrecht zu einem beherrschenden Thema. Als sich dies herumsprach, packten einige Aktienrechtler kurzentschlossen ihre Zahnbürste ein und sprangen in den nächsten Zug nach Erfurt. Die Mauer des Schweigens, die wie so oft beim Verbrechen der Erpressung auch von den Opfern aufrecht erhalten wird, bröckelt. Manche sprachen sogar von Omertà, wenn es um die Umtriebe einiger Kleinstaktionäre ging. Der Juristenkongress in der Thüringer Hauptstadt hat nun eine radikale Reform gefordert. Denn der Versuch des Bundestags, vor drei Jahren mit Wenn der Rechtsweg der Erpressung dient Dr.JoachimJahn,FrankfurtamMain Jahn, am Frankfurter Allgemeine Zeitung dem Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) die Klageindustrie einzudämmen, ist kläglich gescheitert. Noch mehr Berufsopponenten sind seither auf den Geschmack gekommen, wie empirische Studien von Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlern gezeigt haben. Moderat fällt aber auch der neuerliche Versuch von Anwälte, Richter und Professoren gegen räuberische Aktionäre. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) aus, das Anfechtungsgewerbe mit dem geplanten Gesetz zur Umsetzung der EU-Aktionärsrechte- Richtlinie (ARUG) auszutrocknen. Der Juristentag hat mit großer Mehrheit einen ganzen Katalog von Forderungen aufgestellt in einem Schulterschluss von Wirtschaftsanwälten, Richtern und Hochschullehrern (von denen manche einen schmerzlichen Lernprozess durchgemacht haben). Eingeführt werden soll eine Hürde von einem Prozent oder dem Besitz von Aktien im Nennwert von Euro. Wobei der Börsenpreis meist mehr als zehnmal höher liegt. Dennoch kommt dieses Quorum fast zu spät. Die Berufskläger sind über ihrem Treiben nämlich längst wohlhabend genug geworden, um es zumindest gemeinsam zu überspringen. Zumal mittlerweile sogar Hedge-Fonds mit im Bunde sind. Außerdem soll künftig im Aktienrecht gelten, was in anderen Rechtsgebieten selbstverständlich ist: Nicht die bloße Behauptung einer Rechtsverletzung soll zur Aussetzung des Vollzugs führen, sondern nur eine entsprechende Anordnung der Justiz. Bislang ist dies bei Aktionärsklagen genau anders herum. Und schließlich machten sich die Rechtskundler eine Forderung des Bundesrats zu eigen: Weil die Länge der Verfahren der Kern des Problems sind, sollen diese gleich beim Oberlandesgericht als Eingangsinstanz beginnen. Auch an Gerichten, Universitäten und unter Rechtspolitikern ist also die Einsicht gewachsen, dass Berufskläger mitnichten für die Rechte der Kleinanleger kämpfen. Wer einmal eine der von dieser kleinen Gruppe systematisch chaotisierten Hauptversammlungen besucht, erlebt hautnah, dass kaum noch jemand auf diese Robin- Hood-Attitüde herein fällt. Mit stundenlangen Brüllorgien und Pöbeleien wird nur versucht, künstlich Anfechtungsgründe zu produzieren. Was vom Gesetzgeber als äußerst sinnvolles Instrument des Minderheitenschutzes gedacht war, wird perfide missbraucht, um sich zu bereichern. Und zwar nicht auf Kosten ungeliebter Manager oder eines florierenden Unternehmens, sondern der Mitaktionäre, die wirtschaftlich betrachtet die Millionenzeche der Räuber bezahlen. Der Rechtsweg ist zum Instrument der Erpressung geworden. Noch immer reisen zwar Geldboten mit vielfältigen Wohnsitzen und einem Bargeldkoffer durchs Land, um Klagen diskret aus der Welt zu schaffen. Doch seit vor 20 Jahren ein solcher Fall vor dem Bundesgerichtshof landete und ein Strafverfahren wegen Erpressung nur gegen eine Geldauflage eingestellt wurde, sind die Mechanismen meist subtiler. Künstlich werden Vergleichsmehrwerte ausgehandelt, damit die Unternehmen anschließend Millionen Euro an Anwaltsgebühren ausschütten. Dass diese dann unter der Hand zu einem erheblichen Teil an die Kläger weiter gereicht werden, zeigt eine umfangreiche Mailkorrespondenz in Gossensprache, die einzelnen Medien zugespielt wurde. Angereichert um schier endlose Excel-Tabellen, welche Gesellschaften gerade wieder unter Druck gesetzt werden. Gespannt sein darf man auf die Ergebnisse einer Razzia, die daraufhin in Kanzleiräumen statt gefunden hat. AnwBl 11 /

40 MN Aus der Arbeit des DAV Aus der Arbeit des DAV Deutscher Juristentag DAV-Empfang für Anwälte 752 DAV PR-Referat Kritik der Anwälte am BKA-Gesetz Rechtsanwältin Bettina Bachmann, Berlin 752 AG Ausländer- und Asylrecht EU-Kommission soll Deutschland verklagen Rechtsanwältin Bettina Bachmann, Berlin 752 Landesverbände Landesverbandskonferenz 2008 Rechtsanwalt Manfred Aranowski, Berlin 753 AG Geistiges Eigentum & Medien Gründung neuer Arbeitsgemeinschaft 753 Forum Junge Anwaltschaft Forum Start in den Anwaltsberuf +3 Rechtsanwalt Manfred Aranowski, Berlin 754 Landesverband Sachsen-Anhalt Wenn die Kleinen ganz groß herauskommen Rechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Berlin 755 Landesverband Sachsen-Anhalt / AG Verwaltungsrecht Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen Umweltrechtstagung beim Landesanwaltstag Rechtsanwältin Bettina Bachmann, Berlin 755 Deutsche Anwaltakademie Nachrichten 756 DAV-Gesetzgebungsausschüsse Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben 757 AG Mietrecht und Immobilien/ AG Arbeitsrecht/AG Medizinrecht Neuer Auftritt im Internet Rechtsanwältin Dr. Katharina Freytag, Berlin 757 AG Anwaltsnotariat Neue Internetpräsenz Rechtsanwalt Franz Peter Altemeier, Berlin 758 AG Handels- und Gesellschaftsrecht Von MoMiG & Co bis Compliance Rechtsanwalt und Notar Dr. Carsten Jaeger, Dortmund 758 AG Sozialrecht Die Säulen des Sozialrechts Rechtsanwalt Ulrich Höcke, Bernau 759 DAV-Kooperationen Advocard Anwalts Liebling? Rechtsanwalt Dr. Hubert W. van Bühren, Köln 761 DAV und Amnesty International Anwälte helfen verfolgten Anwälten Katrin Frauenkron und Jochen Range, Amnesty International 762 DAV International 2. Legal Match Making Seminar Rechtsanwältin Dr. Malaika Ahlers, Berlin 762 Personalien Zypries auf dem Juristentag: Wir brauchen eine qualifizierte und engagierte Anwaltschaft Anwälte treffen sich beim DAV-Empfang DAV-Präsident Kilger gegen kodifizierte Ethikrichtlinien Beim viertägigen 67. Deutschen Juristentag Ende September 2008 war der Empfang des Deutschen Anwaltvereins am ersten Sitzungstag der Abteilungen wieder der Treffpunkt der Anwältinnen und Anwälte. Unter den Juristentagsteilnehmer kamen 560 aus der Anwaltschaft. Viel Aufmerksamkeit fand dieses Jahr die Eröffnungsveranstaltung des Juristentags. Bundespräsident Horst Köhler sprach neben der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. Wenn wir über die Justiz als Garanten des Rechtsstaats und als Standortvorteil reden, dann gehört dazu auch eine qualifizierte und engagierte Anwaltschaft, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in der Eröffnungsveranstaltung des 67. Deutschen Juristentags. Sie erneuerte ihre Ankündigung vom diesjährigen Anwaltstag, eine Anpassung der anwaltlichen Vergütung zu prüfen. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und die anwaltliche Einkommensentwicklung sollen evaluiert werden. Vor allem die Gebührenstruktur im Sozialund Ausländerrecht will Zypries unter die Lupe nehmen. Wir müssen sicherstellen, dass auch in solchen Verfahren jeder Rechtssuchende eine gute anwaltliche Leistung bekommt auch dies ist für mich ein Gebot des sozialen Rechtsstaates, sagte Zypries. Anwaltschaft als Standortvorteil Bundespräsident Horst Köhler warb für eine gute Rechtsordnung als Standortund Wettbewerbsvorteil. Die Qualität einer Rechtsordnung sei nicht nur auf eine gute personelle, finanzielle und sächliche Ausstattung von Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz angewiesen, sondern auch auf eine leistungsstarke und leistungsgerecht verdienende Anwaltschaft, sagte Köhler. Außerdem seien ein hohes Niveau der wissenschaftlichen Forschung und Lehre und gute Studienbedingungen für den Nachwuchs nötig. Rechtspolitisch stach die auch seit langem vom Deutschen Anwaltverein erhobene Forderung Köhlers nach einem einheitlichen Arbeitsvertragsgesetz hervor. Wann also finden wir endlich die Kraft dazu, das Arbeitsrecht neu und zusammengefasst zu kodifizieren?, fragte Köhler die Juristentagsteilnehmer, darunter viele Rechtspolitiker aus dem Bund und den Ländern. DAV-Empfang für Anwälte Beim DAV-Empfang am ersten Sitzungstag der sechs Abteilungen des 67. Deutschen Juristentags ging es auch um Rechtspolitik. DAV-Präsident Hartmut Kilger unterstützte den am gleichen Tag vom Bundeskabinett beschlossenen Regierungsentwurf für die Schaffung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft. Kein Verständnis zeigte er für die vom Präsidenten des Deutschen Juristentags Prof. Dr. Martin Henssler in seiner Eigenschaft als Kölner Hochschullehrer erhobene Forderung nach berufsethischen Richtlinie für die Anwaltschaft: Ethik zeichnet die Abwesenheit von geschriebenen Regeln aus, sagte Kilger. Prof. Dr. Martin Henssler widersprach: Der Deutsche Anwaltverein könne zum Beispiel Regeln für die Fortbildung eines Anwalts schaffen. Es gehe ihm um Regeln für die gute Berufsausübung. Henssler bedauerte ausdrücklich, dass die 560 Anwälte unter den als Teilnehmern des Juristentags nicht die Bedeutung der Anwaltschaft wider spiegele. Es gebe sowohl altjuristische als auch eigennützige Gründe für die Anwaltschaft, im Kampf um das bessere Recht mitzudiskutieren. Bei dem alle zwei Jahre stattfindenden Juristentag debattieren Rechtsanwälte, Staatsanwälte, Richter, Verbandsvertreter sowie Justiz- und Ministerialbeamten in den Abteilungen rechtspolitische Fragen. Veranstalter ist der Deutsche Juristentag e.v. Rechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Berlin Die Beschlüsse des 67. Deutschen Juristentags zum Familien-, Straf-, Aktien-, Arbeits- und Sozialrecht sowie zum öffentlichen Recht und zur Mediation finden sich unter AnwBl 11 / 2008

41 MN Aus der Arbeit des DAV Bundespräsident Horst Köhler warb in der Eröffnungssitzung des 67. Deutschen Juristentags für ein gutes Rechtswesen : Die Qualität einer Rechtsordnung ist angewiesen auf die gute personelle, finanzielle und sächliche Ausstattung von Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz, auf eine leistungsstarke und leistungsgerecht verdienende Anwaltschaft, auf ein hohes Niveau der wissenschaftlichen Forschung und Lehre und auf gute Studienbedingungen für den juristischen Nachwuchs. 2 Bundesjustizministerin Brigitte Zypries betonte in der Eröffnungssitzung, dass sich der Rechtsstaat darin beweise, dass er jedermann den gleichen Zugang zum Recht ermögliche: Ob jemand Recht bekommt, das darf eben nur davon abhängen, ob er Recht hat, aber nicht davon, ob er Geld hat. Die Prozesskostenhilfe und die außergerichtliche Beratungshilfe sind daher zwei wichtige Bausteine des sozialen Rechtsstaats und keine Verfügungsmasse des der Finanzminister. Ich halte deshalb überhaupt nichts davon, hier den Rotstift anzusetzen. Sie kritisierte, dass die Debatte über das Rechtswesen unter fiskalischen Vorzeichen stehe: Den Rechtsstaat gibt es nicht zum Null-Tarif, und auch nicht nach Kasselage. 3 Der Empfang des Deutschen Anwaltvereins auf dem 67. Deutschen Juristentag für alle Anwältinnen und Anwälte fand am ersten Tag der Abteilungssitzungen statt. Hartmut Kilger, Präsident des DAV (l.), begrüßte Prof. Dr. Martin Henssler, Präsident des 67. Deutschen Juristentags. Bei der Frage, ob die Anwaltschaft berufsethische Richtlinien brauche, waren sie in ihren Grußworten nicht einer Meinung. 4 Rechtsanwälte Prof. Dr. Wolfgang Ewer (DAV-Vizepräsident, l.) und Dr. Michael Krenzler (Vizepräsident der Bundesrechtsanwaltskamemr und Präsident der Rechtsanwaltskammer Freiburg). 5 Gabriele Caliebe (Richterin am BGH) und Rechtsanwalt Prof. Dr. Friedrich Graf von Westphalen (DAV- Vizepräsident). 6 Rechtsanwälte Jerzy Montag (rechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen) und Anton A. Mertl (DAV-Vizepräsident). 7 Prof. Monika Harms (Generalbundesanwältin, l.) und Rechtsanwältin Verena Mittendorf (DAV-Vizepräsidentin). 8 Rechtsanwälte Dr. Michael Burmann (Präsident der Rechtsanwaltskammer Thüringen), Andreas Schiller (Vorsitzender des DAV-Landesverbands Thüringen) und Uwe Kappmeyer (Obmann der DAV-Landesverbände und Vorsitzender des Landesverbands Niedersachsen, v.l.n.r.). 9 Bundesanwalt Rainer Griesbaum (Referent in der Abteilung Strafrecht des 67. Deutschen Juristentags) disktuierte mit Rechtsanwalt Prof. Dr. Rainer Hamm (Miglied in den DAV-Ausschüssen Strafrecht sowie IT) und mit Gerhard Schäfer (Vorsitzender Richter am BGH a.d., v.l.n.r.). 10 Prof. Dr. Ingeborg Schwenzer (stellvertretende Vorsitzende der ständigen Deputation des Juristentags, Universität Basel), Michael Lotz (ständige Deputation des Juristentags und Präsident des Landgerichts Heidelberg) und Rechtsanwalt Michael Eckart (DAV- Vorstand, v.l.n.r.). 11 Der Erfurter Anwaltverein präsentierte sich mit einem eigenen Stand auf dem Erfurter Messegelände genauso wie der Deutsche Anwaltverein. AnwBl 11 /

42 MN Aus der Arbeit des DAV DAV PR-Referat Kritik der Anwälte am BKA-Gesetz Bei einem außerplanmäßigen Jour fixe des Deutschen Anwaltvereins mit Pressevertretern ging es im September um das BKA-Gesetz. Kritisiert wurde von Rechtsanwältin Dr. Heide Sandkuhl (Vorsitzende des DAV-Ausschusses für Gefahrenabwehrrecht), dass das Gesetz Strafverteidiger vor Abhörmaßnahmen besser schütze als nicht strafrechtlich tätige Anwälte. Anlässlich der am 15. September stattgefundenen Anhörung vor dem Innenausschuss zum Entwurf eines Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BKAG-E) hat das PR-Referat des DAV einen außerplanmäßigen Jour fixe veranstaltet. Im Rahmen der sehr gut besuchten Veranstaltung erläuterte Dr. Heide Sandkuhl (Vorsitzende des DAV-Gefahrenabwehrrechtsausschusses sowie Mitglied des DAV-Strafrechtsausschusses) den Vertretern aus Politik und Presse den Gesetzentwurf. Sandkuhl ging anhand der DAV-Stellungnahme Nr. 49/08 vom 10. September 2008 auf die Neuregelungen ein. Sandkuhl bemängelte, dass der Begriff des internationalen Terrorismus nicht präzisiert worden sei. Die Aufgabe des Bundeskriminalamtes tendiere ins Weite, so dass im Ergebnis eine zentrale Behörde zur Terrorismusbekämpfung insgesamt geschaffen werden solle. Sandkuhl wies darauf hin, dass die Einteilung der Zeugnisverweigerungsberechtigten in zwei Klassen, die zu einem differenzierten Schutz von Berufsgeheimnisträgern führt, so dass Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete absolut, Rechtsanwälte, Ärzte und Journalisten jedoch nur relativ geschützt werden, nicht sinnvoll sei und zu Wertungswidersprüchen führe. Sie legte dar, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rasterfahndung und zur Onlinedurchsuchung nicht hinreichend umgesetzt worden ist. Der Gesetzentwurf sei weit davon entfernt, die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu erfüllen, insbesondere der Kernbereich privater Lebensgestaltung sei nur unzureichend geschützt. AG Ausländer- und Asylrecht EU-Kommission soll Deutschland verklagen Die Arbeitsgemeinschaft Ausländerund Asylrecht des DAV hat bei der Europäischen Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland angeregt. Nach Ansicht des DAV verstößt Deutschland mit seinen Regelungen im Aufenthaltsrecht in mehrfacher Hinsicht gegen europäisches Recht: Zum einen wird mit der vollständigen Überprüfung von Nachzugsvoraussetzungen bei Familienangehörigen von Unionsbürgern gegen die Rechtsprechung des EuGH verstoßen. Der EuGH hatte entschieden, dass sich die Überprüfung bei Visumerteilung nur auf wenige offenkundige Tatsachen beschränken dürfe, wie die Eigenschaft als Familienangehöriger oder Unterhaltsgewährung. Die nach geltendem Recht bestehende Forderung nach Absolvieren eines Deutschtests vor Einreise eines drittstaatenangehörigen Ehegatten sei mit der EU-Familienzusammenführungsrichtlinie unvereinbar. Des Weiteren verstößt die Bundesrepublik gegen die Freizügigkeitsrichtlinie, da ihrer Ansicht nach der drittstaatsangehörige Ehegatte erst in den Anwendungsbereich der Rechtsnorm fällt, wenn er sich bereits rechtmäßig in einem anderen Unionsstaat aufgehalten hat. Rechtsanwältin Bettina Bachmann, Berlin Landesverbände Landesverbandskonferenz 2008 Die Landesverbandskonferenz die jährliche Vertreterversammlung der Landesverbände im Deuchten Anwaltverein tagte am 5. September 2008 in Hamburg. Neben der Erörterung verbandspolitischer und länderübergreifender rechtspolitischer Themen, informierten sich die Vertreter der Landesverbände untereinander über ihre Aktivitäten und tauschten Erfahrungen aus. Nach Beendigung seiner Amtszeit als Obmann der Landesverbandskonferenz wurde der Vorsitzende des Landesanwaltvereins Sachsen-Anhalt Thomas Markworth mit großem Dank verabschiedet. Neuer Obmann ist der Landesverbandsvorsitzende Niedersachsens, Uwe Kappmeyer (Seite 762). Als seine Stellvertreter wurden gewählt Andreas Schiller (Thüringen) und Oliver Lentze (Sachsen-Anhalt). Der auf zwei Jahre gewählte Obmann der Landesverbandskonferenz ist gleichzeitig Mitglied des DAV-Vorstands. Rechtsanwalt Manfred Aranowski, Berlin Foto: Vertreter der Landesverbände zusammen mit ihren hamburgischen Gastgebern bei der Landesverbandskonferenz Rechtsanwältin Bettina Bachmann, Berlin 752 AnwBl 11 / 2008

43 MN Aus der Arbeit des DAV AG Geistiges Eigentum & Medien Gründung neuer Arbeitsgemeinschaft Erste Fortbildungstagung am 18. November 2008 in Berlin Der Deutsche Anwaltverein bekommt seine 28. Arbeitsgemeinschaft. Im September wurde die Gründung der Arbeitsgemeinschaft geistiges Eigentum & Medien beschlossen. Mit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft folgt der DAV einem aus der Anwaltschaft vielfach geäußerten Wunsch, den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die ihren Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich des Fachanwalts für gewerblichen Rechtschutz sowie des Fachanwalts für Urheber- und Medienrecht haben, ein eigenständiges, neues und offenes Forum zu bieten. In ihrer Arbeit wird die Arbeitsgemeinschaft Schwerpunkte setzen unter anderem auf 9 die Förderung der Fortbildung ihrer Mitglieder, 9 die Förderung der Kommunikation der Mitglieder untereinander, 9 Diskussion und Information über die Bereiche des gewerblichen Rechtschutzes und des Urheber- und Medienrechtes, 9 die gemeinschaftliche Werbung. Neben Veranstaltungen für jüngere Kolleginnen und Kollegen wird sich die Arbeitsgemeinschaft vor allem auch dafür einsetzen, den Kolleginnen und Kollegen, die bereits einiges an beruflicher Praxis gesammelt haben, ein interessantes Forum zu bieten. Eine erste Fortbildungs- und Diskussionsveranstaltung wird am in Berlin stattfinden. Ferner wird sich die Arbeitsgemeinschaft auf dem Anwaltstag 2009 (21. bis 23. Mai 2009 in Braunschweig) mit einer Fachveranstaltung präsentieren. Der Geschäftsführende Ausschuss wird geleitet vom Vorsitzenden, Rechtsanwalt Oliver Brexl (Berlin) und der stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Andrea Jaeger-Lenz (Hamburg). Forum Junge Anwaltschaft Forum Start in den Anwaltsberuf +3 Neues Angebot für Anwälte mit erster Berufserfahrung Anwälte sind immer auch Unternehmer. Wer auf dem Markt bestehen will, muss auch in Marketing und Kanzleimanagement auf dem Laufenden bleiben. Ein neues Angebot für junge Anwälte ist die Veranstaltung Forum Start in den Anwaltsberuf +3. Lebenslang. Der geschulte Leser weiß, was das bedeutet. Zumindest in Deutschland meist nicht länger als 15 Jahre. Für einen Anwalt gilt dies nicht. Ergreift er den Beruf des Anwalts, verurteilt er sich selbst dazu: zum (berufs-)lebenslangen Lernen. Anwälte sind Unternehmer. Wie man ein Unternehmen führt, am Markt positioniert, es zum Erfolg führt, wie man Kanzleiprozesse optimiert, mit Mandanten, Gegnern und Gerichten spricht, auch das muss man lernen. Pilotveranstaltung in Fulda Ein Großteil der Anwälte der früheren Generationen lernten Marketing, Kommunikation und Kanzleimanagement nur durch Handeln. Mehr oder weniger. Früher war der Konkurrenzdruck auch noch nicht so groß. Einmal erlernen reicht jedoch nicht. Man muss sich auch in diesen Gebieten fortbilden, wenn man nicht wichtige Entwicklungen verpassen will, so Rechtsanwältin Silke Waterschek vom Forum Junge Anwaltschaft. Die Nachwuchsorganisation des Deutschen Anwaltvereins gab wichtige Impulse für eine Veranstaltung, die sich genau dieser Themen annehmen will: Das Forum Start in den Anwaltsberuf +3. Wir veranstalten ja schon seit mehr als 10 Jahren ein Berufseinsteigerforum. Mit dem,forum Start in den Anwaltsberuf +3 greifen wir jetzt auch Themen auf, die für junge Anwältinnen und Anwälte relevant sind, die bereits die ersten drei oder mehr Berufsjahre hinter sich haben, erläutert Rechtsanwalt Jürgen Widder vom gemeinnützigen Verein Deutsche Anwaltakademie, dem Veranstalter. Die Nachfrage ist groß. Bei der eintägigen Pilotveranstaltung in Fulda saßen mehr als 120 Anwälte zusammen und befassten sich mit Strategischem Vertrauensmarketing junger Rechtsanwälte, den Fragen Wie rechne ich richtig ab, finde den richtigen Preis und setze ihn durch?, dem Erfolgsfaktor Kommunikation mit Tipps, Tricks und Techniken für den anwaltlichen Alltag sowie mit dem Anwalt als Arbeitgeber und Ausbilder. Es ist schon erstaunlich wie ein älterer Teilnehmer bemerkt, hier sitzen 120 junge Leute und befassen sich mit Themen, die einen selbst und die eigene Kanzlei weiterbringen und zu Hause sitzen meine Kollegen und machen sich um so etwas überhaupt keinen Kopf. Wer sich als junger Anwalt auf dem Markt behaupten und den einen oder anderen Kollegen überholen will, wird wohl gar nicht anders können, als sich um solche Themen einen Kopf zu machen. Denn das Berufsleben soll schließlich länger als 15 Jahre dauern. Rechtsanwalt Manfred Aranowski, Berlin Eine Fortsetzung des Forums Start in den Anwaltsberuf +3 wird es voraussichtlich im Jahr 2009 geben. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter Informationen zur Arbeitsgemeinschaft, zum Geschäftsführenden Ausschusses, die Satzung und die Beitragsordnung finden Sie unter anwaltverein.de/ueberuns/arbeitsgemeinschaften. Der Anwalt als Arbeitgeber kein neues Thema, doch wenn es drauf ankommt, kehren Fragen immer wieder. Rechtsanwalt Paul Werner Beckmann versuchte in seinem Referat Antworten zu geben. AnwBl 11 /

44 MN Aus der Arbeit des DAV Landesverband Sachsen-Anhalt Wenn die Kleinen ganz groß herauskommen... Landesanwaltstag in Dessau mit mehr als 350 Gästen Der Landesverband Sachsen-Anhalt ist mit mehr als 700 Mitgliedern einer der kleinsten Landesverbände des DAV. Mit dem 7. Landesanwaltstag Sachsen- Anhalt hat der Landesverband erneut unter Beweis gestellt, dass auch die Kleinen mit Engagement viel auf die Beine stellen können. Der Landesanwaltstag Sachsen-Anhalt Ende August eines Jahres ist zu einer festen Größe im DAV-Veranstaltungskalender geworden. Die 20 Fortbildungsblöcke verteilt über zwei Tage ziehen nicht nur Teilnehmer aus Sachsen-Anhalt, sondern auch aus den benachbarten Bundesländern an. Mehr als 350 Gäste begrüßte der scheidende Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen-Anhalt Rechtsanwalt Thomas Markworth dieses Jahr in Dessau. Erstmals fand im Rahmen des Landesanwaltstags auch eine Umweltrechtstagung statt (sieht dazu Bericht auf Seite 755). Die Chance bot sich, weil in Dessau das Umweltbundesamt sitzt. Der Erfolg des Landesanwaltstags beruht vor allem auf einer gelungenen Fortbildungsmischung von praxisnahen Rechtsgebieten sowie bewährten Referenten aus der Praxis und der Wissenschaft. Doch auch die große Politik findet auf einem Landesanwaltstag statt. In einer kämpferischen Rede erinnerte Thomas Markworth am Abend daran, dass die Anwälte aufgerufen seien, die Freiheitsrechte zu verteidigen. Der Wunsch nach Sicherheit rechtfertige nicht jeden Eingriff in Freiheitsrechte. Überspitzt formulierte Markworth: Der Terrorist soll erkannt werden, bevor er sich überhaupt entschieden hat. Jede Demokratie sei jedoch auf die unbefangene Mitwirkung der Bürger angewiesen. DAV-Vizepräsident Dr. h.c. Remberg Brieske mahnte die Teilnehmer: Sie tragen die Verantwortung für die Freiheitsrechte, die die Mächtigen nicht achten. Die politische Neutralität eines Verbandes heiße nicht, nichts zu tun. Trotz nachdenklicher Rede war der Festabend ansonsten heiter. Unter anderem traten Musicalkünstler des Anhaltischen Theaters aus Dessau auf. Rechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Berlin Praxisnahe Themen und bewährte Referenten aus der Praixs machen den Erfolg aus: Rechtsanwalt und Notar Dr. h.c. Rembert Brieske, Präsident des Landessozialgerichts Nordrhein- Westfalen Dr. Jürgen Brand, Rechtsanwalt und Notar Wolfgang Schwackenbergt und aus der Wissenschaft Prof. Dr. Stephan Lorenz aus München. 5 Der Landesanwaltstag Sachsen-Anhalt beweist: Fortbildung kann auch Spaß machen. 6 Der designierte neue Vorsitzende des DAV-Landesverbands Sachsen Anhalt, Oliver Lentze (r.), dankte dem scheidenden Vorsitzenden Thomas Markworth für die ehrenamltiche Arbeit der vergangenen Jahre. 7 Der Festabend des Landesanwaltstags fand im Umweltbundesamt in Dessau statt. Der Hausherr, Dr. Thomas Holzmann (Vizepräsident des Umweltbundesamtes, l.) mit Dr. Hans-Jürgen Müggenborg (der die Umweltsrechtstagung geleitet hatte, M.) und Thomas Markworth. 8 Der Innenhof des Umweltbundesamtes wurde für einen Abend zur Kulisse: Mit Tanz, Kleinkunst und Musicalstücken wurden die Gäste unterhalten. 754 AnwBl 11 / 2008

45 MN Aus der Arbeit des DAV Deutsche Anwaltakademie Nachrichten Landesverband Sachsen-Anhalt / AG Verwaltungsrecht Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen Umweltrechtstagung beim Landesanwaltstag Der 7. Landesanwaltstag Sachsen-Anhalt ging dieses Jahr neue Wege. Erstmals wurde eine Umweltsrechtstagung in den Anwaltstag integriert. Veranstalter waren neben dem Landesverband Sachsen-Anhalt die Arbeitsgemeinschaft Verwaltungsrecht Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen. Mit an der Organisation war auch das Umweltbundesamt aus Dessau beteiligt. Ein großes Thema war der Rechtsschutz. Dr. Ulrich Karpenstein (Mitglied des DAV-Umweltrechtsausschusses) plädierte in seinem informativen Vortrag Rechtsschutz gegen Rechtsverordnungen unter Hinweis auf drei widersprüchliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts Berlin dafür, dass entweder das Bundesverfassungsgericht seine Ausführungen präzisiert oder der Gesetzgeber 47 VwGO ergänzt. Er begründete dies damit, dass in häufigen Fällen eine unzumutbare Vielzahl von Klagen erforderlich sei, um Rechtssicherheit zu erlangen. Den größten Diskussionsbedarf und teilweise auch Widerspruch rief der Vortrag von Prof. Dr. Walter Frenz, Leiter des Lehr- und Forschungsgebiets 1 Der stellvertr. Vorsitzende der AG Verwaltungsrecht Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen Dr. Hans-Jürgen Müggenborg. 2 Der Vizepräsident des Umweltbundesamtes Dr. Thomas Holzmann sagte, dass das gemeinsame inhaltliche Interesse und die gute Zusammenarbeit den Ausschlag für die Unterstützung des Umweltbundesamtes gegeben habe. 3 Referierten: Rechtsanwalt Dr. Ulrich Karpenstein (DAV-Umweltrechtsausschuss) und Monika Vees (Umweltbundesamt). Berg- und Umweltrecht an der RWTH Aachen, hervor, was angesichts der Aktualität des Themas seines Vortrages Die Verantwortlichkeit für Bergbaufolgeschäden infolge Grundwasserwiederanstiegs in der Region nicht überraschte. Auf dem Podium wurde am Nachmittag unter dem ketzerischen Titel Brauchen wir das UGB? diskutiert. Teilnehmer waren Prof. Dr. Walter Frenz, Prof. Dr. Annette Guckelberger (Uni Saarbrücken), Dr. Evelyn Hagenah (Umweltbundesamt) sowie Dr. Georg Strauch (Bundesverband der Deutschen Industie). Bereits nach den Kurzstatements der Diskutanten stand es 3:1 für das UGB, denn lediglich Dr. Strauch äußerte sich unter Hinweis auf die zu befürchtende Rechtsunsicherheit, an der die Industrie kein Interesse haben könne, skeptisch gegenüber dem Gesetzesvorhaben. Dem gegenüber betonten die anderen Podiumsteilnehmer, dass gerade in Zeiten, in denen das Umweltrecht schwächle, die Chance auf eine Kodifikation im Umweltrecht, für die durch Artikel 125 a GG ein Zeitfenster bis Ende 2009 eröffnet worden ist, trotz des Gegenwindes aufgrund widerstreitender Interessen genützt werden müsse. Prof. Frenz veranlasste die kontrovers geführte Diskussion zu dem versöhnenden Abschlusswort, dass der Beratungsbedarf aufgrund des UGB sich für die Rechtsanwälte genauso positiv auswirken werde, wie der Aufsatzbedarf für die Professoren. Rechtsanwältin Bettina Bachmann, Berlin Veranstaltung: MoMiG Das Gesetz Zum Inkrafttreten der GmbH-Reform veranstaltet die DAV-Arbeitsgemeinschaft Handels- und Gesellschaftsrecht in Kooperation mit der Deutschen Anwaltakademie am 5. November 2008 in Frankfurt am Main eine Tagung zum MoMiG. Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft erhalten Sonderkonditionen. 1. Norddeutsches Erbrechtsforum Gemeinsam mit dem Hamburgischen Anwaltverein bietet die Deutsche Anwaltakademie vom 28. bis erstmals ein Forum für den regionalen Austausch der im Erbrecht tätigen Anwältinnen und Anwälte aus dem Norden Deutschlands an. Neben der aktuellen Rechtsprechung wird ein Ausblick auf die Reform des FGG gegeben. Tue Gutes und rede darüber Auch für Anwaltskanzleien wird Öffentlichkeitsarbeit als Teil einer offensiven Marketingstrategie immer wichtiger. Micha Guttmann, Rechtsanwalt und Journalist, kombiniert allgemeine Informationen mit praktischen Übungen zum Umgang mit der Presse. Neues Seminarverzeichnis Im November 2008 ist das neue Seminarverzeichnis der Deutschen Anwaltakademie mit dem Programm für das erste Halbjahr 2009 erschienen. Sie haben es nicht erhalten? Kostenlos anfordern unter Arbeitsförderung Alle Fachanwaltslehrgänge sowie der Fachlehrgang Mediation der Deutschen Anwaltakademie sind zugelassene Weiterbildungsmaßnahmen für die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV) und können durch die Agenturen für Arbeit gefördert werden. AnwBl 11 /

46 Aus der Arbeit des DAV MN DAV-Gesetzgebungsausschüsse Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben Der Deutsche Anwaltverein begleitet aktuelle Gesetzesvorhaben auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. 33 Gesetzgebungsausschüsse des Deutschen Anwaltvereins erarbeiten und formulieren Stellungnahmen zu relevanten Gesetzesentwürfen. Das Anwaltsblatt weist regelmäßig auf wichtige Stellungnahmen der Ausschüsse hin. Alle Stellungnahmen finden Sie im Internet vertretung/stellungnahmen. Ausschuss Außergerichtliche Konfliktbeteiligung 9 Gesetzliche Regelung der Mediation? Der Deutsche Anwaltverein hat sich durch seinen Ausschuss Außergerichtliche Konfliktbeilegung anlässlich des 67. Deutschen Juristentags in Erfurt erneut gegen ein spezifisches Mediationsgesetz ausgesprochen. Wenn der Gesetzgeber tätig werden wolle, reichten wenige, punktuelle gesetzliche Änderungen. Sofern der Gesetzgeber den Parteien ein Mediationsverfahren erleichtern wolle, biete sich die Übernahme des Uncitral Model Law on International Commercial Concialition ( an. Dieses weitgehend dispostive Gesetze entspreche in seiner Systematik dem bereits im deutschen Schiedsverfahrensrechts übernommenen Uncitral Model Law on Arbitration. Wenn der Gesetzgeber die Mediationsrichtlinie für grenzüberschreitende Fälle durch ein Gesetz umsetze, sollte er nicht eine Teilregelung, sondern eine allgemeine Regelung schaffen. Ausschuss Berufsrecht 9 BRAO und Selbstverwaltung Der Deutsche Anwaltverein hat durch seinen Berufsrechtsausschuss zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht kritisch Stellung genommen. Der Entwurf führt wegen seiner punktuellen Änderungen in der BRAO nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins zu einer vermehrten Bürokratie und zu neuen Unübersichtlichkeiten. Der Deutsche Anwaltverein fordert daher seit mehreren Jahren eine Modernisierung und Überarbeitung der BRAO. Die im Entwurf vorgesehene Anknüpfung der Verwaltungsverfahren der BRAO an die Verwaltungsverfahrensgesetze und der gerichtlichen Verfahren an die Verwaltungsgerichtsordnung anstelle des wegfallenden FGG wird dennoch begrüßt. Ausschuss Anwaltsnotariat 9 Abschaffung diskriminierender Regelungen Der DAV hat durch den Ausschuss Anwaltsnotariat und den Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Anwaltsnotariat zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht Stellung genommen. Der DAV begrüßt die längst überfällige Modernisierung des notariellen Berufsrechts, sieht aber in einigen Punkten Verbesserungsbedarf. Insbesondere nutzt der DAV die Novellierung, um durch eigene Gesetzesvorschläge diskriminierende Regelungen für Anwaltsnotare zu benennen, die aus der Bundesnotarordnung verbannt werden sollten. Ausschüsse Strafrecht und Steuerrecht 9 Steuerhinterziehung und verdeckte Ermittlungen In seiner Stellungnahme zu den strafrechtlichen Änderungen im Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG begrüßt der Deutsche Anwaltverein durch die Ausschüsse Strafrecht und Steuerrecht die Aufhebung des 370a AO (siehe auch Stellungnahme Nr. 56/2001). 9 Verfolgung von Steuerstraftaten Der Deutsche Anwaltverein hat durch seine Ausschüsse Strafrecht und Steuerrecht die beabsichtigte Ausweitung der Verfolgungsverjährung bei Steuerstraftaten im Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2009 in einer Stellungnahme abgelehnt. Der Entwurf beabsichtigt eine Verdoppelung der Verfolgungsverjährung von fünf auf zehn Jahre. Durch die Angleichung an die zehnjährige steuerliche Festsetzungsfrist nach 169 Abs. 2 S. 2 AO führt die Neuregelung zu neuen Wertungswidersprüchen und mittelbar zu einer Strafverschärfung für Steuerhinterzieher. Ausschüsse Steuerrecht und Erbrecht 9 Erbschaftssteuerreformgesetz Zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftssteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftssteuerreformgesetz ErbStRG) hat der Deutsche Anwaltverein durch die Ausschüsse Steuerrecht und Erbrecht kritisch Stellung genommen. Ausschuss Steuerrecht 9 Verlustabzugsbeschränkungen Zu dem Entwurf des Schreibens des Bundesfinanzministeriums Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften ( 8c KStG) hat der Deutsche Anwaltverein durch den Steuerrechtsausschuss seine Stellungnahme abgegeben. Ausschuss Verkehrsrecht 9 Europaweite Verkehrsvorschriften Der Deutsche Anwaltverein hat durch den Verkehrsrechtsausschuss zu dem Vorschlag der EU-Kommission über den Erlass einer Richtlinie zur Erleichterung der grenzübergreifenden Durchsetzung von Verkehrsvorschriften (KOM(2008) 151 endgültig) Stellung genommen. Ausschuss Verwaltungsrecht 9 Verwaltungsverfahrensgesetz In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur verwaltungsrechtlichen Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie begrüßt der Deutsche Anwaltverein durch den Verwaltungsrechtsausschuss die Leitfunktion des Bundes im Verwaltungsrecht. Verbesserungsbedarf sieht der Deutsche Anwaltverein jedoch bei 25 Abs. 2 VwVfG-E, der den Gehalt der bewährten Regelung der 71 a ff. VwVfG nicht in ausreichender Weise übernimmt und 42a VwVfG-E (Genehmigungsfiktion). 756 AnwBl 11 / 2008

47 MN Aus der Arbeit des DAV AG Mietrecht und Immobilien/ AG Arbeitsrecht/AG Medizinrecht Neuer Auftritt im Internet Muster-Website des DAV umgesetzt 2008 ist das Jahr der neu gestalteten Internetauftritte der Arbeitsgemeinschaften Mietrecht und Immobilien sowie Medizinrecht und des erstmaligen Internetauftritts der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht. Der Deutsche Anwaltverein bietet sowohl den Arbeitsgemeinschaften als auch den örtlichen Anwaltvereinen seit neuestem die Möglichkeit, ihre Internetauftritte auf Grundlage einer Muster-Website zu optimieren. Diese ermöglicht es, eine Homepage jeweils individualisiert an die Bedürfnisse der Arbeitsgemeinschaft zu erstellen. Die Muster-Homepage orientiert sich an dem Design und den Funktionalitäten der Homepage des Deutschen Anwaltvereins und der Deutschen Anwaltauskunft. Womit es begann Das Angebot, auf die Musterhomepage als Grundlage für eine Optimierung der Homepage zurückzugreifen, nahm zunächst die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien des DAV an. Bereits im Sommer 2007 setzte sich ein kleines Team der Arbeitsgemeinschaft zusammen und entwickelte ein Konzept. Dabei sollten auch spezielle Bedürfnisse der Arbeitsgemeinschaften berücksichtigt werden, wie zum Beispiel die Präsentation der ehrenamtlich tätigen Mitglieder sowie der Mitgliederzeitschrift. Das Grundkonzept der AG Mietrecht und Immobilien, im Netz seit Januar 2008, haben auch die Arbeitsgemeinschaften Arbeitsrecht und Medizinrecht übernommen. Die Startseite der Musterhomepage ist so gestaltet, dass sie einen kurzen Überblick über die Leistungen der AG bietet, gleichzeitig aber benutzerfreundlich gestaltet ist, um sowohl die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft als auch potentielle Mandanten anzusprechen. Sehr zentral auf der Startseite befindet sich die Anwaltsuche. Dabei wird auf die bewährte Funktionalität der Deutschen Anwaltauskunft zurückgegriffen. Alle drei Arbeitsgemeinschaften wollen auch potenzielle Mandanten auf diese Anwaltsuche auf der Homepage aufmerksam machen: Daher werden von der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien seit Dezember 2007 sowie von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht und Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht seit diesem Jahr Pressemitteilungen herausgegeben. Sie besprechen Urteile oder geben Verbrauchertipps. Als Ansprechpartner werden die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft benannt. Diese Pressemitteilungen finden sich ebenfalls auf der Homepage. Selbstverständlich sind die drei Websites nicht identisch, da jede Arbeitsgemeinschaft verschiedene Angebote und unterschiedliche Bedürfnisse hat. So findet sich insbesondere auf der Website der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht, welche über acht verschiedenen Untergruppierungen für verschiedene Gebiete des Medizinrechts verfügt, eine zusätzliche Rubrik Arbeitsgruppen. Als Nebeneffekt dieser farblich ähnlichen Homepages muss auch die Förderung des Cooperate Designs des DAV erwähnt werden. Zufällige Besucher der Homepage erkennen so die Zugehörigkeit der Arbeitsgemeinschaft zum Deutschen Anwaltverein. Der Deutsche Anwaltverein macht schließlich mit seiner Werbekampagne gerade dieses Design bekannt, sodass bei Besuchern der Homepage ein Wiedererkennungseffekt entsteht. Rechtsanwältin Dr. Katharina Freytag, Berlin Die Websites der Arbeitsgemeinschaften sind abrufbar unter und Das Design der Musterhomepage des Deutschen Anwaltvereins orientiert sich an Es ist jetzt von drei Arbeitsgemeinschaften übernommen worden, so zum Beispiel von der AG Mietrecht und Immobilien. Die Websites richten sich aber nicht nur an Anwältinnen und Anwälte: Mandanteninformationen gehörenauchzumangebotundimstilderanwaltauskunft können potentielle Mandanten auch nach ihrem Anwalt suchen. AG Anwaltsnotariat Neue Internetpräsenz Parallel zum Erscheinen des Newsletters Anwaltnotar 2/2008 hat die Arbeitsgemeinschaft Anwaltsnotariat im Juni ihre von Grund auf neu gestaltete Internetseite frei geschaltet. Im modernen Design bietet die Arbeitsgemeinschaft Anwaltsnotariat ihren Mitgliedern maßgeschneiderte Informationen für die tägliche Praxis. Neben allen notarrelevanten Gesetzen und Richtlinien werden die Leser tagesaktuell mit Neuigkeiten aus Politik und Gesetzgebung informiert. Die Stellungnahmen, Tagungsberichte und Aufsätze stehen zum Download bereit. Darüber hinaus findet der Leser alle notarrelevanten Fortbildungsveranstaltungen. Über die aktuellen Ausgaben von Anwaltnotar hinaus sind auch ältere abrufbar. Eine benutzerfreundliche Seitenstruktur macht die Suche von Informationen kinderleicht. Schauen Sie mal rein, es lohnt sich! Rechtsanwalt Franz Peter Altemeier, Berlin Informationen zur Arbeitsgemeinschaft Anwaltsnotariat und zur neuen Website finden Sie unter AnwBl 11 /

48 MN Aus der Arbeit des DAV AG Handels- und Gesellschaftsrecht Von MoMiG & Co bis Compliance 3. Deutscher Handels- und Gesellschaftsrechtstag Die Arbeitsgemeinschaft Handels- und Gesellschaftsrecht hat mit dem Deutschen Handels- und Gesellschaftsrechtstag in Berlin ihre Jahrestagung bereits im dritten Jahr als feste Größe etablieren können. Mit gut 150 Teilnehmern aus dem In- und Ausland war die dritte Veranstaltung ausgebucht. Dies nicht ohne Grund, wie das Programm zeigt: Wie im vergangenen Jahr hielt das Einführungsreferat der für Gesellschaftsrecht zuständige Referent im Bundesjustizministerium, Prof. Dr. Ulrich Seibert. Er berichtete über aktuelle rechtspolitische Entwicklungen im Aktien- und GmbH-Recht, namentlich zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG). Der Gesetzgeber wird darin insbesondere den Aktiengesellschaften die Möglichkeit eröffnen, durch Satzungsregelung die Online-Teilnahme von Aktionären an der Hauptversammlung zuzulassen. Die Ausübung der mit der Teilnahme verbundenen Rechte (insbesondere Fragerecht, Stimmrecht, Widerspruch zur Niederschrift) auf elektronischem Wege kann die Satzung umfassend oder auch nur bezogen auf einzelne Rechte zulassen. Außerdem kann die Satzung künftig die Briefwahl vorsehen. Daneben stellte Prof. Seibert die europäische Privatgesellschaft, die Europa-GmbH, vor sowie die Fragenkreise im Zusammenhang mit einer etwaigen gesetzlichen Begrenzung der Managergehälter. Kapitalaufbringung und erhalt Die beiden folgenden Vorträge von Rechtsanwalt Dr. Dr. h.c. Georg Maier- Reimer (Oppenhoff & Partner, Köln) und Rechtsanwalt und Notar Prof. Rolf Rattunde (Kanzlei Leonhardt, Berlin) beschäftigten sich mit einem zentralen Thema der demnächst in Kraft tretenden GmbH-Reform, der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung nach dem MoMiG aus gesellschaftsrechtlicher und aus insolvenzrechtlicher Sicht. Beide Referenten sprachen mehr oder weniger deutlich auch Regelungslücken im Reformgesetz an. Mobilität der Unternehmensformen Kapital- und Personengesellschaften über die Grenze war das Thema der Vorträge von Prof. Dr. Eidenmüller (Ludwig-Maximilians-Universität, München) zum Zivilrecht und Rechtsanwalt Dr. Burkhard Binnewies (Streck Mack Schwedhelm, Köln) zum Steuerrecht, bevor es zu vollends international wurde mit dem auf Englisch gehaltenen Referat von Rechtsanwalt Martijn Steger (Kegler, Brown Hill & Ritter, Ohio/USA) über Cross-Border Transactions from a U.S. Perspective. Steger berichtete anschaulich und gut verständlich über den Erwartungshorizont amerikanischer Rechtsanwälte und Klienten bei Transaktionen, in die deutsche Kanzleien eingebunden sind. Er spannte dabei den Bogen von der konkreten Vertragsgestaltung bis zum Abrechnungsverhalten. Bilanzrecht Der Freitag schloss mit einem Vortrag von Prof. Dr. Georg Crezelius (Universität Bamberg) zu Bilanzierungs-, Prüfungs- und Publizitätspflichten, der rhetorisch fast kabarettistische Dimensionen erreichte, ohne dass es an inhaltlichem Tiefgang gefehlt hätte. Den Samstag eröffnete Rechtsanwalt Dr. Thomas Trölitzsch (Oppenländer Rechtsanwälte, Stuttgart) mit dem sehr praxisrelevanten Vortrag zum Gesellschafterstreit und insbesondere zum einstweiligen Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, gefolgt von Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Genzow (Graf von Westphalen, Köln) über aktuelle Entwicklungen im Handels- und Vertriebsrecht, bevor Dr. Andreas Neumann (GE Healthcare/Life Sciences, Uppsala/Schweden) die Tagung mit einem Vortrag zum Thema Compliance in International Business Transactions schloss. Rechtsanwalt und Notar Dr. Carsten Jaeger, Dortmund Informationen über die Arbeitsgemeinschaft Handels- und Gesellschaftsrecht finden sie im Internet unter AG Sozialrecht Die Säulen des Sozialrechts Intensivseminar in Griechenland Nach drei erfolgreichen Seminaren zum Seniorenrecht, zu den sozialen Rechten der jungen Familie und dem Rehabilitationsrecht, widmete sich in diesem Jahr das Intensivseminar der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht den Grundlagen des Allgemeinen Sozialrechts. Getagt wurde in Griechenland. Die Vizepräsidentin des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, Dr. Ricarda Brandts, zukünftige Richterin am Bundessozialgericht, sprach engagiert über die selbst beschaffte Leistung und den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Damit im engen Zusammenhang standen die Beiträge von Rechtsanwältin Dr. Gudrun Döring- Striening (Das Sozialleistungsverhältnis) und von Rechtsanwalt Ronald Richter (Das Sozialleistungserbringerverhältnis zum Sozialleistungsträger und Versicherten). Rechtsanwalt Jörg Addicks machte mit dem Problem der Durchbrechung bestandskräftiger Verwaltungsakte vertraut, in der täglichen Praxis wohl ein Dauerbrenner. Rechtsanwältin Bettina Schmidt ergänzte ihre Vorträge der vergangenen Studienreisen diesmal um einen Beitrag zum Personenversicherungsrecht, insbesondere unter der Berücksichtigung der Veränderungen im VVG seit dem Jahre Ergänzend zu diesen juristischen Vorträgen passte sehr gut der Vortrag von Dr. med. Wolfgang Hausotter zur Begutachtung somatoformer Störungen und chronischer Schmerzen, die in der Praxis der Begutachtung, insbesondere in Rentensachen, einen immer größeren Raum einnehmen. Die Themen waren gut gewählt und fanden bei allen Teilnehmern einen großen Anklang. Dank der ausgezeichneten Vorbereitungsarbeit durch Bettina und Christoph Schmidt und die für den inhaltlichen Teil verantwortlichen Mitglieder des geschäftsführenden Ausschusses, war auch diese, die vierte Studienreise, wieder ein voller Erfolg. Rechtsanwalt Ulrich Höcke, Bernau 758 AnwBl 11 / 2008

49 MN Aus der Arbeit des DAV DAV-Kooperationen Advocard Anwalts Liebling? Warum der DAV kooperiert Die Advocard Rechtsschutzversicherung AG mit rund 1,4 Mio. Kunden hat mit dem Deutschen Anwaltverein 2007 eine Kooperation der wechselseitigen Empfehlung vereinbart (AnwBl 2007, 272). Was ist das Besondere an dieser Rechtsschutzversicherung? Welche Gründe sind dafür ausschlaggebend, dass der DAV ausgerechnet mit dieser Versicherungsgesellschaft eine Kooperation abgeschlossen hat. Der Autor, Gründungsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht und bis zum September 2008 im Amt, gibt Antworten. Die Werbung in Anlehnung an eine Fernsehserie Liebling Kreuzberg bietet ebenso wenig Veranlassung zur Kooperation wie der naheliegende Webeslogan Advocard, die Rechtsschutzversicherung der Advokaten. Grund für die Zusammenarbeit ist vielmehr das Konzept dieses Rechtsschutzversicherers, der eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten anstrebt und diese als Erfüllungsgehilfen des Rechtsschutzversprechens ansieht. Advocard setzt auf persönliche Beratung Im Rechtsschutzmarkt treten immer mehr Rechtsschutzversicherer mit telefonischen Beratungshotlines an ihre Kunden heran und bewerben insoweit die Möglichkeit einer telefonischen Beratung zum Teil auch sehr massiv. Entgegen diesem Trend setzt Advocard nach wie vor auf die Tätigkeit einer Rechtsanwältin, eines Rechtsanwalts in örtlicher Nähe ihrer Kunden. DAV und Advocard wie auch Verbraucherschützer (Michael Wortberg oder Brigitte Mayer in Anruf genügt; Rechtsschutz- Hotline ; Handwerk Magazin 07, S. 74, 75) sind sich insoweit einig, dass telefonische Rechtsberatungen über juristische Hotlines in der Regel und spätestens dann, wenn es sich um komplexere Rechtsfragen handelt oder Unterlagen eingesehen werden müssen, das persönliche Beratungsgespräch mit einem Anwalt nicht ersetzen können. Wenn in diesem Zusammenhang bereits für das Jahr 2006 bei einem Untenehmen der Branche von rund telefonischen Anwaltsberatungen die Rede ist und andere Unternehmen Erfolgsquoten von 60 % oder gar 99 % bei der telefonischen Erledigung verkünden (Kurs, , S. 28; Rechtsschutzversicherung: Harte Bandagen ), so bedeutet dies im übrigen im Ergebnis nichts anderes, als dass alle diese Rechtsfälle nicht mehr auf dem freien Anwaltsmarkt zur Verfügung stehen, eine Entwicklung, die nicht nur der DAV, sondern auch die Anwaltschaft insgesamt mit Sorge betrachtet. Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz befürchtet, dass die Versicherer sicherlich nicht offensiv die Leute zum Anwalt schicken werden, sondern möglichst viele Fälle so beraten werden, dass die Rechtsschutzversicherer nicht eintreten müssen (Wortberg, aao). Demgegenüber setzt Advocard bei der Interessenwahrnehmung für ihre Versicherten von Beginn an also beginnend bereits mit der Beratungstätigkeit auf die Tätigkeit der örtlichen Anwaltschaft. In den Fällen, in denen Advocard nach einer Anwaltsbenennung gefragt wird, stellt Advocard entweder den direkten Kontakt zu Kanzleien her, in denen Mitglieder des DAV tätig sind oder leitet den Kunden telefonisch an die Anwaltssuche des DAV weiter. Advocard als Rechtsschutzkarte Die von Advocard vor nunmehr 20 Jahren entwickelte Rechtsschutzkarte dokumentiert nicht nur den Umfang des Versicherungsschutzes im Rahmen der jeweils zugrunde liegenden ARB, sondern sie enthält auch eine darüber hinausgehende Zusicherung. Wird eine Rechtsanwältin, ein Rechtsanwalt nach Vorlage der Karte durch den Mandanten in einem nach der Karte rechtsschutzversicherten Fall tätig und informiert Advocard zeitnah über die Beauftragung, so verzichtet Advocard z. B. für den Fall des Prämienverzuges oder bei einer zwischenzeitlich eingetretenen Risikoveränderung für die bis dahin bereits entstandenen Gebühren auf entsprechende Einwendungen. Dokumentiert also die Karte z. B. einen verkehrsrechtlichen Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz für den Mandanten, so übernimmt Advocard für ein Bußgeldverfahren auf jeden Fall Grund- und erste Verfahrensgebühr, auch wenn der Versicherungsschutz aufgrund Prämienverzuges gar nicht mehr besteht. Für eine bereits geleistete anwaltliche Tätigkeit ist damit der Gebührenanspruch gesichert, wenn Advocard unverzüglich von der Tätigkeit unterrichtet wird. Für weitergehende Gebührenansprüche wäre allerdings nur noch der Mandant der ausschließliche Ansprechpartner. Die Funktion der Karte wird weiter auch deutlich bei einem Anwaltswechsel. Bekanntlich bestehen keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen zwischen Rechtsanwalt und Rechtsschutzversicherer, der lediglich aufgrund des Versicherungsvertrages verpflichtet ist, den Versicherungsnehmer von Rechtsverfolgungskosten freizustellen. Bei einem Wechsel zu einem anderen Anwalt ist der Versicherungsnehmer daran interessiert, dass nicht der bisher tätige Anwalt seine Vergütung erhält, sondern vielmehr der nunmehr beauftragte Rechtsanwalt. Hier kann sich der zunächst beauftragte Anwalt, der im Vertrauen auf die vorgelegte Karte tätig geworden ist, auf die Übernahme seiner bereits entstandenen Gebühren vertrauen, auch wenn zum Zeitpunkt der zeitnahen Mitteilung an Advocard bereits ein anderer (zweiter) Anwalt vom Mandanten/Versicherungsnehmer beauftragt ist. Prüfung der Erfolgsaussichten und Korrespondenz im Rechtsschutzfall Wir alle wissen aus unserer täglichen Erfahrung, dass die Korrespondenz mit dem eintrittspflichtigen Rechtsschutzversicherer oft umfangreicher und ärgerlicher ist als die mit dem Gegner. Advocard verzichtet weitestgehend auf die Prüfung der Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung. Nach einer Mitteilung des Vorstandes der Advocard erfolgt eine Berufung auf fehlende Erfolgsaussichten tatsächlich nur in seltenen, missbräuchlichen Einzelfällen, die dem Vorstand weiter vor einer abschließenden Entscheidung vorgelegt werden müssen. Die Abstimmung einer Klageerhebung oder einer Berufungseinlegung gestalten sich mit Advocard erfahrungsgemäß insbesondere dann, wenn sich Sachverhalt oder geltend zu machende Ansprüche nicht wesentlich geändert haben, unproblematisch. Über Deckungsanfragen wird bei Advocard regelmäßig sehr zeitnah entschieden AnwBl 11 /

50 MN Aus der Arbeit des DAV und der Anwalt per Telefax informiert. Dass der Advocard auch von dritter neutraler Seite ( Wer ist Anwalts Liebling? ; Anwaltsbefragung; Finanztest 6/2006, S. 22) eine hohe Zufriedenheit der Anwälte attestiert wird, ist bei den allen bekannten sich verändernden Bedingungen im Bereich des Rechtsschutzversicherungsmarktes keine Selbstverständlichkeit. Beratungsrechtsschutz im Familienund Erbrecht Im Familien- und im Erbrecht ist in aller Regel bei Rechtsschutzversicherern der Versicherungsschutz auf den Beratungsbereich beschränkt. Dieser Versicherungsschutz entfällt jedoch ersatzlos, wenn der Rechtsanwalt in diesen Bereichen über eine Beratung hinaus tätig wird. Diese Regelung ist für die meisten Versicherungsnehmer unverständlich, die zwar bereit sind, die Differenz zwischen der Beratungsgebühr und der Tätigkeitsgebühr zu übernehmen. Für sie ist jedoch nicht einsehbar, dass der Beratungsrechtsschutz allein durch die anschließende Tätigkeit ersatzlos gestrichen wird. Advocard war der erste Rechtsschutzversicherer, der bereits seit vielen Jahren den erweiterten Beratungsrechtsschutz im Privat-Rechtsschutz anbietet, und zwar ohne jegliche Mehroder Zusatzprämie. Wird eine Rechtsanwältin, ein Rechtsanwalt in einem rechtsschutzversicherten familien- oder erbrechtlichen Vorgang über eine Beratung hinaus tätig, übernimmt Advocard eine halbe Gebühr zuzüglich Mehrwertsteuer, höchstens 520 E, gegebenenfalls unter Anrechnung bereits gezahlter Beratungskosten. Vorsorgliche Beratung Nach den ARB hängt der Versicherungsschutz vom Eintritt eines Versicherungsfalles ab, also einem Schadenereignis oder einer Veränderung der rechtlichen Situation des Versicherungsnehmers. Eine vorsorgliche Beratung ist und war hingegen grundsätzlich nicht versichert. Diese missliche Situation führt dazu, dass Mandanten, die um Rechtsrat nachsuchen, beispielsweise beim Kauf eines Hauses oder eines Kraftfahrzeuges, bei der Abfassung eines Testaments oder beim Abschluss eines Mietvertrages, keine Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Rechtsschutzversicherung haben. Das ein (Versicherungs-)Bedürfnis nach Abdeckung von Beratungskosten ohne das Vorliegen eines Versicherungsfalles im herkömmlichen Sinne besteht, ist in der Rechtsschutzbranche durchaus bekannt. Auf der anderen Seite ist aber ein Rechtsschutzrisiko, bei dem der Versicherungsnehmer den Rechtsschutzfall, hier sein Beratungsbedürfnis, gewissermaßen selbst bestimmen kann, gar nicht oder nur sehr eingeschränkt kalkulierbar. Sieht man einmal von einem einzigen weiteren Rechtsschutzversicherer ab, der sich allerdings auch insoweit bereits von Anfang an ausschließlich auf die telefonische Rechtsberatung über eine juristische Hotline fokussiert hat, war Advocard der erste Versicherer, der bereits ab seinen ARB 2005 einen vorsorglichen Beratungsrechtsschutz im privaten Bereich anbietet (Rechtsschutz-Plus). Versichert sind zwei Erstberatungen pro Versicherungsjahr, unabhängig vom Rechtsgebiet oder ansonsten einschlägigen Risikoausschlüssen und weiter ohne das Erfordernis des herkömmlichen Rechtsschutzfalles. Zu beachten ist lediglich eine dreimonatige Wartezeit. In konsequenter Ausrichtung auf die Tätigkeit eines Anwaltes vor Ort beschränken sich hierbei die Beratungsmöglichkeiten für Advocardkunden nicht auf telefonische Beratungen, sondern sie können sich auch beim Anwalt ihres Vertrauens direkt vor Ort beraten lassen ( Rechtsschutz; Was die Versicherer anbieten ; Handwerk Magazin 07, S. 75). Im Rahmen des Privat-Rechtsschutzes also ohne den Abschluss eines zusätzlichen Rechtsschutzbausteins bietet Advocard darüber hinaus einen Beratungsrechtsschutz im Bereich der Vorsorge in Form von Betreuungs- sowie Patientenverfügungen für Erstberatungen an. Auch hier bestimmt sich der Rechtsschutzfall unter Berücksichtigung einer dreimonatigen Wartezeit ausschließlich nach dem Beratungsbedürfnis des Versicherungsnehmers/ Mandanten. Schlussbetrachtung Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass in der Rechtsschutzbranche die Einrichtung von telefonischen Beratungshotlines als ein probates Mittel oder vielleicht sogar als das probate Mittel zur direkten Senkung der Schadenskosten angesehen wird ( Rechtsbeistand aus dem Hörer Assekuranz baut Konkurrenzangebot zu Kanzleien auf ; Financial Times Deutschland, , S. A2). Advocard ist somit die erste und einzige Rechtsschutzversicherung, die weitestgehend auf die Bedürfnisse des Praxis, insbesondere der Anwaltschaft ausgerichtet ist und unter anderem mit ihren Beratungsprodukten den Rechtsschutzkunden über die Hemmschwelle beim Betreten einer Anwaltskanzlei hinweghilft. Es liegt daher im Interesse der Anwaltschaft, dass dieser Rechtsschutzversicherer mit seinem auf die anwaltliche Tätigkeit ausgerichteten Deckungskonzept auch zukünftig im Rechtsschutzmarkt Erfolg hat. Insoweit gilt ausnahmsweise ein Satz der Werbung der Advocard: Wenn alle wüssten, wie gut sie ist, hätte sie jeder. Wenn ein Rechtsanwalt bei einem Beratungsgespräch einen bisher nicht rechtsschutzversicherten Mandanten auf die Möglichkeit des Abschlusses eines Rechtsschutzvertrages bei Advocard hinweist und es dann zum Vertragsabschluß kommt, beteiligt sich Advocard im übrigen an den Kosten der vorangegangenen Beratung mit 50 E (Einzelheiten unter dav). Obgleich Advocard angesichts einer in der Vergangenheit und über dem Branchendurchschnitt liegenden Schadenquote nicht alle Erwartungen der Anwaltschaft erfüllen kann, ist ihr Deckungskonzept anwaltsfreundlicher als das aller anderen Rechtsschutzversicherer; mag daher Advocard bei einigen Kolleginnen und Kollegen nicht mehr Anwalts Liebling sein, so ist diese Rechtsschutzversicherung immer noch Anwalts Beste. Rechtsanwalt Dr. Hubert W. van Bühren, Köln (Vorsitzender der AG Versicherungsrecht von 1996 bis September 2008) Informationen zur Kooperartion des DAV mit Advocard unter AnwBl 11 / 2008

51 MN Aus der Arbeit des DAV DAV und Amnesty International Anwälte helfen verfolgten Anwälten In diesem Heft: Anwälte auf den Philippinen Der Deutsche Anwaltverein unterstützt die Arbeit von Amnesty International. Im Anwaltsblatt werden regelmäßig Fälle von Anwältinnen und Anwälten vorgestellt, die sich auch unter schwierigen Bedingungen für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen auch wenn sie deswegen Gefahr laufen, in ihrer beruflichen Tätigkeit bis hin zu massiven Bedrohungen behindert zu werden. Auf den Philippinen herrscht seit über 35 Jahren ein teils bewaffneter Konflikt zwischen Regierungstruppen und kommunistischen Aufständischen. Trotz demokratischer Entwicklungen seit dem Sturz des diktatorischen Präsidenten Marcos im Jahr 1986 dauern die Kämpfe an. Auf Korruptions- und Wahlbetrugsvorwürfe reagierte die derzeitige Präsidentin, Gloria Macapagal Arroyo, mit der Verhängung eines Ausnahmezustandes. Die Verfolgung oppositioneller Gruppen hat seitdem ebenfalls wieder zugenommen. Philippinische Protestanten demonstrieren gegen die seit 35 Jahren bestehende Erklärung des Kriegsrechts (Martial Law), das durch den ehemaligen Diktator Ferdinand Marcos beschlossen wurde. Die Bevölkerung wünscht sich von der derzeitigen Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo, dass sie für friedliche Zustände sorgt (Foto: September 2007). Systematische Ermordungen Die Anzahl der Morde an politischen Aktivisten und an auf Gemeindeebene engagierten Bürgern ist in den letzten Jahren ständig angestiegen. Die Taten werden häufig durch Morddrohungen angekündigt. Fast immer werden die Opfer von Unbekannten erschossen, die auf Motorrädern flüchten. Die methodische Zielrichtung der Angriffe und der sich immer wiederholende Ablauf der Attentate lässt Amnesty International davon ausgehen, dass es sich dabei um ein Muster politisch gezielter, außerhalb jeden Rechts stehender Exekutionen handelt, die im Kontext einer kontinuierlichen Aufstandsbekämpfung stattfinden. Es herrscht zudem ein Klima der Straflosigkeit, das die Täter vor gerichtlicher Verfolgung schützt. Eine besonders gefährdete Berufsgruppe ist die der Anwälte und Richter. Allein im Zeitraum Januar 2001 bis Juni 2006 wurden 15 Anwälte und zehn Richter Opfer systematischer Morde. Die ermordeten Anwälte hatten sich für die Einhaltung der Menschenrechte eingesetzt und einfache Bürger, Fischer, Bauern, politische Aktivisten oder Angehörige indigener Bevölkerungen vertreten, meist als pro bono - Mandat. Auch die Richter waren nebenher als Menschenrechtsverteidiger tätig, hatten vor ihrer Berufung als Anwälte gearbeitet oder waren mit Fällen befasst, die Menschenrechtsfragen berührten oder die Stellung der Staatselite betrafen. Gefahr für Anwälte Seit Präsidentin Arroyo die Zerschlagung des kommunistischen Aufstandes durch das Militär zu einem der wichtigsten Ziele ihrer Amtszeit bis 2010 erklärt hat, ist die Gefahr für philippinische Anwälte größer als je zuvor. Ihre Namen tauchen auf Listen auf, auf denen sie als angebliche Anhänger kommunistischer Organisationen verzeichnet sind. Das setzt sie der Gefahr von Mordanschlägen aus: Die meisten der ermordeten Juristen waren vom Militär zuvor als kommunistische Aktivisten oder Staatsfeinde bezeichnet worden. Die von Präsidentin Arroyo zur Untersuchung der politischen Morde eingesetzte Kommission stellte nicht anders als der UN-Sonderberichterstatter für außergerichtliche Hinrichtungen Philip Alston eine Verwicklung des Militärs in die politischen Morde fest. Typisch ist der Fall der Ermordung des Rechtsanwalts und Stadtrats Abelardo Ladera. Er wurde am 4. März 2005 im Alter von 45 Jahren von einem nicht identifizierten Attentäter erschossen. Ladera hatte sich seit Jahren für die Rechte der Zuckerbauern eingesetzt und war nach einem Streik der Bauern, für dessen gewalttätigen Ausgang er verantwortlich gemacht wurde, von Militäroffizieren als Feind des Staates bezeichnet worden. Der Täter wurde nicht ermittelt. Druck aus dem Ausland Internationale aber auch philippinische Menschenrechtsorganisationen versuchen der Gefahr durch die Veröffentlichung der Schicksale der Berufkollegen zu begegnen. Das bringt durchaus Erfolge: So sah sich Präsidentin Arroyo im Juli 2006 veranlasst, die politischen Morde zu verurteilen. Sowohl die Regierung als auch das Oberste Gericht der Philippinen haben seitdem eine Reihe von Maßnahmen zur Beendigung der politischen Morde getroffen, wie die Bildung der Task Force Usig, einer Spezialeinheit der Polizei zur Verfolgung politischer Morde. Dennoch hat es nach den Informationen von AI noch keine gerichtliche Verurteilung eines Verantwortlichen für einen Mord an einem politischen Aktivisten gegeben. Den festgestellten Verwicklungen des Militärs in die politischen Morde ist nicht nachgegangen worden. Noch immer gibt es keinen effektiven Zeugenschutz. Die Gefahr für Juristen besteht bis heute fort: Am 14. Januar 2008 berichtete die Asian Human Rights Commission über den politischen Mord an dem Richter Roberto Navidad in Calbayog City. Die EU wird Ende 2008 eine Mission auf die Philippinen schicken, die Rechtshilfe leisten und Justiz und Polizei beraten soll. Nach wie vor ist internationaler Druck erforderlich, um die philippinische Regierung zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen anzumahnen. Auch Amnesty International wird seine Arbeit fortsetzen. Katrin Frauenkron und Jochen Range, Amnesty International Mit der Veröffentlichung der Fälle von Kolleginnen und Kollegen, die sich auch in schwierigen Situationen für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen, will der DAV einen Beitrag zu ihrem Schutz leisten. Wollen Sie sich auch ganz persönlich einsetzen? Nähere Informationen unter Dort finden Sie aktuelle Fälle von bedrohten Anwältinnen und Anwälten sowie Informationen, wie Sie sich engagieren können. Es sind im Anwaltsblatt bereits Beiträge erschienen über: Juri Markowitsch Schmidt, Russland (AnwBl 2006, 821), Organisation Lawyers für Human Rights, Zimbabwse (AnwBl 2007, 131), Digna Ochoa y Plácido, Mexiko (AnwBl 2007, 388) sowie Dr. Nasser Zarafshan und Abdolfattah Soltani, Iran (AnwBl 2008, 595). AnwBl 11 /

52 MN Aus der Arbeit des DAV DAV International 2. Legal Match Making Seminar Rechtsanwältin Dr. Malaika Ahlers, Berlin Personalien Neuer Obmann der Landesverbände Das zweite Treffen deutscher- und britischer Berufskollegen in Kooperation mit der Britischen Botschaft, dem britischen UK Trade & Investment, dem Institut der Deutschen Wirtschaftsprüfer sowie dem Deutschen Anwaltverein fand im Juni in Düsseldorf statt. Nach einer Veranstaltung im April 2008 in der Britischen Botschaft in Berlin hatten Anwälte aus kleinen und mittelgroßen Kanzleien sowie Wirtschaftsprüfer die Gelegenheit, nun Kontakte zu britischen Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfer aus dem Raum London zu knüpfen. Nach der Begrüßung durch den britischen Generalkonsul Dr. Peter Tibber sowie durch den Vertreter, UK Trade & Investment, des IDW und dem Deutschen Anwaltverein wurden die Themen Difficulties to be avoided by German businesses setting up in the UK and cultural/business differences between UK and Gemany, Business Partner Germany und Issued faced by businesses investing in the UK in Präsentationen von Veranstaltungsteilnehmern vertieft. Beim anschließenden Lunch im Wirtschaftsprüferhaus in Düsseldorf bestand bereits die erste Gelegenheit, persönliche Kontakte zu Berufskollegen zu knüpfen. Am Nachmittag fand ein so genanntes Speed- Dating statt, bei welchem die Teilnehmer Einzelgespräche mit interessierten Partnern führen konnten. Diese Einzelgespräche waren gut vorbereitet. Jede teilnehmende Kanzlei konnte Ihre Schwerpunkte im Vorfeld übermitteln und entsprechend Informationen der anderen Seite bekommen. Auch das gemeinsame Abendessen in der Residenz des britischen Generalkonsuls in Düsseldorf bot Gelegenheit, die an diesem Tag geknüpften Kontakte weiter zu vertiefen. Es kann festgehalten werden, dass diese Legal Match Making Seminare eine gelungene Möglichkeit sind, Kooperationsmöglichkeiten auszuloten und für die Zukunft aufzubauen. Rechtsanwalt Uwe Kappmeyer, Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen im DAV, wurde auf der Landesverbandskonferenz in Hamburg zum neuen Obmann der Landesverbände gewählt. In dieser Funktion ist Uwe Kappmeyer auch Mitglied im Vorstand des DAV. Rechtsanwalt Thomas Markworth, bisheriger Obmann der Landesverbände, konnte nach der Geschäftsordnung nach vier Jahren nicht wieder kandidieren. Uwe Kappmeyer ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Wirtschaftsmediator. Neuer Landesverbandsvorsitzender Rechtsanwalt Oliver Lentze, Magdeburg, wurde zum neuen Vorsitzenden des Landesanwaltvereins Sachen-Anhalt gewählt. Der bisherige Landesverbandsvorsitzende Rechtsanwalt Thomas Markworth hatte nicht wieder kandidiert. Markworth hatte dem Landesverband seit 2002 vorgestanden. Neue AG-Vorsitzende Rechtsanwältin Monika Maria Risch, Berlin, ist neue Vorsitzenden des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht. Sie folgt Rechtsanwalt Dr. Hubert W. van Bühren, der die Arbeitsgemeinschaft 1996 mitgegründet hat, ihr Gründunsvorsitzender war und sie bis September 2008 führte hat. Van Bühren kandidierte in der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Ende September nicht wieder für den Geschäftsführenden Ausschuss. Neue Vereinsvorsitzende Anwalt- und Notarverein Lübbecker Land: Rechtsanwalt Reinhard Lührmann hat den neuen Vorsitz des im März 2008 verstorbene Vorsitzenden Rechtsanwalt und Notar Eckhardt Possin übernommen, der den Verein seit 2003 führte. Der Anwalt- und Notarverein Lübbecke hat 62 Mitglieder und ist seit April 1961 Mitglied im Deutschen Anwaltverein. Ansbacher Anwaltsverein: Neuer Vereinsvorsitzender ist Rechtsanwalt Sebastian Gramsamer. Er löst Rechtsanwalt Norbert Kohla nach vierjähriger Amtszeit ab. Der Ansbacher Anwaltsverein wurde im Januar 1949 gegründet. Anwaltverein Königs Wusterhausen- Zossen: Rechtsanwalt Roman Petereins aus Königs Wusterhausen hat den Vorsitz des im März 2008 verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden Rechtsanwalt Claus Geßner übernommen. Der Anwaltverein Königs Wusterhausen hat 33 Mitglieder und wurde im Dezember 1992 gegründet. Auszeichnung von Anwälten Die Ehrenbezeichnung des Justizrats wird im Saarland und Rheinland-Pfalz an Rechtsanwälte verliehen und ist Zeichen der Anerkennung für besondere Verdienste und herausragenden Leistungen. Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz hat Rechtsanwalt Karl- Otto Armbrüster, Mainz, zum Justizrat ernannt. Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz hat Rechtsanwalt Dr. Ottmar Martini, Koblenz, zum Justizrat ernannt. Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz hat Rechtsanwalt Dr. Eric Leis, Koblenz, zum Justizrat ernannt. 762 AnwBl 11 / 2008

53 MNMeinung & Kritik Zwischen Qualitätssicherung, Marketing und Berufsfreiheit Sieben Thesen zur Fortbildungspflicht der Rechtsanwälte Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart, Düsseldorf Die Bundesrechtsanwaltsordnung sieht in 43 a Abs. 6 BRAO eine allgemeine Fortbildungspflicht für jeden Anwalt und jede Anwältin vor. Allerdings ist diese bewusst vom Gesetzgeber nicht näher ausgestaltet worden. Gegen diese Pflicht kann daher kaum verstoßen werden. Die Autorin plädiert dafür, dass die Satzungsversammlung eine Vorschrift aus der Berufsordnung der Steuerberater aufnehmen soll mit dem Ziel Verstöße gegen diese Pflicht ahnden zu können. Die Anwälte sollen verpflichtet werden, sich in dem Umfange fortzubilden, wie dies zur Sicherung und Weiterentwicklung der für ihre berufliche Tätigkeit erforderlichen Sachkunde notwendig ist. Die Satzungsversammlung wird sich in ihrer Sitzung am 14. November 2008 voraussichtlich mit der Fortbildungspflicht beschäftigen. Die Diskussion über anwaltliche Fortbildung reicht bis ins vorletzte Jahrhundert zurück. Schon unter der Geltung der Rechtsanwaltsordnung von 1878 wurde die Förderung der Fortbildung zu den gemeinschaftlichen Angelegenheiten des Anwaltsstandes gezählt, deren Wahrnehmung den Anwaltskammern oblag. 1 In der Anwaltsöffentlichkeit hat das Thema erst in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen. Das hängt mit einer Vielzahl von Faktoren zusammen, zu denen die auch im Dienstleistungsbereich in Mode gekommene Diskussion über Total Quality Management (TQM) und Zertifizierung, die zunehmende Komplexität des Rechts, der wachsende Konkurrenzdruck durch die große Zahl von Mitbewerbern und nicht zuletzt die erheblich gestiegenen Möglichkeiten, aber auch Anforderungen der Werbung gehören. Außerdem wird in Zeiten des Rechtsdienstleistungsgesetzes, das den Konkurrenzdruck auf die Anwaltschaft weiter verstärkt, das Thema Gemeinschaftswerbung immer wichtiger. Nur wenn es der Anwaltschaft gelingt, gemeinsame Interessen zu erkennen und zu vertreten, hat der Berufsstand als solcher die Möglichkeit, seine bisherige Marktposition zu behaupten. Dem rechtsuchenden Publikum muss vermittelt werden, dass der Rechtsanwalt wie kein anderer Dienstleister 9 unabhängig und loyal, 9 zu strenger Verschwiegenheit verpflichtet und berechtigt, 9 an der Vertretung widerstreitender Interessen gehindert 9 und vor allem umfassend ausgebildet und hoch qualifiziert ist. (Gleichbleibend) hohe Qualität kann aber nur ein Berufsstand für sich in Anspruch nehmen, dessen sämtliche (oder zumindest allermeiste) Angehörigen sich regelmäßig fortbilden. Und behauptete Qualität, die nicht unter Beweis gestellt und dokumentiert werden kann, taugt wenig als Marketingargument. Deshalb bieten sowohl der Deutsche Anwaltverein als auch die Bundesrechtsanwaltskammer Fortbildungszertifikate an, mit deren Erwerb und Aufrechterhaltung (!) die Mitglieder werben können. Und nicht zuletzt deshalb hat die Satzungsversammlung der Rechtsanwälte einen Ausschuss gebildet, der sich eigens mit dem Thema Fortbildung befasst. In der Kollegenschaft herrscht Einigkeit darüber, dass jeder Anwalt sich natürlich fortbilden muss. Niemand würde ohne Not zugeben (nicht vor sich selbst und schon gar nicht vor Dritten), sich nicht oder nicht hinreichend fortzubilden. Darüber, wie und in welchem Umfang man sich fortbilden kann/sollte/muss, gehen die Meinungen allerdings weit auseinander. Während manche glauben, Fortbildung setze den Besuch von Veranstaltungen und den hierbei möglichen Diskurs mit Kollegen voraus, 2 beharren andere darauf, nur im Selbststudium (durch Lesen von Fachliteratur) Wissen erwerben zu können. Wieder andere schwören auf die neuen Medien, die Video-Seminare, Online-Fortbildung und vieles andere mehr ermöglichen. Deutlich gehen auch die Meinungen darüber auseinander, wie weit die Fortbildungspflicht des Rechtsanwalts heute schon reicht, und ob sie sanktioniert ist bzw. sein sollte. Es geht hier um das alte Spannungsfeld zwischen der durch Art. 12 GG garantierten (Berufs-)Freiheit des einzelnen Anwalts einerseits und den Interessen des Berufsstands andererseits, deren Wahrung und Förderung die Auferlegung gewisser Zwänge notwendig machen. I. Die Gesetzeslage Jahrzehntelang wurde die Pflicht des Rechtsanwalts, sich fortzubilden, unter die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung ( 43 BRAO, 1 Abs. 1 S. 1 BORA) subsumiert. Erst im Zuge der Berufsrechtsnovellierung von 1994 entschloss sich der Gesetzgeber, die Fortbildung als Abs. 6 in den Katalog der beruflichen Grundpflichten des 43 a BRAO aufzunehmen. Laut Eylmann, dem damaligen Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, trug der Gesetzgeber damit der zunehmend aus der Anwaltschaft erhobenen Forderung Rechnung, der Fortbildungspflicht als unerlässlichem Mittel der Qualitätssicherung anwaltlicher Dienstleistungen einen höheren Stellenwert einzuräumen. 3 In der amtlichen Begründung 4 wird darauf hingewiesen, dass die Fortbildungspflicht als Qualitätssicherung anwaltlicher Leistung mit zu den Grundpflichten eines Berufsstandes gehöre, der als berufener Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten zur Verfügung stehe. Im Interesse des rechtsuchenden Publikums sei es erforderlich, präventiv dafür zu sorgen, dass sich der Rechtsanwalt selbst um die Qualität seiner Leistung und die Aktualisierung seiner Kenntnisse kümmere. Dafür komme vor allem die Pflicht zur Fortbildung in Betracht. Allerdings begnügte sich der Gesetzgeber damit, eine sehr allgemein formulierte Norm zu schaffen. 1 Friedlaender, Kommentar zur Rechtsanwaltsordnung, 3. Aufl. 1930, 48 Rdn AGH 1/05 Leitsätze abgedruckt in BRAK-Mitt. 2005, Eylmann, in: Henssler/Prütting, Kommentar zur Bundesrechtsanwaltsordnung, 43 a BRAO Rdn BT-Drucks. 12/4993, S. 28. Zwischen Qualitätssicherung, Marketing und Berufsfreiheit, Offermann-Burckart AnwBl 11 /

54 MN Meinung & Kritik These 1: Der Gesetzgeber hält es für erforderlich, im Interesse der Qualitätssicherung und damit im Verbraucherinteresse, die Fortbildungspflicht des Rechtsanwalts zu normieren. II. Die Berufsordnung Ein Blick in die anwaltliche Berufsordnung zeigt, dass sich dort zwar Präzisierungen von 43 a Abs. 1 bis 5 BRAO finden, ein Pendant zu Abs. 6 aber fehlt. Die Satzungsversammlung fühlte sich bislang nicht berufen, den Versuch einer näheren Ausgestaltung der Fortbildungspflicht zu unternehmen, weil ihr nach herrschender Meinung hierzu die Kompetenz fehlt. Was die Satzungsversammlung regeln darf, ergibt sich aus 59 b Abs. 2 BRAO, dessen Katalog nach einhelliger Auffassung abschließend, enumerativ, nicht erweiterungsfähig ist. 5 Und in den Nrn. 1 bis 9 des 59 b Abs. 2 ist die Fortbildung anders als z. B. die übrigen in 43 a normierten Berufspflichten nicht aufgeführt. Dass dieses Weglassen planmäßig und nicht etwa nur aufgrund eines gesetzgeberischen Versehens erfolgte, ergibt sich aus der amtlichen Begründung zu 59 b, 6 in der es heißt, es sei zwar richtig, die Fortbildung als Grundpflicht in 43 a BRAO zu normieren, doch sei es nicht angezeigt, dass diese Pflicht durch die Berufsordnung näher geregelt werden soll, weil dem einzelnen Rechtsanwalt die Art und Weise, wie er dieser Berufspflicht nachkommt, nicht vorgeschrieben werden soll. These 2: Der Gesetzgeber wollte dem Anwalt nicht vorschreiben bzw. durch die Satzungsversammlung vorschreiben lassen, wie er seiner in 43 a Abs. 6 BRAO statuierten Fortbildungspflicht im Einzelnen nachkommt. III. Zur Frage der Justiziabilität der Fortbildungspflicht Die Normierung einer Pflicht zur Fortbildung in der Bundesrechtsanwaltsordnung einerseits und das Fehlen einer näheren Ausprägung dieser Pflicht in der Berufsordnung andererseits führen zwangsläufig zu der Frage, ob Verstöße gegen die Pflicht überhaupt festgestellt und ggf. geahndet werden können. Hierzu finden sich in der Literatur unterschiedliche Meinungen, die von einem ja vielleicht bis zu einem auf keinen Fall reichen. 1. Die Befürworter einer Sanktionierbarkeit in Ausnahmefällen Feuerich/Weyland 7 meinen, eine Verletzung der allgemeinen Fortbildungspflicht aus 43 a Abs. 6 BRAO sei abstrakt nicht kontrollierbar und anwaltsgerichtlich nicht justiziabel, da dem Rechtsanwalt bestimmte Inhalte und Formen der Fortbildung nicht vorgeschrieben seien. Manifestiere sich allerdings die Verletzung der allgemeinen Fortbildungspflicht in konkreten Fehlleistungen, die als Verletzung des Mandatsvertrags erschienen und Schadensersatzansprüche des Mandanten auslösten, könne die dabei offenkundig werdende Verletzung der Fortbildungspflicht eines Anwalts, der sich z. B. nicht über Gesetzesänderungen und Änderungen der Rechtsprechung informiert habe, auch mit einer Rüge bzw. einer anwaltsgerichtlichen Maßnahme geahndet werden. In die gleiche Richtung gehen die Ausführungen von Eylmann 8, der allerdings noch stärker relativiert. Eine Verletzung der Fortbildungspflicht könne sich allenfalls in einer konkreten beruflichen Fehlleistung manifestieren, die eine Verletzung des Mandatsvertrags darstelle. Allerdings gebe es berufliche Fehler, die ihren Grund nicht in einer unterlassenen Fortbildung zu haben bräuchten. Zuweilen schlafe bekanntlich auch Homer. In vielen Fällen der zum Schadensersatz verpflichtenden Verletzungen des Mandatsvertrags werde es deshalb nicht möglich sein, zu entscheiden, ob die Verletzung der anwaltlichen Sorgfaltspflicht auf mangelnde Fortbildung zurückzuführen sei oder andere Ursachen habe. Sei aber eine Verletzung der Fortbildungspflicht eindeutig feststellbar, könne auch eine berufsrechtliche Sanktion verhängt werden. Gegenstand berufsrechtlicher Kontrolle sei in solchen Fällen nicht die inhaltliche Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit der Amtshandlung, sondern die in der Regel zeitlich vorhergehende Verletzung einer Berufspflicht, die sich in der Fehlleistung bei der Erfüllung zivilrechtlicher Pflichten lediglich manifestiere, indem sie diese auslöse. Es gehe in diesen Fällen nicht um Bummelei und Untätigkeit des Anwalts, die von der Generalklausel des 43 erfasst würden. Derartige Verstöße gegen äußere Berufspflichten seien zu unterscheiden von sichtbar gewordenen Versäumnissen in der Fortbildung, die nicht grob oder krass zu sein bräuchten, aber eindeutig nachgewiesen sein müssten. Da die Anwaltschaft selbst ein hochrangiges Interesse an der Qualitätssicherung der von ihr erbrachten Dienstleistung habe, sollten die für die Ahndung berufsrechtlicher Verstöße zuständigen Institutionen sich nicht scheuen, bei offen zu Tage liegenden Verletzungen der Fortbildungspflicht das ihnen zur Verfügung stehende Instrumentarium anwaltsgerichtlicher Maßnahmen anzuwenden. 9 Nicht zu verkennen sei dabei, dass auch nach der ausdrücklichen Statuierung einer Fortbildungspflicht das Haftungsrisiko das wirksamere Mittel zur Bekämpfung des anwaltlichen Schlendrians sei. 2. Die Gegenmeinung Die zahlreichen Vertreter der Gegenposition halten die Ahndung eines Verstoßes gegen die Fortbildungspflicht durch die Kammervorstände oder Anwaltsgerichte für faktisch unmöglich 10 oder angesichts der mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarenden Unbestimmtheit von 43 a Abs. 6 BRAO sogar für verfassungswidrig. 11 Den Vertretern dieser Meinung ist zuzugeben, dass bislang keine Entscheidung eines Kammervorstands oder Anwaltsgerichts bekannt geworden ist, durch die eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Fortbildungspflicht verhängt wurde. Eine entsprechende Nachweisführung dürfte schwierig, allerdings nicht unmöglich sein, wie die vielfältige Rechtsprechung zur Anwaltshaftung zeigt Vgl. hierzu nur Koch, in: Henssler/Prütting, aao, 59 b BRAO Rdn. 15 m. zahlr. w. Nachw. 6 BT-Drucks. 12/7656, S Kommentar zur Bundesrechtsanwaltsordnung, 43 a BRAO Rdn. 98 f. 8 AaO, 43a BRAO Rdn. 186 ff. 9 So auch Redeker, NJW 1987, Ahlers, BRAK-Mitt. 1995, 46; Kilger, AnwBl 1995, 435, 438; Kleine-Cosack, NJW 1994, 2249, Hartung, in: Hartung/Römermann, Kommentar zur Berufs- und Fachanwaltsordnung, 43 a BRAO Rdn Vgl. hierzu etwa Borgmann, BRAK-Mitt. 2001, AnwBl 11 / 2008 Zwischen Qualitätssicherung, Marketing und Berufsfreiheit, Offermann-Burckart

55 MN Meinung & Kritik Kritik fordern manche Verfechter des gänzlichen Fehlens einer Justiziabilität der Fortbildungspflicht dadurch heraus, dass sie die Pflicht als solche und die Frage, wie Fortbildung im konkreten Fall zu betreiben ist, in dogmatisch bedenklicher Weise miteinander vermischen. These 3: Wenn im Einzelfall (z. B. aufgrund eines Geständnisses 13 des betroffenen Rechtsanwalts) feststeht, dass die Fortbildungspflicht nachhaltig und mit negativen Auswirkungen für das rechtsuchende Publikum verletzt wurde, spricht nichts dagegen, diese Verletzung wie die Verletzung sonstiger Berufspflichten auch zu sanktionieren. IV. Bedeutung des bisherigen Befundes für die Praxis So weit, so gut könnte man denken. Sollen doch die Kammern und Anwaltsgerichte in Einzelfällen entscheiden, wie sie es für richtig halten. Und sollen doch die Anwälte sich fortbilden, wie und in welchem Umfang sie es für nötig halten. Eine so oberflächliche Betrachtungsweise verkennt jedoch, dass eine nicht konkretisierte, nicht sanktionierte und nicht ernst genommene Fortbildungspflicht als Qualitätsmerkmal und erst recht als Marketinginstrument untauglich ist. Schlimmer noch: Wer eine Pflicht, die nur bloßes Lippenbekenntnis ist, als Unterpfand von Qualität ins Feld führt, läuft Gefahr, sich der Unehrenhaftigkeit und der Lächerlichkeit preiszugeben. In der aktuellen tagespolitischen Diskussion wird die Einführung sog. Umweltzonen in den Städten u.a. deshalb kritisiert, weil es bislang (noch) an einer ernsthaften Kontrolle fehlt. Das böse Wort vom Pathoskatalog, mit dem Kleine-Cosack 14 die in 43 a BRAO niedergelegten Pflichten umschreibt, trifft zumindest auf die Fortbildungspflicht zu. Die Anwaltschaft kann von Glück sagen, dass die Regelung (oder besser gesagt Nicht-Regelung) ihrer Fortbildung in der Öffentlichkeit bislang noch nicht auf größeres Interesse gestoßen ist und keine Vergleiche etwa zwischen der Fortbildungspflicht der Kassenärzte und der der Anwälte angestellt werden. Dies kann sich aber jederzeit ändern, zumal die Anwaltschaft seit Inkrafttreten des RDG zum vermehrt im Wettbewerb mit Nicht-Berufsträgern steht, die es naturgemäß nicht gerne sehen, wenn die Anwaltschaft die Qualitätskarte spielt. These 4: Eine Fortbildungspflicht, die nicht mehr als bloßes Lippenbekenntnis ist, scheidet als Marketinginstrument aus und ist eher schädlich als nützlich. V. Wie steht der heutige Gesetzgeber zu dem Thema? Das Bundesjustizministerium hat Vorstößen der Bundesrechtsanwaltskammer zur Einführung eines transparenten und überprüfbaren Systems der Qualitätssicherung 15 bislang eine Absage erteilt. Es fehle an empirischem Datenmaterial zur Beurteilung der aktuellen Fortbildungssituation. Dieses sei aber unerlässlich, um zu beurteilen, ob die mit der Einführung einer näher konkretisierten und sanktionierten Fortbildungspflicht verbundene Freiheitsbeschränkung verfassungsgemäß wäre. 16 Außerdem wird in Zweifel gezogen, dass der mit einer reglementierten und sanktionierten Fortbildungspflicht zwangsläufig verbundene Kontrollaufwand, der von den Berufsorganisationen geleistet werden müsste, in angemessenem Verhältnis zur erhofften Qualitätssicherung bzw. Qualitätssteigerung stünde. 17 These 5: Der Gesetzgeber zeigt aktuell keine Neigung, 43 a Abs. 6 und/ oder 59 b Abs. 2 BRAO im Hinblick auf eine reglementierte und sanktionierte Fortbildungspflicht zu ändern bzw. zu ergänzen. VI. Wie weit reicht die Kompetenz der Satzungsversammlung tatsächlich? Unter Ziff. II wurde bislang nur der aktuelle Status der Berufsordnung beleuchtet, nicht aber hinterfragt, ob es sich hierbei schon um der Weisheit letzten Schluss handelt Abs. 3 BORA-E Die Satzungsversammlung hat in der Vergangenheit doch einmal den Versuch unternommen, in der Berufsordnung eine Fortbildungspflicht für ganz bestimmte Sachverhalte zu verankern. In der vierten Sitzung der 3. Legislaturperiode wurde am der Beschluss gefasst, 7 BORA, der die Angabe von Teilbereichen der Berufstätigkeit regelt, mit einem Abs. 3 zu versehen, der lautete: (3) Wer Teilbereiche der Berufstätigkeit benennt, ist verpflichtet, sich auf diesen Gebieten fortzubilden. Auf Verlangen der Rechtsanwaltskammer ist dies nachzuweisen. 18 Eine entsprechende Kompetenz leitete die Satzungsversammlung unausgesprochen aus 59 b Abs. 2 Nr. 3 BRAO her, wonach die Berufsordnung die besonderen Berufspflichten im Zusammenhang mit der Werbung und Angaben über selbst benannte Interessenschwerpunkte regeln kann. Das Bundesjustizministerium machte indes der Satzungsversammlung einen Strich durch die Rechnung und hob durch Bescheid vom (aufgrund von 191 e BRAO) 7 Abs. 3 BORA-E wegen fehlender gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage auf. Der Katalog des 59 b Abs. 2 BRAO enthalte keine ausdrückliche Befugnis, Regelungen zur anwaltlichen Fortbildung durch Satzung in der Berufsordnung zu treffen. Die Regelung zur Fortbildung in 7 Abs. 3 BORA-E könne nicht auf die Ermächtigung zur Regelung der Werbung oder auf einen anderen Kompetenztitel (etwa auf 59 b Abs. 2 Nr. 1 lit. a, der die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung regelt) gestützt werden. 19 Ermächtigungsnormen für Satzungsregelungen reichten nur so weit, wie der Gesetzgeber erkennbar selbst zu einer solchen Gestaltung des Rechts den Weg bereite. 13 Auch wenn dies unwahrscheinlich klingt: Es ist erstaunlich, wie entwaffnend offen sich Rechtsanwälte in ihren Stellungnahmen im Rahmen von Aufsichts- oder Anwaltsgerichtsverfahren mitunter äußern. 14 Kleine-Cosack, Kommentar zur Bundesrechtsanwaltsordnung, 43 a BRAO Rdn. 1; ders., NJW 1994, 2249, Vgl. etwa Eichele/Odenkirchen, BRAK-Mitt. 2005, 103, Franz, BRAK-Mitt. 2005, 106, Franz, BRAK-Mitt. 2005, 106, BRAK-Mitt. 2005, 183, BRAK-Mitt. 2005, 183, 184. Zwischen Qualitätssicherung, Marketing und Berufsfreiheit, Offermann-Burckart AnwBl 11 /

56 MN Meinung & Kritik Da es bei der aufgehobenen Bestimmung um den Versuch einer Regelung nicht nur des Ob, sondern des Wie ( auf diesen Gebieten, nämlich den benannten Teilbereichen der Berufstätigkeit) von Fortbildung ging, stellt sich aber dennoch die Frage, welcher Honig sich eventuell sonst aus 59 b BRAO saugen lässt. 2. Unmittelbare Anwendung von 59 b Abs. 1 BRAO? Hartstang 20 vertritt die Auffassung, die Kompetenz der Satzungsversammlung zur Regelung des Fortbildungsbereichs ergebe sich aus 59 b Abs. 1 BRAO. Diese Norm sei von eindeutiger Klarheit, weder auslegungsbedürftig noch -fähig, ergo sei das Nähere zur beruflichen Grundpflicht des Rechtsanwalts, sich fortzubilden, von der Satzungsversammlung zu bestimmen. Diese habe in der von ihr zu beschließenden Berufsordnung Regelungsbestimmungen festzuschreiben, die der konkreten, präventiven Ausgestaltung der Berufs-Grundpflicht des für den Anwaltsberuf nicht ausgebildeten Berufsanfängers dienten. 59 b Abs. 1 werde nicht etwa durch 59 b Abs. 2 BRAO eliminiert oder ausgehebelt, da 59 b Abs. 1 wie 43 a Abs. 6 ius cogens seien und nicht durch die Kannvorschrift des 59 b Abs. 2 ihre übergeordnete und bestimmende Normqualität verlören. Dem widerspricht allerdings die inzwischen absolut herrschende, oben schon dargestellte Meinung, wonach der Kompetenzkatalog des 59 b Abs. 2 BRAO abschließend und nicht erweiterbar ist Die Pflicht zu gewissenhafter Berufsausübung ( 43, 59 b Abs. 2 Nr. 1 lit. a BRAO) In dem Kompetenzkatalog des 59 b Abs. 2 lässt sich nur eine Regelung finden, die zumindest auf den ersten Blick passt. Nach 59 b Abs. 2 Nr. 1 kann die Berufsordnung näher regeln: die allgemeinen Berufspflichten und Grundpflichten, zu denen gem. lit. a die Gewissenhaftigkeit gehört. Und in der Tat ist wie eingangs schon erwähnt die Pflicht des Rechtsanwalts zur Fortbildung ja früher, d. h. vor Aufnahme eines Abs. 6 in 43 a BRAO, als Ausfluss der Pflicht verstanden worden, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben ( 43 S. 1 BRAO). 22 Die alten Standesrichtlinien (RichtlRA) begnügten sich damit, die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung zu wiederholen. Zuck 23 schreibt zu 1 RichtlRA, zur Qualitätsvorgabe gehöre die Qualitätskontrolle. Es könne nicht genügen, anwaltliches Handeln dem freien Wettbewerb zu überlassen. Vielmehr müsse präventiv dafür gesorgt werden, dass sich der Rechtsanwalt selbst um die Qualität seiner Leistung kümmere. Dafür komme vor allem eine Pflicht zur Fortbildung in Betracht. 24 Nun könnte man allerdings argumentieren, dass 43 a Abs. 6 BRAO lex specialis zu der Generalklausel des 43 BRAO ist und sich deshalb auch im Rahmen des Kompetenzkatalogs von 59 b Abs. 2 ein Rückgriff auf die Grundpflicht, den Anwaltsberuf gewissenhaft auszuüben, verbietet. So ist der Klammerzusatz in dem zitierten Bescheid des Bundesjustizministeriums vom zu verstehen. An dieser Stelle wäre man nun für einen Moment geneigt, endgültig die Feder beiseite zu legen und sich geschlagen zu geben. Doch darf man nicht aus dem Blick verlieren, dass der Gesetzgeber sich (bei den Rechtsanwälten diese Einschränkung wird sogleich noch eine besondere Bedeutung erhalten) nur dagegen ausgesprochen hat, die Art und Weise zu regeln, wie der Fortbildungspflicht genügt wird (vgl. These 2). Die Einführung eines Fortbildungskatalogs 25 oder eines Modulsystems, wie der Ausschuss 6 (heute Ausschuss 5) der Satzungsversammlung es in der 3. Legislaturperiode einmal angedacht hatte, oder auch die Vorgabe, dass auf ganz konkreten Rechtsgebieten (etwa denjenigen, auf denen Teilbereiche der Berufstätigkeit benannt werden vgl. oben Ziff. VI.1.) Fortbildung betrieben werden muss, wären deshalb nicht möglich. Wenn der Rechtsanwalt aber tut, was er nicht kann, 26 ist dies egal, ob sein Unvermögen auf unzureichender einschlägiger Ausbildung oder fehlender Fortbildung beruht ein Verstoß gegen die Pflicht zu gewissenhafter Berufsausübung. Einen solchen Verstoß in der Berufsordnung zu benennen und zu sanktionieren, bedeutet auch wenn der Verstoß gegen eine allgemeine Fortbildungspflicht hier naturgemäß mit angesprochen ist etwas anderes, als Fortbildung zu regeln und dem Anwalt diesbezüglich konkrete Verhaltensvorgaben zu machen. These 6: Die Tatsache, dass die Normierung der Fortbildungspflicht in 43 a Abs. 6 BRAO lex specialis zu der allgemeinen Pflicht zu gewissenhafter Berufsausübung in 43 ist, schließt es nicht aus, die Annahme eines Mandats trotz fachlichen Unvermögens als Verstoß gegen die Pflicht zu gewissenhafter Berufsausübung zu werten, egal ob das Unvermögen auf fehlender Ausbildung, fehlender Fortbildung oder einem sonstigen Grund beruht. 4. Das Berufsrecht der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Verlässt man die reine Nabelschau und blickt über den Tellerrand des eigenen Berufsstandes hinaus, findet man diese These sogleich bestätigt. a) Die Situation bei den Steuerberatern Eine Berufsgruppe, die der der Rechtsanwälte nahe steht, sind die Steuerberater. Und ein Blick in das Berufsrecht der Steuerberater ergibt einen erstaunlichen Befund: Derselbe Gesetzgeber, der eine Konkretisierung und Sanktionierung der Fortbildungspflicht der Rechtsanwälte als undurchführbar ablehnt und eine entsprechende Regelungskompetenz der Satzungsversammlung verneint, vertritt allerdings nach Vorbereitung durch ein anderes Ministerium, nämlich das Bundesfinanzministerium in der amtlichen Begründung zur 8. Steuerberatungsgesetzänderung die geradezu gegenteilige Auffassung Berliner Anwaltsblatt 1996, 30, Vgl. oben Ziff. II. und Fn Vgl. in diesem Sinne zu der in 28 der Rechtsanwaltsordnung von 1978 enthaltenen Generalklausel Friedlaender, aao, 28 Rdn. 5; und aktuell z. B. Eylmann, aao, 43 a BRAO Rdn Zuck, in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, Kommentar zu den Grundsätzen des anwaltlichen Standesrechts, 2. Aufl. 1988, 1 Rdn Zuck, aao, 1 Rdn. 8, schlägt deshalb vor, 1 Abs. 1 der Richtlinien wie folgt zu ergänzen: Der Rechtsanwalt, der seinen Beruf ausübt, ist verpflichtet, sich in dem Umfang beruflich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Entwicklung der zur Ausübung seines Berufs erforderlichen Sachkunde nötig ist; die Fortbildung muss er gegenüber seiner Rechtsanwaltskammer in geeigneter Form nachweisen können. Vgl. grundsätzlich zustimmend Redeker, NJW 1987, 304, Vgl. hierzu Kilger, AnwBl 1995, 435, Vgl. zu dieser Formulierung van Bühren, KammerForum der Rechtsanwaltskammer Köln, 4/2008, Editorial. 27 BT-Drucks. 16/7077 v , S AnwBl 11 / 2008 Zwischen Qualitätssicherung, Marketing und Berufsfreiheit, Offermann-Burckart

57 MN Meinung & Kritik Was ist geschehen? In das 8. StBÄndG vom , das am in Kraft getreten ist, wurde ein neuer 57 Abs. 2 a aufgenommen, der ebenso lapidar wie 43 a Abs. 6 BRAO bestimmt: (2a) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sind verpflichtet sich fortzubilden. In der Begründung, in der der Gesetzgeber zunächst auf die Fortbildung der Rechtsanwälte rekurriert, heißt es zur Frage der Sanktionierung aber keineswegs, die Fortbildungspflicht sei nicht sanktioniert. Vielmehr liest man: Die Fortbildungspflicht ist nicht gesondert sanktioniert. Ihre Verletzung kann aber mit den allgemeinen berufsrechtlichen Maßnahmen geahndet werden. Hier wird also ganz anders als bei den Rechtsanwälten ausdrücklich Bezug genommen auf die Berufsordnung der Steuerberater und die darin geregelten berufsrechtlichen Maßnahmen. Die Pflicht zur Fortbildung sei, so der Gesetzgeber ausdrücklich, in 4 Abs. 2 BOStB geregelt. Diese (kluge) Norm lautet unter der Überschrift Gewissenhaftigkeit u.a.: (1) Steuerberater haben ihren Beruf gewissenhaft auszuüben. (2) Sie dürfen einen Auftrag nur annehmen und ausführen, wenn sie über die dafür erforderliche Sachkunde und die zur Bearbeitung erforderliche Zeit verfügen. Sie sind verpflichtet, sich in dem Umfange fortzubilden, wie dies zur Sicherung und Weiterentwicklung der für ihre berufliche Tätigkeit erforderlichen Sachkunde notwendig ist. Die Berufsordnung der Steuerberater wird wie die der Rechtsanwälte durch die Satzungsversammlung, hier natürlich die Satzungsversammlung der Steuerberater, erlassen. Diese ist gem. 86 Abs. 3 StBerG Organ der Bundessteuerberaterkammer. Welche Regelungen die Satzung enthalten darf, ergibt sich aus 86 Abs. 4, der wie 59 b Abs. 2 BRAO einen Kompetenzkatalog enthält, welcher allerdings, wie das Wort insbesondere verdeutlicht, nicht abschließend ist. Nr. 1 des Katalogs benennt die unabhängige, eigenverantwortliche und gewissenhafte Berufsausübung. Der Begriff Fortbildung ist an keiner Stelle ausdrücklich erwähnt. Der dargestellte Befund ist deshalb so erstaunlich, weil er zeigt, wie unterschiedlich völlig vergleichbare Sachverhalte geregelt sein können. Verwunderlich ist außerdem, dass der Gesetzgeber bei Schaffung einer neuen bundesrechtlichen 28 BGBl. I S Die Norm lautet: (1) Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer sind verpflichtet, sich fachlich fortzubilden ( 43 Abs. 2 S. 4 WPO). Die Fortbildung soll die Fachkenntnisse, die Fähigkeit zu ihrer Anwendung sowie das Verständnis der Berufspflichten auf einem ausreichend hohen Stand halten. Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer erfüllen ihre Fortbildungsverpflichtung durch Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen als Hörer oder als Dozent sowie durch Selbststudium. (2) Zu den Fortbildungsmaßnahmen gehören Fachveranstaltungen (Vorträge, Seminare, Diskussionsgruppen oder ähnliche Veranstaltungen). Unerheblich ist, ob sie durch Dritte oder durch die Praxis selbst organisiert und ob sie der Öffentlichkeit oder nur Mitarbeitern der Praxis zugänglich sind. Zu den Fortbildungsmaßnahmen gehört auch die Absolvierung von IT-gestützten Fachkursen (E-Learning, Web-based Training), wenn die Dauer der Teilnahme nachgewiesen werden kann. Der Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen gleichgestellt sind die schriftstellerische Facharbeit, die Tätigkeit in externen oder praxisinternen Fachgremien sowie die Tätigkeit eines Dozenten an Hochschulen. (3) Zum Selbststudium gehört insbesondere das Lesen von Fachschrifttum. (4) Die Fortbildung muss sich auf die in 2, 129 WPO benannten Tätigkeiten beziehen und geeignet sein, die in Abs. 1 S. 2 genannten Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern. Sie soll ihren Schwerpunkt in der ausgeübten oder beabsichtigten Berufstätigkeit des Wirtschaftsprüfers/vereidigten Buchprüfers haben. Bei Wirtschaftsprüfern/vereidigten Buchprüfern, die Abschlussprüfungen vornehmen, muss die Fortbildung in angemessenem Umfang die Prüfungstätigkeit ( 2 Abs. 1, 129 Abs. 1 WPO) betreffen. (5) Die Fortbildung soll einen Umfang von 40 Stunden jährlich nicht unterschreiten. Hiervon müssen 20 Stunden auf die in Abs. 2 genannten Fortbildungsmaßnahmen entfallen; diese sind unter Bezeichnung von Art und Gegenstand für Nachweiszwecke zu dokumentieren. Die Mindeststundenzahl nach S. 2 kann auch durch Fortbildungsmaßnahmen nach 57 a Abs. 3 S. 2 Nr. 4 WPO erbracht werden. Norm ausdrücklich die Gültigkeit und Verbindlichkeit einer älteren ohne sehr konkrete Grundlage erlassenen Satzungsvorschrift bestätigt, während er in einem korrespondierenden Fall einer viel autonomer (nämlich nicht nur als Organ der Bundesrechtsanwaltskammer) handelnden Satzungsversammlung die Kompetenz zur Schaffung einer entsprechenden Satzungsregelung auf der Basis einer schon bestehenden bundesrechtlichen Vorschrift abspricht. Würde sich das Publikum für diese Feinheiten des Berufsrechts interessieren, käme es zweifellos zu dem Schluss, dass die Fortbildungspflicht der Steuerberater besser und strenger geregelt sei als die der Rechtsanwälte. b) Die Situation bei den Wirtschaftsprüfern Auch die Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer enthält eine konkrete Regelung der Fortbildungspflicht. Der Grundsatz findet sich in 43 Abs. 2 S. 4 WPO, in dem es unter der Überschrift Allgemeine Berufspflichten heißt: Er (der Wirtschaftsprüfer) ist verpflichtet, sich fortzubilden. Die Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer enthält in 4 a eine sehr dezidierte Ausgestaltung dieses Grundsatzes. 29 VII. Ergebnis These 7: Die Satzungsversammlung sollte Mut fassen und in die Berufsordnung eine Vorschrift vergleichbar der des 4 Abs. 2 BOStB aufnehmen. Falls das Bundesjustizministerium widerspricht, muss der Gesetzgeber involviert und nötigenfalls um Erläuterung gebeten werden, warum die Dinge bei Steuerberatern und Rechtsanwälten so unterschiedlich gehandhabt werden. Eine dem 4 Abs. 2 BOStB entsprechende Regelung würde sicherstellen, dass jeder Rechtsanwalt nach wie vor entscheiden kann, in welchem Umfang und auf welche Weise er sich fortbildet. Die Handlungsanweisung wäre allerdings bedeutend konkreter als sie es jetzt ist, weil deutlich gemacht würde, dass ein Mandat abgelehnt werden muss, wenn z. B. wegen unterbliebener Fortbildung die Sachkunde fehlt. Noch mehr Mut bzw. Innovationskraft würde die Satzungsversammlung beweisen, wenn sie folgenden Passus anfügte: In einem Aufsichtsverfahren, in dem fehlende Sachkunde dem Rechtsanwalt vorgeworfen wird oder zu Tage tritt, kann die Rechtsanwaltskammer entsprechende Nachweise verlangen. Dass an diese Nachweise keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen und sollen, versteht sich von selbst. Notfalls würde auch die anwaltliche Versicherung ausreichen, bestimmte Fachliteratur gelesen zu haben. Dr. Susanne Offermann-Burckart, Düsseldorf Die Autorin ist Rechtsanwältin und Hauptgeschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf. Sie erreichen die Autorin unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. Zwischen Qualitätssicherung, Marketing und Berufsfreiheit, Offermann-Burckart AnwBl 11 /

58 MN Meinung & Kritik Zerplatzte Fortbildungsträume Umstrittene Normierung der Fortbildungspflicht Rechtsanwalt Dr. Michael Kleine-Cosack, Freiburg i. Br. Europaweit wird in der Anwaltschaft über die Ausgestaltung von Fortbildungspflichten diskutiert. Auch in Deutschland zerbrechen sich vor allem die Vertreter der Kammern und ihre Repräsentanten in der Satzungsversammlung den Kopf über die Einführung einer allgemeinen, sanktionsbewehrten Berufspflicht. Nachdem der Gesetzgeber abgewinkt hat, soll nun die Satzungsversammlung einen neuen Anlauf unternehmen. Der Autor wirft den Befürwortern vor, nicht nur die verfassungsrechtlichen Bedenken klein zu reden, sondern in typisch juristischer, normidealistisch beschränkter Sicht auch die tatsächlichen Probleme genereller kammerkontrollierter Fortbildungspflichten auszublenden. Er widerspricht damit zugleich der gegenteiligen Ansicht von Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart. I. Problematik Die Diskussion um die Fortbildung der Rechtsanwälte muss vor dem Hintergrund des dramatischen Abbaus des einst von der Bundesrechtsanwaltskammer angehäuften Pflichtenbergs der Standesrichtlinien in den letzten Jahren gesehen werden. Es gibt heutzutage kaum noch anwaltsspezifische Berufspflichten, zumal die Schweigepflicht sowie der Parteiverrat gesetzlich geregelt sind und vorrangig strafrechtlich verfolgt werden. Die Satzungsversammlung leidet seit fast acht Jahren unter notorischer Unterbeschäftigung; 1 neue Berufspflichten sind nicht in Sicht 2 und den überfälligen Abbau noch vorhandener verfassungswidriger oder überflüssiger Berufspflichten wie z. B. der 6 bis 10 BORA überlässt man traditionell den Gerichten. Wenn aber keine neuen Berufspflichten erfunden werden, dann so freimütig der frühere Präsident der Bundessteuerberaterkammer bestehe die große Gefahr, dass der bisher unkritisch verteidigte bzw. tabuisierte 3 rechtspolitisch jedoch schlicht antiquierte Sonderstatus kostspieliger Kammern bzw. einer Satzungsversammlung in Frage gestellt wird. 4 Es sollte aber Einigkeit dahingehend bestehen, dass neue Berufspflichten nicht geschaffen werden können zwecks Stabilisierung der Einrichtungen, welche ihre Einhaltung überwachen sollen. II. Qualitätsdefizite Die Statuierung von Fortbildungspflichten kann insoweit besteht Einigkeit nur das berufspolitische Ziel haben, die Qualität der anwaltlichen Dienstleistungen zu steigern. Mit der Einführung von Fachanwaltschaften und der Freigabe des Werbeverbots wurden zwar bedeutsame Schritte in Richtung auf eine Qualitätssteigerung durch Spezialisierung geleistet. Sie sind jedoch keinesfalls ausreichend. Die Qualitätsdefizite in der Anwaltschaft werden unfreiwillig immer wieder sichtbar auch im eigenen Berufsrecht der Advokaten. Schließlich haben ihre Vertreter in den Kammern und der Satzungsversammlung in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder zu erkennen gegeben, wie wenig sie sich im Berufsrecht, dem Verfassungsrecht und Europarecht auskennen. Die Fähigkeit zum Beschluss von Satzungsnormen, welche mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, die Verteidigung von Gesetze bis zum letzten Atemzug (wie z. B. zur Rechtsberatung oder zum Zweigstellenverbot) können nur betroffen machen. Die Chronik ist bestens bekannt oder zumindest nachlesbar. 5 Auch die Qualität der Bescheide der Kammern lässt oftmals bedingt auch durch ehrenamtliche Unprofessionalität wenig Fortbildung erkennen. III. Hauptursachen der Defizite So unverzichtbar eine individuelle, freiwillige Fortbildung des einzelnen Rechtsanwalts auch aus Wettbewerbs- wie aus Haftungsgründen ist, so wenig vermag aber eine allein in Rede stehende normierte und durch die Kammern kontrollierte entsprechende Pflicht zur Fortbildung den Grundübeln des Qualitätsdefizits der deutschen Anwaltschaft abzuhelfen. Es besteht schließlich einmal darin, dass auf Grund der unzureichenden Universitäts- und Referendarausbildung massenhaft Juristen zur Anwaltschaft zugelassen werden, welche nicht über den dazu erforderlichen Leistungsstandard verfügen. Dieses mit dem Ausbildungsdefizit verbundene Qualitätsdefizit der breiten Anwaltschaft wird aber keine noch so gut gemeinte Fortbildungspflicht beseitigen. Schließlich ist insoweit nur auf den Weisheitsgehalt des bekannten Spruchs zu verweisen: Was Hänschen nicht gelernt hat, wird Hans nimmer lernen. Jede normierte Fortbildung kann daher allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein sein, deren bloße Alibifunktion ihr Eignungsdefizit indiziert. Die maßgeblichen Probleme werden damit keinesfalls gelöst sondern allenfalls verdeckt. Das ausbildungsbedingte Qualitätsdefizit wird nach Aufnahme der Anwaltstätigkeit im Übrigen erhöht durch die nahezu grenzenlose Zweitberufsfreiheit, welche nur noch in Maklerfällen sowie im öffentlichen Dienst eingeschränkt ist. 6 Ein großer Teil der zugelassenen Rechtsanwälte geht nur in geringem Umfang einer anwaltsspezifischen Tätigkeit nach. Die Zweiberufsfreiheit hat vielfach zur Folge, dass auf Grund nicht juristischer Zusatztätigkeiten vielfach Rechtsanwälte ohne die erforderliche Professionalität agieren. Nicht einmal die Anwaltschaft beim BGH ist von der Defizitschwäche ausgenommen, treten bei diesem Gericht auf Grund der antiquierten Zulassungssperre zum Nachteil der Rechtspflege und der Mandanten bisher keineswegs nur die besten der ca Vgl. Kleine-Cosack, AnwBl 2007, 409; ders., BRAO, 5. Aufl. 2008, 191 a Rn 3 f. 2 Hensslers Rolle rückwärts mit dem unpolitischen Plädoyer für neue berufsethische Richtlinien ist ein sichtbares Zeichen für das Defizit an Berufspflichten. 3 Beispielhaft unkritisch Kilger, AnwBl 2008, Er räumte den Zusammenhang von Existenzberechtigung und Bestrebungen nach einer Fortbildungskompetenz der Kammern ein, wenn er formulierte: Zwar ist derzeit die Existenz der Kammern Freier Berufe mit Pflichtmitgliedschaften national wie europaweit außer Streit. Diese Feststellung ist erst jüngst in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Zukunft der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern der Freien Berufe vom 28. Mai 2004 getroffen worden, in der sie mitteilt, nicht zu beabsichtigen, die Pflichtmitgliedschaft in den Berufskammern insgesamt oder auch nur in Teilbereichen aufzuheben. Darüber hinaus sieht die Bundesregierung auch europarechtlich den Status der Kammern nicht in Frage gestellt. Gleichwohl können im nationalen wie im internationalen Bereich jederzeit Entwicklungen eintreten, die wie die Debatte über die Auflösung bzw. Zusammenlegung von Oberfinanzdirektionen zeigt auch das Existenzrecht der Berufskammern respektive der Steuerberaterkammern berühren können. Aus diesem Grunde ist es notwendig, die Steuerberaterkammern durch Übernahme neuer Aufgaben und Tätigkeitsfelder zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Selbstverwaltung zu machen. 5 Vgl. nur Kleine-Cosack, BRAO, 5. Aufl. 177 Rn. 7 f. 6 Vgl. ausf. Kleine-Cosack, BRAO, 7 Rn. 32 ff. 768 AnwBl 11 / 2008 Zerplatzte Fortbildungsträume, Kleine-Cosack

59 MN Meinung & Kritik deutschen Anwälte in Zivilsachen auf. 7 Dieses manifeste Defizit wird hingenommen, obwohl es unzweifelhaft nur eine Frage der Zeit ist, wann diese Beschränkungen fallen. Anstatt jedoch realistisch und effektiv qualitätsorientierte Berufsrechtspolitik zu betreiben, wird von den Anwaltsorganisationen mangels Konzept und Courage 8 eine Art Vogel- Strauß-Politik betrieben. Die eigentlichen Probleme bleiben ausgespart. Stattdessen besteigt man lieber das Traumschiff der Fortbildung, obwohl es zur Lösung der Qualitätsproblematik keinen Beitrag leisten, sondern allenfalls die eigene politische Handlungsunfähigkeit verschleiern kann. Man träumt von einer schönen Norm, deren bloße Existenz die sichtbaren Risse im Qualitätsbild der Anwaltschaft verdecken soll. Verharrt man jedoch in derartigen Träumen, dann kann es jedoch nur ein böses Erwachen geben. IV. Rechtspolitische und verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine normierte Fortbildungsberufspflicht Gegen die Statuierung sanktionierter Fortbildungspflichten für Rechtsanwälte sprechen schließlich massive rechtspolitische Bedenken, denen weitgehend eine verfassungsrechtliche Relevanz zukommt. Die Satzungsversammlung sollte sie nicht ein weiteres Mal negieren, nachdem sie sich in der Vergangenheit immer wieder darüber hinweggesetzt hat getreu dem Motto: Verfassungsrecht vergeht, Standesrecht besteht. (erinnert sei nur an die Kassationen der 3, 6, 7, 11 BORA oder ausnahmsweise durch den Gesetzgeber des 32 BORA; zahlreiche Bestimmungen wie die 6 10 BORA harren zudem noch der überfälligen Aufhebung angesichts ihres partiell anachronistischen Inhalts). Selbst im Bereich der Fortbildung hat sich die Satzungsversammlung bereits bei dem Versuch der Aufnahme einer entsprechenden Pflicht im Rahmen der Regelungen zur anwaltlichen Werbung in 7 BORA eine blutige Nase geholt. Das Bundesjustizministerium hat bekanntlich die Regelung zu Recht beanstandet. 9 Die Satzungsversammlung der deutschen Rechtsanwälte kann es sich nicht erlauben, sich erneut bewusst in s Unrecht zu setzen. Eine sorgfältige Prüfung ist daher angesagt. Offermann-Burckart 10 schlägt nun vor, eine parallele Vorschrift zum 4 BOStB in die Berufsordnung der Rechtsanwälte aufzunehmen. 4 BOStB bestimmt: (1) Steuerberater haben ihren Beruf gewissenhaft auszuüben. (2) Sie dürfen einen Auftrag nur annehmen, wenn sie über die dafür erforderliche Sachkunde und die zur Bearbeitung erforderliche Zeit verfügen. Sie sind verpflichtet sich in dem Umfang fortzubilden, wie dies zur Sicherung der für ihre berufliche Tätigkeit erforderlichen Sachkunde der Fall ist. 11 Dieser Vorschlag erweist sich aus verschiedenen Gründen als wenig überzeugend. 1. Maßstab Die Einführung einer allgemeinen Fortbildungspflicht für Rechtsanwälte hätte am Maßstab der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsausübungsfreiheit nur dann Bestand, wenn formell überhaupt eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vorhanden und zum anderen die Fortbildungsnorm ausreichend bestimmt wäre. Sie müsste außerdem materiell verfassungsrechtlich im Interesse des Gemeinwohls liegen. Vor allem aber hätte sie auch verhältnismäßig zu sein, was wiederum nur dann der Fall ist, wenn sie (zwingend) 12 im Interesse des Gemeinwohls geeignet, erforderlich sowie im Übrigen zumutbar ist Formell-rechtliche Bedenken Die Befürworter einer Satzungsregelung zur Statuierung von Fortbildungspflichten verkennen bereits das Fehlen einer verfassungsrechtlich unverzichtbaren gesetzlichen Ermächtigung. 14 Der Gesetzgeber hat sich bisher darauf beschränkt, in 43 Abs. 6 BRAO eine allgemeine Fortbildungspflicht zu statuieren, welche jedoch bewusst nicht sanktionsfähig ist nach den 113 ff. bzw. 73 f. BRAO. Dementsprechend ist die Vorschrift auch seit der Einführung 1994 völlig bedeutungslos geblieben. Eine Fortbildungskompetenz enthält nur 43 c i. V. m. 59 b BRAO für die Fachanwaltschaften, die der Satzungsgeber in 15 FAO umgesetzt hat. 15 Die für die Kompetenz der Satzungsversammlung maßgebliche Vorschrift des 59 b BRAO mit ihrem abschließenden Ermächtigungskatalog ergibt angesichts dieses Befunds keine Satzungsermächtigung der Kammern zur Statuierung einer sanktionsfähigen Fortbildungspflicht. In 59 b Abs. 2 Nr. 1 lit. b f BRAO wird dezidiert an die Pflichtenregelung des 43 a BRAO angeknüpft; die in Abs. 6 normierte Fortbildungsregelung findet aber gerade keine Erwähnung. Es handelt sich um einen bewussten Verzicht des Gesetzgebers auf eine Satzungsermächtigung; eine ursprünglich vorgesehene Regelung war gestrichen worden, 16 so dass schon deshalb eine Regelungskompetenz der Kammern ausscheidet. 17 Selbstverständlich kann angesichts dieses Befundes nach Wortlaut wie Systematik der 43, 43 a und 59 b BRAO die Nichtaufnahme der Fortbildungspflicht nicht durch einen Rekurs auf andere Normen wie die Gewissenhaftigkeit kompensiert werden. Der dezidierte Wille des Gesetzgebers, nur eine nicht sanktionsfähige Appellnorm des 43 a Abs. 6 BRAO zu erlassen, darf nicht auf dem Umweg über die Aufnahme einer vergleichbaren Satzungsnorm umgangen werden. Zu recht hat daher das Bundesjustizministerium den Schleichweg der Statuierung einer Fortbildungspflicht über die Werbungsregelung des 7 BORA kassiert. Nachdem es zudem deutlich zu erkennen gegeben hat, dass 7 Unstreitig ist das Auswahlverfahren alles andere als qualitätssichernd; bestqualifizierte Bewerber laufen so im Fall BGH AnwBl 2007, 229 immer wieder Gefahr, nicht berücksichtigt zu werden; die Aufgabe ist zudem für besonders hervorragende und erfolgreiche Anwälte oftmals nicht attraktiv. 8 Der Verf. ist durchaus ein Anhänger der Zweitberufsfreiheit; er hat u. a. die Grundsatzentscheidungen des BVerfG 1992 (NJW 1993, 317) mit erstritten. Es darf aber die qualitative Schattenseite dieser Freiheit nicht übersehen werden, wie dies z. B. Kilger (AnwBl 2008, 586) schildert. 9 Vgl. Franz, BRAK-Mitt. 2005, 106 ff. 10 In diesem Heft S. 763 ff. 11 Eine noch ausführlichere Bestimmung zur Fortbildung mit zahlreichen Detailregelungen enthält 4 a der Berufssatzung der Wirtschaftsprüfer. 12 So die ständige Judikatur des EuGH E 2005, 3177; Kleine-Cosack, BRAO,(aaO. Fn. 1 Einl. Rn. 8). 13 Soweit zur Berufspflicht eine Kammerkompetenz zur Kontrolle hinzukommt, ist verfassungsrechtlich bedeutsam, dass es sich bei den Kammern um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt. Ihnen steht nur ein gesetzlich zugewiesener Aufgabenbereich zu, den sie nicht eigenmächtig überschreiten dürfen. Dieser Aufgabenbereich ist zugleich verfassungsrechtlich beschränkt gem. Art. 9 Abs. 1 oder 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Verhältnismäßigkeitsgebot auf öffentliche Aufgaben, deren Wahrnehmung im Interesse des Gemeinwohls erforderlich ist Die Pflichtmitglieder können sich auf die negative Vereinigungsfreiheit stützen, welche sie vor einer unverhältnismäßigen Ausdehnung der Kammeraufgaben mit dem Risiko der eigenen Kostentragung durch Mitgliedsbeiträge und Umlagen schützt. 14 BVerfGE 33, 125 ff.; vgl. auch ausf. Kleine-Cosack, Berufsständische Autonomie und Grundgesetz, Die BRAK hat im Übrigen keine Durchgriffskompetenz auf die Mitglieder, so dass die Befugnisnorm des 177 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ohne nennenswerte Relevanz ist. Aber auch die Kammern können im Fortbildungsbereich keine relevanten Beiträge leisten. Zwar schließt die maßgebliche Aufgabenzuweisung eine beschränkte Ausoder Fortbildungstätigkeit nicht aus, zumal die Rechtsprechung des BGH mit ihrem dynamischen Aufgabenverständnis bei den Berufskammern noch relativ großzügig. Aber keinesfalls kann aus dem vorhandenen Aufgabenkatalog auf eine relevante Fortbildungskompetenz geschlossen werden. Ohne eine klare gesetzliche Kompetenzzuweisung scheiden jedoch relevante Kompetenzen der Kammern im Fortbildungsbereich aus. 16 Vgl. auch Kellner, NJW 2002, 1372 ff. 17 Vgl. Kleine-Cosack, BRAO, aao.(fn. 1) 43 a Rn Zerplatzte Fortbildungsträume, Kleine-Cosack AnwBl 11 /

60 MN Meinung & Kritik es die defizitäre Satzungskompetenz in puncto Fortbildung nicht zu erweitern beabsichtigt, ist ernüchternd festzustellen, dass die Satzungsversammlung sich derzeit eigentlich jede weitere Diskussion über die Einführung von Fortbildungspflichten sparen könnte. 18 Sie wäre nicht mehr als eine allenfalls zur Vermeidung von Untätigkeitsfrustrationen therapeutisch sinnvolle Beschäftigungstherapie. 3. Bestimmtheitsgebot Eine sanktionsbewehrte Fortbildungspflicht setzt zudem voraus, dass überhaupt ein Fortbildungskonzept vorliegt, das die Pflicht inhaltlich umschreibt und begrenzt, konkretisiert und ihre Einhaltung kontrollierbar macht. Ohne ein ausgereiftes Konzept mit Detailregelungen und formalisierten Kontrollen würde eine Fortbildungspflicht einen bloßen nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG 19 verfassungswidrigen Anscheinstatbestand darstellen, der mangels Bestimmtheit mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar wäre. Zudem wäre sie praktisch ebenso bedeutungslos, wie dies beim zahnlosen Tiger des 43 a Abs. 6 BRAO der Fall ist. Eben dies übersieht Offermann-Burckart bei ihrem Vorschlag. Er läuft darauf hinaus, eine Nebelkerze hier den 43 a Abs. 6 BRAO durch eine weitere Nebelkerze in der Berufsordnung zu präzisieren. Der gesamte objektive Tatbestand hängt schließlich allein von der individuellen Beurteilung des Rechtsanwalts ab; nur er kann auf Grund seiner Tätigkeit beurteilen, was notwendig ist zur Sicherung und Weiterentwicklung der Sachkunde seiner beruflichen Tätigkeit. Macht er nicht viel, dann bedarf es auch in geringerem Umfang einer Weiterbildung, ganz abgesehen von der in Anwaltschaft am weitesten verbreiteten Fortbildung durch learning by doing (nicht selten auf Kosten des Mandanten). Eine derart allgemein gefasste, konzeptionslose allgemeine Fortbildungspflicht ist letztlich bloßer Selbstbetrug. Sie wäre leicht zu umgehen, was nur phantasielose Juristen übersehen. Schließlich gibt es genug Ausreden, um einen Verstoß in Abrede zu stellen. So braucht der erwischte Rechtsanwalt dies wäre im übrigen ein Beispiel für eine den Rechtsanwälten trotz 43 a Abs. 3 BRAO erlaubte Lüge 20 behaupten, er habe sich zwar fortgebildet oder zumindest den Versuch unternommen, aber er habe alles kurzfristig wieder vergessen oder trotz aller Bemühungen es nicht verstanden. Offermann-Burkart schwächt selbst die Bedeutung ihres Vorschlags ab, indem sie an den Nachweis keine zu hohen Anforderungen stellen will; es soll danach schließlich auch die anwaltliche Versicherung ausreichen, bestimmte Fachliteratur gelesen zu haben. Dann aber muss man sich allen Ernstes fragen, warum man dazu eine solche Satzungsnorm braucht. Nur ein Idiot würde hier Gefahr laufen, wegen Verletzung der Berufspflicht verfolgt zu werden. Mit der Degradierung des eigenen Vorschlags zum Beschluss einer völlig bedeutungslosen Norm schützt die Autorin im übrigen aber darauf sei ergänzend hingewiesen auch die sich vielfach durch fehlende Fortbildung auszeichnenden Institutionen der Kammerselbstverwaltung. Sollte die Satzungsversammlung allen Ernstes wie von ihr gefordert mehr Mut und Innovationskraft mit einem Beschluss beweißen, dass in einem Aufsichtsverfahren, in dem ein Rechtsanwalt fehlende Sachkunde vorgeworfen wird oder zu Tage tritt die Rechtsanwaltskammer entsprechende Fortbildungsnachweise verlangen kann, dann müsste selbstverständlich sich an diesem Maßstab aus Gründen der Waffengleichheit auch die Kammerverwaltung messen lassen müsste, deren Bescheide oftmals manifest fortbildungsdefizitär sind. 4. Materiell verfassungsrechtliche Problematik Zum Fehlen einer gesetzlichen Ermächtigung für die Normierung und der Bestimmtheitsproblematik einer Fortbildungspflicht treten aber auch und vor allem materiell-verfassungsrechtliche Bedenken, welche von den Befürwortern einer regulierten Fortbildung völlig übersehen werden. Zwar kann der Einführung einer Fortbildungsregelung auf den ersten Blick eine Gemeinwohlfunktion in Gestalt einer Qualitätssicherung und -steigerung zukommen. Massive Bedenken bestehen jedoch am Maßstab des Gebots der Verhältnismäßigkeit, da die dazu erforderliche Eignung, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit nicht gesichert sind. a) Berufliche Diversifizierung Gegen die Statuierung von generellen Fortbildungspflichten für Rechtsanwälte spricht einmal die Diversifizierung der anwaltlichen Berufsfelder mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten in der Praxis. Die Tätigkeitsbereiche der Rechtsanwälte sind in der heutigen Zeit derart breit und völlig unübersehbar gefächert, dass allgemeine Fortbildungspflichten für alle Rechtsanwälte zwangsläufig dieser Ausdifferenzierung nicht gerecht werden können. Sie müssen aber wollen sie dem Gebot der Eignung Rechnung tragen an die tatsächliche, individuelle Anwaltstätigkeit anknüpfen. Selbst bei den Fachanwaltschaften erweist sich die Fortbildungsregelung unter diesem Aspekt partiell als untauglich. Nur bei eng begrenzten Fachanwaltschaften wie z. B. im Transportrecht besteht überhaupt die Möglichkeit einer Fortbildungseignung. Bei weit gefächerten Fachgebieten wie z. B. im Verwaltungs- oder Strafrecht verfehlt die Pflicht vielfach ihren Zweck, da erfahrungsgemäß immer wieder zum Jahresende zwecks formaler Erfüllung der Fortführungspflicht irgendwelche Kurse besucht werden, welche mit der praktischen Tätigkeit des Anwalts nicht unbedingt etwas zu tun haben. b) Aufgabe des Einzelnen Angesichts der beruflichen Diversifizierung ist Fortbildung daher grundsätzlich keine öffentliche, sondern vorrangig eine private Aufgabe des Einzelnen. Anders als bei der Ausbildung, welche mit einheitlichen berufsqualifizierenden Abschlüssen endet, können über Sinn und Zweck einer beruflichen Fortbildung nur die betroffenen Berufsangehörige selbst entscheiden. Nur sie sind in der Lage zu beurteilen, ob und welche Fortbildung sie entsprechend ihrem individuellen Tätigkeitsfeld benötigen. Maßgeblich sind der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit und die von ihnen selbst bereits betriebene Fortbildung. Allgemeine Zeitvorgaben laufen Gefahr, entweder zu wenig oder zu viel von dem Berufsangehörigen zu verlangen. So hat sich um nur um ein Beispiel zu nennen im Bereich der Fachanwaltschaften die nach der FAO bestehende und mit der Möglichkeit des Widerrufs sanktionierte Fortbildungspflicht zwar als nicht schädlich, aber mit den wenigen Stunden als völlig ineffektiv, geschweige denn als ausreichend erwiesen. Wenn Fachanwälte sich nur im Umfang der berufsrechtlichen Verpflichtung fortbilden würden, wären sie weder konkurrenzfähig noch gegen Haftungsfälle abge- 18 Abschlägig beschieden hatte auch das BMF Anregungen der Steuerberaterkammern, eine Satzungskompetenz zur Fortbildung einzuführen. 19 BVerfGE 76, 176 ff.; vgl. Kleine-Cosack, BRAO,aaO.(Fn1) 59bRn Viel zu eng demgegenüber unter Verkennung von Recht und Wirklichkeit die auf der normativen Sollensebene verharrende Darstellung von Hirtz (AnwBl 2006, 780).Vgl. demgegenüber kritischer und auch realistischer zur Zulässigkeit der Anwaltslüge, Kleine-Cosack, BRAO,aaO.(Fn.1) 43aRn64ff. 770 AnwBl 11 / 2008 Zerplatzte Fortbildungsträume, Kleine-Cosack

61 MN Meinung & Kritik sichert. Auch aus diesem Grund erweisen sich generelle Fortbildungsregelungen vielfach als bloße Scheintatbestände getreu dem Motto von Karl Kraus, nach dem sich hinter dem Ideal das Übel befindet. Die hier in Rede stehende Fortbildung ist letztlich im Gegensatz zur Ausbildung einfach nicht nennenswert zentralisierungs - bzw. vereinheitlichungsfähig. Generelle Regelungen der Fortbildung wie auch ihrer Förderung durch die Kammern werden vielfach dem Bedarf des Einzelnen nicht gerecht. Sie laufen daher stets Gefahr, in völlig unverhältnismäßiger Weise den Adressaten zu belasten. Eine zentrale Berufsregelung für eine Fortbildung täuscht letztlich Einheitlichkeit vor, wo Vielfalt herrscht. Sie wäre zudem viel zu unflexibel, da Kammern erfahrungsgemäß auf Marktveränderungen unflexibel und zu spät reagieren. c) Kontrolldefizit Eine Rechtsvorschrift mit Fortbildungspflicht wäre auch deshalb sinnlos, da sie letztlich keiner Kontrolle unterliegen würde. Normen ohne Vollzugskontrolle sind jedoch sinnlos. Die bloße Selbstkontrolle rechtfertigt keinen Normerlass. Der Fortbildungsbedarf ist zudem viel zu groß und zu individuell, dass er auch nur ernsthaft von den Kammern kontrolliert werden könnte. Sie sind schon derzeit mit ihren weitgehend bedeutungslosen Aufgaben der Zulassung und der Fachanwaltsverleihung sowie soweit noch vorhanden der Überwachung der Berufspflichten vielfach überfordert. Mit Vehemenz haben die Kammerpräsidenten sich daher in der Vergangenheit gegen die Ausweitung der Fachanwaltschaften gewehrt. Wenn aber neue Kontrollfunktionen mangels Kapazitäten der Kammern fehlen, dann sollten auch keine neuen Berufspflichten eingeführt werden. Juristen wie auch die Politik begnügen sich erfahrungemäß vielfach mit dem Erlass schlichter Normen. Der unverzichtbare Blick auf die Vollzugsebene bleibt hingegen ausgespart. Staatliche Pflichten ohne Kontrolle sind aber sinnlos, so dass man es besser gleich bei der ohnehin unverzichtbaren individuellen Fortbildungsverantwortung verbleiben kann. d) Effizienzbedenken Die Erforderlichkeit einer sanktionierten Berufspflicht zur Fortbildung steht auch entgegen, dass überhaupt keine fundierten empirischen Grundlagen vorliegen, aus denen verlässliche Informationen über Fortbildungsdefizite auf Seiten der Rechtsanwälte zu entnehmen sind; zu recht hat das Bundesjustizministerium mit dieser Begründung die Forderung nach der Einführung sanktionsbewehrter Fortbildungspflichten zurückgewiesen. 21 Noch weniger ist bisher substantiiert dargetan, dass zur Beseitigung möglicherweise vorhandener Fortbildungsdefizite ausgerechnet eine sanktionierte Berufspflicht erforderlich ist. Entsprechendes empirisches Material ist aber notwendig, da andernfalls die Verfassungs- bzw. Verhältnismäßigkeit sanktionierter Berufspflichten nicht festgestellt werden könnte. Völlig außer Acht gelassen werden von den Anhängern einer freiheitsfeindlichen Regulierung auch die negativen Erfahrungen mit der regulierten Fortbildung bei anderen freien Berufen. Forscher der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf untersuchten z. B. die Qualität der ärztlichen Fortbildung. Sie zogen ein ernüchterndes Resümee. 22 Die Ergebnisse waren so einer der Autoren zur Überraschung aller Beteiligten katastrophal. Vor allem nach den Kriterien der Praxisrelevanz und Problemorientierung schnitten die Veranstaltungen schlecht ab. Auf die Wissensbedürfnisse des einzelnen Arztes einzugehen war in den durchschnittlich von 100 Teilnehmern besuchten Veranstaltungen kaum möglich. Es herrschte Frontalunterricht pur. Nur bei vier Prozent der Veranstaltungen kam es zu fachlichen Diskussionen zwischen Referenten und Auditorium. Die von den Ärztekammern nach Bekanntwerden der Studie ergriffenen Gegenmaßnahmen haben nur wenig geändert. Die Erfahrung mit den Fortbildungsveranstaltungen im Bereich des 15 FAO sind vergleichbar negativ. Unter Effizienzaspekten darf weiter nicht außer Acht gelassen werden, dass die Einhaltung von Fortbildungspflichten weitgehend unkontrollierbar ist. Da Prüfungen ausscheiden, kommen allein Teilnahmebescheinigungen in Betracht. Sie besagen jedoch überhaupt nichts über die Fortbildungsqualität. Schließlich reicht die schlichte Teilnahme; die Anwesenheit wird nur geringfügig bestätigt; Schlaf oder häufige Abwesenheit während der Veranstaltung sind unschädlich. Zwischenzeitlich reicht auch die Teilnahme an On-Line-Seminaren mit biometrischer Messkontrolle am heimischen Computer, welche die Erlangung der Teilnahmebescheinigung noch mehr erleichtert, kann man doch parallel sich einen Krimi ansehen oder sein Ohr statt dem Referenten der Musik des MP-3-Players leihen. Somit ist festzuhalten, dass erhebliche Bedenken gegen die Statuierung einer allgemeinen Fortbildungspflicht für Rechtsanwälte unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit bestehen. Schließlich kann bei genauerer Prüfung ihre Eignung und erst recht Erforderlichkeit nicht bejaht werden. V. Zivilrechtliche Gefahren Die fehlende Fortbildung der Rechtsanwälte hat mangels berufsrechtlicher Sanktionsfähigkeit bisher nur dann mittelbar eine rechtliche Bedeutung, wenn sie in einem Haftungsfall zu einer Pflichtverletzung führt. Bei dieser Sachlage sollte es auch angesichts des obigen Befunds bleiben. Wenn demgegenüber Offermann-Burckart dafür plädiert, 23 schon die Annahme eines Mandats trotz fachlichen Unvermögens als (sanktionsfähigen) Verstoß gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung zu werten, dann kann man nur von einem solchen Vorschlag abraten. Er ist offensichtlich praxisfremd, da Rechtsanwälte vielfach Mandate annehmen, obwohl sie sich in Rechtgebiete erst einarbeiten müssen. Er hätte zur Folge, dass massenhaft deutsche Rechtsanwälte (dazu gehören auch Kammervertreter) mit Sanktionen rechnen müssten. Zudem könnte eine solche Berufspflicht Anlass sein für die Haftungsjudikatur, die ohnehin exzessive Haftung der Rechtsanwälte noch weiter auszudehnen, indem nicht nur die fehlerhafte Mandatsbearbeitung sondern auch gleich die Annahme des Mandats zum Anlass genommen wird, um den Rechtsanwalt in die Haftung zu nehmen (oder gar am Ende den Versicherungsschutz entfallen zu lassen). Es sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass der BGH sich erst kürzlich in eine solche Richtung kräftig vergaloppiert hatte, indem er allen Ernstes einen Rechtsanwalt für verpflichtet erklärte, bei der Annahme des Mandats alle möglichen Interessenkonflikte offenzulegen. 24 Diese Argumentation ist haltlos 25 und wird hoffentlich nicht ein weiteres Mal in der Judikatur auftauchen. Es 21 Vgl. auch Franz, BRAK-Mitt. 2005, 106 ff. 22 Vgl. Kurt Langbein/Bert Ehgartner, Die verkaufte Medizin, in: Denkanstöße 2004, S. 129 ff., 136 f. 23 These BGH AnwBl 2008, Vgl. Kleine-Cosack, AnwBl 2008, 276. Zerplatzte Fortbildungsträume, Kleine-Cosack AnwBl 11 /

62 MN Meinung & Kritik reicht, wenn Rechtsanwälte für durch Pflichtverletzungen schuldhaft verursachte Schäden haften. Eine satzungsmäßige Erweiterung von Pflichten durch deren Vorverlagerung sollte die Haftungsfalle nicht noch weiter ausdehnen. VI. Fortbildung und Kammerkonkurrenz Ergänzend sei angemerkt, dass Fortbildungspflichten keinesfalls zu einem Kompetenzzuwachs der Kammern führen dürfen. Ganz abgesehen davon, das sie schon derzeit mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben immer wieder überfordert scheinen, so sind jedenfalls verfassungsrechtlich ihre Kompetenzen auf das nach Art. 9 Abs. 1 bzw. 2 Abs. 1 GG zwingend erforderliche Maß beschränkt. Fortbildungsfunktionen könnten den Kammern daher nur übertragen werden, wenn dies am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zwingend erforderlich wäre. Nach dem BVerfG 26 ist eine Pflichtmitgliedschaft schließlich nur im Hinblick auf Aufgaben gerechtfertigt, an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht und die weder allein im Wege privater Initiative wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinne staatlichen Aufgaben zählen. Diese Voraussetzungen liegen bei Fortbildungskompetenzen der Kammern in mehrfacher Hinsicht nicht vor. 1. Keine Erforderlichkeit Im Bereich der Fortbildung ist ein Bedarf für ein Kammerengagement schon angesichts ausreichender Angebote auf dem freien Markt zu verneinen. Er stellt ausreichend Dienstleistungsangebote in Sachen Fortbildung zur Verfügung. In der heutigen Fortbildungsgesellschaft sind auch Rechtsanwälte nicht auf Kammern angewiesen, um sich ausreichend fortzubilden. Es gibt genügend, inzwischen sogar eine unübersehbare Vielzahl von Angeboten privater Anbieter sowie der freien Verbände. Es ist in keiner Weise substantiiert dargetan, dass deren Angebote nicht ausreichend sind, um Fortbildungswünsche zu befriedigen Verzahnung Zudem besteht die Gefahr, dass sich die Kammern einen nicht hinnehmbaren Wettbewerbsvorteil auf Grund ihrer Hoheitsfunktionen und der Zwangsmitgliedschaft verschaffen, zumal sie angesichts der Erhebung von Zwangsbeiträgen und Umlagen kein Risiko tragen. Wenn die Kammern die Einhaltung der Pflicht kontrollieren, eventuell auch für damit verbundene Prüfungen zuständig sind und dann selbst Fortbildung anbieten, dann kann ein ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteil entstehen. Das Negativbeispiel der Industrie- und Handelskammern mit der Konkurrenz der Kammern mit ihren eigenen Zwangsmitgliedern im Bereich der Fortbildung sollte nicht weiter Schule machen. 3. Vereine Schließlich sollten auch die Auswirkungen einer Kammerfortbildung für die freien Vereine (wie z. B. den Deutschen 26 BVerfG NVwZ 2002, 335 ff. 27 So gibt es z. B. im Bereich der Steuerberatung gibt es einen umfassenden und gut funktionierenden Fortbildungsmarkt. Allein die Verbände verzeichneten Vgl. die Angaben bei Pestke, Stbg 2005, 274 hier im Jahre 2004 ca Fortbildungsteilnehmer, im Bereich der DATEV registrierte man im Jahre 2003 ca , 2004 ca Personen Jeweils unter Einschluss der Mitarbeiter und Mehrfachteilnehmer die Fortbildungsveranstaltungen besuchten. 28 Leider völlig tabuisiert bei Kilgers (AnwBl 2008, 536) Plädoyer zugunsten der Kammern. 29 BVerfGE 38, 281 ff. Anwaltverein oder den Deutschen Steuerberaterverband, DStV) nicht außer Acht gelassen werden. 28 Letztere sind auf entsprechende kostendeckende Einnahmen aus der Fortbildung angewiesen angesichts oftmals unzureichender Mitgliedsbeiträge, deren Erhöhung angesichts der ohnehin bestehenden Zwangsabgabe an die Kammern nicht erheblich gesteigert werden kann. Die privaten Konkurrenten der Kammern drastisch ist der Konflikt vor allem bei den Industrieund Handelskammern leiden immer häufiger darunter, dass es sich nicht um einen fairen Wettbewerb handelt. Schließlich besteht für die Kammern kein wirtschaftliches Risiko und keine Existenzgefahr, da sie bei Fehlschlägen die Zwangsmitglieder zur Kasse bitten können. Politisch sollte diese Konkurrenzsituation überdacht werden; es ist mehr als unbefriedigend, dass den Kammern auch im Bereich der Fortbildung ein Tätigwerden erlaubt wird. Diese negativen Rückwirkungen von Kammerkompetenzen auf freie Verbände sind nach dem BVerfG auch verfassungsrechtlich zu berücksichtigen. So hat das BVerfG im Arbeitnehmerkammerbeschluss 29 ausgeführt: Bei echter Konkurrenz der solchen Körperschaften zugedachten Aufgaben mit solchen, die von frei gegründeten Vereinigungen ebenso gut erfüllt werden können, kann der in der Pflichtmitgliedschaft liegende Eingriff in die Freiheit des einzelnen sich als übermäßig, weil nicht unbedingt erforderlich, und deshalb als verfassungswidrig erweisen. Dieses Bedenken ist noch nicht dadurch ausgeräumt, dass durch die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft die Gründung eines privatrechtlichen Verbandes mit paralleler Zielsetzung rechtlich nicht behindert wird. Es müsste bereits als verfassungswidrig angesehen werden, wenn eine durch staatlichen Hoheitsakt gegründete Körperschaft dem freien Verband eine Tätigkeit, die er im Rahmen seiner Zielsetzung legitimerweise ausübt, praktisch unmöglich macht (BVerfG NJW 1975, 1265, 1266). VII. Ergebnis Die deutsche Anwaltschaft sollte die Traumtänzerei um die Fortbildung endlich beenden. Sie ist ohnehin nur Ausdruck der berufspolitischen Unmündigkeit. Es besteht Einigkeit, dass die Fortbildung in allen Berufen und auch für Rechtsanwälte eine selbstverständliche und unverzichtbare Berufspflicht ist. Wollen die Anwälte im verschärften Wettbewerb bestehen und Haftungsfälle vermeiden, dann müssen sie sich intensiv und ständig fortbilden. Die Qualitätsstandards anwaltlicher Tätigkeit können jedoch durch Fortbildungsverpflichtungen de lege lata nicht gesichert werden. Eine staatliche Regulierung dieser selbstverständlichen Berufspflicht stößt auf massive rechtspolitische wie verfassungsrechtliche Bedenken. Dr. Michael Kleine-Cosack, Freiburg/Br. Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Sie erreichen den Autor unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. 772 AnwBl 11 / 2008 Zerplatzte Fortbildungsträume, Kleine-Cosack

63 MN Mitteilungen Anwaltsvergütung Mehrere Auftraggeber mehrere Gegenstände mehrere Angelegenheiten Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen Wird ein Anwalt für mehrere Auftraggeber tätig, so schlägt sich der damit verbundene Mehraufwand auch in der Höhe seiner Vergütung nieder. Wie sich das auswirkt, hängt wiederum von verschiedenen Faktoren ab. I. Eine Angelegenheit/mehrere Angelegenheiten Zunächst einmal muss sich der Anwalt, wenn er für mehrere Auftraggeber tätig geworden ist, fragen, ob er in derselben Angelegenheit oder in verschiedenen Angelegenheiten tätig war. 9 War der Anwalt für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit tätig, gilt 7 Abs. 1 RVG. Der Anwalt erhält seine Vergütung nur einmal. Der Mehraufwand hat dann allerdings Einfluss auf die Höhe der Gebühren oder des Gegenstandswertes (s. u. II.). 9 War der Anwalt dagegen für mehrere Auftraggeber in verschiedenen Angelegenheiten tätig, so kann er jede Angelegenheit einzeln abrechnen und erhält dadurch eine höhere Vergütung, weil Gebühren und Auslagen gesondert anfallen ( 15 RVG). Die Abgrenzung, wann bei Vertretung mehrerer Auftraggeber eine Angelegenheit gegeben ist und wann mehrere Angelegenheiten vorliegen, ist relativ einfach. Es kommt auf den Auftrag an. Beauftragen die einzelnen Auftraggeber den Anwalt gemeinsam, soll er also das Mandat gemeinschaftlich führen, dann liegt nur eine Angelegenheit vor. Beauftragen die Auftraggeber den Anwalt dagegen jeweils einzeln, soll er also die Mandate gesondert führen, liegen auch eigene Angelegenheiten vor. Eine andere Frage ist, ob das getrennte Vorgehen auch stets erstattungsfähig ist. Dies ist grundsätzlich der Fall. Es besteht bei mehreren Parteien abgesehen von Fällen des Rechtsmissbrauchs keine kostenrechtliche Verpflichtung zur Bestellung eines gemeinsamen Anwalts. 1 In einigen Fällen nimmt die Rspr. bei mehreren Streitgenossen allerdings eine Obliegenheit an, einem Anwalt ein gemeinschaftliches Mandat zu erteilen. Dies gilt insbesondere bei Gesamtschuldnern oder Gesamtgläubigern. So sind z. B. mehrere aus einem Verkehrsunfall verklagte Parteien (Halter, Fahrer und Versicherer) grundsätzlich verpflichtet, einen gemeinsamen Anwalt zu beauftragen. 2 Ausnahmen sind aber auch hier möglich. So besteht keine Obliegenheit des mitverklagten Halters, der in einem Verkehrsunfallprozess Widerklage auf Ersatz seines Schadens erheben will, auch damit den vom Haftpflichtversicherer für die Abwehr der Klage bereits mandatierten Rechtsanwalt zu beauftragen. Er darf einen eigenen Anwalt einschalten. 3 Die Kosten beider Anwälte sind in diesem Fall in voller Höhe erstattungsfähig. Besondere Umstände, die auch bei Streitgenossen eine getrennte Mandatierung rechtfertigen, können sich aus dem Innenverhältnis ergeben, etwa wenn im Innenverhältnis Regress- oder Ausgleichsansprüche streitig sind. Erst recht besteht keine Obliegenheit der Auftraggeber, den Anwalt gemeinsam zu beauftragen, wenn dieser durch die gemeinsame Vertretung in einen Interessenkonflikt oder gar die Gefahr eines Parteiverrats geraten würde. Eine Obliegenheit zu einem gemeinsamen Auftrag dürfte dagegen bestehen, wenn der Anwalt gleichzeitig nachehelichen Ehegattengattenunterhalt sowie und Unterhaltsansprüche für die minderjährigen Kinder verfolgen soll. Sofern zwischen den Auftraggebern keine Sonderbeziehung besteht, sind sie grundsätzlich nicht verpflichtet, einen gemeinsamen Anwalt zu beauftragen. So sind z. B. mehrere Pflichtteilsgläubiger nicht verpflichtet, dem Anwalt ein gemeinsames einheitliches Mandat zur Durchsetzung ihrer Pflichtteilsansprüche zu erteilen. Sie sind noch nicht einmal verpflichtet, denselben Anwalt zu beauftragen. Auch im Rahmen einer aktiven Verkehrsunfallregulierung besteht grundsätzlich keine Verpflichtung mehrerer Geschädigter (etwa des beim Unfall verletzten Fahrers und des geschädigten Eigentümers), einen gemeinsamen Anwalt zu beauftragen, selbst wenn die Haftungsfrage völlig eindeutig ist und Regressansprüche im Innenverhältnis nicht in Betracht kommen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass bei gemeinschaftlicher Beauftragung der Anwalt gegenüber dem jeweiligen anderen Auftraggeber von der Schweigepflicht entbunden wäre. So würde also bei einer gemeinsamen Verkehrsunfallregulierung der Eigentümer erfahren, in welcher Höhe der Fahrer Schmerzensgeld erhält, er würde erfahren, welche Vorerkrankungen und früheren Verletzungen dieser bereits erlitten hatte etc. In diesen Fällen kann durchaus ein berechtigtes Interesse daran bestehen, dass der einzelne Auftraggeber gerade nicht möchte, dass der andere Auftraggeber Einblick in seine persönlichen Verhältnisse erlangt. II. Einheitlicher Auftrag 1. Überblick Wird der Anwalt von mehreren Auftraggebern gemeinschaftlich beauftragt, also in derselben Angelegenheit, dann erhält er nach 7 Abs. 1 S. 1, 15 Abs. 2 S. 1 RVG seine Gebühren und Auslagen nur einmal. Aber auch hier wird der mit der Vertretung mehrerer Auftraggeber verbundene Mehraufwand berücksichtigt, und zwar bei der Höhe der Vergütung. Es ist danach zu differenzieren, welche Gebühren der Anwalt erhält. Zu unterscheiden ist zwischen 9 Gebühren, die sich nach dem Gegenstandswert berechnen ( 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 RVG), 9 Betragsrahmengebühren (so in sozialrechtlichen Angelegenheiten nach 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 RVG oder in Straf- und Bußgeldsachen sowie in Verfahren nach Teil 6 VV RVG) und 9 Festgebühren (so in der Beratungshilfe). 2. Betragsrahmengebühren Rechnet der Anwalt in sozialrechtlichen Angelegenheiten gem. 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 RVG, in Straf- und Bußgeldsa- 1 BVerfGE 81, 387 = Rpfleger 1990, 387 = NJW 1990, BGH AGS 2004, 188= NJW-RR 2004, 536 = Rpfleger 2004, 314 = VersR 2004, 622 = BGHReport 2004, 707 = SP Praxis 2004, 174 = MDR 2004, 569 = JurBüro 2004, 323 = ZfSch 2004, 379 = RuS 2005, 89 = RVGprof. 2004, 84 = RVGreport 2004, 188 = NJW-Spezial 2004, LG Mönchengladbach AGS 2008, 208. Mehrere Auftraggeber mehrere Gegenstände mehrere Angelegenheiten, Schneider AnwBl 11 /

64 MN Mitteilungen chen oder in Verfahren nach Teil 6 VV RVG nach Betragsrahmengebühren ab und vertritt er mehrere Auftraggeber, so erhöhen sich die Gebührenrahmen der Geschäfts- und Verfahrensgebühren um 30 % je weiterem Auftraggeber. Beispiel 1: Der Anwalt wird von zwei Auftraggebern nach Erlass des Widerspruchsbescheides beauftragt, vor dem Sozialgericht Anfechtungsklage zu erheben, über die verhandelt wird. Der Gebührenrahmen der Verfahrensgebühr nach Nr (40,00 E bis 460,00 E Mittelgebühr 250,00 E) erhöht sich um 30 % auf 52,00 E bis 598,00 E; die Mittelgebühr beträgt 325,00 E. Die Terminsgebühr bleibt unverändert. 1. Verfahrensgebühr, Nrn. 3102, 1008 VV RVG 325,00 E 2. Terminsgebühr, Nr VV RVG 200,00 E 3. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 545,00 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 103,55 E Gesamt 648,55 E Die Erhöhung (nicht der Betragsrahmen selbst 4 ) ist auf 200 % begrenzt (Anm. Abs. 3 zu Nr VV RVG), so dass sich maximal ein Rahmen in Höhe von 300 % des Ausgangsrahmens ergibt. Im Falle der Nr VV RVG ergibt sich also ein maximaler Rahmen i. H. v. 120,00 E bis 1.380,00 E Mittelgebühr 750,00 E. Im Gegensatz zu den Wertgebühren (s. u. 4.) kommt es bei den Betragsrahmengebühren nicht darauf an, ob der zugrunde liegende Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist oder nicht. Der Betragsrahmen erhöht sich in allen Fällen. Beispiel 1: In einem Strafverfahren gegen den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei Fällen vertritt der Anwalt die beiden Verletzten als Nebenkläger. Es findet ein Hauptverhandlungstermin statt. Dass hier unterschiedliche Taten vorliegen und damit den beiden Nebenklagen unterschiedliche Sachverhalte und damit auch unterschiedliche Gegenstände zugrunde liegen, ist unerheblich. Der Rahmen der Verfahrensgebühr (Nr VV RVG) erhöht sich auch hier um 30 %. Die anderen Gebühren bleiben unverändert. Insbesondere erhöht sich nicht die Grundgebühr, da es sich nicht um eine Verfahrensgebühr handelt Grundgebühr, Nr VV RVG 165,00 E 2. Verfahrensgebühr, Nrn. 4106, 1008 VV RVG 182,00 E 3. Terminsgebühr, Nr VV RVG 230,00 E 4. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 597,00 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 113,43 E Gesamt 710,43 E Tabelle der Erhöhungen bei Rahmengebühren Auftraggeber Erhöhung Auftraggeber Erhöhung % 2 30 % % 3 60 % % 4 90 % mehr als % 3. Festgebühren Erhält der Anwalt Festgebühren, so erhöhen sich auch hier Geschäfts- und Verfahrensgebühr um 30 %, maximal um 200 % (Anm. Abs. 3 zu Nr VV RVG). Bedeutung hat diese Erhöhung derzeit nur in der Beratungshilfe. Dort erhöht sich die Geschäftsgebühr der Nr VV RVG gem. Nr VV RVG um 30 % je weiterem Auftraggeber. 6 Auch hier ist eine gemeinschaftliche Beteiligung am Streitgegenstand nicht erforderlich. Beispiel 2: Im Rahmen der Beratungshilfe beauftragen zwei Eheleute, die gemeinsam Mieter sind, den Anwalt, die ausgesprochene Kündigung des Mietverhältnisses abzuwehren. Die Geschäftsgebühr der Nr VV RVG erhöht sich nach Nr VV RVG um 30 %. 1. Geschäftsgebühr, Nrn. 2503, 1008 VV RVG 91,00 E 2. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 18,20 E Zwischensumme 109,20 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 20,75 E Gesamt 129,95 E Beispiel 3: Im Rahmen der Beratungshilfe lässt sich die rechtskräftig geschiedene Ehefrau von dem Anwalt wegen eigener nachehelicher Unterhaltsansprüche sowie wegen Kindesunterhalts für ihre beiden Kinder vertreten. Die Geschäftsgebühr der Beratungshilfe ist um 60 % zu erhöhen, da insgesamt drei Auftraggeber vorliegen Geschäftsgebühr, Nrn. 2503, 1008 VV RVG 112,00 E 2. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 132,00 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 25,08 E Gesamt 157,08 E Da es sich bei der zusätzlichen Gebühr der Nr VV RVG faktisch um eine Festgebühr handelt, 8 gilt auch hier Entsprechendes. Beispiel 4: Der Anwalt vertritt zwei Privatkläger. Das Verfahren wird unter Mitwirkung des Anwalts außerhalb der Hauptverhandlung eingestellt. 1. Grundgebühr, Nr VV RVG 165,00 E 2. Verfahrensgebühr, Nrn. 4106, 1008 VV RVG 182,00 E 3. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106, 1008 VV RVG 182,00 E 4. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 549,00 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 104,31 E Gesamt 653,31 E Zu den einzelnen Erhöhungsätzen kann auf die Tabelle zu den Rahmengebühren (s. o. 3) Bezug genommen werden. 4. Wertgebühren a) Überblick Richten sich die Gebühren des Anwalts nach dem Wert seiner Tätigkeit ( 2 Abs. 1 RVG), so ist weiter zu differenzieren, und zwar danach, ob der Anwalt die einzelnen Auftraggeber wegen desselben Gegenstands vertritt oder wegen verschiedener Gegenstände. 9 Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber wegen desselben Gegenstands erhält der Anwalt nach Nr VV RVG erhöhte Geschäfts- und Verfahrensgebühren (s. u. b). 9 Vertritt der Anwalt die Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände, bleibt es bei den einfachen Gebühren. Dafür sind nach 23 Abs. 1 S. 1, 3 RVG i. V. m. 39 Abs. 1 GKG; 22 Abs. 1 RVG die Werte der einzelnen Gegenstände zusammenzurechnen (s. u. c zur Ausnahme bei der Prozesskostenhilfe siehe u. d). 9 Möglich ist auch, dass der Anwalt in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber sowohl wegen eines gemeinschaftlichen Gegenstandes als auch wegen unterschiedlicher Ge- 4 Das wird immer wieder falsch gemacht. Siehe LSG Nordrhein-Westfalen AGS 2008, 240, das im Falle der Nr VV RVG nur einen Rahmen des doppelten Mindest- und Höchstbetrages (40,00 E bis 640,00 E) annimmt. 5 AnwK-RVG/N. Schneider, 4. Aufl. 2008, Nr Rn. 21; Burhoff, RVG, 2. Aufl. 2007, Nr Rn OLG Düsseldorf AGS 2006, 244 = RVGreport 2006, 225; KG AGS 2007, 466 = KGR 2007, 703 = Rpfleger 2007, 553 = JurBüro 2007, 543 = RVGreport 2007, 299 = NJ 2008, 83; OLG Nürnberg FamRZ 2007, 844 = OLGR 2007, 686 = RVGprof. 2007, 40 = RVG-Letter 2007, 36; OLG Oldenburg AGS 2007, 45 = OLGR 2007, 164 = JurBüro 2007, 140 = NJW-RR 2007, 431 = RVGreport 2006, 465; LG Kleve AGS 2006, 244; AnwK-RVG/N. Schneider, Nr VV RVG Rn 3; Hansens/ Braun/Schneider, Vergütungsrecht, Teil 6 Rn OLG Düsseldorf AGS 2006, AnwK-RVG, Nr Rn. 112; Burhoff, Nr Rn AnwBl 11 / 2008 Mehrere Auftraggeber mehrere Gegenstände mehrere Angelegenheiten, Schneider

65 MN Mitteilungen genstände vertritt. Dann kommen beide Methoden zur Anwendung (s. u. e). b) Derselbe Gegenstand aa) Grundsatz Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstandes, erhöhen sich Geschäfts- und Verfahrensgebühren um 0,3 je weiterem Auftraggeber. Erhöht wird immer um 0,3 je weiterem Auftraggeber und nicht um 0,3 der Ausgangsgebühr. Dies war anfangs strittig, ist zwischenzeitlich aber einhellige Rechtsprechung. Beispiel 5: Der Anwalt führt für zwei Auftraggeber eine Vollstreckung wegen einer Forderung i. H. v ,00 E durch. Die Verfahrensgebühr erhöht sich nach Nr VV RVG um 0,3 auf 0,6 und nicht etwa auf 0,3 von 0, ,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3309, 1008 VV RVG (Wert: 1.860,00 E) 79,80 E 2. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 15,96 E Zwischensumme 95,76 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 18,19 E Gesamt 113,95 E bb) Erhöhung der halben Gebühr des Terminsvertreters Vertritt ein Terminsvertreter mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstandes, so erhöht sich seine halbe Verfahrensgebühr (Nr VV RVG) um 0,3. Er erhält nicht etwa die Hälfte der erhöhten Verfahrensgebühr des Hauptbevollmächtigten. Beispiel 6: In einem Rechtsstreit über 8.000,00 E bestellen die beiden Mandanten neben dem Prozessbevollmächtigten für den auswärtigen Termin einen Anwalt mit der Wahrnehmung des Verhandlungstermins. I. Prozessbevollmächtigter 1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV (Wert: 8.000,00 E) 659,20 E 2. Postentgeltpauschale, Nr VV 20,00 E Zwischensumme 679,20 E % Umsatzsteuer, Nr VV 129,05 E Gesamt 808,25 E II. Terminsvertreter 1. 0,95-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3100, 1008 VV (Wert: 8.000,00 E) 391,40 E 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr VV (Wert: 8.000,00 E) 494,40 E 3. Postentgeltpauschale, Nr VV 20,00 E Zwischensumme 905,80 E % Umsatzsteuer, Nr VV 172,10 E Gesamt 1.077,90 E cc) Erhöhung bei Satzrahmen Sofern bei Wertgebühren ein Satzrahmen vorgesehen ist (so insbesondere bei der Geschäftsgebühr der Nr VV RVG), fehlt im Gegensatz zu den Betragsrahmengebühren eine gesetzliche Regelung. Die Berechnungsmethode ist daher strittig. Zum einen kann sowohl der Mindestbetrag als auch der Höchstbetrag jeweils um 0,3 erhöht werden, so dass sich damit ein erhöhter Gebührenrahmen ergibt und folglich eine erhöhte Mittelgebühr. Zum anderen kann zunächst die Gebührenbestimmung aus dem einfachen Rahmen getroffen und diese Gebühr dann um 0,3 erhöht werden. 10 Im Ergebnis wirken sich die verschiedenen Berechnungsmethoden jedoch kaum aus. Beispiel 7: Der Anwalt vertritt außergerichtlich mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands. Die Sache ist durchschnittlich aber umfangreich; es liegt also kein Fall der Schwellengebühr nach Anm. zu Nr VV RVG vor. Entweder beläuft sich die Geschäftsgebühr nach Nr VV RVG auf 0,8 bis 2,8 (Mittelgebühr 1,8) oder es wird die Mittelgebühr (1,5) berechnet und um 0,3 auf 1,8 erhöht. Das Ergebnis ist dasselbe. dd) Höchstsatz der Erhöhung Zu beachten ist nach Anm. Abs. 3 zu Nr VV RVG, dass mehrere Erhöhungen einen Gebührensatz von 2,0 nicht übersteigen dürfen. Gemeint ist damit nur die Erhöhung selbst. Die erhöhte Gebühr kann selbstverständlich über 2,0 liegen. Bemerkbar macht sich die Begrenzung daher erst ab dem achten Auftraggeber. Bei bis zu sieben Auftraggebern wird jeweils um 0,3 erhöht, also um (6 x 0,3 =) 1,8 für die weiteren sechs Auftraggeber. Bei dem achten Auftraggeber würde sich die Summe der Erhöhungen auf (7 x 0,3 =) 2,1 belaufen und wird daher auf 2,0 gekürzt. Das bedeutet, dass für den achten Auftraggeber noch eine Erhöhung von 0,2 berücksichtigt wird und für alle darüber hinaus gehenden Auftraggeber keine Erhöhung mehr eintritt. Insgesamt kann die erhöhte Gebühr damit über 2,0 liegen. So erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr VV RVG bei acht Auftraggebern auf 1,3 + 2,0 = 3,3, die Verfahrensgebühr der Nr VV RVG auf 0,3 + 2,0 = 2,3. Tabelle der Erhöhungen bei Wertgebühren Auftraggeber Erhöhung Auftraggeber Erhöhung ,2 2 0,3 6 1,5 3 0,6 7 1,8 4 0,9 mehr als 8 2,0 ee) Mehrere Erhöhungen in derselben Angelegenheit Erhält der Anwalt in derselben Angelegenheit mehrere Verfahrens- oder Geschäftsgebühren, dann erhöhen sich grundsätzlich sämtliche Verfahrensgebühren um 0,3, es sei denn, es ist ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Beispiel 8: Der Anwalt stellt für zwei Auftraggeber als Gesamtgläubiger einen Antrag auf Durchführung der Zwangsversteigerung. Es kommt zur Versteigerung, an der der Anwalt teilnimmt. Im anschließenden Verteilungsverfahren nimmt er am Verteilungstermin teil. Der Erlös beträgt ,00 E. Im Versteigerungsverfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens (Anm. Nr. 1 zu Nr VV RVG) entsteht die Verfahrensgebühr nach Nr VV RVG und im Versteigerungstermin eine Terminsgebühr nach Nr VV RVG. Hinzu kommt eine weitere Verfahrensgebühr für das Verteilungsverfahren. Insgesamt liegt aber nur eine Angelegenheit i. S. d. 15 RVG vor. Dennoch erhöhen sich beide Verfahrensgebühren nach Nr VV RVG. 1. 0,7-Verfahrensgebühr, Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311, Nr VV RVG 581,00 E 2. 0,4-Terminsgebühr, Nr VV RVG 332,00 E 3. 0,7-Verfahrensgebühr, Anm. Nr. 2 zu Nr. 3311, Nr VV RVG 581,00 E 4. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 1.514,00 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 287,66 E Gesamt 1.801,66 E Eine ausdrückliche anderweitige Bestimmung, die eine mehrfache Erhöhung ausschließt, findet sich nur in Anm. zu Nr VV RVG. Danach kann sich die Verfahrensgebühr für das Verfahren über den Antrag auf Erlass des 9 OLG Stuttgart AGS 2007, 33; LG Frankfurt/M. AGS 2005, 18 m. Anm. Mock = NZM 2004, 920 = NJW 2004, 3642; LG Hamburg AGS 2005, 497; LG Köln MDR 2005, 1318; AG Singen JurBüro 2006, 329; siehe hierzu auch N. Schneider, Gebührenerhöhung in der Zwangsvollstreckung bei mehreren Auftraggebern, DGVZ 2005, So AnwK-RVG/Schnapp Nr Rn. 47. Mehrere Auftraggeber mehrere Gegenstände mehrere Angelegenheiten, Schneider AnwBl 11 /

66 MN Mitteilungen Vollstreckungsbescheids nicht nach Nr VV RVG erhöhen, wenn der Anwalt bereits im Verfahren über den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids tätig war und dort bereits die erhöhte Verfahrensgebühr nach Nrn. 3305, 1008 VV RVG verdient hatte. Beispiel 9: Der Anwalt beantragt für zwei Gesamtgläubiger den Erlass eines Mahnbescheids über 7.500,00 E und stellt anschließend den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids. Die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens aus Nr VV RVG erhöht sich nach Nr VV RVG. Dagegen erhöht sich nicht auch die Gebühr für den Vollstreckungsbescheid (Nr VV RVG), da die Erhöhung der Gebühr der Nr VV RVG gem. Anm. S. 2 zu Nr VV RVG ausgeschlossen ist, wenn sich bereits die Gebühr der Nr VV RVG erhöht hat. 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3308, 1008 VV RVG (Wert: 7.500,00 E) 535,60 E 2. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr VV RVG (Wert: 7.500,00 E) 206,00 E 3. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 761,60 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 144,70 E Gesamt 906,30 E ff) Mehrere Erhöhungen in verschiedenen Angelegenheiten Die Erhöhung nach Nr VV RVG kommt in jeder Angelegenheit erneut zum Tragen (Vorbem. 1 Abs. 1 VV RVG). Beispiel 10: Der Anwalt vertritt zwei Auftraggeber zunächst außergerichtlich und sodann im anschließenden obligatorischen Streitschlichtungsverfahren nach 15 a EGZPO (Gegenstandswert: 2.500,00 E). Die Tätigkeit war außergerichtlich umfangreich und schwierig, so dass eine 1,5-Gebühr angemessen ist. Der Anwalt erhält jeweils eine um 0,3 erhöhte Geschäftsgebühr. I. Außergerichtliche Vertretung 1. 1,8-Geschäftsgebühr, Nrn. 2300, 1008 VV 289,80 E 2. Postentgeltpauschale, Nr VV 20,00 E Zwischensumme 309,80 E % Umsatzsteuer, Nr VV 58,86 E Gesamt E II. Obligatorisches Streitschlichtungsverfahren 1. 1,8-Geschäftsgebühr, Nrn Nr. 1, 1008 VV 289,80 E 2. Postentgeltpauschale, Nr VV 20,00 E Zwischensumme 309,80 E % Umsatzsteuer, Nr VV 58,86 E Gesamt 368,66 E Eine Erhöhung der Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung schließt eine anschließende Erhöhung der Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren entgegen der Auffassung zahlreicher Rechtsschutzversicherer nicht aus. Da es sich um verschiedene Angelegenheiten handelt, ist die Erhöhung für jede Gebühr gesondert vorzunehmen. 11 Beispiel 11: Der Anwalt ist von zwei Mietern mit der außergerichtlichen Abwehr eines Räumungsverlangens beauftragt worden (Wert: 6.000,00 E). Ausgehend von einer 1,3-Gebühr rechnet er bei zwei Auftraggebern eine 1,6-Geschäftsgebühr ab. Anschließend kommt es zum Rechtsstreit. Die Maximalgebühr eines Verkehrsanwalts (1,0 nach Nr VV RVG) beträgt bei zwei Auftraggebern 1,3, bei drei Auftraggebern 1,6 etc. Die Anrechnungsgrenze der Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG in Höhe von maximal 0,75 erhöht sich dagegen bei mehreren Auftraggebern nicht, auch nicht anteilig. Hier bleibt es bei einem maximalen Anrechnungsbetrag von 0,75. Weder wird die Erhöhung selbst angerechnet noch erhöht sich die Anrechnungsgrenze. 12 Abrechnung Beispiel 11: I. Außergerichtliche Vertretung (Wert: 6.000,00 E) 1. 1,6-Geschäftsgebühr, Nrn. 2300, 1008 VV RVG 540,80 E 2. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 560,80 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 106,55 E Gesamt 667,35 E II. Gerichtliches Verfahren (Wert: 6.000,00 E) 1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV RVG 540,80 E 2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 6.000,00 E 253,50 E 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr VV RVG 405,60 E 4. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 712,90 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 135,45 E Gesamt 848,35 E hh) Erstattungsfähigkeit der Gebührenerhöhung Zu beachten ist, dass die Frage, ob eine Gebührenerhöhung eintritt, wiederum alleine eine Frage des Auftrags ist. Ob die erhöhte Gebühr auch erstattungsfähig ist, ist eine Frage des materiell-rechtlichen Schadensersatzrechts oder der prozessualen Kostenerstattung, also eine Frage der Notwendigkeit. So wird z. B. grundsätzlich eine Obliegenheit mehrerer Gesellschafter angenommen, den Anwalt im Namen der Gesellschaft zu beauftragen, soweit diese als eigene Rechtspersönlichkeit am Rechtsverkehr teilnehmen kann, weil damit die Gebührenerhöhung vermieden wird. 13 Gleiches gilt insbesondere bei der Vertretung der einzelnen Wohnungseigentümer. 14 Auch diese sind gehalten, den Auftrag grundsätzlich im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erteilen. Verstoßen die Mitglieder der Gesellschaft oder der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen ihre Obliegenheit, dann fällt zwar eine nach Nr VV RVG erhöhte Verfahrensgebühr an; sie ist jedoch nicht erstattungsfähig. Soweit die Gesellschafter oder Miteigentümer nicht gegen eine Obliegenheit verstoßen, ist die Gebührenerhöhung dagegen erstattungsfähig. Dies gilt dann, wenn die geltend gemachten Rechte den einzelnen Eigentümern zustehen und nicht der Gemeinschaft selbst. 15 Nach überwiegender Auffassung ist die Gebührenerhöhung im Passivprozess ebenfalls Im Rechtsstreit entsteht die Gebührenerhöhung erneut (zur Abrechnung s. u. gg) gg) Erhöhung von Höchstbeträgen oder -sätzen Sofern das Gesetz Beschränkungen bei Geschäfts- oder Verfahrensgebühren vorsieht, sind diese Beschränkungen ebenfalls analog Nr VV RVG bei mehreren Auftraggebern um jeweils 0,3 anzuheben. So beträgt also die 1,3-Schwellengebühr der Anm. zu Nr VV RVG bei zwei Auftraggebern 1,6, bei drei Auftraggebern 1,9 etc. 11 LG Düsseldorf AGS 2007, 381 = JurBüro 2007, 480 = RVGreport 2007, 298, das die gegenteilige Entscheidung der Vorinstanz AG Düsseldorf (AGS 2006, 593 = RVGprof. 2007, 8 = VRR 2007, 80) abgeändert hat; AG Stuttgart AGS 2007, 385; LG Ulm AGS 2008, 163 = AnwBl 2008, LG Düsseldorf AGS 2007, 381 = JurBüro 2007, 480 = RVGreport 2007, 298; AG Stuttgart AGS 2007, 385; LG Ulm AGS 2008, 163 = AnwBl 2008, BGH AGS 2003, 40 = NJW 2002, 2958 = NZM 2002, 794 = DB 2002, 2099 = MDR 2002, 1216 = Rpfleger 2002, 587 = BGHR 2002, 959 = JurBüro 2003, 89 = VersR 2003, 385 = WM 2003, 927 = BRAGOreport 2002, 134; JurBüro 2004, 145 = BRAGOreport 2003, BGH AGS 2008, 263; AGS 2007, 371 = WuM 2007, 218 = NJW 2007, 1464 = NZM 2007, 333 = BauR 2007, 913 = NZBau 2007, 305 = Rpfleger 2007, 345 = MDR 2007, 683 = BGHR 2007, 582 = ZMR 2007, 468 = JurBüro 2007, Siehe z. B. AG München AGS 2008, AnwBl 11 / 2008 Mehrere Auftraggeber mehrere Gegenstände mehrere Angelegenheiten, Schneider

67 MN Mitteilungen erstattungsfähig, wenn die einzelnen Gesellschafter oder Eigentümer als solche in Anspruch genommen werden. 16 c) Verschiedene Gegenstände Wird der Anwalt von mehreren Auftraggebern wegen verschiedener Gegenstände beauftragt, greift die Gebührenerhöhung nach Nr VV RVG grundsätzlich nicht (zur Ausnahme bei Prozesskostenhilfe s.u. d). Der Anwalt erhält also hier nur die einfachen Gebühren. Dafür wird der Mehraufwand beim Gegenstandswert berücksichtigt. Die Werte der einzelnen Gegenstände sind nach 23 Abs. 1 S. 1, S. 3 RVG i. V. m. 39 Abs. 1 GKG; 22 RVG zusammenzurechnen. Der Anwalt erhält dann die Gebühren zwar nur einmal, allerdings aus dem Gesamtwert. Beispiel 12: Der Anwalt vertritt zwei Auftraggeber, die auf Unterlassung verklagt worden sind (Wert eines jeden Unterlassungsanspruchs: ,00 E). Bevor es zu einem Termin kommt, wird die Klage zurückgenommen. Mehrere Unterlassungsansprüche sind grundsätzlich verschiedene Gegenstände, da jeder Unterlassungsschuldner nur die eigene Unterlassung schuldet. 17 Die Verfahrensgebühr erhöht sich daher nicht nach Nr VV RVG. Vielmehr sind die Streitwerte der einzelnen Unterlassungsansprüche nach 23 Abs. 1 S. 1 RVG i. V. m. 39 Abs. 1 GKG zu addieren. Es entsteht also nur eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr VV RVG, allerdings aus dem Gesamtwert von ,00 E. 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr VV RVG (Wert: ,00 E) 839,80 E 2. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 859,80 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 163,36 E Gesamt 1.023,16 E d) Ausnahme Prozesskostenhilfe Im Rahmen der Prozesskostenhilfe ist zunächst ebenfalls danach zu differenzieren, ob der Anwalt wegen desselben Gegenstandes oder wegen verschiedener Gegenstände beauftragt worden ist. Eine Besonderheit ist hier allerdings zu berücksichtigen, wenn der Anwalt von mehreren Auftraggebern wegen verschiedener Gegenstände beauftragt worden ist und der Gesamtwert den Höchstbetrag der Gebührentabelle des 49 RVG übersteigt. In diesem Fall kann der Mehraufwand der anwaltlichen Tätigkeit nicht mehr erfasst werden, weil sich ab einem Streitwert von über ,00 E die Gebührenbeträge des 49 RVG im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht mehr erhöhen. Insoweit wendet die Rechtsprechung Nr VV RVG analog an, mit der Folge, dass sich die Gebühren nach Nr VV RVG insoweit erhöhen, als der Mehrwert in der Tabelle nicht mehr erfasst werden kann. Beispiel 13: Der Anwalt ist von zwei Auftraggebern beauftragt worden, jeweils Pflichtteilsansprüche in Höhe von ,00 E geltend zu machen. Beiden Auftraggebern wird Prozesskostenhilfe bewilligt und derselbe Anwalt beigeordnet. Jeder Pflichtteilsanspruch ist ein eigener Gegenstand. 18 Der Gegenstandswert beläuft sich somit auf ,00 E ( 23 Abs. 1 S. 1 RVG i. V. m. 39 Abs. 1 GKG). Infolge der faktischen Begrenzung der Gebührentabelle nach 49 RVG auf die vergleichbare Gebührenstufe des 13 RVG von bis ,00 E wird der darüber hinausgehende Wert nicht mehr berücksichtigt. Insoweit ist also Nr VV RVG anzuwenden. Vorzugehen ist dabei wie folgt: Die Gebührentabelle des 49 RVG reicht nur bis zur vergleichbaren Wertstufe des 13 RVG von bis zu ,00 E. Dies bedeutet, dass die weiteren (60.000,00 E ,00 E =) ,00 E streitwertmäßig von der Tabelle des 49 RVG nicht mehr erfasst werden. Daher erhält der Anwalt aus diesem Gegenstandswert analog Nr VV RVG eine um 0,3 erhöhte 1,6-Verfahrensgebühr. Aus dem restlichen Wert (35.000,00 E ,00 E = ,00 E) entsteht nur die einfache 1,3-Verfahrensgebühr. Entsprechend 15 Abs. 3 RVG ist allerdings die Höhe der einzelnen Gebühren zu begrenzen auf eine um 0,3 erhöhte 1,6-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert. Zu rechnen ist nach den Beträgen des 49 RVG wie folgt: 1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV RVG, 49 RVG (Wert ,00 409,50 E 2. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr VV RVG, 49 RVG (Wert ,00 E) 314,60 E gem. 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,6 aus ,00 E 625,60 E 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr VV RVG, 49 RVG (Wert: ,00 E) 469,20 E 4. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 1.114,80 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 178,37 E Gesamt 1.293,17 E e) Derselbe Gegenstand und verschiedene Gegenstände Wird der Anwalt für mehrere Auftraggeber sowohl hinsichtlich eines gemeinsamen Gegenstands als auch wegen verschiedener Gegenstände tätig, so greift die Wertaddition nach 23 Abs. 1 S. 1, S. 3 i. V. m. 39 Abs. 1 GKG; 22 RVG, soweit verschiedene Gegenstände vorliegen und die Gebührenerhöhung nach Nr VV RVG, soweit derselbe Gegenstand vorliegt. Solche Fallkonstellationen treten häufig bei Klage und Widerklage in Verkehrsunfallprozessen auf. Beispiel 14: Der Anwalt enthält von dem geschädigten Eigentümer den Auftrag, Schadensersatz in Höhe von ,00 E einzuklagen. Daraufhin erhebt der Unfallgegner Widerklage in Höhe von 7.000,00 E gegen den Kläger sowie Drittwiderklage gegen den Fahrer und den Haftpflichtversicherer. Der Anwalt erhält auch das Mandat für die Widerklage. Der Anwalt ist nach einem Gegenstandswert von ,00 E tätig geworden, da die Werte von Klage und Widerklage addiert werden, soweit sie nicht denselben Gegenstand betreffen ( 23 Abs. 1 S. 1 RVG i. V. m. 45 Abs. 1 S. 1 GKG). Der Anwalt ist dabei nach einem Gegenstandswert von ,00 E für einen Auftraggeber (Kläger) und nach einem Gegenstandswert in Höhe von 7.000,00 E für drei Auftraggeber (Kläger, Fahrer und Haftpflichtversicherer) tätig geworden. Wie sich eine solche unterschiedliche Beteiligung auf die Gebührenerhöhung auswirkt, ist umstritten. Nach einem Teil der Rspr. 19 ist aus dem Gesamtwert eine 1,3-Verfahrensgebühr zu berechnen und aus dem Wert der gemeinschaftlichen Beteiligung eine Erhöhungsgebühr nach Nr VV RVG. Dies würde im Beispiel 14 zu folgender Berechnung führen: 1,3-Verfahrensgebühr, Nr VV RVG (Wert: ,00 E): 787,80 E plus 0,6- Erhöhungsgebühr, Nr VV RVG (Wert: 7.000,00 E): 225,00 E gleich 1.012,80 E (Gesamt). Diese Form der Abrechnung ist jedoch unzutreffend, da es keine Erhöhungsgebühr gibt. Schon der Wortlaut der Nr VV RVG ist völlig eindeutig: Die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr erhöht sich.... Die zutreffende Berechnung ergibt sich in diesen Fällen vielmehr aus der Anwendung des 15 Abs. 3 RVG. Für jeden Teilstreitwert sind gesonderte Gebühren zu berechnen, wobei die Summe der Einzel-Gebühren nicht höher liegen darf als eine nach dem höchsten 16 OLG Köln JurBüro 2006, 248; OLG Stuttgart OLGR 2006, 607 = Rpfleger 2006, 513 = MDR 2006, 1135 = BB 2006, 966 = JurBüro 2006, 364 = RVGreport 2006, 360 = NJW-RR 2006, 1005). A. A. das KG (AGS 2007, 444 = NZM 2007, 449 = NJW 2007, 2103 = MDR 2007, 922 = ZMR 2007, 637 = KGR 2007, 710 = FGPrax 2007, 163 = KGR Berlin 2007, 889), das auch in einem gegen die einzelnen Wohnungseigentümer gerichteten Verfahren eine Obliegenheit der Wohnungseigentümer annimmt, den Anwalt nicht einzeln im Namen der jeweiligen Eigentümer zu beauftragen, sondern im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft. 17 OLG Köln OLGR 2006, 134; OLG Hamburg AGS 2001, 168 = OLGR 2001, 172; zu Ausnahmefällen siehe KG AGS 2005, 495 = KGR 2005, 725 = JurBüro 2005, 589 = MDR 2006, 177 = RVGreport 2006, 56; KGR 2005, OLG Köln JurBüro 1994, 730; OLG München JurBüro 1990, 602; KG AGS 2006, OLG Köln Rpfleger 1987, 175; OLG Hamburg MDR 2001, 56; neuerdings auch wieder Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl. 2007, Nr VV RVG Rn. 203 ff. Mehrere Auftraggeber mehrere Gegenstände mehrere Angelegenheiten, Schneider AnwBl 11 /

68 MN Mitteilungen angefallenen Gebührensatz berechnete Gebühr aus dem Gesamtstreitwert. Soweit diese Grenze überschritten wird, ist entsprechend zu kürzen. 20 Dies führt im Beispiel 14 zu folgender Berechnung: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr VV RVG (Wert: ,00 E) 683,80 E 2. 1,9-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV RVG (Wert: 7.000,00 E) 712,50 E gem. 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,9 aus ,00 E 1.151,40 E f) Problem: Begrenzung des Gegenstandswerts nach 22 Abs. 2 RVG, 23 Abs. 1 RVG i. V. m. 39 Abs. 2 GKG Vertritt der Anwalt einen Auftraggeber und beträgt der Wert der anwaltlichen Tätigkeit mehr als 30 Mio. E, so ist der Gegenstandswert auf 30 Mio. E begrenzt ( 22 Abs. 2 S. 1 RVG; 23 Abs. 1 RVG i. V. m. 39 Abs. 2 GKG). Bei mehreren Auftraggebern erhöht sich die Grenze um 30 Mio. je weiterem Auftraggeber auf maximal 100 Mio. E ( 22 Abs. 2 S. 2, 23 Abs. 1 S. 4 RVG). Auch hier ist aber das System des RVG zu beachten, wonach eine Wertaddition nur bei unterschiedlichen Gegenständen in Betracht kommt, nicht aber auch bei demselben Gegenstand. Dies wird von der Rechtsprechung mitunter nicht beachtet. Beispiel 15: 21 Die Klägerin hatte die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Höhe von 150 Mio. E in Anspruch genommen. Unstrittig erhöht sich der Gebührensatz nach Nr VV RVG auf 1,6. Nach Auffassung des OLG Dresden 22 ist zudem der Gegenstandswert, nach dem der Anwalt abrechnen kann, gem. 23 Abs. 1 S. 4, 22 Abs. 2 S. 2 RVG auf 60 Mio. E anzuheben. Dies ergibt: 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV RVG (Wert: 60 Mio. E) ,60 E Die Auffassung des OLG Dresden ist jedoch unzutreffend. Die Gebührenerhöhung nach Nr VV RVG und die Streitwertaddition nach 39 Abs. 1 GKG, 22 Abs. 1 RVG schließen sich wechselseitig hinsichtlich derselben Gegenstände aus. 23 Entweder liegt derselbe Gegenstand zugrunde, dann werden die Gebühren erhöht oder es sind verschiedene Gegenstände gegeben, dann werden die Werte addiert. Beides zugleich ist nicht möglich. Dass die Auffassung des OLG Dresden nicht zutreffend sein kann, ergibt sich schon aus folgender Kontrollberechnung. Nach 7 Abs. 2 RVG haftet ein jeder Auftraggeber nur insoweit, als er haften würde, wenn er den Auftrag alleine erteilt hätte, also wie das OLG Dresden zutreffend ausführt auf eine 1,3-Verfahrensgebühr aus 30 Mio. E. Insgesamt ergeben sich somit Haftung des Beklagten zu 1) 1,3-Verfahrensgebühr, Nr VV RVG (Wert: 30 Mio. E) ,80 E Haftung des Beklagten zu 2) 1,3-Verfahrensgebühr, Nr VV RVG (Wert: 30 Mio. E) ,80 E Gesamt ,60 E Wenn der Anwalt aber nach dem OLG Dresden insgesamt eine 1,6-Verfahrensgebühr aus 60 Mio. E erhalten soll, also ,60 E (s. o.), dann fragt es sich, wer den Differenzbetrag in Höhe von ,00 E zahlen soll. Eine Erhöhung des Gegenstandswertes auf über 30 Mio. E nach 22 Abs. 2 RVG bei mehreren Auftraggebern kommt also nur in Betracht, soweit sie den Anwalt wegen unterschiedlicher Gegenstände beauftragen, nicht auch, soweit sie ihn wegen desselben Gegenstandes beauftragen. Abzurechnen ist wie folgt: 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV RVG (Wert: 30 Mio. E) ,60 E 5. Die Gebühren richten sich sowohl nach dem Gegenstandswert als auch nach Betragsrahmen In Einzelfällen kann es vorkommen, dass der Anwalt in derselben Sache sowohl Betragsrahmengebühren als auch wertabhängige Gebühren erhält, so z. B. in einer Strafsache, in der es auch um Einziehung oder verwandte Maßnahmen geht. Da das RVG insoweit keinen Ausschluss enthält, erhöhen sich dann sowohl die Betragsrahmen-Verfahrensgebühren als auch die wertabhängigen Verfahrensgebühren. Beispiel 16: Die beiden hinterbliebenen Kinder erheben im Strafverfahren vor dem AG gegen den Angeklagten wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung Nebenklage. Gleichzeitig machen sie im Wege des Adhäsionsverfahrens in ungeteilter Erbengemeinschaft übergegangene Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche in Höhe von 4.000,00 E geltend. Zu der Grundgebühr, der erhöhten Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr kommt jetzt noch eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr VV RVG hinzu. Da die beiden hinterbliebenen Kinder in ungeteilter Erbengemeinschaft handeln, ist der Gegenstand derselbe, 24 so dass sich die zusätzliche Verfahrensgebühr der Nr VV RVG nach Nr VV RVG auf 2,3 erhöht. 1. Grundgebühr, Nr VV RVG 165,00 E 2. Verfahrensgebühr, Nrn. 4106, 1008 VV RVG 182,00 E 3. 2,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 4143, 1008 VV RVG (Wert: 4.000,00 E) 563,50 E 4. Terminsgebühr, Nr VV RVG 230,00 E 5. Postentgeltpauschale, Nr VV RVG 20,00 E Zwischensumme 1.160,50 E % Umsatzsteuer, Nr VV RVG 220,50 E Gesamt 1.381,00 E III. Haftung der einzelnen Auftraggeber gegenüber dem Anwalt Zu beachten ist, dass die vorstehenden Ausführungen nur die Frage betreffen, wie der Anwalt seine Vergütung berechnet, die er insgesamt verlangen kann. Die Haftung des einzelnen Auftraggebers regelt 7 Abs. 2 RVG. Danach kann der Anwalt von jedem Auftraggeber nur die Vergütung verlangen, die entstanden wäre, wenn der Auftraggeber den Anwalt alleine beauftragt hätte. Es entsteht hier ein sog. eigenartiges Gesamtschuldverhältnis. Dies muss der Anwalt beachten, insbesondere wenn er seine Vergütung festsetzen lässt oder einklagen will. Nimmt der Anwalt wie in der Praxis häufig zu beobachten alle Auftraggeber als Gesamtschuldner in Anspruch, kann dies für ihn erhebliche Kostennachteile haben OLG Hamburg MDR 1978, 767; LG Bonn Rpfleger 1995, 384 m. Anm. N. Schneider; AnwK-RVG/N. Schneider 15 Rn. 209 ff.; AnwK-RVG/Schnapp Nr VV RVG Rn Nach OLG Dresden AGS 2007, AGS 2007, AnwK- RVG/N. Schneider 22 Rn. 24 ff. 24 BGH AGS 2004, Siehe hierzu den Fall des AG Bergisch Gladbach AGS 2007, 119 m. Anm. N. Schneider sowie ausführlich N. Schneider, ZAP Fach 24, 1107 ff., AG Augsburg AGS 2008, 434. Norbert Schneider, Neuenkirchen Der Autor ist Rechtsanwalt. Er ist Mitglied des Ausschusses RVG und Gerichtskosten des Deutschen Anwaltvereins. Sie erreichen den Autor unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. 778 AnwBl 11 / 2008 Mehrere Auftraggeber mehrere Gegenstände mehrere Angelegenheiten, Schneider

69 MN Mitteilungen Anwaltspraxis Mahnverfahren für Rechtsanwälte nur noch elektronisch Wie es geht, was es kostet und ein Ausweg ab 1. Dezember 2008 Priv.-Doz. Dr. Susanne Hähnchen, Berlin Das elektronische Mahnverfahren sorgt seit Wochen für Aufregung in den Kanzleien. Ab dem 1. Dezember 2009 wird es ernst. Das kann gefährlich sein, weil gerade zum Jahresende die Zahl der Mahnanträge steigt. Das Anwaltsblatt fasst zusammen, worauf es ankommt und gibt praktische Tipps. Ab 1. Dezember 2008 können Rechtsanwälte grundsätzlich nur noch unter Anträge stellen, denn die neue Fassung des 690 Abs. 3 ZPO tritt in Kraft. Im Folgenden werden die neuen Formen, nämlich das Barcodeverfahren und die Antragstellung mittels qualifizierter elektronischer Signatur, sowie mit der Veränderung zusammenhängende Aspekte vor allem für die Neueinsteiger näher beschrieben. Professionell arbeitende Mahnkanzleien nutzen das elektronische Verfahren bzw. die Einreichung von Datenträgern (EDA) schon länger und sind jetzt im Vorteil. 1. Einführung Die neue Verpflichtung der Rechtsanwälte nach 690 Abs. 3 S. 2 ZPO in der Fassung durch das 2. Justizmodernisierungsgesetz 1 ist im Zusammenhang mit der Förderung des Elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) zu sehen. Dieser soll bis 2010 flächendeckend in Deutschland eingeführt werden. 2 Das Ziel sind Effizienzsteigerungen innerhalb der Justiz, über deren grundsätzliche Notwendigkeit wohl kaum Streit besteht. Da sich gerade Rechtsanwälte mit dem ERV schwer tun, weil sie jedenfalls kurzfristig keine Vorteile für sich erkennen können, geht es jedoch nur schleppend voran. Vor allem die qualifizierte elektronische Signatur, die auch in der öffentlichen Verwaltung in Zukunft eine große Rolle spielen soll, ist bisher kaum verbreitet. Elektronische Prozessführung ist noch weitgehend Theorie. Deshalb werden die Voraussetzungen für echten ERV, also die umfängliche elektronische Kommunikation zwischen Verfahrensbeteiligten und Gerichten, jetzt schrittweise verbindlich eingeführt. Für Notare bedeutete dies die zum 1. Januar 2007 statuierte Verpflichtung, Anträge zum Handelsregister elektronisch einreichen zu müssen, was teilweise mit unangenehmen Umstellungsproblemen verbunden war. 3 Immerhin ist nun die elektronische Signatur vielfach über die BNotK unter Notaren sehr verbreitet. Jetzt soll Entsprechendes mittels Mahnverfahren unter Rechtsanwälten erreicht werden. Bisher ist der Verbreitungsgrad der qualifizierten elektronischen Signatur sehr gering, schon weil es kaum sinnvolle Einsatzmöglichkeiten gab. Aber auch allgemein sollen Bürger mit diesen Signaturen ausgestattet werden. In diesem Zusammenhang gibt es aktuell in den Medien Diskussionen um die elektronische Gesundheitskarte und die Job Card (ELENA-Verfahren), aber auch ein Personalausweis bzw. Reisepass mit Signatur ist geplant. Die Gesetzesbegründung (S. 84) zum 2. Justizmodernisierungsgesetz 4 sah an sich vor, dass Rechtsanwälte künftig im Barcodeverfahren (dazu unter 3.) Mahnanträge stellen sollten. Parallel führten aber die Bundesländer eine Antragstellung mit qualifizierter elektronischer Signatur als Unterschriftsersatz (dazu sogleich unter 2.) ein. Derzeit sind beide Wege unter der Adresse möglich. Daneben besteht schon länger die Möglichkeit, Mahnanträge auf Datenträgern (elektronischer Datenaustausch, EDA) einzureichen, was in Massenverfahren lange üblich war. Darauf soll hier aber nicht näher eingegangen werden, weil diesbezüglich wohl geringerer Informationsbedarf besteht. 2. Antragstellung mittels qualifizierter elektronischer Signatur a) Die rechtlichen und technischen Voraussetzungen Wer heute eine Maestro-(EC-)Karte hat und beispielsweise Online-Banking macht, der dürfte sich in wenigen Minuten mit der qualifizierten elektronischen Signatur vertraut machen können. Grundsätzlich funktioniert diese nämlich ähnlich, insbesondere müssen Formulare ausgefüllt und eine PIN eingegeben werden. Wer hingegen das Internet nicht oder wenig nutzt, muss mit etwas mehr Einarbeitungsaufwand rechnen. Benötigt werden: Ein Computer mit Internetzugang, der Internet Explorer ab Version 5.5 als Browser, die Signaturkarte, ein Kartenlesegerät und Software für die Verschlüsselung und Übertragung der Daten. Bei der Anschaffung muss man darauf achten, dass alle Komponenten kompatibel sind und die technischen Anforderungen der Justiz erfüllt werden (s. u.); zu den Kosten näher unter b). Zugelassene Anbieter für Signaturkarten mit qualifizierter elektronischer Signatur (sog. Zertifizierungsdiensteanbieter oder Trustcenter) sind zu finden unter Unter kunft.de stellt T7 e. V. außerdem eine öffentliche Datenbank mit den aktuellen Akzeptanzstellen für die qualifizierte elektronische Signatur bereit. Die auf einer so genannten Smartcard (Chipkarte, Signaturkarte im Scheckkartenformat) gespeicherte qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des 2 Nr. 3 Signaturgesetz (SigG) 5 ist für die elektronische Form das, was bei der Papierform die Unterschrift ist. Für die Beantragung sollte etwas Zeit eingeplant werden, da hier hohe Sicherheitsanforderun Abs. 3 ZPO, in der Fassung des 2. Justizmodernisierungsgesetzes lautet: 1 Der Antrag kann in einer nur maschinell lesbaren Form übermittelt werden, wenn diese dem Gericht für seine maschinelle Bearbeitung geeignet erscheint. 2 Wird der Antrag von einem Rechtsanwalt gestellt, ist nur diese Form der Antragstellung zulässig. Der handschriftlichen Unterzeichnung bedarf es nicht, wenn in anderer Weise gewährleistet ist, dass der Antrag nicht ohne den Willen des Antragstellers übermittelt wird. 2 Knapper Überblicksartikel zum ERV: Hähnchen, StellenSiesichvor,esgibt ejustice und keiner macht mit, in: AnwBl Heft 7/2008, vertiefter: Hähnchen, Elektronischer Rechtsverkehr ein praktischer Leitfaden, Vgl. dazu Hähnchen/Hockenholz, Praxisprobleme der elektronischen Signatur, JurPC Web-Dok. 39/2008, 4 BGBl. I (2005) Letzte Änderung BGBl I (2005) 2. Mahnverfahren für Rechtsanwälte nur noch elektronisch, Hähnchen AnwBl 11 /

70 MN Mitteilungen gen gelten. Eine sehr gute, kurze und verständliche Präsentation des eigentlichen Signiervorganges gibt es im Internet unter Das ist wirklich relativ einfach, ebenso wie der eigentliche Mahnantrag. Komplizierter ist die Anschaffung bzw. Einrichtung der entsprechenden Technik. Während eine einfache nur die weitgehend nutzlose Textform des 126 b BGB erfüllt, ist die elektronische Form mit qualifizierter Signatur nach 126 a BGB der Schriftform des 126 BGB gleichgestellt. Hintergrund für diese Neuerung durch das Formvorschriftenanpassungsgesetz 6 waren EU-Richtlinien, die verlangten, dass auch elektronisch ein der Papierform vergleichbarer Beweiswert erreichbar sein müsse. Dabei dachte man ursprünglich an den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce, also Internethändler) und das Online-Banking, die sich aber inzwischen sehr gut ohne qualifizierte elektronische Signatur entwickelt haben. Die näheren technischen Details und die Begriffe des SigG (asymetrische Kryptographie als Verschlüsselungstechnik, Zertifikat, Zertifizierungsdiensteanbieter u. s. w.) muss man eigentlich nicht verstehen. Zur näheren Information gibt es zahlreiche Spezialliteratur. 7 Interessant für Rechtsanwälte ist vor allem das mögliche Attribut Rechtsanwalt, das auf der Karte gespeichert werden kann. Die Signaturkarte der BRAK dient also gleichzeitig als Anwaltsausweis. Um nun einen Antrag zu stellen, füllt man das Formular online aus, unterschreibt es durch die qualifizierte elektronische Signatur und übersendet es mittels EGVP 8 an das Mahngericht. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass man nach Einreichung der Datei umgehend eine (elektronische) Bestätigung des Eingangs erhält und damit auch weiß, ob die Daten zur Weiterverarbeitung geeignet sind. Außerdem kann die Antragstellung schnell und wirklich papierlos erfolgen. b) Die finanzielle Belastung Ein internetfähiger Computer, der auch einen entsprechenden Zugang hat, ist selbstverständlich Voraussetzung. An dieser Mindestausstattung kommt bald keine Kanzlei mehr vorbei. Neu anzuschaffen sind für alle, die noch keine qualifizierte Signatur verwenden, das Kartenlesegerät (mindestens Sicherheitsklasse 2, d. h. mit PIN-Pad, aus Sicherheitsgründen zu empfehlen aber Klasse 3 mit eigenem Display) und die Signaturkarte, sowie die Verschlüsselungssoftware. Die Anschaffungskosten variieren je nach Anbieter, daher hier zur Orientierung einige Beispiele. Bei der BRAK ist eine Signaturkarte mit dem Attribut Rechtsanwalt für jährlich 69,02 E (incl. MwSt.) erhältlich. Jedoch gibt es auch andere Möglichkeiten. Die Deutsche Bank bietet ihren Kunden für das Online-Banking eine Signaturkarte für drei Jahre zum Preis von 20 Euro bzw. 10 Euro pro Jahr. Auch der Deutsche Sparkassenverlag investierte in den letzten Jahren in den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur. Selbstverständlich können diese Karten auch für andere Signaturvorgänge genutzt werden, etwa neben dem hier beschriebenen Mahnantrag für die elektronische Steuererklärung ( In den Folgejahren fallen je nach Anbieter weitere Kosten von 10 bis 40 Euro an. In Zukunft werden diese Kosten aber sicher sinken bzw. wegfallen, wenn durch Job Card, Gesundheitskarte und vielleicht sogar digitalen Personalausweis die Signaturen verbreitet sind. Für die Anschaffung der Signatursoftware muss man noch einmal ca Euro einplanen, aber z. B. mehr als 150 Euro für Software, die Massensignaturen vornehmen kann. Kartenlesegeräte kosten zwischen 35 und 90 Euro je nachdem, ob man Sicherheitsklasse 2 oder 3 wählt. Das einfache Set aus Karte (mit Signatur), Software und Kartenlesegerät Klasse 2 kostet etwa bei der Deutschen Post 159 Euro ohne MwSt. Aber auch über die Anbieter von Kanzleisoftware (wie DATEV oder RA-Micro) sind die entsprechenden Komponenten erhältlich. Daneben fallen bei jedem Antrag Kosten für den Internetzugang an, sofern man nicht ohnehin pauschal per Flatrate bezahlt. c) Kritische Bemerkungen Derzeit lohnt sich diese Art der Mahnantragsstellung wegen der recht erheblichen Kosten und vor allem wegen des Einrichtungsaufwandes allenfalls für Kanzleien, die Mahnverfahren im großen Umfang betreiben. Bei der Umstellung auf die Antragstellung mit qualifizierter elektronischer Signatur ist professionelle Hilfe, wenigstens die eines erfahrenen Kollegen bzw. einer Kollegin sehr zu empfehlen. Die Einarbeitung ist unrentabel, wenn man das Ganze letztlich nur einmal einrichten will. Die Umstellung der Technik und die Veränderung gewohnter Abläufe bringen Probleme mit sich, das ist eigentlich natürlich. Viele davon hängen mit der qualifizierten elektronischen Signatur zusammen. Beim Mahnverfahren wäre diese aber nach dem Gesetz gar nicht erforderlich! Wenn man 690 Abs. 3 ZPO n. F. liest, so verlangt er gerade keine Unterschrift, deren Äquivalent die qualifizierte Signatur gemäß 126 a BGB ist, sondern nur die Gewährleistung, dass der Antrag willentlich gestellt wurde. Dafür würde an sich eine normale Versendung des ausgefüllten Formulars genügen. Wie oft werden denn in der Praxis aus Versehen Formulare ausgefüllt und über das Internet verschickt? Durchgesetzt haben sich aber (wieder einmal) die Bedenkenträger, die eine größtmögliche Sicherheit bei geringstem ersichtlichem Risiko fordern. Gern beispielhaft gebrachte Angriffsszenarien, die auf die Missbrauchsmöglichkeiten verweisen, sind nur auf den ersten Blick überzeugend. Tatsächlich erscheinen sie sowohl beim Mahnverfahren, als auch sonst beim ERV als unwahrscheinlich. Hintergrund sind wohl eher diffuse Berührungsängste mit der modernen Technik. Diese stellt sich aber bei näherem Hinsehen als harmloser und (potentiell) hilfreich heraus. Erforderlich aber wohl auch ausreichend wäre die technische Absicherung, dass das System nicht durch massenhafte Stellung unsinniger Anträge lahmgelegt werden kann. 6 BGBl I (2001) Leicht verständlich beschrieben wird das Ganze von Hähnchen, Elektronischer Rechtsverkehr ein praktischer Leitfaden, 2007, Kapitel 5 m. w. N. der spezielleren Literatur. 8 Das Mahnverfahren läuft über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP), das in Zukunft die Posteingangsstelle schlechthin werden soll. Über diese gemeinsame Schnittstelle erreichen Anträge die zuständigen Mahngerichte. Das EGVP unabhängig vom Mahnverfahren, also wenn man z. B. Schriftsätze einreicht ähnelt einem normalen -Programm. Beim Mahnverfahren hingegen bemerkt man das EGVP kaum. Auf dessen Internetseiten ( findet man auch Informationen, welche technischen Voraussetzungen zu erfüllen und welche Kartenlesegeräte kompatibel sind. Außerdem kann die Software, die zur Datenübertragung benötigt wird, kostenlos heruntergeladen werden. Das geht aber auch über AnwBl 11 / 2008 Mahnverfahren für Rechtsanwälte nur noch elektronisch, Hähnchen

71 MN Mitteilungen Leider ist die Erkenntnis, dass die qualifizierte elektronische Signatur eher ein Hindernis für den ERV darstellt, als dass sie ihm nützt, noch nicht ausreichend verbreitet. Wenn man sich dann noch in Erinnerung ruft, dass ursprünglich Banken und Onlinehändler die Signatur wollten, jetzt aber ganz überwiegend ohne diese arbeiten, dann fragt man sich, warum sie der Justiz aufgebürdet wird. 3. Das Barcodeverfahren a) Der technische Ablauf Das Barcodeverfahren wird für Nutzer mit geringem oder mittlerem Antragsvolumen empfohlen. Hier ist neben einem Computer mit Internetverbindung, dem Internet Explorer als Browser und dem kostenlos im Internet verfügbaren Acrobat Reader, sowie einem normalen Drucker keine zusätzliche Hard- oder Software erforderlich. Alles in allem eine Ausstattung, die inzwischen sogar der durchschnittliche private Internetnutzer hat. Man sucht nun also die Internetadresse auf, wählt als Versandart Druck auf Papier (Barcode) und füllt online das Antragsformular aus. Vorteilhaft ist dabei die Plausibilitätsprüfung, die fortlaufend durchgeführt wird. Es können also nur sachlich sinnvolle Eingaben gemacht werden. Das fertig ausgefüllte Formular wird vom System in ein pdf-dokument umgewandelt. Um dieses später lesen, also am Computer öffnen zu können, benötigt man den o. g. Acrobat Reader. Das PDF-Dokument enthält außerdem einen so genannten Barcode. Der Antragsteller druckt nun das vierseitige Dokument aus, die Rückseiten müssen frei bleiben, unterschreibt es und schickt es per Post an das Mahngericht. Im Gericht wird der Barcode dann (ähnlich wie an der Kasse im Supermarkt) eingescannt. Dadurch wird das im Internet ausgefüllte Formular, welches mehr Informationen enthält als das ausgedruckte, dem Gericht zugänglich. b) Kritische Würdigung Leider bringt das Barcodeverfahren im Vergleich zu den bisherigen Papier-Formularen für die Rechtsanwaltskanzlei keine wirkliche Erleichterung und kaum oder keine Einsparungen. Hier entstehen zwar nur in wenigen Fällen Anschaffungskosten, da wohl die meisten Kanzleien über Internet, jedenfalls aber über Computer und Drucker verfügen. Die Kosten für den Ausdruck und den Versand von mindestens vier Seiten Papier als Kompaktbrief für 90 Cent wiegt aber die Ersparnis bei den nun nicht mehr zu bestellenden Formularen (10 bis 30 Cent pro Stück, je nach Art und Bestellmenge) ziemlich auf. Wirklich zu kritisieren sind die Medienbrüche, also der wiederholte Transfer von analogen Daten in digitale Daten. Erst wird das Formular am PC ausgefüllt, dann ausgedruckt und verschickt. Im Gericht muss dann wieder über den Barcode die Datei zugeordnet werden. Der einzige Grund für dieses umständliche und teure Vorgehen sind die Sicherheitsbedenken wenn schon keine qualifizierte elektronische Signatur die Echtheit des Dokuments und den Absender belegt, dann soll dies wenigstens der Barcode tun. 4. Ausblick Rechtsanwälte müssen sich die drohende Verjährung zum Jahresende im Blick 9 umgehend mit den neuen Anforderungen des Mahnverfahrens vertraut machen. Bemerkenswert sind die Diskussionen unter ReNos, in dem Sinne Das bleibt doch dann wieder an mir hängen. 10 Rechtsanwälte sollten sich bewusst machen, dass das kein partielles Problem ist, mit dem sie nichts zu tun hätten. Für die Gerichte lassen sich vermutlich relativ schnell Vorteile durch das neue Verfahren (Beschleunigung, Kostenersparnis) realisieren. Günstig ist besonders die Plausibilitätsprüfung erspart sie doch die Rücksendung falsch ausgefüllter Anträge und deren erneute Überprüfung. Außerdem liegen schon Datensätze vor, die weiterverarbeitet werden können. Bedauerlich ist, dass von Seiten der Justizverwaltung hier die Chance vertan wurde, Rechtsanwälte von den Vorzügen des ERV wirklich zu überzeugen. Stattdessen wird mit Zwang gearbeitet. Jedenfalls für einen Rechtsanwalt, der nur gelegentlich Mahnanträge stellt, sind vorerst keine Vorteile realisierbar. Es ist schwer, das Ganze als einen historischen Prozess der Justizmodernisierung zu sehen und sich auf die Kostenersparnis in einigen Jahren, wenn die Technik verbreiteter ist und es mehr Einsatzmöglichkeiten gibt, zu freuen. Dazu sind die zeitnahen Kosten und Umstellungsprobleme zu unangenehm. Zudem wird jetzt allgemein nur die Antragstellung umgestellt, das weitere Verfahren wird vorerst wie bisher über Papier abgewickelt. In manchen Bundesländern ist man allerdings in der Entwicklung schon fortgeschritten. Und außerdem kann man nun einmal nur einen Schritt nach dem anderen tun. Vorstellbar ist es wegen der genannten Umstellungsprobleme, dass Rechtsanwälte, die schon bisher nicht viele Mahnanträge gestellt haben, ihren Mandanten die alten Vordrucke ausfüllen (bzw. dies durch ihre ReNos tun lassen) und die Anträge dann durch die Mandanten selbst einreichen lassen die Verpflichtung zu elektronischer Antragstellung gilt hier ja nicht. Druck erzeugt oft das Bedürfnis auszuweichen, aber langfristig ist das keine Lösung, denn der ERV wird weiter forciert, wegen der erhofften Einsparungen und weil es auf europäischer Ebene Bestrebungen zur Vernetzung gibt. Dr. Susanne Hähnchen Die Autorin ist Privatdozentin an der Freien Universität Berlin und aktuell Lehrstuhlvertreterin in Göttingen. Sie erreichen die Autorin unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. 9 Zu beachten ist, dass Anträge wie Barcodeverfahren am im Mahngericht sein müssen. Voraussichtlich ist das Ausfüllen am von 8 bis 10 Uhr wegen regulärer Wartung (immer Mittwoch) nicht möglich. 10 Z. B. Mahnverfahren für Rechtsanwälte nur noch elektronisch, Hähnchen AnwBl 11 /

72 MN Mitteilungen Anwaltsrecht Sanktionsfähige Berufspflichten aus einer Generalklausel? Keine speziellen Pflichten aus der allgemeinen Pflicht des 43 BRAO Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Hartung, Mönchengladbach Der Rechtsanwalt hat seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und sich innerhalb und außerhalb des Berufs der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen. So heißt es in 43 BRAO. Kann diese allgemeine Berufspflicht Grundlage für Sanktionen sein - wenn zum Beispiel eine Anwalt bei der Aktenbearbeitung bummelt? Der Autor sagt nein, auch wenn Kammern und Anwaltsgerichte immer wieder auf die Vorschrift zurückgreifen. I. Problemstellung Seit Inkrafttreten der in 43 a BRAO geregelten anwaltlichen Grundpflichten im Jahr 1994 und der anwaltlichen Berufsordnung im Jahr 1996 werden in den anwaltsgerichtlichen Entscheidungen, die sich mit Verstößen eines Rechtsanwalts gegen anwaltliche Berufspflichten befassen, die berufsrechtlichen Normen genannt, die die verhängte anwaltsgerichtliche Maßnahme rechtfertigen. Die Vorschrift des 43 BRAO gehört dazu nur selten. Sie regelt die allgemeine anwaltliche Berufspflicht und besagt, dass der Rechtsanwalt seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und sich innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens würdig zu erweisen hat, welches die Stellung des Rechtsanwalts erfordert. Umso überraschender ist es, dass kürzlich das Anwaltsgericht für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf einem Rechtsanwalt unter Wiederholung des Gesetzeswortlauts des 43 BRAO einen Verweis erteilte und gleichzeitig eine Geldbuße verhängte. 1 Die diesem Urteil zugrunde liegenden Vorwürfe lauteten, der Rechtsanwalt habe Mandate nicht sorgfältig bearbeitet, seine Mandanten nicht zeitnah informiert, in Aufsichts- und Beschwerdesachen dem Kammervorstand keine Auskünfte erteilt, auf Mandantenanfragen nicht reagiert und die Herausgabe von Akten an Mandanten grundlos verweigert. 2 Die Entscheidung wirft, nachdem die früher gemäß 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO a. F. von der Bundesrechtsanwaltskammer festgestellten Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts nicht mehr zur Auslegung des 43 BRAO herangezogen werden können, 3 der Gesetzgeber die anwaltlichen Grundpflichten in 43 a BRAO gesetzlich geregelt und die Satzungsversammlung durch Erlass einer Berufsordnung die gesetzlichen Berufspflichten näher bestimmt hat, die Frage auf, ob 43 BRAO noch Grundlage berufsrechtlicher Sanktionen sein kann. II. Stand der Meinungen in der Literatur 43 BRAO trägt die Überschrift Allgemeine Berufspflicht. Diese Überschrift wird heute als Abgrenzung zu der Überschrift des 43 a BRAO verstanden, die von den Grundpflichten des Rechtsanwalts spricht. Das war nicht immer so. Die Differenzierung zwischen einer allgemeinen Berufspflicht und den Grundpflichten des Rechtsanwalts gibt es erst seit dem Inkrafttreten des 43 a BRAO, der durch das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September in die BRAO eingefügt wurde. Bis dahin kannte die BRAO nur die Regelung des 43 BRAO. Sie ging auf 28 der Rechtsanwaltsordnung von 1878 zurück. Diese Vorschrift verpflichtete den Rechtsanwalt, seine Berufstätigkeit gewissenhaft auszuüben und durch sein Verhalten in Ausübung des Berufs sowie außerhalb desselben sich der Achtung würdig zu zeigen, die sein Beruf erfordert. Die Reichsrechtsanwaltsordnung vom 13. Dezember beließ es hierbei, ebenso mit leicht verändertem Wortlaut die Bundesrechtsanwaltsordnung. So blieb der materielle Inhalt der Generalklausel seit 1878 unverändert. In der Literatur besteht inzwischen Einigkeit darüber, dass der Anwendungsbereich des 43 BRAO seit Inkrafttreten des 43 a BRAO und auch der Berufsordnung zumindest deutlich reduziert und 43 BRAO nicht mehr anwendbar ist, soweit anwaltliche Berufspflichten in der Bundesrechtsanwaltsordnung und in der Berufsordnung geregelt sind. Streit entzündet sich an der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen 43 BRAO anwendbar bleibt, wenn spezielle berufsrechtliche Normen fehlen. 6 Die Auswirkungen der unterschiedlichen Auffassungen werden besonders deutlich, wenn die Berufsordnung eine Lücke aufweist. Während nach der von Kleine-Cosack 7 vertretenen Auffassung geprüft werden muss, ob sich eine Berufspflicht subsidiär aus der Generalklausel des 43 BRAO ableiten lässt, erlauben Feuerich 8 und Eylmann 9 einen Rückgriff auf 43 BRAO nur, wenn anwaltliches Verhalten mit anderen Gesetzesbestimmungen innerhalb oder außerhalb der BRAO oder mit dem Satzungsrecht der Berufsordnung kollidiert. Nach ihrer Auffassung ist 43 BRAO also nicht aus sich heraus, sondern nur noch mit Hilfe anderer Normen auslegungsfähig, so dass sie ohne solche Normen leer läuft. 10 III. Auffassung der Satzungsversammlung Die Satzungsversammlung befasste sich schon 1996 während der Beratungen über eine anwaltliche Berufsordnung in ihrem Ausschuss 4 auch mit der Frage, ob entsprechend 1 Urteilvom AZ.3EV67/04. 2 Ähnlich auch der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin, der in seiner Sitzung am 12. Dezember 2007 entschieden hat, dass bei Bummelei 43 BRAO einschlägig sein soll. In der Pressemitteilung wird allerdings ergänzend auch 11 BORA (Unterrichtung des Mandanten) als Grundlage für Sanktionen genannt. 3 BVerfGE 76, 171 = AnwBl 1987, 598 = NJW 1988, 191 und BVerfGE 76, 196 = AnwBl 1987, 603 = NJW 1988, BGBl. I RGBl. 1936, Feuerich/Weyland, 43 Rdn. 1 3; sowie 43 Rdn. 4 und 113 Rdn. 10; ebenso Hartung, Anwaltliche Berufsordnung, 3. Aufl., 43 BRAO Rdn. 4 ff.; Henssler/Prütting-Eylmann, 43 Rdn. 17 sowie 43 Rdn. 5 ff. (vgl. auch Jähnke NJW 1988, 1888 [1889]); Kleine-Cosack, 43 Rdn. 7 und 11 ff. 7 Kleine-Cosack, 43 Rdn. 2 und 7. 8 Feuerich/Weyland, 43Rdn4. 9 Henssler/Prütting-Eylmann, 43 Rdn. 17; vgl. auch Busse AnwBl 1998, 231 (232). 10 So im Ergebnis auch Niedersächsischer AGH BRAK-Mitt. 2003, AnwBl 11 / 2008 Berufspflichten und Generalklausel, Hartung

73 MN Mitteilungen einem Diskussionsvorschlag der Bundesrechtsanwaltskammer die Pflicht zur gewissenhaften Ausübung des Berufs in der Berufsordnung geregelt werden müsse ( 59 b Abs. 2 Nr. 1 a BRAO). 11 Die Befürworter einer solchen Regelung wiesen darauf hin, dass es um die Berufsaufsicht bei ersichtlichen Schlampereien, zum Beispiel bei Nichtbearbeitung eines Mandats, gehe. Die Gegner sahen die Gefahr, in der Berufsordnung ungewollt Regeln für den Haftpflichtfall zu schaffen. Eine Berufsnorm, die etwas über die nötige Sachkunde und die nötige Zeit aussage, könne leicht zu einer Änderung der Darlegungspflichten im Regressprozess führen. Überdies sei der Vorschlag wie ein Gefährdungsdelikt ausgestaltet, könne im Extremfall also auch denjenigen treffen, der am Ende trotz fehlender Sachkunde einen Prozess erfolgreich beende. Außerdem dürfe man die Berufsaufsicht nicht auf die inhaltliche Überprüfung der anwaltlichen Arbeit erstrecken, sondern müsse sie auf die Beanstandung formaler Mängel beschränken. 12 Mit deutlicher Mehrheit beschloss der Ausschuss 4 am Ende seiner Diskussion, dass in die Berufsordnung keine Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung aufzunehmen sei. Dabei blieb es bis heute. IV. Eigene Stellungnahme Der Rechtsanwalt braucht Rechtssicherheit und muss wissen, welche beruflichen Pflichten er zu beachten hat. 13 Wird eine Berufspflicht weder durch Gesetze noch durch die Berufsordnung begründet, darf er davon ausgehen, dass er durch keine Berufspflicht gebunden ist. 14 Zudem macht 59 b BRAO als abschließender Katalog der näheren Ausgestaltung von Berufspflichten durch die Satzungsversammlung nur Sinn, wenn aus 43 BRAO nicht weitere Berufspflichten im Wege einer isolierten Normkonkretisierung herausgelesen werden können. Wäre es anders, so wäre eine abschließend geregelte Satzungskompetenz sinnlos, weil sich im Rahmen der Bildung einer herrschenden Meinung oder durch die Auslegung des 43 BRAO durch die Gerichte jederzeit weiteres Berufsrecht bilden könnte, das isoliert auf 43 BRAO beruhen würde. 15 Zu beachten ist auch das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot, das in Art. 20 und Art. 28 Abs. 1 GG verankert ist. Nach der verschärften Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf jeder Freiheitseingriff einer ausreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. 16 Das Verbot muss in seinen Voraussetzungen und in seinem Inhalt so klar formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage leicht erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. 17 Gerade deshalb hat der Gesetzgeber die frühere Fassung des 113 Abs. 1 BRAO dahingehend ergänzt, dass gegen einen Rechtsanwalt eine anwaltsgerichtliche Maßnahme nur verhängt werden darf, wenn er schuldhaft gegen Pflichten verstößt, die in diesem Gesetz oder in 11 SV-Mat. 12/96, SV-Mat. 12/96, Vgl. Amtliche Begründung zu 113, BT-Drucks. 12/4993 S Henssler/Prütting-Eylmann, 43 Rdn So überzeugend Prütting AnwBl 1999, 361 (363); zustimmend Busse AnwBl 1998, 231 (232). 16 BVerfGE 87, 287 (316 f.). 17 BVerfGE 54, 237 (247 f.). 18 Saarländischer AGH BRAK-Mitt. 2003, 179. der Berufsordnung bestimmt sind. Diesen Anforderungen genügt 43 BRAO nicht, weil es den in dieser Vorschrift enthaltenen Begriffen an der verfassungsrechtlich erforderlichen Bestimmtheit fehlt. Die von 43 Satz 1 BRAO geforderte gewissenhafte Ausübung des Anwaltsberufs lässt sich daher allenfalls als ein Appell verstehen, den jeder Rechtsanwalt beachten sollte, dessen Missachtung aber keinen Verstoß gegen anwaltliche Berufspflichten bedeutet. Das gilt ebenso für 43 Satz 2 BRAO. Sich innerhalb und außerhalb des Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen, ist nicht mehr als ein ethisch gerechtfertiges Postulat. Die eigentliche Schwäche der in der Literatur vertretenen Meinungen zeigt am besten eine Entscheidung des Saarländischen Anwaltsgerichtshofs. 18 Er stellt zutreffend fest, der Grundsatz der freien selbstverantwortlichen Berufsausübung gestatte es nicht, die berufliche Tätigkeit des Rechtsanwalts nachträglich einer berufsrechtlichen Prüfung auf ihre Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit zu unterwerfen. Gleichwohl will er grobe Verstöße gegen zivilrechtliche Pflichten ahnden, wenn sie die äußere Seite der Anwaltstätigkeit betreffen, weil 43 BRAO nicht jede Vertragsverletzung als Standesverfehlung qualifiziere, sondern nur solche, die mit gewissenhafter Berufsausübung und mit der Stellung des Rechtsanwalts nicht mehr vereinbar seien. Zu diesen Pflichtverletzungen zählt der Anwaltsgerichtshof insbesondere hartnäckige Bummelei und Untätigkeit bei der Mandatsbearbeitung. Diese Auslegung des 43 BRAO ist nicht nur mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz unvereinbar, sondern läuft letztlich doch auf eine unzulässige Überprüfung anwaltlicher Berufsausübung hinaus. Schlechte anwaltliche Arbeit kann daher nur auf der vertraglichen Schadensersatzebene geahndet, nicht aber mit berufsrechtlichen Sanktionen verfolgt werden. V. Zusammenfassung 43 BRAO ist ein Überbleibsel aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994 und der Berufsordnung im Jahr Seitdem kann die Vorschrift nicht mehr Grundlage berufsrechtlicher Maßnahmen sein. Anwaltliche Berufspflichten können sich nur noch aus der Bundesrechtsanwaltsordnung oder der Berufsordnung ergeben. Soweit anwaltliches Verhalten nach diesen beiden Regelwerken nicht als Verletzung einer Berufspflicht gewertet werden kann, sind berufsrechtliche Maßnahmen unzulässig. Dr. Wolfgang Hartung, Mönchengladbach Der Autor ist Rechtsanwalt. Er ist Herausgeber des in 4. Auflage erschienen Kommentars Anwaltliche Berufsordnung aus dem Verlag C.H. Beck. Sie erreichen den Autor unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. Berufspflichten und Generalklausel, Hartung AnwBl 11 /

74 MN Mitteilungen Soldan-Institut für Anwaltmanagement Qualität eine Frage der Wahrnehmung Prof. Dr. Christoph Hommerich, Bergisch-Gladbach und Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian, Köln Fragt man Rechtsanwälte, worauf ihr Erfolg am Rechtsdienstleistungsmarkt basiert, erhält man zumeist die stereotype Antwort: auf Qualität. Diese Selbstwahrnehmung kann eine Selbsttäuschung sein, weil sie zu undifferenziert ist, wie die Autoren zeigen. Zunächst einmal ist festzustellen, dass auch Kanzleien, die höchste Bearbeitungsqualität liefern, aus Gründen Mandanten verlieren können, die sie selbst nicht zu verantworten haben oder beeinflussen können. Firmenfusionen etwa, Führungs- oder Generationswechsel in Unternehmen, strategische Neuorientierungen oder Verlagerungen von Unternehmen im Zuge der Globalisierung oder auch nur Änderungen im geltenden Recht können einen erheblichen negativen Einfluss auf den Kanzleierfolg haben. Die Maxime Wir liefern Qualität! reicht also nicht aus, um den eigenen Kanzleierfolg zu sichern. Zudem stellt sich die Frage, aus wessen Sicht Qualität bestimmt wird. Ist es die fachliche Sicht der Anwälte selbst, die zum Qualitätsmaßstab erhoben wird, ist es der Respekt, den gegnerische Anwälte bekunden, liegt der Qualitätsprüfung ein nachprüfbarer fachlicher Maßstab zu Grunde oder aber wird über Qualität auf gänzlich anderer Ebene gesprochen, der Ebene der wahrgenommenen Qualität durch Mandanten. Schon bei der Frage nach der fachlichen Qualität wird deutlich, dass eine echte Qualitätsprüfung anwaltlicher Dienstleistungen in vielen Fällen niemals erfolgt. So muss sich die Qualität von Verträgen oftmals nicht bewähren, weil Risiken, gegen die sie schützen sollen, ausbleiben. Zwar ist denkbar, dass das Ausbleiben von Risiken eine Folge von Verträgen und ihrer impliziten Wirkung ist; allerdings ist eine solche Folge nicht zwingend. Auch die Feststellung von Qualität im forensischen Bereich ist keineswegs eindeutig. Prozesserfolge können viele Ursachen haben, Misserfolge ebenso. Die Zurechnung dieser Erfolge oder Misserfolge zur Qualität der Arbeit eines Anwalts ist schwierig, im Einzelfall sogar unmöglich. Jeder Anwalt hat erlebt, dass ein relativer Misserfolg angesichts vorhandener Risiken im Nachhinein als Erfolg gewertet werden muss, auch wenn dies Mandanten, die Laienstatus besitzen, nicht immer einleuchtet. Die Mandantensicht: Qualität der Betreuung Damit wird deutlich, dass Qualität von der Perspektive dessen abhängig ist, der sie bewertet. Aus Sicht der Mandanten kommen hierbei vielfältige Aspekte ins Spiel. Verfügen Sie über keinerlei Rechtskenntnisse, rücken Aspekte von Qualität in den Vordergrund, die mit der Sache selbst und ihrem rechtlichen Kern nicht unbedingt etwas zu tun haben müssen. Mandanten schätzen als Laien ihre Anwälte dahingehend ein, ob sie kompetent, zuverlässig, integer und in ihrem Verhalten konsistent wirken. Diese Urteile sind davon abhängig, wie Anwälte gegenüber ihren Mandanten auftreten, wie sie mit ihnen kommunizieren. Qualitätswahrnehmung ist also auch eine Kommunikationswirkung. Damit ist ein weites Spektrum der Signale angesprochen, die Kanzleien senden. In erster Linie geht es um die Kommunikation aller handelnden Personen, das nicht anwaltliche Personal eingeschlossen. Es geht um die Gestaltung einzelner Abläufe, darum, dass Mandanten auf Signale reagieren können, die den Anwälten selbst eher unwichtig sind, weil sie aus deren Sicht mit der Sache selbst nichts zu tun haben: die Freundlichkeit des Personals in Anwaltskanzleien, seine Dienstleistungsorientierung in dem Sinne, dass es sich bemüht, Probleme der Mandanten zu lösen, soweit dies in seinen Einflussbereich fällt, kurzum die laufende Betreuung von Mandanten während eines Mandats. Dies öffnet den Blick für eine Schlüsselkategorie der Qualitätsbewertung durch Mandanten. Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigt, dass Kanzleien dann als wenig qualitätsvoll angesehen werden, wenn Mandanten das Gefühl haben, nicht ausreichend informiert oder sogar vernachlässigt zu werden. Positiv betrachtet heißt dies, dass ein hoher Grad von responsiveness, also intensive Kommunikation mit den Mandanten und das Bemühen, sie jederzeit auf dem Laufenden zu halten, einen zentralen Erfolgsfaktor jeder Anwaltskanzlei markiert. Fühlen sich Mandanten schlecht informiert, fühlen sich Stammkunden, was nicht selten vorkommt, schleichend vernachlässigt, zieht dies schlechte Qualitätsurteile der Mandanten bis hin zum Wechsel des Anwalts nach sich. Dies wirft die Frage auf, wie man Misserfolg im Sinne unzureichender Betreuungsqualität während laufender Mandate vermeiden kann. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Implementierung einer Qualitätskultur, die jedes Detail der Wertschöpfungskette anwaltlicher Leistungen ins Visier nimmt. Betreuungsqualität schließt alle Abläufe innerhalb von Anwaltskanzleien ein. Sie umfasst damit das Verhalten aller Akteure, die an der Leistungserstellung in irgendeiner Weise beteiligt sind, und sie bezieht sich nicht zuletzt auf alle Kommunikationsmaßnahmen, mit denen eine Kanzlei nach außen wirkt. Will man Qualitätserwartungen der Mandanten entsprechen, so ist es von großer Bedeutung, diese Erwartungen zunächst einmal zu kennen. In diesem Sinne beginnt Qualitätsmanagement immer mit einer Selbstvergewisserung darüber, welche Erwartungen von Mandanten innerhalb der Kanzlei wahrgenommen werden. Eingeschlossen sind offen geäußerte Wünsche ebenso, wie Lob oder aber vor allem auch Beschwerden von Mandanten. Kanzleien, die Qualitätskulturen einüben und leben wollen, müssen die Wahrnehmung der Mandanten systematisch erfassen und Maßnahmen entwickeln, über die diesen Erwartungen so weit dies möglich und sinnvoll ist entsprochen werden kann. Die These der Kommunikationswissenschaftler, man könne nicht nicht kommunizieren, ist zugleich ein anspruchsvolles Programm: Qualitätssicherung ist ein Prozess, der nicht endet, es sei denn, man will sich von der Bühne verabschieden. SoldanInstitut:Prof.Dr.ChristophHommerich, Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian, Julia Heinen, M.A. und Thomas Wolf, M.A. Hommerich und Kilian sind Vorstand des Soldan Instituts für Anwaltsmanagement e. V. Heinen und Wolf sind dort wissenschaftliche Mitarbeiter. Sie erreichen die Autoren unter der -Adresse 784 AnwBl 11 / 2008 Qualität eine Frage der Wahrnehmung, Soldan-Institut

75 MN Mitteilungen Dokumentationszentrum Blick ins Ausland Das Dokumentationszentrum für Europäisches Anwaltsund Notarrecht an der Universität zu Köln informiert in einer losen Serie von Kurzbeiträgen über aktuelle Entwicklungen in den Anwaltschaften aus dem benachbarten Ausland. Frankreich: Kommission zur grundlegenden Reform der juristischen Berufe Als Reaktion auf den Bericht von Jacques Attali (siehe AnwBl 2008, 287) hat Staatspräsident Sarkozy eine Kommission mit der Ausarbeitung eines Reformvorschlags für das Recht der juristischen Berufe beauftragt (Commission Darrois, benannt nach ihrem Vorsitzenden, einem der berühmtesten Wirtschaftsanwälte Frankreichs). Reformschwerpunkte sollen die Vereinheitlichung der juristischen Berufe und die Reform der Strukturen gemeinsamer Berufsausübung sein. Die Kommission soll ihre Ergebnisse noch in diesem Jahr präsentieren. Die Inkorporation des Berufszweigs der avoués, die noch das ausschließliche Recht haben, vor den Berufungsgerichten (cours d appel) aufzutreten, ist bereits vom Gesetzgeber beschlossen und soll zum in Kraft treten. Gegen diese Maßnahme haben die avoués im Sommer eine längere Protestaktion durchgeführt und die Berufungsgerichte blockiert. Die Anwaltschaft vertreten durch die nationale Anwaltskammer CNB machte sich bei der Anhörung durch die Kommission dafür stark, die Vereinheitlichung der juristischen Berufe durch die Erweiterung des anwaltlichen Betätigungsfeldes auf die übrigen juristischen Dienstleistungsgebiete zu erreichen. Anwälte sollen unter anderem die bislang von Unternehmensjuristen ausgeübten Tätigkeitsgebiete besetzen, wozu jedoch das anwaltliche Berufsrecht, das Syndikusanwälte bislang nicht zulässt, geändert werden muss. Auch das Notariat soll nach Ansicht der CNB in den Anwaltsberuf inkorporiert werden, wobei sich die französische Anwaltschaft auf den deutschen Anwaltsnotar als Vorbild beruft, sich gleichzeitig aber das Notariat als eine Spezialisierung des Anwaltsberufs vorstellt, was jedoch nicht dem deutschen Modell entspricht. Die Anwaltschaft reklamiert für sich die dominierende Rolle bei der Vereinheitlichung juristischer Berufe. Die Vertretungen anderer juristischer Berufe, insbesondere die Notarkammer, fühlen sich durch diese Pläne brüskiert und beklagen den anwaltlichen Standesegoismus. Die Frage der externen Kapitalbeteiligung an Anwaltsgesellschaften sieht die Mehrheit der CNB positiv, vorausgesetzt sie wird auf maximal 25 Prozent der Anteile beschränkt. Sie sieht darin eine Möglichkeit, eine internationale Expansion französischen Sozietäten durch Fremdkapital zu erleichtern, damit diese gegenüber angelsächsischen Law Firms konkurrenzfähig werden. Die anwaltliche Unabhängigkeit sei nicht gefährdet, da Kontrolle und Kapital in der Organisation trennbar seien. Einem Börsengang nach australischem Beispiel steht die CNB jedoch kritisch gegenüber. (BD) Ungarn: Erfolgshonorar ohne anwaltliches Risiko verstößt gegen gute Sitten Nach dem ungarischen Anwaltsgesetz von 1998 ist das Anwaltshonorar Gegenstand einer freien Vereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Auch die Vereinbarung eines Erfolgshonorars ist grundsätzlich zulässig. In einigen Fällen jedoch kann eine Erfolgshonorarvereinbarung gegen die guten Sitten verstoßen und nichtig sein. So hat das oberste Gericht Ungarns bereits häufiger geurteilt, dass ein besonders hohes Erfolgshonorar nur dann nicht gegen die guten Sitten verstößt, wenn der Rechtsanwalt ein besonders großes Risiko eingeht. Ein aktuelles Urteil des obersten Gerichtshofes besagt nun, dass eine Erfolgshonorarvereinbarung sittenwidrig und damit nichtig ist, wenn der Rechtsanwalt überhaupt kein Risiko eingeht. Im zugrunde liegenden Fall galt die Vereinbarung des Erfolgshonorars auch für den Fall, dass der Mandant den Anwaltsvertrag vor Erledigung des Auftrages und somit auch ohne Eintreten des Erfolgs kündigt. Der Mandant hat sich mit der Gegenseite außergerichtlich geeinigt bzw. einen gegen ihn gerichteten Anspruch anerkannt und den Anwaltsvertrag gekündigt. Der sein Erfolgshonorar fordernde Rechtsanwalt wurde mit seiner Klage in allen Instanzen abgewiesen. Die Begründung der Gerichte war, dass eine Erfolgshonorarvereinbarung, die unabhängig von der geleisteten Arbeit des Rechtsanwalts auch im Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung durch den Mandanten fällig sein solle, sittenwidrig und nichtig sei. Eine solche Vereinbarung beinhalte für den Rechtsanwalt kein Risiko; dieses sei aber für eine Erfolgshonorarvereinbarung wesentlich. Dem Rechtsanwalt wurde vom Gericht nur ein übliches Honorar zugesprochen. (BD) Schweiz: Beidseitige Vertretung nur bei konkretem Interessenkonflikt berufsrechtswidrig Das Schweizerische Bundesgericht hat in einem Urteil vom 30. April 2008 (Az. 2C_699/2007) für Klarheit hinsichtlich der berufsrechtlich verbotenen Vertretung widerstreitender Interessen gesorgt. In dem zugrunde liegenden Fall hat derselbe Rechtsanwalt in einer Unfallsache den Fahrzeugführer und dessen Versicherung gerichtlich vertreten. Die für Berufspflichtverletzungen zuständige kantonale Aufsichtskommission bejahte hier eine Verletzung des Verbots der Vertretung widerstreitender Interessen nach Art. 12 lit. c BGFA, da es nicht auszuschließen sei, dass die Interessen der Versicherung und des Versicherten sich widersprächen. Das Bundesgericht war anderer Auffassung und ließ die abstrakte Möglichkeit eines Interessenkonflikts nicht ausreichen. Nur im Fall beidseitiger Vertretung und konkretem Interessenkonflikt liege eine Berufspflichtverletzung vor. Tauche später ein solcher konkreter Konflikt auf, müsse der Rechtsanwalt beide Mandate niederlegen. Mit dieser Rechtsprechung befindet sich das Schweizerische Bundesgericht auf der Linie der mittlerweile herrschenden Meinung in der deutschen Rechtssprechung und Rechtswissenschaft (vgl. BAG NJW 2005, 921). (BD) Dokumentationszentrum für Europäisches Anwalts- und Notarrecht an der Universität zu Köln Das Dokumentationszentrum ist eine gemeinsame Forschungseinrichtung der Universität zu Köln, des Deutschen Anwaltvereins, der Bundesrechtsanwaltskammer und der Bundesnotarkammer. Direktor: Prof. Dr. Martin Henssler, Adresse: Albert-Magnus-Platz, Köln, Tel.: , Fax: , Internet: Blick ins Ausland AnwBl 11 /

76 MN Mitteilungen Bücherschau Kostenfinanzierung Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian I. Erfolgshonorare Parturient montes, nascetur ridiculus muss die Berge kreißen, aber nur eine lächerliche Maus wurde geboren, an diese Horaz sche Erkenntnis erinnert das Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren. Es hat in Umsetzung einer Entscheidung des BVerfG mit Wirkung zum 1. Juli 2008 eine vorsichtige Lockerung des Verbots der spekulativen Anwaltsvergütung gebracht. Dass das Kreißen des Berges im Sinne Horaz nur eine Maus hervorgebracht hat, hält die Verlagswelt nicht davon ab, das Erfolgshonorar für Anwälte als lukratives Geschäftsfeld auszumachen. Wer weiß, dass der Gesetzgeber grundsätzlich am Verbot des Erfolgshonorars festhält und sich die Neuigkeiten zum Thema Erfolgshonorar bei Licht betrachtet auf einen neuen Paragraphen im RVG ( 4a RVG) und anderthalb neue Sätze in 49 b Abs. 2 BRAO (S. 1, n. F.) beschränken, ist besonders neugierig, wie sich auf dieser Arbeitsgrundlage Bücher füllen lassen. 1. Mit fast 200 Seiten legen Joachim Teubel und Herbert Schons unter dem Titel Erfolgshonorar für Anwälte ein besonders umfangreiches Buch vor. Bereits der Untertitel Gebühren- und Vergütungsvereinbarungen nach neuem Recht legt allerdings nahe, dass das Werk breiter angelegt ist. Erklären lässt Erfolgshonorar für Anwälte von Joachim Teubel / Herbert P. Schons; München: C. H. Beck, 2008; 200 S., kart.; ; 38,00 E. sich der Befund, dass das Buch thematisch mehr bietet als der Haupttitel suggeriert, natürlich ohne Weiteres: Zum einen war die Neuregelung des Erfolgshonorars nicht nur Anlass für den Gesetzgeber, die Vorschriften zu anwaltlichen Vergütungsvereinbarungen neu zu sortieren, sondern auch materielle Änderungen des RVG; etwa hinsichtlich der Formerfordernisse, der Rechtsfolgen formwidriger Vereinbarungen und der Informationspflichten des Rechtsanwalts vorzusehen. Zum anderen ist ein Erfolgshonorar zunächst einmal eine ganz gewöhnliche vereinbarte Vergütung und nicht, wie gelegentlich Glauben gemacht wird, etwas völlig Neues, gänzlich Unbekanntes. Schons zeichnet zunächst den Weg hin zur gesetzlichen Neuregelung nach und skizziert noch einmal die lebhafte Diskussion der vergangenen Jahre, die Entscheidung des BVerfG und die sich anschließenden gesetzgeberischen und berufspolitischen Aktivitäten. Der von Schons und Teubel bearbeitete Hauptteil der systematischen Darstellung beschäftigt sich sodann mit der gewöhnlichen Vergütungs- und Gebührenvereinbarung (S ). Schwerpunkte liegen hier auf der Erörterung der Formerfordernisse, des relevanten AGB-Rechts sowie auf dem Problem der Äquivalenzkontrolle von Vergütungsvereinbarungen. Ein weiterer Abschnitt (S ) befasst sich sodann mit dem Erfolgshonorar. Den Rezensenten hat hier ein wenig überrascht, dass die Frage angemessener Streitbeteiligungen (quota litis) unter Bezugnahme auf Vereinbarungen gewerblicher Prozessfinanzierer beantwortet wird und nicht auf die Rspr. zur Angemessenheit von anwaltlichen Pauschalvergütungsvereinbarungen rekurriert wird. Nach der durchaus kritikwürdigen Rspr. des BGH zur Angemessenheit von Vergütungsvereinbarungen ist die verbreitete Aufregung um quota litis-vereinbarungen ein Scheinproblem, da Streitbeteiligungen konsequenterweise wie jede andere vereinbarte Vergütung bei einem bestimmten Vielfachen der gesetzlichen Gebühren als unangemessen gekappt werden müssen (vgl. Kilian, BB 2007, 1905, 1908 f.). Der zweite Hauptteil (S ) enthält sodann diverse Muster für Vergütungsvereinbarungen, überwiegend zu 4 RVG. Ein Anhang mit Gesetzesmaterialien rundet das Werk ab wer eine etwaig vorhandene Politikverdrossenheit kultivieren möchte, der kann gewinnbringend das Plenarprotokoll der Bundestagsdebatte zum Erfolgshonorar nachlesen. 2. Der von Hans-Jochem Mayer und Klaus Winkler verfasste Titel Erfolgshonorar widmet sich gleichsam ankündigungsgemäß ausschließlich der er- Erfolgshonorar von Hans-Jochem Mayer / Klaus Winkler; Baden-Baden: Nomos, 2008; 160 S., kart.; ; 32,00 E. folgsabhängigen anwaltlichen Vergütung, behandelt aber allgemeinere Fragen der Vergütungsvereinbarung, so sie von Interesse sind, im Kontext mit. Nach einem historischen Aufriss (S ) listet Winkler aus Sicht der Berufspraxis denkbare Einsatzfelder von Erfolgshonorarvereinbarungen auf (S ), bevor er sich im Kontext des 3 a Abs. 2 RVG recht ausführlich dem Problem der Angemessenheit solcher Vereinbarungen widmet (S ). Ein wenig gewagt erscheint mir seine These, dass ein Erfolgshonorar bzw. eine Streitbeteiligung bis zu einem Betrag von 50 % des Erlöses angemessen bzw. eine Verfünffachung eines Stundensatzes möglich sein soll. Davon einmal abgesehen, dass verallgemeinernde Aussagen problematisch sind, weil jede Erfolgsquote das konkret vom Rechtsanwalt im Mandat übernommene Risiko abbilden muss, hängt die Angemessenheit von einem Vergleich zu den für die selbe Tätigkeit fiktiv zu berechnenden Gebühren nach dem RVG ab (was auch immer man von dieser zivilgerichtlichen Rspr. halten mag). Betriebswirtschaftlich betrachtet wäre eine Verfünffachung der gewöhnlichen Vergütung im Übrigen nur angemessen, wenn die Verlustwahrscheinlichkeit mehr als 80% betragen würde. Mayer befasst sich sodann mit formalen Aspekten und der Ausgangsfrage, wann ein Erfolgshonorar überhaupt vereinbart werden darf. Er gibt sich als Vertreter der sog. vermittelnden kleinen Lösung zu erkennen (S ). Besonders reizvoll ist das kurze Kapitel zur kalkulatorischen Seite des Erfolgshonorars (S ) nicht nur, weil Mayer ebenso wie bereits der Rezensent vor einigen Jahren (Kilian, Der Erfolg und die Vergütung des Rechtsanwalts, 2003, S. 427 ff.) die betriebswirtschaftliche Dimension des Erfolgshonorars in den Vordergrund stellt und sich zur Frage der Kalkulation ebenfalls an das Vorbild des englischen Rechts anlehnt. Im zweiten Teil des Buches schließen sich diverse Muster an (S ), während abschließend einige zivilrechtliche Sonderfragen behandelt werden. Diese werden künftig das eigentliche Problem von Erfolgshonorarvereinbarungen sein, so dass der entsprechende Problemaufriss hilfreich ist. Ob das Vertrauen des Gesetzgebers in die allgemeinen Regelungen des 786 AnwBl 11 / 2008 Bücherschau, Kilian

77 MN Mitteilungen Das anwaltliche Erfolgshonorar von Jens Hänsch; Freiburg: Haufe, 2008; 160 S., geb.; inkl. CD-ROM; ; 39,80 E. Vertragsrechts und der Verzicht auf spezifische Regulierung gerechtfertigt ist, erscheint mir durchaus zweifelhaft (hierzu Kilian, BB 2007, 1905 ff.). 3. Im Haufe-Verlag ist unter dem Titel Das anwaltliche Erfolgshonorar eine skriptartige, von Jens Hänsch verfasste Publikation im DIN A4-Format erschienen. Ihr erster Teil enthält eine systematische Darstellung (S ). Hervorzuheben ist die vergleichsweise ausführliche Erörterung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Erfolgshonorars, unterteilt nach rechtlichen, tatsächlichen und persönlichen Umständen. Etwas knapper fallen hingegen die Ausführungen zur Kalkulation des Erfolgshonorars aus. Der Schwerpunkt des Werks liegt auf Arbeitshilfen und Mustern (S ), die auch von einer CD-ROM übernommen werden können. So bietet der Verfasser dem Leser neben Mustervereinbarungen auch diverse Checklisten an. Er folgt bei seinen Mustern der umstrittenen Meinung, dass in der Vereinbarung die alternativ geschuldete gesetzliche Vergütung nach dem RVG im Detail auszuwerfen ist. Im Anhang finden sich neben Gesetzestexten der der Reform zu Grunde liegende Beschluss des BVerfG, Auszüge aus den Gesetzesmaterialien, Rechtsprechung in Leitsätzen sowie eine Gesetzessynopse. II. Gewerbliche Prozessfinanzierung Die verbreiteten sprachlichen Unschärfen im anwaltlichen Vergütungsrecht ( Gebühr, Honorar ) setzen sich auch beim Begriff des Erfolgshonorars fort. Er erweckt den Eindruck, als ob es sich beim Erfolgshonorar um eine eigenständige, belohnende Art der Vergütung des Anwalts handelt. Tatsächlich ist das Erfolgshonorar aber eine besondere Form der Finanzierung von Rechtsverfolgungskosten im Interesse des Mandanten auf der Basis einer gewöhnlichen anwaltlichen Vergütungsvereinbarung (sieht man einmal vom Sonderfall der quota litis ab). Es besteht daher eine Nähe zwischen anwaltlichen Erfolgshonoraren und gewerblicher Prozessfinanzierung. Maßgeblicher Unterschied ist, dass der Rechtsanwalt spekulativ nur seine eigenen Kosten finanzieren darf, der Prozessfinanzierer hingegen die gesamten Rechtsverfolgungskosten. Es kann daher nicht überraschen, dass die Reform des Erfolgshonorars auch die gewerbliche Prozessfinanzierung wieder stärker in den Fokus rücken lässt. Zur Plethora von Dissertationen zur Prozessfinanzierung sind aktuell zwei weitere gestoßen: 1. John-R. Skrzepski arbeitet in seiner Studie Die gewerbliche Fremdfinanzierung von Prozessen gegen Erfolgsbeteiligung die klassischen Problemfelder der Prozessfinanzierung ab: Er grenzt sie nach einer Einführung in die Geschäftspraxis der Prozessfinanzierung zunächst gegenüber alternativen Modellen der Kostenfinanzierung ab (Kapitel 2) und geht sodann in Kapitel 3 der Frage eines denkbaren Verstoßes gegen das Rechtsberatungsrecht, Berufsrecht und Zivilrecht ( 138 BGB) nach. Interessant aus Sicht des Anwaltsrechtlers sind hier insbesondere die Ausführungen zur Umgehung des 49 b Abs. 2 BRAO bei einer Verbindung von Rechtsanwalt und Prozessfinanzierer. In Kapitel 4 nimmt Skrzepski schließlich eine ty- Die gewerbliche Fremdfinanzierung von Prozessen gegen Erfolgsbeteiligung von John-Robert Skrzepski; Hamburg: Dr. Kovac, 2008; 286 S., kart.; ; 88,00 E. Gewerbliche Prozessfinanzierung und Staatliche Prozesskostenhilfe von Dirk Böttger; Berlin: de Gruyter, 2008; XXIV, 211 S., kart.; ; 68,00 E. pologische Einordnung des Prozessfinanzierungsvertrags vor. Der Vielzahl der hierzu vertretenen Auffassungen fügte er mit der Qualifizierung als selbstständiger Garantievertrag eine weitere hinzu. Den Problemen der Dreiecksbeziehung Rechtsanwalt, Finanzierer und Anspruchsinhaber geht der Verfasser in einem abschließenden Kapitel 5 nach. Schwerpunktmäßig behandelt werden hier Fragen der Haftung und Vergütung. 2. Dirk Böttger geht in seiner Studie Gewerbliche Prozessfinanzierung und Staatliche Prozesskostenhilfe der praxisrelevanten und bislang noch nicht vertieft erörterten Frage nach, inwiefern in Insolvenzverfahren bei unzulänglichen Massen die gewerbliche Prozessfinanzierung für Insolvenzverwalter eine Alternative zur nur selten zu erlangenden Prozesskostenhilfe oder zur kaum zu realisierenden Finanzierung von Gerichtsverfahren durch Insolvenzgläubiger sein kann. Der Verfasser stellt zunächst die Vor- und Nachteile von PKH und Prozessfinanzierung für den Insolvenzverwalter dar und kommt zu dem Ergebnis, dass die Gewährung von PKH vom Gericht allein mit dem Hinweis auf die Möglichkeit gewerblicher Prozessfinanzierung verweigert werden kann. Böttger ist der Auffassung, dass bei konsequenter Anwendung der Vorgaben der InsO der Insolvenzverwalter in Klageverfahren mit Streitwerten ab , EUR ohnehin die Beantragung von PKH zu unterlassen und vielmehr auf eine Prozessfinanzierung zu setzen hat, da ansonsten ein Klageverfahren für den Verwalter unzumutbar sei. Bei der Erfolgsbeteiligung des Prozessfinanzierers handele es sich um schlichte Verwertungskosten. Da die Gefahr einer Masseschmälerung zumeist nicht bestehe, sei auch nur ausnahmsweise eine Zustimmung zum Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrags seitens der Insolvenzgläubiger notwendig. Nach dieser Fundierung aus dem Blickwinkel des Insolvenzrechts bestimmt der Verfasser sodann die Rechtspositionen des Prozessfinanzierers und des Insolvenzverwalters nach Vertragsschluss. Dr. Matthias Kilian, Köln Der Autor ist Rechtsanwalt und Vorstand des Soldan-Instituts für Anwaltmanagement e. V. (Essen). Sie erreichen den Autor unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. Bücherschau, Kilian AnwBl 11 /

78 MN Haftpflichtfragen E-Lawyer es gibt ihn schon Rechtsanwältin Antje Jungk, Allianz München Gibt es ihn noch den Rechtsanwalt, der seine Kanzlei mithilfe einer gut ausgestatteten Bibliothek, der Gerichtsbibliothek in der Nähe und einer elektrischen Schreibmaschine betreibt? Vermutlich ja. Darf es ihn noch geben? Man ist versucht zu fragen: Warum denn nicht? Die Antwort lautet: wegen des 2. Justizmodernisierungsgesetzes. Ab dem dürfen Anwälte einen Mahnantrag nur noch in elektronischer Form stellen. Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Vorbei also die Ära der Rechtsanwaltskanzlei als computerfreie Zone. Und jedenfalls ein Anlass, diese Haftpflichtfragen erneut (siehe schon Jungk, AnwBl 2001, 170) dem Thema E-Lawyer zu widmen. 1. Büroorganisation Die meisten Anwaltskanzleien sind schon seit Jahren mit Computern ausgestattet. Nutzte man diese anfänglich noch im Wesentlichen zum Schreiben und Archivieren, so können heute fast alle Aufgaben und Arbeiten auf elektronischem Wege erledigt werden. Das papierlose Büro ist keine Fiktion mehr. Zu den Essentialia der Rechtsanwaltskanzlei gehören insbesondere Akten und Fristenkalender. Das Berufsrecht verbietet nicht, dass diese in elektronischer Form geführt werden. Doch die Technik hat naturgemäß auch ihre Tücken. a) Elektronische Akte Bei der elektronischen Akte fällt einem zuerst einmal das Thema Datenschutz ein. Es ist umstritten, inwieweit die Vorschriften des BDSG auf Anwaltskanzleien Anwendung finden, da diese mit den Grundfreiheiten anwaltlicher Informationsverarbeitung in einem Spannungsverhältnis stehen (s. dazu Gola/Klug, NJW 2008, 2482; Rüpke, NJW 2008, 1121). Auch die Verschwiegenheitspflicht steht bei der elektronischen Akte im Fokus. Der Zugriff durch alle Kanzleimitarbeiter dürfte dabei weniger problematisch sein. Kritisch wird es aber, sobald Zugriffe von außen erfolgen, beispielsweise durch die Strafverfolgungsbehörden. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom (NJW 2005, 1917) macht deutlich, dass es in der Praxis mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, bei einer Beschlagnahme von Datenträgern in einer Rechtsanwaltskanzlei die Daten der nicht betroffenen Mandanten zu schützen. Als großer Vorteil wird es zumeist angesehen, dass die Akten in digitalisierter Form auf minimalem Raum aufbewahrt und damit erhebliche Archivierungskosten eingespart werden können. Ganz unproblematisch ist aber auch das nicht, denn das Tempo des technischen Fortschritts bringt es mit sich, dass beispielsweise Disketten, die erst vor wenigen Jahren als Speichermedium benutzt wurden, von keinem neueren Computer mehr gelesen werden können. Wie stellt man sicher, dass auch am Ende der Aufbewahrungszeit überhaupt noch auf die Akten zugegriffen werden kann? b) Elektronischer Fristenkalender Gerade in größeren Kanzleien bietet ein elektronischer Fristenkalender naturgemäß viele Vorteile gegenüber dem Papierkalender. Es können die Termine aller Rechtsanwälte und Fristen zu allen Akten übersichtlich und für jeden Kanzleimitarbeiter einsehbar verwaltet werden. So hat die Rechtsprechung auch schon vor langer Zeit den elektronischen Fristenkalender anerkannt. Bei allem ist aber zu beachten, dass Daten flüchtiger sind als Tinte auf Papier. Der BGH verlangt daher einen Kontrollausdruck der Einzelvorgänge (NJW 1995, 1756), abendliche Ausgangskontrolle (NJW-RR 2007, 1714), und die Gewähr, dass gestrichene Fristen nicht aus dem Kalender verschwinden, sondern als gestrichen gekennzeichnet im System verbleiben (NJW 2001, 76). Sicherzustellen ist ferner, dass auch bei einem Computerabsturz die Wiederherstellung der Daten erfolgen kann. Ein Servicevertrag ist erforderlich (BGH, NJW 1997, 327). c) Posteingang per Wer durch Bekanntgabe einer -Adresse einen Posteingang ermöglicht, muss gewährleisten, dass der -Briefkasten auch täglich kontrolliert wird. Tägliche Durchsicht durch einen Anwalt ist genau wie bei der normalen Post erforderlich (KG, Beschl. v UF 114/04). 2. Elektronischer Rechtsverkehr a) Aktueller Stand Durch das am in Kraft getretene Justizkommunikationsgesetz (BGBl I (2005) 837) wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein komplett elektronisch geführtes Gerichtsverfahren geschaffen (dazu Hähnchen, NJW 2005, 2257). Im besten Falle kann hier das gesamte Verfahren von der Klageerhebung bis zur Zustellung des Urteils papierlos über die Bühne gehen. Schriftsätze werden mittels Signaturkarte elektronisch unterschrieben, per an das Gericht gesandt, welches wiederum eine Eingangsbestätigung generiert. Das Akteneinsichtsrecht kann dann ebenfalls auf elektronischem Wege wahrgenommen werden. Die Resonanz hielt sich aber zunächst in Grenzen, so dass im März 2007 ein 10-Punkte Programm zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs verabschiedet wurde (s. Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom ). Nun wird die elektronische Kommunikation schrittweise verbindlich gemacht, angefangen bei den Anträgen der Notare zum Handelsregister und jetzt mit der Verpflichtung der Anwälte zum elektronischen Mahnverfahren. b) Insbesondere: Online-Mahnantrag Ab dem sind alle Rechtsanwälte verpflichtet, Mahnbescheide nur noch elektronisch zu beantragen ( 690 III ZPO n. F.). Grundsätzlich gibt es dabei mehrere Möglichkeiten: Nach Kennziffererteilung kann die Antragstellung auf Datenträgern (Disketten) oder über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) mittels qualifizierter elektronischer Signatur erfolgen. Für einzelne Anträge und bei nicht so häufiger Nutzung bietet sich das sog. Barcodeverfahren an. Hier kann die Antragstellung ohne weiteren technischen Aufwand erfolgen: Es ist lediglich eine im Internet unter vorgegebene Maske auszufüllen, auszudrucken und per Post zu verschicken. Zu beiden Verfahren s. den Beitrag von Hähnchen, in diesem Heft Seiten 779 ff. Das neue Verfahren als solches dürfte sich für die Anwälte nicht als haftungsträchtiger erweisen als bisher. Zu beachten ist aber, dass überhaupt eines der angebotenen Mahnverfahren gewählt wird. Ein manueller Antrag ist unzulässig, was in dem recht häufigen Fall zum Problem wird, dass 788 AnwBl 11 / 2008 E-Lawyer es gibt ihn schon, Jungk

79 MN Haftpflichtfragen der Mahnbescheid die Verjährung hemmen soll. Eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung erfolgt gemäß 204 Nr. 3 BGB i. V. m. 167 ZPO nur bei demnächstiger Zustellung, zu der es im Falle der Unzulässigkeit nicht kommt. Rettung ist hier aber noch möglich, nämlich wenn innerhalb eines Monats seit der Zustellung der Zurückweisung des Antrags Klage eingereicht und diese demnächst zugestellt wird ( 691 Abs. 2 ZPO). 3. Fertigung und Versendung von Dokumenten und Schriftsätzen Auch außerhalb des formalisierten elektronischen Rechtsverkehrs erfolgt die Kommunikation vielfach bereits elektronisch. Dies betrifft sowohl den Informationsaustausch mit dem Mandanten als auch die Übermittlung von Schriftsätzen an Dritte oder das Gericht. Auch hier stehen Datenschutz und Verschwiegenheitspflicht im Fokus. Eine generelle Pflicht, s nur verschlüsselt schicken zu dürfen, ist sicher abzulehnen. Gerade beim Austausch sensibler Daten sollte die Mandantschaft aber auf die bestehenden Gefahren und die Möglichkeit einer Verschlüsselung hingewiesen werden (zu Haftung und Versicherung vgl. Sassenbach, AnwBl 2005, 139). Ferner ist die Formwirksamkeit von Schriftstücken zu beachten sowie die Beweiskraft der Versendungsnachweise für den Zugang und ggf. auch Zugangszeitpunkt des Dokuments. a) Privatschriftliche Dokumente Soweit es um Willenserklärungen geht, die die Schriftform erfordern, geht dies nur unter den Voraussetzungen der 126, 126a BGB. Ein Telefax genügt der Schriftform auch nach neuerer Rspr. nicht (vgl. OLG Hamm, Urt. v U 39/05, NJOZ 2006, 428), ebenso wenig eine eingescannte Unterschrift unter ein per übermitteltes Dokument (z. B. OLG Köln, Urt. v U 42/06), weil bei der eingescannten Unterschrift ebenso wie beim Faksimile-Stempel die Urheberschaft des Unterzeichners nicht gewährleistet ist. Steht zu befürchten, dass der Zugang eines Schriftstücks beispielsweise einer Kündigung zwischen den Parteien streitig werden könnte, ist der Anwalt gehalten dafür zu sorgen, dass der Zugang nachweisbar erfolgt. Während bei einer körperlichen Übergabe des Schriftstücks der Überbringer als Zeuge zur Verfügung stehen kann, gestaltet sich der Nachweis bei elektronischer Übermittlung schwieriger. Bei Übersendung per Fax gilt der OK-Vermerk grundsätzlich nicht als Zugangsnachweis. In einer neuen allerdings nicht rechtskräftigen Entscheidung des OLG Celle v U 80/07, NJOZ 2008, 3072, hat es das Gericht allerdings im Rahmen der Beweiswürdigung dennoch für erwiesen angesehen, dass die Sendung übermittelt wurde und also zuging. Für den Zugangsnachweis bei s müsste eine Lesebestätigung ausreichen. b) Schriftsätze Die Formwirksamkeit von elektronisch übermittelten Schriftsätzen richtet sich nicht nach 126a BGB, nach dem eine elektronische Signatur nach Signaturgesetz unabdingbar ist, sondern nach 130, 130 a ZPO. Auch hier sind zwar grundsätzlich nur die Alternativen Originalunterschrift bzw. Signatur vorgesehen; die Rechtsprechung hat die Anforderungen an die Originalunterschrift aber schon früher bei verschiedenen Konstellationen aufgeweicht (ausführlich dazu Wolters, VersR 2007, 738). Jedenfalls ist die Übermittlung von Schriftsätzen per Fax und damit die bloße Kopie der Unterschrift ausreichend. Eine Übersendung des Originalschriftsatzes per Post ist jedenfalls bei den deutschen Gerichten nicht erforderlich (BGH, Beschl. v VI ZB 30/03). Anders beim EuG und EuGH: Dort muss in jedem Fall das Original zur Akte gelangen (s. dazu Uwer/ Behrmann, EuZW 2005, 748). Was die anderen Übermittlungsformen angeht, so sollen elektronisch aufgezeichnete Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen werden ( 130a II ZPO). Ist dies nicht der Fall, so scheint nach derzeitigem Stand die eingescannte Unterschrift das Allheilmittel zu sein: Nach der Entscheidung des GemS-OGB (NJW 2000, 2340) ist die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, dass seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht ist, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen kann. Dies gilt auch beim Computerfax, BGH, NJW 2006, 3784; BVerfG, NJW 2007, Überzeugend ist dies nicht, denn die Datei mit der eingescannten Unterschrift könnte jederzeit auch von Kanzleimitarbeitern verwendet werden, so dass die Urheberschaft des Anwalts gerade nicht gewährleistet ist. Auch beim Fax lässt sich an sich nicht unterscheiden, ob es sich um eine Original-Unterschrift oder eine eingescannte Unterschrift als Textbaustein handelt. Bei Übersendung einer PDF-Datei des Schriftsatzes ist mit dem Ausdruck der Datei bei Gericht die Schriftform gewahrt (BGH, Beschl. v. 15. Juli 2008 X ZB 8/08). Auch bezüglich des Zugangszeitpunktes ist die Rechtsprechung uneinheitlich: Ein elektronisches Dokument ist eingereicht, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet hat ( 130a III ZPO). Bei Versendung einer Diskette per Post soll es auf den Zugang der Postsendung ankommen, nicht auf das Einlesen (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2007, 1222). Ähnlich beim Fax: Modernere Empfangsgeräte drucken die Sendungen nicht sofort aus, sondern behalten diese zunächst im Speicher. Hier kommt es nach neuerer Rspr. nicht mehr auf den Ausdruck an, sondern auf den Eingang im Empfangsspeicher (BGH, NJW 2006, 2263). Bei Übermittlung einer PDF-Datei per stellte der BGH (Beschl. v. 15. Juli 2008 X ZB 8/08) für die Schriftform auf den Ausdruck der PDF-Datei ab; im Hinblick auf den Zugangszeitpunkt bleibt er etwas unklar. Er scheint sich aber der Rspr. zum Fax Rechtzeitigkeit des Eingangs im Empfangsspeicher anschließen zu wollen. Alles andere müsste man wohl auch als antiquiert ansehen, da von der Funktionalität her keine grundlegenden Unterschiede mehr zwischen Faxspeicher und -Postkorb bestehen. Auf längere Sicht wird sich die Kommunikation mittels qualifizierter Signatur durchsetzen. Jedenfalls unter Sicherheitsaspekten ist es sicher für jeden Rechtsanwalt ratsam, diese Möglichkeit ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Antje Jungk Die Autorin ist Rechtsanwältin und bei der Allianz Versicherungs-AG als Leitende Justitiarin tätig. Der Beitrag gibt ihre persönliche Auffassung wieder. Sie erreichen die Autorin unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. E-Lawyer es gibt ihn schon, Jungk AnwBl 11 /

80 MN Rechtsprechung Anwaltsrecht Verschwiegenheitspflicht auch gegenüber Behörden BORA 2,BRAO 3Abs.1,BRAO 43aAbs.2S.1,KWG 3,KWG 32, KWG 44c Abs. 1 Die Pflicht zur Verschwiegenheit des Rechtsanwalts bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist. Auch Treuhandtätigkeit gehört zum (typischen) Berufsbild eines Rechtsanwalts, sofern die Rechtsberatung nicht weitgehend hinter die wirtschaftliche Geschäftsabwicklung zurücktritt. VGH Kassel, Beschl. v B 815/08 Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die sofortige Vollziehbarkeit zweier Bescheide der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Antragsgegnerin) vom 28. November 2007 und vom 10. Januar Mit Bescheid vom 28. November 2007 ersuchte die Antragsgegnerin den Antragsteller gestützt auf 44c Abs. 1 KWG, sämtliche Geschäfts- und Kontounterlagen vorzulegen, welche seine Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit der Firma X... und der Gesellschaft Y... GbR beträfen oder mit dieser im Zusammenhang ständen, und insoweit Auskunft über seine Geschäftsangelegenheiten zu erteilen (I. der Verfügung). Gleichzeitig wurden dem Antragsteller die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von ,00 E angedroht (II. der Verfügung) und die sofortige Vollziehung der Zwangsgeldandrohung angeordnet (III. der Verfügung). Mit Bescheid vom 10. Januar 2008 wurde das im vorgenannten Bescheid angedrohte Zwangsgeld in Höhe von ,00 E festgesetzt (I. der Verfügung). Gleichzeitig wurden dem Antragsteller die Festsetzung eines weiteren Zwangsgeldes in Höhe von ,00 E (II. der Verfügung) angedroht, die sofortige Vollziehung der Zwangsgeldfestsetzung und der erneuten Zwangsgeldandrohung angeordnet (IV. der Verfügung) sowie Auslagen in Höhe von 3,45 E festgesetzt (III. der Verfügung). Gegen den Bescheid vom 28. November 2007 zugestellt am 30. November 2007 legte der Antragsteller persönlich mit Schreiben vom 27. Dezember 2007 Widerspruch ein. Der Bevollmächtigte des Antragstellers legte gegen den Bescheid vom 10. Januar 2008 zugestellt am darauffolgenden Tag mit Schreiben vom 22. Januar 2008 Widerspruch ein und suchte am selben Tag bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main um Eilrechtsschutz nach. Das Verwaltungsgericht hat die im Eilverfahren gestellten Anträge mit Beschluss vom 7. März 2008 als unbegründet abgelehnt; dabei hat es die Zulässigkeit des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid vom 28. November 2007 offen gelassen. Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 13. März 2008 zugestellt. Gegen die Ablehnung der Eilanträge wendet sich der Antragsteller mit seiner am 27. März 2008 eingelegten und am 14. April 2008 einem Montag sowie ergänzend mit Schriftsatz vom 21. Juli 2008 begründeten Beschwerde. Aus den Gründen: Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig ( 146 Abs. 1 und 4 VwGO) und begründet. Die nach 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO maßgeblichen Darlegungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung vom 14. April 2008 lassen den Schluss zu, dass das Verwaltungsgericht den vorbezeichneten Eilantrag zu Unrecht abgelehnt hat. Im Übrigen geht der Senat bei der Würdigung des Beschwerdevorbringens von dem Inhalt der Prozessakte (1 Band) und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Bände) aus. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach 80Abs.5Satz1VwGOalssolcheraufAnordnungder aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 27. Dezember 2007 gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 28. November 2007 (I. der Verfügung) und des Widerspruchs vom 22. Januar 2008 gegen die Verfügung vom 10. Januar 2008 (III. der Verfügung) statthaft, da dem Widerspruch gegen das Auskunfts- und Vorlegungsersuchen bzw. gegen die Auslagenfestsetzung gem. 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. 49 KWG bzw. gem. 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist. Im Übrigen (II. der Verfügung vom 28. November 2007 sowie I. und II. der Verfügung vom 10. Januar 2008) ist der Antrag als solcher auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung statthaft ( 80 Abs.2Nr.4VwGO). Der Senat geht auch davon aus, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. November 2007 fristgerecht eingelegt worden ist. Den vom Verwaltungsgericht geäußerten Zweifeln an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs gegen den vorgenannten Bescheid hat der Antragsteller in der Beschwerdebegründung entgegengehalten, er habe den Widerspruch vorab per Telefax am 27. Dezember 2007 (10.47 Uhr) und damit fristgerecht an die Antragsgegnerin übermittelt. Die Antragsgegnerin ist dieser Behauptung im Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist auch begründet. Die Rechtmäßigkeit des Auskunfts- und Vorlegungsersuchens vom 28. November 2007 lässt sich nach Auffassung des Senats im Eilverfahren nicht endgültig klären. Angesichts des offenen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an einer sofortigen Durchsetzung der von der Antragsgegnerin erlassenen Verfügungen. Zutreffend sind die Antragsgegnerin und die Vorinstanz davon ausgegangen, dass die Dienstleistungen, die der Antragsteller als Rechtsanwalt für die Gesellschaften X... und Y... GbR erbringt, den Tatbestand der Ermächtigungsnorm gemäß 44 c Abs. 1 KWG verwirklichen. Nach der vorgenannten Bestimmung hat ein Unternehmen, bei dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass es Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ohne die erforderliche Erlaubnis nach 32 KWG oder nach 3 KWG verbotene Geschäfte betreibt, Auskünfte über die Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Der gleichen Verpflichtung unterliegen Mitglieder der Organe und Beschäftigte dieses Unternehmens sowie in die Abwicklung der Geschäfte einbezogene oder einbezogen gewesene andere Unternehmen. Das eigene Betreiben unerlaubter Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen im Sinne der ersten Alternative von 44c Abs. 1 KWG scheidet nach dem vorliegenden Sachverhalt aus, denn der Antragsteller wird bei der Entgegennahme bzw. Weitergabe der Gelder nicht im eigenen Namen tätig, sondern er führt hiermit Aufgaben im Auftrag der oben genannten Gesellschaften aus (vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz,Kommentar,3.Aufl.,2008,Rdnr.23zu 1KWG).Der Antragsteller ist als Unternehmen im Sinne des 44 c Abs. 1 KWG aber in die Abwicklung (möglicher) Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen der auftraggebenden Gesellschaften einbezogen. Diese durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010) neu aufgenommene Tatbestandsalternative bezweckt eine Ausweitung der Auskunfts- und Vorlagepflicht im Interesse einer effektiven Aufklärung möglicher unerlaubter Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen auf sämtliche im weitesten Sinne beim Vertrieb dubioser Anlageprodukte beteiligte Drittunternehmen, wozu nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8017, S. 128) gerade auch die Tätigkeit von Treuhändern zählt. Damit unterfällt diesem Tatbestand auch die Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der wie im vorliegenden Fall der Antragsteller im Auftrag eines Dritten Gelder treuhänderisch entgegennimmt und weiterleitet. 790 AnwBl 11 / 2008 Anwaltsrecht

81 MN Rechtsprechung Der Antragsteller ist indessen, soweit sich dies aus derzeitiger Sicht beurteilen lässt, gleichwohl nicht zur Auskunft über die seine treuhänderische Tätigkeit für die beiden oben genannten Gesellschaften betreffenden Geschäfte und zur Vorlage der entsprechenden Geschäftsunterlagen verpflichtet, weil er sich diesbezüglich auf seine Verschwiegenheitspflicht nach 43 a Abs. 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung BRAO bzw. 2 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte BORA berufen kann. Die Pflicht zur Verschwiegenheit des Rechtsanwalts bezieht sich nach 43 a Abs. 2 Satz 2 BRAO bzw. 2 Abs. 2 BORA auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist. Auf der Grundlage des gegenwärtig zu überblickenden Sachverhalts ist davon auszugehen, dass der Antragsteller die Aufgaben, mit denen er durch die Gesellschaften X... und Y... GbR betraut worden ist, im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt ausübt. Im Hinblick auf die Vielfältigkeit der anwaltlichen Tätigkeit hat es der Gesetzgeber unterlassen, den Wirkungskreis des Anwalts nach Sachgebieten im Einzelnen festzulegen. Die Vorschrift des 3 Abs. 1 BRAO bestimmt lediglich allgemein, dass der Rechtsanwalt der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten ist. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass derjenige, der sich an einen Rechtsanwalt wendet, diesen auch als solchen in Anspruch nimmt (Gerold/ B./von Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Kommentar, 18. Aufl., 2008, 1 RVG Rdnr. 26 m.w.n.; LG Dresden, Beschluss vom AR 5/07, NJW 2007, 2789). Die Vertretung kann auch rein wirtschaftliche Interessen zum Gegenstand haben, wenn die dem Rechtsanwalt eigentümliche Aufgabe, rechtlichen Beistand zu leisten, nicht völlig in den Hintergrund tritt (Feuerich/Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, 7. Aufl., 2008, 3 BRAO 1 Rdnr. 4). Auch Treuhandtätigkeit gehört anders als das Verwaltungsgericht meint zum (typischen) Berufsbild des Rechtsanwalts; dass 1Abs.2RVG früher 1Abs.2derBundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Treuhänder ausdrücklich vom Geltungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ausnimmt, ist nicht entscheidend, zumal auch andere anwaltliche Tätigkeit kraft Vereinbarung grundsätzlich außerhalb des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes abgerechnet werden kann. Voraussetzung ist lediglich, dass Gegenstand der treuhänderischen Beauftragung eine Rechtsberatung ist. Es darf sich deshalb nicht um eine Treuhandtätigkeit handeln, die ausschließlich wirtschaftlich geprägt ist oder bei der die Rechtsberatung weitgehend hinter die wirtschaftliche Geschäftsabwicklung zurücktritt (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1992 II ZR 141/91, BGHZ 120, 157 [159, 160]; Feuerich/Weyland, aao, Einl. BRAO 1 Rdnr. 18). Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer anwaltlichen Tätigkeit sind im vorliegenden Fall, soweit ersichtlich, erfüllt. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 21. Juli 2008 auf die gerichtliche Verfügung vom4.juli2008dargelegt,dasszwischenihmunddenauftraggebern ein Wirtschaftsmandat bestanden habe, das ausschließlich auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt bezogene Tätigkeiten zum Inhalt gehabt habe, nicht aber eine Anlageberatung oder eine Vermögensverwaltung. Die Auftraggeber hätten ihm dem Antragsteller die Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz übertragen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass er einer eigenen gesetzlichen Meldepflicht unterlegen habe. Er sei in diesem Rahmen bevollmächtigt worden, die Gesellschafterbeiträge über ein von ihm eingerichtetes Rechtsanwaltsanderkonto zu überprüfen und Verdachtsfälle zu melden. Eine solche Überprüfung sei ihm über seine Rechtsanwaltssoftware möglich, über die er sofortigen Zugriff auf die Daten von Einwohnermeldeämtern in ganz Deutschland habe. Dieser direkte Zugriff auf die elektronischen Auskunftsdateien ermögliche es ihm, die Person des Überweisenden zu identifizieren und die Adresse der betreffenden Person zu ermitteln, wobei über die angewendete Software überprüft werden könne, ob eine angegebene Adresse postalisch korrekt sei. Um eine Überprüfung auf Verdachtsfälle vorzunehmen, habe er von der Gesellschaft die Anschrift, das Geburtsdatum, die Höhe der Beteiligungen und die Bankverbindung des betreffenden Gesellschafters erhalten und auf der Grundlage dieser Daten mit der Anwaltssoftware die Identifizierung des Gesellschafters vorgenommen. Er sei jeweils ausdrücklich ermächtigt und beauftragt worden, Verdachtsfälle bei zweifelhafter Identifizierung zu melden und entsprechende Zahlungseingänge, die dem Gesellschafter wirtschaftlich nicht hätten zugeordnet werden können, zu melden. Legt man diese Ausführungen zu Grunde, kann nicht von einem ausschließlich oder vorherrschend wirtschaftlich geprägten Treuhandverhältnis zwischen dem Antragsteller und seinen Auftraggebern ausgegangen werden. Die Entgegennahme von Geldern der Gesellschafter der oben genannten Unternehmen steht nach dem Vortrag im Schriftsatz vom 21. Juli 2008 in engem Zusammenhang mit der dem Antragsteller im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit möglichen Überprüfung und Identifizierung der einzahlenden Personen und ist schon deshalb der anwaltlichen Tätigkeit im Sinne von 43 a Abs. 2 Satz 2 BRAO bzw. 2 Abs. 2 BORA zuzurechnen. Dass es einer solchen näheren Überprüfung anhand von Daten der Einwohnermeldeämter nicht bedarf, um den Verpflichtungen nach 6 und 8 des Geldwäschegesetzes nachzukommen, ist unerheblich. Das Vorliegen einer anwaltlichen Tätigkeit beurteilt sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin und der Vorinstanz nicht danach, ob die Einschaltung eines Rechtsanwalts notwendig oder sinnvoll ist. Überdies erscheint die Annahme der Antragsgegnerin und des Verwaltungsgerichts, die Beauftragung des Antragstellers sei mit Blick auf die den Auftraggebern nach dem Geldwäschegesetz obliegenden Verpflichtungen deshalb überflüssig, weil sich die Tätigkeit des Antragstellers in Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung erschöpfe, zu denen der anwaltliche Sachverstand nichts beitragen könne, fragwürdig. 6 des Geldwäschegesetzes knüpft bezüglich der Verpflichtung zur Identifizierung des Vertragspartners bei einer vereinbarten TransaktionbeiVorliegenvonVerdachtsfällenandieStraftatbestände in 261 und 129 a StGB an, so dass es durchaus sinnvoll erscheinen kann, sich bezüglich der Erfüllung eines dieser Straftatbestände rechtlichen Beistands zu versichern. Es haben sich im vorliegenden Eilverfahren auch keine Hinweise darauf ergeben, dass mit der Bestellung des Antragstellers als Geldwäschebeauftragter allein die Absicht verfolgt wurde, sich durch Berufung auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht den Auskunfts- und Vorlagepflichten nach 44 c KWG zu entziehen. Allerdings lässt sich bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Sachund Rechtslage die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der aufsichtsrechtlichen Anordnung der Antragsgegnerin vom 28. November 2007 nicht endgültig klären. Eindeutige Anhaltspunkte dafür, wie das Vertragsverhältnis zwischen dem Antragsteller und der X... Ltd. ausgestaltet ist, lassen sich weder dem erstinstanzlichen Beschluss noch den Gerichts- oder Verwal- Anzeige Anwaltsrecht AnwBl 11 /

82 MN Rechtsprechung tungsakten entnehmen. Diese Überprüfung bleibt ggf. dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Lässt sich eine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des an den Antragsteller gerichteten Auskunfts- und Vorlegungsersuchens vom 28. November 2007 und damit auch der Folgeverfügungen vom 10. Januar 2008 im Eilverfahren nicht treffen, so hängt der Erfolg des Eilantrages des Antragstellers von der vorzunehmenden Interessenabwägung ab. Die vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragsgegnerin aus, da ein vorläufiger Vollzug unter Umständen einen gem. 203 StGB strafbewehrten Verstoß des Antragstellers gegen seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht zur Folge hätte, der im Nachhinein nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Das öffentliche Interesse an einem Schutz deutscher Anleger muss demgegenüber bis zu einer endgültigen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren zurücktreten. Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf 47, 52 Abs. 1 bis 3, 53 Abs.3 Nr.2 GKG. Dabei geht der Senat davon aus, dass das unter II. des Bescheids vom 28. November 2007 angedrohte Zwangsgeld von ,00 E den Betrag des Streitwerts der Grundverfügung (Auskunfts- und Vorlegungsersuchen) übersteigt, so dass für die Streitwertbemessung der Wert von ,00 E für das Hauptsacheverfahren anzusetzen wäre (vgl. Nr Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 [NVwZ 2004, 1327]). Hinsichtlich des Bescheids vom 10. Januar 2008 folgt der Senat dem Ansatz der erstinstanzlichen Wertfestsetzung mit ,00 E für das festgesetzte Zwangsgeld und ,00 E für das weitere angedrohte Zwangsgeld (vgl. Nr Satz 1 und 2 des Streitwertkatalogs). Die so ermittelten Streitwerte für die jeweiligen Hauptsacheverfahren sind für das vorliegende Eilverfahren jeweils um die Hälfte herabzusetzen (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs). Der Senat macht von seiner Befugnis Gebrauch, die abweichende Festsetzung des Streitwerts durch das Verwaltungsgericht von Amts wegen abzuändern ( 63 Abs. 3 Satz 1 GKG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO und 66Abs.3Satz3i.V.m. 68Abs.1Satz5GKG). Mitgeteilt vom 6. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs. Anwaltshaftung Keine Berufungsbegründung mit Textbausteinen ZPO 520 Abs. 3 Nr. 2 Zu den Anforderungen an den Inhalt einer Berufungsbegründung. BGH, Beschl. v XI ZB 41/06 Aus den Gründen: b) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründungsschrift der Kläger nicht. Sie setzt sich weitgehend aus Textbausteinen und Schriftsätzen zusammen, die Rechtsstreitigkeiten anderer Erwerber von Eigentumswohnungen betreffen, und geht auf das Urteil des Landgerichts nur sporadisch ein. aa) Die tragenden Ausführungen des Landgerichts zur Anwendung des 322 Abs. 2 ZPO und die sich daraus ergebende Unzulässigkeit der gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Klage, weil über die Klageforderung bereits rechtskräftig entschieden ist, werden nicht angegriffen. Die in der Berufungsbegründung erörterte Frage, ob die im Vorprozess erhobene Vollstreckungsabwehrklage der selbstständigen Geltendmachung von Ansprüchen entgegensteht, die der titulierten Forderung einwendungshalber entgegengehalten worden sind, betrifft einen anderen Streitstoff. Es geht hier nicht um die in der Berufungsbegründung angesprochene Vollstreckungsgegenklage der Kläger und eine etwaige Präklusion von Ansprüchen, auf die sie gestützt worden ist, sondern ausschließlich um die Hilfswiderklage der Beklagten zu 1), die von den Klägern insoweit hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche und deren nach 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft erwachsene Abweisung. Damit befasst sich die Berufungsbegründung nicht und geht deshalb auf die Unzulässigkeit der Klage nicht ein. Überdies ist auch die Hilfsbegründung des Landgerichts, dass die angebliche Schadensersatzforderung der Kläger durch die im Vorprozess erklärte Aufrechnung zumindest rechtshängig geworden ist und für die neue Klage daher insoweit das notwendige Rechtsschutzbedürfnis fehlt, unangegriffen geblieben. Da die Hilfsbegründung selbstständig tragende Bedeutung hat, indem sie die Unzulässigkeit der Klage gegenüber der Hauptbegründung auf einen anderen Gesichtspunkt, nämlich fehlendes Rechtsschutzbedürfnis stützt, hätte sich die Berufungsbegründung auch damit befassen und darlegen müssen, warum die Hilfsbegründung die Entscheidung nicht trägt (vgl. BGHZ 143, 169, 171; BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 V ZB 154/06, NJW 2007, 1534 Tz. 11). Die Berufung der Kläger ist daher, soweit sie sich gegen die Abweisung ihrer Klage gegen die Beklagte zu 1) als unzulässig richtet, unzulässig. bb) Gleiches gilt mangels einer den Anforderungen des 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügenden Begründung auch für die Berufung der Kläger gegen die Abweisung ihrer Klage gegen die Beklagte zu 2). Die in der Rechtsbeschwerdebegründung angesprochenen Ausführungen Seite 40 bis 43 der Berufungsbegründung zur Entscheidung des erkennenden Senats vom 16. Mai 2006 (BGHZ 168, 1 ff.) und zu weiteren Urteilen betreffen erklärtermaßen die Beklagte zu 1). Die Beklagte zu 2) wird in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Konkrete Einwendungen gegen die Ablehnung einer vorvertraglichen Verschuldenshaftung der Beklagten zu 2) werden nicht erhoben. Eine Zurechnung des Wissens der Beklagten zu 1) über den Wert oder andere Eigenschaften der Eigentumswohnung nach 166 Abs. 1 BGB wird mit keinem Wort angesprochen. Der Einwand der Rechtsbeschwerde, die Berufungsbegründung befasse sich nur mit vorvertraglichen Aufklärungspflichten der Beklagten zu 1), weil sich die Beklagte zu 2) deren Kenntnisse nach Vertretungsrecht ( 166 Abs. 1 BGB) zurechnen lassen müsse, greift nicht. Nichts spricht dafür, dass die Kläger sich auf eine schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 2) kraft Wissenszurechnung berufen wollten. Im Übrigen gibt die Rechtsbeschwerde, ohne dass es darauf für die Entscheidung ankommt, Anlass zu dem Hinweis, dass die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises eines Objekts allein selbst im Falle eines institutionalisierten Zusammenwirkens der finanzierenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des Objekts nicht eine widerlegliche Vermutung begründet, die finanzierende Bank habe von der sittenwidrigen Überteuerung bei Vertragsschluss Kenntnis gehabt. Eine solche Vermutung kommt vielmehr nur im Falle einer arglistigen Täuschung des Käufers über den Wert des Anlageobjekts in Betracht (Senatsurteil vom 23. Oktober 2007 XI ZR 167/05, WM 2008, 154, 156 f. Tz. 16). Anmerkung der Redaktion: Die Entscheidung belegt die Fallstricke bei den immer häufiger auftretenden Massenverfahren. In diesem Fall ist der Bezug zum konkreten Einzelfall verloren gegangen, obwohl der Berufungsbegründungsschriftsatz ausweislich des BGH-Beschlusses 129 Seiten umfasste. Der vollständige Wortlaut der Entscheidung ist im Internet abrufbar unter AnwBl 11 / 2008 Anwaltshaftung

83 MN Rechtsprechung Kein Abfindungsvergleich ohne Zustimmung des Mandanten BGB 675, 611 Es stellt eine anwaltliche Pflichtverletzung dar, wenn dieser für seinen Mandanten in einer Verkehrsunfallsache mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung einen Abfindungsvergleich abschließt, ohne zuvor das Einverständnis des Mandanten eingeholt und mit diesem abgeklärt zu haben, ob noch weitere Schadensersatzansprüche im Raum stehen. (Leitsatz der Redaktion) AG Karlsruhe-Durlach, Urt. v C 139/08 Aus den Gründen: Die Klage ist zulässig und begründet. I. Die vom Beklagten erhobene Vollmachtsrüge greift nicht durch. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der Anlage K 29 eine geeignete Prozessvollmacht der Klägerin vom vorgelegt. II. Die Klägerin hatte den Beklagten beauftragt, Schadensersatzansprüche aus dem Unfallereignis vom gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend zu machen. Der Beklagte haftet der Klägerin auf Schadensersatz aufgrund anwaltlicher Pflichtverletzung. 1. Die Pflichtverletzung des Beklagten liegt darin, dass dieser im Namen der Klägerin mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung einen Abfindungsvergleich abgeschlossen hat, wodurch der Klägerin die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche aus dem Schadensereignis endgültig abgeschnitten wurde, ohne zuvor das Einverständnis der Klägerin eingeholt und mit dieser abgeklärt zu haben, ob noch weitere Schadenersatzansprüche im Raum stehen. Es liegt auf der Hand, dass ein Anwalt nur dann berechtigt ist, derartige weitreichende Erklärungen namens seines Mandanten abzugeben, wenn er zuvor mit dem Mandanten geklärt hat, ob weitere Ansprüche bestehen bzw. ob dieser damit einverstanden ist, auf etwaige weitere Ansprüche zu verzichten. Dem Anwalt ist es nicht gestattet, ohne Zustimmung des Mandanten einen derartigen Abfindungsvergleich abzuschließen, auch wenn er diesen persönlich für vorteilhaft hält, vgl. hierzu auch Urteil des BGH vom , NZV1994, Seite 311 f. Erschwerend kommt vorliegend hinzu, dass der Beklagte aufgrund des ihm vor Abschluss des Abfindungsvergleichs übersandten Arztberichts des Herrn Dr. med. W. wusste bzw. hätte wissen müssen, dass die Heilbehandlung der Klägerin noch nicht abgeschlossen ist. Dem Beklagten musste daher bekannt sein, dass ggf. noch weitere Behandlungskosten anfallen werden. Vor diesem Hintergrund durfte er erst recht keinen Abfindungsvergleich abschließen. 2. Aufgrund dieser Pflichtverletzung sind der Klägerin Schäden entstanden. Die Klägerin hat dargelegt, dass aufgrund weiterer ärztlicher und krankengymnastischer Behandlung Kosten entstanden seien, für die ihre private Krankenversicherung nur teilweise aufgekommen sei. Für den verbleibenden Restbetrag in Höhe von 461,75 E hat der Beklagte einzustehen. Denn hätte dieser den Abfindungsvergleich mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung nicht abgeschlossen, hätte die Klägerin diese Kosten mit Erfolg bei der Versicherung regressieren können, da die Kosten einer erforderlichen Heilbehandlung gemäß 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, 11 Satz 1 StVG vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu erstatten sind. Aufgrund des Abfindungsvergleichs hat sich die Haftpflichtversicherung jedoch zu Recht geweigert, weiteren Schadensersatz zu leisten (vgl. Schreiben der A. vom , Anlage K 26). 3. Die Einwendungen des Beklagten greifen nicht durch. Zu Unrecht bestreitet der Beklagte, dass die streitgegenständlichen Heilbehandlungsrechnungen aufgrund unfallbedingter Verletzungsbehandlungen erstellt worden seien. Denn es ist den einzelnen Rechnungen bzw. dem Rezept des Herrn Dr.H.vom zuentnehmen,dassdieabgerechneten Behandlungen vorgenommen worden sind aufgrund des HWS- Syndroms, welches die Klägerin infolge des Verkehrsunfalls vom erlitten hat. Auch das Bestreiten der Bezahlung der Rechnungen durch die Klägerin geht ins Leere. Die Klägerin hat die einzelnen Zahlungen durch Vorlage von Kontoauszügen und, betreffend die Rechung der K. (Anlage K 29), durch Vorlage einer Quittung belegt. Schließlich ist auch die Behauptung, die streitgegenständlichen Heilbehandlungskosten seien in dem Abfindungsbetrag von 750,00 E enthalten, unrichtig. Dies ist bereits deshalb nicht möglich, da der Abfindungsvergleich auf den datiert, die streitgegenständlichen Rechnungen jedoch auf spätere Zeitpunkte. Zum anderen hat der Beklagte selbst in seinem Schreiben vom an die Haftpflichtversicherung, aufgrund dessen es dann zum Abschluss des Abfindungsvergleichs gekommen ist, den Betrag von 750,00 E als Schmerzensgeld bezeichnet. 4. Der Zinsanspruch ist ebenfalls begründet. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom zur Zahlung des Klagebetrags unter Fristsetzung bis spätestens zum aufgefordert. Da der Beklagte diese Frist jedoch ergebnislos verstreichen ließ, befindet er sich ab dem in Verzug und hat ab diesem Zeitpunkt gemäß 286, 268 Abs. 1 BGB den gesetzlichen Verzugszins zu zahlen. Mitgeteilt von Rechtsanwalt Roland Klein, Würzburg. Anwaltsvergütung Anrechnung der Beratungshilfegebühr auf Verfahrensgebühr RVG VV Nr. 2300, Nr. 3100, Nr. 2503; Ber HG 1 Abs. 2 Liegen die Voraussetzungen für eine Gewährung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen, und damit auch für die Bewilligung von Beratungshilfe vor, so ist bei vorgerichtlicher Tätigkeit in derselben Sache von der Verfahrensgebühr nach Nr W RVG nicht die allgemeine Geschäftsgebühr nach Nr W RVG, sondern lediglich die im Rahmen der Beratungshilfe entstehende Geschäftsgebühr nach Nr VV RVG anteilig abzuziehen. OLG Oldenburg, Beschl. v W 34/08 Aus den Gründen: A. Das Landgericht hat der Klägerin mit Beschluss vom für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt, soweit diese mit der Klage die Leistung eines Betrages von , E begehrt. Im Verhandlungstermin vom ist der Rechtsstreit durch Abschluss eines Vergleichs beendet worden. Mit Verfügung vom hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die an den Antragsteller auszuzahlende PKH-Vergütung auf 1.349,88 E festgesetzt (Bl. 7 PKH-Heft). Dabei hat sie einen Betrag von 254,15 E abgezogen, weil der Antragsteller bereits vorgerichtlich für die Anzeige Anwaltsvergütung AnwBl 11 /

84 MN Rechtsprechung Klägerin tätig geworden sei und ihm deshalb ein Anspruch gegen seine Mandantin auf Zahlung einer 1,3 fachen Geschäftsgebühr nach Nr VV RVG in Höhe von 508,03 E zustehe. Die Hälfte der Geschäftsgebühr hier 0,65 sei auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat der Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aurich mit Beschluss vom (Bl. 23 PKH-Heft) die Entscheidung der Kostenbeamtin aufgehoben und die an den Antragsteller auszuzahlende PKH-Vergütung auf 1.652,32 E festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit der Beschwerde. Sie meint, die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle habe zu Recht bei der Festsetzung der Vergütung die vom Antragsteller verdiente Geschäftsgebühr in Abzug gebracht. B. Die Beschwerde der Beteiligten ist gemäß den 56 Abs.2S.1,33Abs.3RVGzulässig,hataberinderSachenur zu einem geringen Teil Erfolg. I.) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermindert sich gemäß Teil 3 Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren nach Nr VV RVG anfallende Verfahrensgebühr durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr VV RVG. Dabei ist es bereits nach dem Wortlaut der Anrechnungsbestimmung ohne Bedeutung, ob die ggf. vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist (Bundesgerichtshof NJW 2008, S. 1323, 1324). Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht ohne weiteres auf die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung gemäß 55 RVG übertragen. 1.) Grundsätzlich ist der Rechtsanwalt allerdings nicht gehindert, für seine außergerichtliche Tätigkeit gegenüber seinem Mandanten eine Geschäftsgebühr nach Nr VV RVG abzurechnen, auch wenn letzterer für das sich anschließende gerichtliche Verfahren Prozesskostenhilfe erhält. Dem steht insbesondere 122 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO nicht entgegen, wonach der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen kann. Denn diese Vorschrift bezieht sich regelmäßig nicht auf solche Gebühren, die dem Rechtsanwalt bereits vor der Prozesskostenhilfe-Bewilligung erwachsen sind (Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22.A., 121 Rdnr. 32; Zöller-Philippi, ZPO, 26.A., 122 Rdnr. 11; das übersieht Amtsgericht Bad Iburg, AGS 2008, S. 58, 58 f.). 2.) Gleichwohl kommt eine Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Nr VV RVG auf die Verfahrensgebühr nach Nr VV RVG grundsätzlich nicht in Betracht, wenn der Partei Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung gewährt worden ist. Denn in diesem Fall sind regelmäßig gemäß 1 Abs. 2 BerHG die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe ebenfalls erfüllt. Die Regelungen des BerHG greifenauchdannein,wennderrechtsanwaltimhinblickauf ein zukünftiges gerichtliches Verfahren notwendige materiellrechtliche Schritte einleitet, etwa indem er ein Mahnschreiben verfasst (Schoreit/Groß, Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe, 9.A., 1 BerHG Rdnr. 14). Liegen aber Anhaltspunkte dafür vor, dass der Rechtssuchende zu dem Kreis der nach dem BerHG Berechtigten gehört, ist der Rechtsanwalt gehalten, diesen auf die Möglichkeit von Beratungshilfe hinzuweisen (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4A, Rdnr. 926; Klein, JurBüro 2001, S. 172, 174; Schoreit/Groß, aao, 49 a BRAO Rdnr. 3). Versäumt er diese Pflicht, kann er von seinem Mandaten allenfalls die Zahlung der Beratungshilfegebühr nachnr.2500vvrvg, 44S.2RVG,nichtaberdieeinerGeschäftsgebühr nach Nr VV RVG verlangen (vgl. Klein, aao, S. 176; Oberlandesgericht Düsseldorf, AnwBI. 1984, S. 444, 445; Riedel / Sußbauer-Schneider, RVG, 9.A., 44 Rdnr. 5). Hinzu kommt, dass die anteilige Anrechnung einer Geschäftsgebühr nach Nr VV RVG letztlich darauf hinausliefe, den beigeordneten Rechtsanwalt auf die Geltendmachung eines Anspruchs gegen seinen Mandanten zu verweisen, der wirtschaftlich ohne Wert ist, weil der Mandant ausweislich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht leistungsfähig ist und selbst eine Zwangsvollstreckung gegen ihn regelmäßig keine Aussicht auf Erfolg hätte (so zu Recht Oberlandesgericht Stuttgart, JurBüro 2008, S. 245, 246; Amtsgericht Bad Iburg, aao; a.a. Landgericht Osnabrück JurBüro 2008, S. 246). II.) Sind die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe gegeben und ist der Rechtsanwalt wie hier bereits vorgerichtlich für seinen Mandaten tätig geworden, fällt aber jedenfalls eine Geschäftsgebühr nach Nr VV RVG an, die bei der Festsetzung der Vergütung nach 55 RVG in Betracht zu ziehen ist. Gemäß Nr Abs. 2 VV RVG ist die im Rahmen der Beratungshilfe anfallende Geschäftsgebühr auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren zur Hälfte anzurechnen. Im Hinblick auf diese Anrechnungsbestimmung und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist danach bei der Festsetzung der PKH-Vergütung nach 55 RVG die Verfahrensgebühr für den anschließenden Rechtsstreit (Nr VV RVG, 45, 49 RVG) um die halbe Geschäftsgebühr nach Nr VV RVG zu kürzen, wobei unerheblich ist, ob der Rechtssuchende bereits Beratungshilfe in Anspruch genommen hat oder nicht. Dies erscheint auch nicht unbillig, weil der Antrag auf Beratungshilfe gemäß 4 Abs. 2 S. 4 BerHG nachträglich gestellt werden kann, wenn sich der Rechtssuchende wegen Beratungshilfe unmittelbar an einen Rechtsanwalt gewandt hat. Mithin sind die vom Antragsteller geltend gemachten Gebühren von insgesamt 1.652,32 E um einen Betrag von 35,- E zzgl. MwSt. (= 41,65 E) zu vermindern. Mitgeteilt vom 5. Zivilsenat des OLG Oldenburg. Kostenrecht Keine Korrektur unrichtiger Kostenquoten nach Streitwertänderung ZPO 319 Abs. 1 Die Kostengrundentscheidung kann nach Eintritt der Rechtskraft nicht in entsprechender Anwendung des 319 Abs. 1 ZPO geändert werden, wenn der Streitwert des Verfahrens nach 63 Abs. 3 GKG abgeändert wird und dies zu einer (rechnerischen) Unrichtigkeit der Kostenquoten führt. Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des 319 Abs. 1 ZPO auf diesen Fall rechtfertigen könnte, liegt nicht vor. BGH, Beschl. v II ZB 40/07 Aus den Gründen: I. Mit seiner Klage begehrte der Kläger mit dem Antrag zu 1 festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten über seinen Vereinsausschluss unwirksam sei. Mit dem Antrag zu 2 machte er einen Zahlungsanspruch in Höhe von 1.112,21 E geltend. Mit Urteil vom 18. Januar 2007 hat das Amtsgericht dem Feststellungsantrag stattgegeben und den Zahlungsantrag abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits hat es dem Kläger 69 %, dem Beklagten 31 % auferlegt. Dem lag zugrunde, dass es als Streitwert für den Antrag zu 1 einen Betrag von 500,00 E ansetzte. Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2007 beantragte der Beklagte, den Tenor des Urteils dahin zu ergänzen, dass die Berufung zugelassen werde; hilfsweise legte er gegen die Streitwertentscheidung hinsichtlich des Antrags zu 1 Beschwerde ein. Auch der 794 AnwBl 11 / 2008 Kostenrecht

85 MN Rechtsprechung Kläger erhob mit Schriftsatz vom 29. Januar 2007 gegen die Bewertung des Antrags zu 1 Streitwertbeschwerde. Das Amtsgericht half mit Beschluss vom 13. Februar 2007 der Streitwertbeschwerde des Klägers ab und erhöhte den Gegenstandswert für den Klageantrag zu 1 auf 2.000,00 E. Der Beklagte legte darauf hin mit Schriftsatz vom 19. Februar 2007 gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung ein, die er mit Schriftsatz vom 19. Juni 2007 zurücknahm. Bereits am 15. Februar 2007 hatte der Kläger im Hinblick auf die Streitwertänderung vom 13. Februar 2007 beantragt, das Urteil wegen der nunmehr rechnerisch unzutreffenden Kostenentscheidung dahin zu korrigieren, dass er 35,75 % und der Beklagte 65,25 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Das Amtsgericht kam diesem Antrag nach Rückkehr der Akten aus der Berufungsinstanz mit Beschluss vom 30. August 2007 nach und änderte die Kostenentscheidung des Urteils vom 18. Januar 2007 in entsprechender Anwendung von 319 Abs. 1 ZPO dergestalt ab, dass diese nunmehr wie folgt lautete: Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 36 % und der beklagte Verein zu 64 %. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beklagten wies das Landgericht zurück und ließ insoweit die Rechtsbeschwerde zu. Darüber hinaus wurde die hilfsweise erhobene Beschwerde des Beklagten gegen die Änderung der Streitwertfestsetzung, die nicht Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist, zurückgewiesen. II. Die statthafte ( 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige ( 575 ZPO) Rechtsbeschwerde des Beklagten hat in der Sache Erfolg. 1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Eine Berichtigung der Kostenentscheidung sei in analoger Anwendung von 319 Abs. 1 ZPO zulässig, da nur auf diese Weise der Widerspruch zwischen dem Verbot, eine Kostenentscheidung isoliert anzufechten ( 99 Abs. 1 ZPO), und der Zulässigkeit einer nachträglichen Änderung der Streitwertfestsetzung ( 63 Abs. 3 GKG) gelöst werden könne. Es sei Aufgabe der Gerichte, die durch die gebotene Streitwertänderung nachträglich fehlerhaft gewordene Grundlage für die Kostenentscheidung in eine zutreffende Kostengrundentscheidung umzuwandeln. Da eine unmittelbar anwendbare Vorschrift wie etwa 107 Abs. 1 Satz 1 ZPO für das Kostenfestsetzungsverfahren für den hier maßgeblichen Fall nicht vorhanden sei, biete sich die sinngemäße Anwendung von 319 Abs. 1 ZPO an, um die Gesetzeslücke in angemessener Weise zu schließen. 2. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg. Eine infolge Streitwertänderung (rechnerisch) unrichtig (gewordene) Kostengrundentscheidung kann nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils weder in unmittelbarer noch in analoger Anwendung des 319 Abs. 1 ZPO abgeändert werden. a) In Rechtsprechung und Literatur besteht ganz überwiegend Einigkeit, dass 319 Abs. 1 ZPO auf einen Fall wie den vorliegenden nicht unmittelbar anwendbar ist, da kein Schreibfehler, Rechnungsfehler und auch keine ähnliche offenbare Unrichtigkeit des Urteils vorliegt (siehe nur OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 211; OLG Köln FamRZ 1994, 56; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 21. Aufl. 319 Rdn. 9; Musielak in Musielak, ZPO 6. Aufl. 319 Rdn. 8; Zöller/ Vollkommer, ZPO 26. Aufl. 319 Rdn. 18; a.a. OLG Frankfurt a.m. NJW 1970, 436, 437: Weitherzige Auslegung des 319 ZPO ; ebenso Speckmann, NJW 1972, 232, 235 f.). Dem ist zuzustimmen. Selbst wenn man im Hinblick auf die in 319 Abs. 1 ZPO genannten Rechnungsfehler annehmen wollte, dass nicht nur Verlautbarungsmängel, sondern auch offensichtliche Fehler bei der gerichtlichen Willensbildung über diese Vorschrift korrigierbar wären (vgl. etwa OLG Hamm, MDR 1986, 594; OLG Bamberg FamRZ 2000, 38; offen gelassenvonbghz127,74,78f.;a.a.musielakinmusielak aao 319 Rdn. 4 m.w.nachw.; Wieczorek/Schütze/Rensen, Großkomm.z.ZPO 3. Aufl. 319 Rdn. 34), wäre die vorliegende Fallkonstellation weder unter das Tatbestandsmerkmal Rechnungsfehler noch unter das der ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit zu subsumieren. Hinsichtlich der Kostengrundentscheidung lag kein Fehler bei der Willensbildung des Gerichts vor, da die Streitwertfestsetzung erst zu einem Zeitpunkt geändert wurde, als die Willensbildung betreffend die Kostengrundentscheidung unter Zugrundelegung der ursprünglichen Streitwertfestsetzung bereits (zutreffend) abgeschlossen und das amtsgerichtliche Urteil rechtskräftig geworden waren. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit ist jedoch der Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. nur OLG Stuttgart MDR 2001, 892, 893). b) Ob 319 Abs. 1 ZPO in Fällen nachträglicher rechnerischer Unrichtigkeit der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung infolge einer nach 63 Abs. 3, 68 GKG zulässigerweise geänderten Streitwertfestsetzung entsprechend anzuwenden ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. aa) Von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur wird eine entsprechende Anwendbarkeit von 319 Abs. 1 ZPO auf die vorliegende Fallkonstellation für zulässig gehalten. Dies wird entweder mit dem Bedürfnis nach einer Auflösung des (angeblichen) Widerspruchs zwischen 99 Abs. 1 ZPO und 63 Abs. 3 GKG begründet (OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 211, 212; NJW-RR 1992, 1407 f. sowie OLGR Düsseldorf 1997, 291, 292). Von anderen wird zur Begründung auf allgemeine Gerechtigkeitserwägungen abgestellt (OLG Hamm MDR 2001, 1186; OLG Köln MDR 1980, 761, 762; Baumbach/ Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO 66. Aufl. 319 Rdn. 5; Stein/Jonas/ Roth, ZPO 22. Aufl. 2 Rdn. 81: Gesamtanalogie zu den 319, 107 ; Stein/Jonas/Leipold aao 319 Rdn. 9; Zöller/VollkommeraaO;HK-ZPO/Saenger2.Aufl. 319Rdn.12;Hartmann, Kostengesetz 37. Aufl. 63 GKG Rdn. 40). bb) Nach anderer Auffassung kommt eine analoge Anwendung von 319 Abs. 1 ZPO in einem Fall wie dem vorliegenden nicht in Betracht. Dies wird u.a. damit begründet, dass ansonsten eine mit 99 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbarende Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung ermöglicht würde (OLG Stuttgart MDR 2001, 892, 893; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 1532; LG Frankfurt a.m. NJW-RR 1998, 67, 68) bzw. dass eine weitherzige Auslegung des 319 Abs. 1 ZPO zu einer vom Gesetz nicht mehr gedeckten Durchbrechung der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung führe (OLG Köln FamRZ 1994, 56; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 1532; Schneider, MDR 1980, 762 f.; ablehnend auch KG NJW 1975, 2107; Musielak in Musielak aao 319 Rdn. 8; ders. in MünchKommZPO 3. Aufl. 319 Rdn. 10; Wieczorek/ Schütze/Rensen aao 319 Rdn. 34; Wiesemann, Die Berichtigung gerichtlicher Entscheidungen im Zivil-, Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozess S. 154 f.; Wolter; Die Urteilsberichtigung nach 319 ZPO S. 79 ff.). cc) Der Senat schließt sich der letztgenannten Meinung (bb) an. Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung von 319 Abs. 1 ZPO im vorliegenden Fall rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Anzeige Kostenrecht AnwBl 11 /

86 MN Rechtsprechung Zwar kann das Prozessgericht gemäß 63 Abs. 3 GKG bis längstens zum Ablauf von sechs Monaten nach rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache den Streitwert ändern, was auf Antrag zu einer entsprechenden Änderung der Kostenfestsetzung nach 107 Abs. 1 Satz 1 ZPO führt. Hieraus kann jedoch, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber der Kostengerechtigkeit Vorrang gegenüber der Rechtskraft der Kostenentscheidung eingeräumt habe. (a) Eine dem 107 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechende Bestimmung in Bezug auf eine nachträgliche Änderung der Kosten(grund)entscheidung des Urteils infolge einer Streitwertänderung fehlt im Gesetz. Stattdessen sieht 99 Abs. 1 ZPO ausdrücklich vor, dass die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Isolierte Kostenrechtsmittel sind lediglich in im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen wie etwa denjenigen des 99 Abs. 2 ZPO, des 91 Abs. 2 ZPO oder des 269 Abs. 5 ZPO vorgesehen, bei denen es sich jedoch um Ausnahmefälle handelt (vgl. Musielak/Wolst aao 99 Rdn. 1). (b) Darüber hinaus folgt aus 318 ZPO, dass das Gericht an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- bzw. Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden ist, wobei die Kostenentscheidung gemäß 308 Abs. 2 ZPO zwingender Bestandteil des Endurteils ist. Nur dann, wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen worden ist, ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen ( 321 Abs. 1 ZPO). Zu Recht weist die Rechtsbeschwerdebegründung darauf hin, dass es sich bei der Vorschrift des 319 ZPO um eine Ausnahmevorschrift von dem in 318 ZPO niedergelegten Grundsatz der innerprozessualen Bindung des Gerichts handelt, deren Anwendungsbereich im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit entsprechend eng am Wortlaut zu orientieren ist. (c) Aus alledem folgt, dass eine analoge Anwendung des 319 Abs. 1 ZPO zu einer im Gesetz ausdrücklich nicht vorgesehenen isolierten Anfechtbarkeit der Kostengrundentscheidung führen würde. Der mit diesem Ergebnis verbundene Wertungswiderspruch zwischen der Abänderbarkeit des Streitwerts und der mangelnden Möglichkeit, die Kostengrundentscheidung dem geänderten Streitwert anzupassen, kann mithin nur durch ein Eingreifen des Gesetzgebers, dem die Problematik seit langem bekannt ist, beseitigt werden. (d) An dieser Entscheidung ist der Senat nicht im Hinblick auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 13. Dezember 2000 (IV B 33/00, BFH/NV 2001, 791) gehindert. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren hat der Bundesfinanzhof den Streitwert sowie die Kosten(grund)entscheidung während des anhängigen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, mithin vor Rechtskraft des Urteils, abgeändert. III. Auf die Rechtsmittel des Beklagten war die ursprüngliche Kostengrundentscheidung im Urteil des Amtsgerichts Montabaur vom 18. Januar 2007 wieder herzustellen. IV. Die Kostenentscheidung folgt aus 91 ZPO. Anmerkung der Redaktion: Die sorgfältig begründetete Entscheidung hinterlässt einen schalen Geschmack. Der II. Zivilsenat des BGH lehnt die analoge Anwendung von 319 Abs. 1 ZPO ab, um die Kostenquote der Kostengrundentscheidung nach Eintritt der Rechtskraft anzupassen, wenn die Streitwerte nachträglich geändert wurden. Der Senat sieht aber zugleich, dass dies zu einem Wertungswiderspruch führt: Die Kostengrundentscheidung ist am Ende falsch. Wenn es nach dem BGH geht, soll der Gesetzgeber nun handeln. Kosten der Anschlussberufung ZPO 522 Abs. 2, 524 Abs. 4 Der Berufungskläger trägt die Kosten einer zulässig erhobenen Anschlussberufung in der Regel auch dann, wenn die Berufung nach einem Hinweis gemäß 522 Abs. 2 ZPO zurückgenommen wird. BGHZ 80, 146 ff steht nicht entgegen. OLG Hamm, Beschl. v U 116/07 Mitgeteilt vom 28. Zivilsenat des OLG Hamm. Anmerkung der Redaktion: Der Volltext der Entscheidung ist im Internet abrufbar unter Prozesskostenhilfe Beginn der Wiedereinsetzungsfrist I ZPO 234 Abs. 1 Satz 1 A a) Eine mittellose Partei, die innerhalb der Rechtsmittelfrist ein Prozesskostenhilfegesuch mit der ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht und die erforderlichen Belege beigefügt hat, ist grundsätzlich bis zur Entscheidung über ihr Gesuch wegen Mittellosigkeit als unverschuldet gehindert anzusehen, das Rechtsmittel wirksam einzulegen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sie nach den gegebenen Umständen nicht damit rechnen muss, dass ihr Prozesskostenhilfeantrag aus wirtschaftlichen Gründen wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt wird. b) Setzt das Gericht der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei eine Frist zur Vervollständigung ihrer Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und erfüllt die Partei die gerichtlichen Auflagen innerhalb dieser Frist, endet ihr schutzwürdiges Vertrauen auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe erst mit der Bekanntgabe des ihr Prozesskostenhilfegesuch ablehnenden Beschlusses mit der Folge, dass erst zu diesem Zeitpunkt die Wiedereinsetzungsfrist des 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu laufen beginnt. BGH, Beschl. v II ZB 19/07 Anmerkung der Redaktion: Der Volltext der Entscheidung ist im Internet abrufbar unter Beginn der Wiedereinsetzungsfrist II ZPO 234 Abs. 1 und 2 A, B, 236 Abs. 2 Satz 2 D Einer Prozesspartei, die vor Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist lediglich Prozesskostenhilfe beantragt hatte, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Fristversäumung nur dann zu bewilligen, wenn sie vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen musste (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 31. August 2005 XII ZB 116/05 FamRZ 2005, 1901 und vom 19. Mai 2004 XII ZA 11/03 FamRZ 2004, 1548). BGH, Beschl. v XII ZB 184/05 Anmerkung der Redaktion: Der Volltext der Entscheidung ist im Internet abrufbar unter AnwBl 11 / 2008 Prozesskostenhilfe

87 MN Rechtsprechung Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe SGG 172 Abs. 3 Nr Der Beschwerdeausschluss des 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGG-Änderungsgesetz) vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) gilt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur für Beschwerden in der Hauptsache und nicht für Beschwerden, die sich gegen die Ablehnung der PKH richten. 2. Im einstweiligen Rechtschutzverfahren liegen hinreichende Erfolgsaussichten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe schon dann vor, wenn eine gute Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller in der Hauptsache obsiegen wird, sein Rechtsstandpunkt also vertretbar und die Beweisführung möglich ist; entfernte Erfolgschancen genügen nicht. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v L 1 B 17/08 AS Aus den Gründen: I. Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren darüber, ob dem Beschwerdeführer (Bf.) für seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung PKH zusteht. Mit Leistungsbescheid vom 24. Oktober 2007 in der Fassung desänderungsbescheidsvom28.januar2008gewährtediebeschwerdegegnerin (Bg.) dem Bf. ab dem 01. November 2007 bis zum 30. April 2008 Arbeitslosengeld II (347,00 EUR Regelsatz zzgl. Kosten der Unterkunft). Im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung verpflichtete sich der Bf. am 11. Januar 2008, der Bg. bis zum 15. Februar 2008 eine Bewerbungsmappe (aktueller Lebenslauf, aktuelles Bewerbungsfoto, Arbeitszeugnisse, Ausbildungszeugnisse, beispielhaftes Bewerbungsschreiben) vorzulegen. Mit Sanktionsbescheiden vom 20. Februar 2008 senkte die Bg. die Regelleistung ab dem 01. März 2008 für die Dauer von drei Monaten um 30 vom Hundert (v.h.) auf 243,00 EUR, weil der Bf. die Bewerbungsunterlagen nicht wie vereinbart bis zum eingereicht habe. Für dieses (Fehl-) Verhalten gebe es keinen wichtigen Grund. Dem widersprach der Bf. am 25. Februar 2008 und behauptete, den Zettel mit den durchgeführten Bewerbungen am 10. oder in der job-com abgegeben zu haben. Die Zeugin U K aus T habe ihn dorthin begleitet und im Auto auf ihn gewartet. Mit Widerspruchsbescheid vom 02. April 2008 wies die Bg. den Widerspruch zurück, weil der Bf. die Abgabe der Bewerbungsunterlagen nicht belegt habe. Dagegen hat dieser am 15. April 2008 vor dem Sozialgericht (SG) Aachen (S 9 AS 35/08) Klage erhoben und zwei Tage später um einstweiligen Rechtschutz nachgesucht.imeilverfahren hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und ihm PKH zu gewähren. Gleichzeitig hat er eidesstattlich versichert, die Bewerbungsunterlagen mit Frau K am 10. oder bei der Job-Com direkt am Empfang abgegeben zu haben. Aufgrund des Sanktionsbescheids könne er seine Wohnungsmiete nicht mehr bezahlen, so dass die Kündigung drohe. Da er fällige Bußgelder nicht begleichen könne, drohe ihm die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe. Mit Beschluss vom 06. Mai 2008 hat es das SG abgelehnt, dem Bf. PKH zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen: Der angefochtene Sanktionsbescheid sei offensichtlich rechtmäßig. Denn der Bf. könne mit seiner eidesstattlichen Versicherung nicht beweisen, dass er seine Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung erfüllt habe. Im Übrigen biete sein Vortrag keinerlei Ermittlungsansätze. Dagegen hat der Bf. am 09. Mai 2008 Beschwerde eingelegt und darauf hingewiesen, dass diezeuginkseinensachvortrag bestätigen könne. Diesem Beweisangebot müsse das SG nachgehen. II. Die zulässige (A.) Beschwerde ist begründet (B.). A.DieBeschwerdeistgem. 172Abs.1desSozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und damit zulässig. Nach dieser Vorschrift findet gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) statt, soweit das SGG nichts anderes bestimmt. Der angefochtene Beschluss, den der Kammervorsitzende erlassen hat, ist somit beschwerdefähig. Die Beschwerde ist weder nach 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG (1.) in der Fassung (n.f.) des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄnderungsgesetz) vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) noch nach 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. 127 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses (ZPO-RG) vom (BGBl. I S. 1887) ausgeschlossen (2.): 1. In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes schließt 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG die Beschwerde aus, wenn die Berufung in der Hauptsache unzulässig wäre. Da der Wert des Beschwerdegegenstandes vorliegend (312,00 EUR = 3 x 104,00 EUR) die Berufungssumme von 750,00 EUR nicht übersteigt ( 144 Abs.1S.1Nr.1SGGn.F.),wäredieBerufunginderHauptsache zulassungsbedürftig. Gleichwohl ist die PKH-Beschwerde des Bf. statthaft. Denn 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG n. F. gilt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur für Beschwerden in der Hauptsache und keinesfalls für Beschwerden, die sich gegen die Ablehnung der PKH richten. Dies ergibt die Auslegung nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck (sog. teleologische Interpretation) der Norm. DerWortlautdes 172Abs.3Nr.1SGGistweitformuliert und erfasst auch PKH-Beschwerden, die in Eilverfahren erhoben werden. Dagegen ergeben sich aus dem systematischen Zusammenhang zwischen 172 Abs. 1 und 3 erste Anhaltspunkte für eine enge Interpretation: Absatz 3 normiert den Beschwerdeausschluss als Ausnahme von dem gesetzessystematischen Regelfall in Absatz 1, wonach PKH-Beschlüsse grundsätzlich beschwerdefähig sind. Ausnahmevorschriften sind aber in aller Regel eng auszulegen (singularia non sunt extendenda = Sonderbestimmungen dürfen nicht ausgedehnt werden;vgl.dazu:wank,dieauslegungvongesetzen,2.aufl. 2001, 5II).VergleichtmanzudemdieNrn.1und2des 172 Abs. 3 SGG, so lassen sich weitere Argumente für eine enge Auslegung gewinnen. Denn der Gesetzgeber hat in der Nr. 2 den Beschwerdeausschluss für ablehnende PKH-Entscheidungen eigenständig geregelt und ausdrücklich auf Fälle beschränkt, in denen das Gericht nur die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Ablehnung der PKH auf jeden Fall mit der Beschwerde angegriffen werden kann, wenn das Gericht seine Ablehnungsentscheidung wie hier auf fehlende Erfolgsaussichten stützt. Zu diesem Ergebnis ist auch die Bundesregierung in ihrer Begründung zum Entwurf des SGGArbGG-Änderungsgesetzes gekommen (BT-Drs. 16/7716, S. 22 re. Sp. oben), wonach die Ablehnung von PKH mit der Beschwerde angefochten werden kann, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint wurden. Dieser Schlussfolgerung ist im anschließenden Gesetzgebungsverfahren niemand entgegengetreten, und auch das LSG Niedersachsen-Bremen hat sich diese Lesart bereits zu eigen gemacht (Beschluss vom 06. Mai 2008, L 6 B 48/08 AS). Die teleologische Interpretation führt dabei zu keinem anderen Ergebnis. Zwar besteht der Normzweck des 172 Abs. 3 SGG n. F. darin, die Landessozialgerichte durch den Ausschluss der Beschwerde zu entlasten. Dieses Ziel hat die Bundesregierung in ihrer Begründung zum Gesetzentwurf herausgestellt (BT-Drs. 16/7716, S. 22 li. Sp. unten), und auch der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme eine nachhaltige Entlastung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit für dringend geboten gehal- Prozesskostenhilfe AnwBl 11 /

88 MN Rechtsprechung ten (BR-Drs. 820/07, S. 2). Überdies hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales in seinem Bericht und der Beschlussempfehlung hervorgehoben, dass der Gesetzentwurf die Sozialgerichtsbarkeit nachhaltig entlasten und zugleich eine Straffung der sozialgerichtlichen Verfahren herbeiführen solle (BT-Drs. 16/8217, S. 1). In gleicher Weise haben sich die Bundestagsabgeordneten Paul Lehrieder (CDU/CSU), Anette Kramme (SPD), Heinz-Peter Haustein (FDP), Katja Kipping und Jörn Wunderlich (Die Linke), Jerzy Montag und Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen) sowie der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Soziales Klaus Brandner in der 136. bzw Sitzung des Deutschen Bundestages geäußert. Es ist daher zulässig, die Entlastung der Gerichte und die Straffung des sozialgerichtlichen Verfahrens als gesetzgeberisches Ziel zu bezeichnen. Dieses Ziel ließe sich eher erreichen, wenn 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG n.f. neben der Beschwerde in der Hauptsache auch die Beschwerde im PKH-Verfahren ausschlösse. Allerdings können bei der Auslegung und Anwendung der Gesetze nur die Motive und Vorstellungen des Gesetzgebers berücksichtigt werden, die im Normtext ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. dazu: Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 29. Juni 1992, Az.: 6 C 11/92, NVwZ 1993 S. 270, 271f.). Denn verfassungsrechtlich muss jedes Rechtsbehelfssystem so genau gefasst sein, dass der Bürger klar erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen er welches Rechtsmittel einlegenkann(vgl.bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschlüsse vom 09. August 1978, Az.: 2 BvR 831/76, BVerfGE 49 S. 148, 164 und vom 07. Juli 1992, Az.: 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90, BVerfGE 87 S. 48, 65). Dies gebietet der Grundsatz der Rechtssicherheit, der Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes [GG]) ist. Deshalb muss jede Verfahrensordnung genau beschreiben, ob, wie und unter welchen Voraussetzungen der Rechtsuchende gerichtliche Entscheidungen überprüfen kann (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 30. April 2003, Az.: 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107 S. 395, 416; Bundessozialgericht [BSG],Beschlussvom21.Mai2007,Az.:B1KR4/07S,SozR a Nr. 17). Wer mit Überlegungen zu Sinn und Zweck, die sich nicht im Normtext, sondern allenfalls in den Gesetzesmaterialien wiederfinden, den Anwendungsbereich einer Beschwerdeausschlussnorm erweitert, provoziert damit erhebliche Unsicherheiten. Denn der Bürger kann dann nicht mehr klar erkennen, ob er die (einfache) Beschwerde vor dem LSG oder um Rechtsverluste zu vermeiden gleichzeitig auch Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG einlegen muss. Derartige Zwänge illustrieren die rechtsstaatlichen Defizite einer Gesetzesanwendung, die sich an tatsächlichen oder vermeintlichen Motiven und Vorstellungen des Gesetzgebers orientiert. Zugleich führen sie zu einer unnötigen Belastung der Bürger und der Gerichte, was das gesetzgeberische Ziel wieder konterkarieren würde. Deshalb kann die weite Auslegung des 172Abs.3Nr.1SGGn.F.auchnichtmitderÜberlegungbegründet werden, dass der Rechtsmittelzug im PKH-Verfahren bei einem Beschwerdeausschluss genauso weit wie im Hauptsacheverfahren reichen würde und Entscheidungen des LSG im PKH-Verfahren den Beschlüssen des SG im Hauptsacheverfahren nicht widersprechen könnten. Dass der Rechtszug im PKH- Verfahren weiter als im Hauptsacheverfahren reicht, ist nämlich nicht ungewöhnlich und der Rechtsordnung keinesfalls fremd. Denn in allen sozialgerichtlichen Klageverfahren, in denen die Berufung zulassungsbedürftig wäre, kann Beschwerde gegen ablehnende PKH-Beschlüsse eingelegt werden. Dies ist auch sachgerecht. Denn der PKH-Antrag ist in der Regel vor dem Hauptsacheverfahren entscheidungsreif, und kein PKH- Beschluss präjudiziert die Entscheidung in der Hauptsache. 2. Schließlich ist die Beschwerde auch nicht gem. 73a Abs.1Satz1SGGi.V.m. 127Abs.2Satz2,2.TeilsatzZPO ausgeschlossen. Danach ist die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe unstatthaft, wenn der Streitwert der Hauptsache den in 511 ZPO genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint. Da 144 SGG die Zulassungsbedürftigkeit der Berufung im sozialgerichtlichen Verfahren abschließend regelt und deshalb 511 ZPO verdrängt, kann 127 Abs. 2 ZPO allenfalls analog angewendet werden. Die dafür erforderliche planwidrige Regelungslücke fehlt jedoch (vgl. zum Ganzen: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Mai 2007, Az.: L 10 B 217/07 AS PKH; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 18. und 19. April 2007, Az.: L 19 B 42/06 AL und L 16 B 9/07 KR, Breithaupt 2007 S. 812; LSG Baden-Württemberg vom 02. Januar 2007, L 13 AS 4100/06 PKH-B; Krasney/ Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage 2005, Kap. VI Rn. 72; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Aufl. 2005, 172 Rn. 1 und 4; Peters/Sautter/ Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Auflage, Stand: April 2007, 172 Rn 23; a.a. LSG Baden- Württemberg, Beschluss vom 06. September 2005, Az.: L 8 AL 1862/05 PKH-B und LSG Niedersachsen, Beschluss vom 06. Dezember 2005, Az.: L 8 B 147/05 AS sowie LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. September 2007, Az.: L 13 B 7/07 SF, Nds Rpfl 2008 S. 62). Dies hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des 172 Abs. 3 SGG n. F. nochmals verdeutlicht und damit einer analogen Anwendung des 127 Abs. 2 ZPO endgültig den Boden entzogen (so jetzt ausdrücklich unter Aufgabe seiner gegenteiligen Rechtsprechung: LSG Niedersachsen- Bremen, Beschluss vom 06. Mai 2008, Az.: L 6 B 48/08 AS). B. Die somit statthafte Beschwerde ist begründet. Nach 73a Abs.1 Satz 1 SGG i.v.m. 114 Satz 1 (ZPO) erhalten Beteiligte auf Antrag PKH, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Bf. hat Anspruch auf PKH, weil sein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Nach 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage wiehier( 86aAbs.2Nr.4i.V.m. 39Nr.1 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB II]) keine aufschiebende Wirkung haben, auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Dies setzt nach 86a Abs. 3 Satz 2 SGG, der auf das gerichtliche Verfahren entsprechend anzuwenden ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aao, 86b Rn. 12), voraus, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Im PKH-VerfahrendürfendieAnforderungenandieZweifelhaftigkeit allerdings nicht überspannt werden, weil sonst das Tatbestandsmerkmal der hinreichenden Erfolgsaussicht durch den Maßstab des tatsächlichen Erfolgs ersetzt würde. PKH ist daher zu gewähren, wenn eine gute Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller in der Hauptsache siegen wird, sein Rechtsstandpunkt also vertretbar und die Beweisführung möglich ist; entfernte Erfolgschancen genügen nicht (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990, aao; BSG, Beschluss vom 04. Dezember 2007, Az: B 2 U 165/06 B; Hartmann in: Baumbach/ Lauterbach/ Albers/ Hartmann, ZPO, 66. Aufl 2008, 114 Rn. 80 ff; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aao, 73a Rn. 7 bis 7b). Für den Erfolg des Eilverfahrens bestehen gute Möglichkeiten: Denn der Bf. hat behauptet und immerhin mit einer eidesstattlichen Versicherung bekräftigt, dass er seine Bewerbungsmappe am 10. oder 11. Februar 2008 in der job-com abgegeben habe. Träfe dies zu, wäre der angefochtene Sanktionsbescheid rechtswidrig und aufzuheben, weil der Bf. seine Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung ordnungsgemäß erfüllt hätte ( 362 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB] analog). Zu- 798 AnwBl 11 / 2008 Prozesskostenhilfe

89 MN Rechtsprechung dem hat der Bf. seine Behauptung unter Beweis gestellt, indem er Frau U K aus T als Zeugin benannt hat. Das SG wird diese Zeugin von Amts wegen vernehmen müssen. Ferner wird das SG zu prüfen haben, ob der angefochtene Sanktionsbescheid wegen eines Anhörungsfehlers ( 24 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB X]) formell rechtswidrig (gewesen) ist und dieser Fehler ggf. im Widerspruchs- oder anschließenden Klageverfahren rückwirkend (vgl. hierzu: Steinwedel in: Kasseler Kommentar, SGB X, 41 Rn. 8f.; Littmann in: Hauck/Noftz, SGB X, 41 Rn. 6; Wiesner in: von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2008, 41 Rn. 4) geheilt werden kann oder konnte ( 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Soweit das SG im Hauptsacheverfahren die widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander abzuwägen hat, wird es zu prüfen haben, ob und ggf. wie konkret dem Bf. die Wohnungskündigung und die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe drohen bzw. gedroht haben. Darüber hinaus wird das SG zu erwägen haben, welche Auswirkungen der mutmaßliche Anhörungsfehler auf die Kostenentscheidung des Hauptsacheund Eilverfahrens hat (vgl. dazu Steinwedel in: Kasseler Kommentar,SGBX, 41Rn.9a.E.). Anhaltspunkte für eine mutwillige Prozessführung liegen nicht vor. Der Bf. hat auch glaubhaft gemacht, dass er die Kosten für die Prozessführung nicht aufbringen kann. Die Bewilligung erfolgt ab 25. April 2008, weil der PKH-Antrag und die erforderlichen Belege erst an diesem Tag komplett vorlagen. DemBf.istRechtsanwaltNgem. 73aAbs.1Satz1SGG i. V. m. 121 Abs. 2 ZPO antragsgemäß beizuordnen. Denn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint aufgrund der komplexen Zusammenhänge notwendig. Die Kostenentscheidung beruht auf 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. 127 Abs. 4 ZPO. Der Beschluss ist gem. 177 SGG unanfechtbar. Mitgeteilt vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen. Anwaltsnotariat Werbung für anwaltliche Zweigstelle des Anwaltsnotars BNotO 29 Abs. 3 Satz 1 Es stellt jedenfalls eine irreführende Werbung eines Anwaltsnotars dar, wenn er auf dem Kanzleischild seiner anwaltlichen Zweigstelle die Amtsbezeichnung Notar führt, ohne zugleich auf seinen Amtssitz als Notar hinzuweisen. BVerfG, Beschl. v BvR 623/08 Aus den Gründen: Die Verfassungsbeschwerde betrifft das an Anwaltsnotare gerichtete Verbot, ihre Amtsbezeichnung als Notar auf einem nicht an ihrer Geschäftsstelle befindlichen Geschäftsschild zu führen. I. 1. Das Werberecht der Notare ist unter anderem in 29 der Bundesnotarordnung (BNotO) geregelt, dessen Absatz 3 Satz 1 Alternative 1 durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. März 2005 (BVerfGE 112, 255) für nichtig erklärt wurde. Die hier maßgeblichen Passagen lauten: 29 (1) Der Notar hat jedes gewerbliche Verhalten, insbesondere eine dem öffentlichen Amt widersprechende Werbung zu unterlassen. (2)... (3) Ein Anwaltsnotar, der sich nach 9 Abs. 3 mit nicht an seinem Amtssitz tätigen Personen verbunden oder mit ihnen gemeinsame Geschäftsräume hat, darf seine Amtsbezeichnung als Notar auf Drucksachen und anderen Geschäftspapieren nur angeben, wenn sie von seiner Geschäftsstelle aus versandt werden und auch nur auf demjenigen Amts- oder Namensschild führen, das an seinem Amtssitz auf seine Geschäftsstelle hinweist. In überörtlich verwendeten Verzeichnissen ist der Angabe der Amtsbezeichnung ein Hinweis auf den Amtssitz hinzuzufügen. 2. Die Beschwerdeführerin ist Rechtsanwältin und Notarin und betreibt gemeinsam mit ihrem Ehemann, der den Beruf des Rechtsanwalts ausübt, eine Kanzlei in B. Am 31. Mai 2007 eröffneten sie eine Zweigstelle der Rechtsanwaltskanzlei in dem im benachbarten Bundesland gelegenen Ort L. Am Eingang zu der Zweigstelle brachten sie ein mit Rechtsanwaltskanzlei überschriebenes Geschäftsschild an, auf dem es in der auf die Namen der Notarin und ihres Ehemannes folgenden Zeile in derselben Schriftgröße heißt: Rechtsanwälte und Notarin. Darunter befindet sich die Adresse des Büros in B. 3. Nachdem die Beschwerdeführerin von der zuständigen Notarkammer vergeblich aufgefordert worden war, den Zusatz Notarin von dem Geschäftsschild zu entfernen, erteilte diese ihr eine Ermahnung nach 75 BNotO. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Notarkammer zurück. Auch der daraufhin von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung blieb ohne Erfolg. Das beanstandete Geschäftsschild stelle eine dem öffentlichen Amt widersprechende Werbung im Sinne des 29 Abs. 1 BNotO dar. Zwar seien die Voraussetzungen des 29 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 BNotO nicht erfüllt, weil sich die Beschwerdeführerin nicht mit einem auswärtig tätigen Rechtsanwalt verbunden habe, sondern die Zweigstelle in L. gemeinsam mit dem auch an ihrem Geschäftssitz tätigen Rechtsanwalt betreibe. Auch bei einer intraurbanen Sozietät sei jedoch die Verwendung der Amtsbezeichnung eines Notars nur auf dem Amts- oder Namensschild seiner Geschäftsstelle im Sinne des 10 Abs. 3 BNotO gestattet. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, das rechtsuchende Publikum könne auch in den anderen Büros um notarielle Dienstleistungen nachsuchen. Durch den persönlichen Kontakt der Beschwerdeführerin mit den Mandanten vor Ort bestehe die Gefahr, dass diese sich auch in notariellen Belangen an die Notarin an deren Amtssitz in B. wendeten, um deren Dienste in Anspruch zu nehmen, wodurch den ortsansässigen Notaren Urkundsgeschäfte entgingen. Dies gefährde die ausgewogene Versorgung der Bevölkerung mit Notarstellen. 4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin Art. 12 Abs. 1 GG als verletzt. Die Zweigstelle sei auf dem beanstandeten Schild eindeutig als eine nur der Rechtsanwaltskanzlei und nicht auch der Notarin bezeichnet. Die Führung ihrer Amtsbezeichnung als Notarin sei ihr nicht nur erlaubt, sondern sie sei überall auch dazu verpflichtet. Bislang sei bei niemandem der Eindruck erweckt worden, an der Zweigstelle könne auch um notarielle Dienstleistungen nachgesucht werden. Außerdem könne der Geschäftsschutz der Notare nicht so weit gehen, dass jede wie auch immer geartete Möglichkeit der Rechtsuchenden, in einer anderen Stadt Notare aufzusuchen, unterdrückt werde. 5. Zur Verfassungsbeschwerde haben sich das Bundesministerium der Justiz im Namen der Bundesregierung, der Bundesgerichtshof, die Bundesnotarkammer, der Deutsche Notarverein sowie der Senator für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen geäußert. In sämtlichen Stellungnahmen wurden die angegriffenen Entscheidungen verteidigt. Das ihnen zugrunde liegende Verbot, auf einem außerhalb der Geschäftsstelle des Notars angebrachten Geschäftsschild einen Hinweis auf seine Notareigenschaft anzubringen, sei insbesondere gerechtfertigt, um eine Irreführung der Rechtsuchenden sowie eine Verlagerung von Urkundsgeschäften zu vermeiden. II. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen ( 93 b Satz 1 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf ( 93 a Abs. 2 Anwaltsnotariat AnwBl 11 /

90 MN Rechtsprechung Buchstabe a BVerfGG). Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen der Reichweite von Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 85, >; 94., >; 112, >) sind ebenso geklärt wie die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der sie betreffenden Einschränkungen (vgl. BVerfGE 106, f.>; 112, ff.>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 12 Abs. 1 GG angezeigt ( 93 a Abs, 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht gegeben. 1. Auch die Beschwerdeführerin, die als Notarin einen staatlich gebundenen Beruf ausübt kann für ihre berufliche Tätigkeit grundsätzlich den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG beanspruchen (vgl. BVerfGE 7, >; 17, ff>; 73, >; 112, >). Zu den durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten berufsbezogenen Handlungen gehört die berufliche Außendarstellung einschließlich der Werbung für die Inanspruchnahme ihrer Dienste (vgl. BVerfGE 85, >; 94, >; 112, >). Das Verbot, auf Geschäftsschildern die Amtsbezeichnung als Notar zu führen, bedeutet ebenso wie die Ermahnung nach 75 BNotO, dieses Verbot zu beachten, eine Beschränkung der beruflichen Außendarstellung der Beschwerdeführerin und greift somit in ihre Berufsausübungsfreiheit ein. 2. Soweit 29 Abs. 1 BNotO eine berufswidrige Werbung verbietet, ist dies als flankierende Maßnahme zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Berufsausübung der Notare gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 112, >). a) Zwar können Zweifel an der Unparteilichkeit oder Gewissenhaftigkeit des Notars nicht schon dadurch begründet werden, dass dieser auf einem nicht an dem Ort seiner Geschäftsstelle angebrachten Geschäftsschild auf seine Eigenschaft als Notar hinweist. Insbesondere kann nicht unterstellt werden, diese Art der Information signalisiere die Bereitschaft des Notars, unter Verletzung seiner Amtspflichten Urkundstätigkeiten außerhalb seines Amtsbereichs ( 10 a BNotO) oder außerhalb seines Amtsbezirks ( 11 BNotO) auszuüben. b) Die ordnungsgemäße Berufsausübung des Notars wird allerdings durch eine irreführende Werbung in Frage gestellt. Diese zu verhindern, stellt ein legitimes Ziel des Gesetzgebers dar (vgl. BVerfGE 112, >). Ein außerhalb der Geschäftsstelle des Notars an einer Rechtsanwaltskanzlei angebrachtes Geschäftsschild, das auf das Notaramt eines Rechtsanwalts hinweist, kann eine solche Irreführung der Rechtsuchenden bewirken (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu 29 BNotO, BTDrucks 13/4184, S. 28). Es kann der fälschliche Eindruck entstehen, dass an der derart gekennzeichneten Zweigstelle der Rechtsanwaltskanzlei auch notarielle Dienste angeboten und in Anspruch genommen werden können. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob einer derartigen Irreführung bereits dadurch hinreichend entgegengewirkt werden könnte, dass auf dem Geschäftsschild an der Zweigstelle zugleich ein Hinweis auf den Ort des Amtssitzes des Notars ( 10 Abs. 1 BNotO) angebracht wird, wie ihn 29 Abs. 3 Satz 2 BNotO für überörtlich verwendete Verzeichnisse vorsieht. Das Bundesverfassungsgericht hat es in seinem Beschluss vom 8. März 2005 (BVerfGE 112, >) zur Zulässigkeit der Angabe der Amtsbezeichnung als Notar auf Geschäftspapieren einer überörtlichen Sozietät zur Vermeidung einer Irreführung für ausreichend erachtet, wenn die Anwaltsnotare mit ihrem jeweiligen Amtssitz aufgeführt sind. Es liegt nahe, die dort angestellten Erwägungen auch auf die Geschäftsschilder einer Rechtsanwaltskanzlei zu übertragen. Da das beanstandete Schild einen Hinweis auf den Amtssitz der Beschwerdeführerin allerdings nicht enthält, sondern nur für die Beschwerdeführerin und ihren Anwaltssozius auf die Adresse des Hauptsitzes der gemeinsamen Kanzlei hinweist, sind die angefochtenen Entscheidungen zu Recht davon ausgegangen, dass eine Untersagung zur Vermeidung einer Irreführung der Rechtsuchenden gerechtfertigt ist. 3. Ob auch das weitere Anliegen des Gesetzgebers, im Interesse einer geordneten Rechtspflege einer zielgerichteten Verlagerung notarieller Amts- und insbesondere Urkundsgeschäfte entgegenzuwirken (vgl. die Gesetzesbegründung zu 29 BNotO, BTDrucks 13/4184, S. 28), das hier angegriffene Verbot und die hierauf gestützte Ermahnung rechtfertigen kann, erscheint zweifelhaft. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits hinsichtlich der Geschäftspapiere von Anwaltsnotaren in 29 Abs. 3 Satz 1 BNotO eine unverhältnismäßige Regelung gesehen und dies auf das geringe Maß der Eignung des Verbots zur Steuerung notarieller Auftragserteilung gestützt (vgl. BVerfGE 112, ff.>). Ob sich diese Erwägungen auch auf die Gestaltung von Geschäftsschildern übertragen lassen, kann jedoch dahinstehen, weil die im vorliegenden Fall angegriffenen Entscheidungen ihre Rechtfertigung bereits in dem Ziel des Schutzes der Rechtsuchenden vor Irreführung finden. Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Fotonachweis Seiten 728, 743, 745, 746, 751, 754, 755, 762 (2. Spalte, Mitte und unten): Andreas Burkhardt; Seite 736: Hengeler Mueller; Seite 742, 748, 749, 762 (2. Spalte, oben; 3. Spalte), 767, 772, 778, 781, 783, 787, 789, I, IV, VI, XLIV, XLVIII: privat; Seite 747: McPHOTO/vario images; Seite 752, 753: Manfred Aranowski/DAV; Seite 761: picture alliance/dpa Impressum Herausgeber: Deutscher Anwaltverein e.v., Littenstr. 11, Berlin (Mitte), Tel. 0 30/ , Fax: 030 / , anwaltsblatt@anwaltverein.de. Redaktion: Dr. Nicolas Lührig (Leitung, v. i. S. d. P.), Udo Henke und Manfred Aranowski, Rechtsanwälte, Anschrift des Herausgebers. Verlag: Deutscher Anwaltverlag und Institut der Anwaltschaft GmbH, Wachsbleiche 7, Bonn, Tel / , Fax: 02 28/ ; kontakt@anwaltverlag.de, Konto: Sparkasse Bonn Kto.-Nr , BLZ Anzeigen: adsales&services,ingrida.oestreich(v.i.s.d.p.),pikartenkamp 14, Hamburg, Tel. 0 40/ , Fax: 040 / , info@ad-in.de. Technische Herstellung: Hans Soldan GmbH, Bocholder Str. 259, Essen, Tel / , Fax: / ; info@soldanmedien.de. Erscheinungsweise: Monatlich zum Monatsanfang, bei einem Doppelheft für August/September. Bezugspreis: Jährlich 132, E (inkl. MwSt.) zzgl. Versandkosten, Einzelpreis 13, E (inkl. MwSt.). Für Mitglieder des Deutschen Anwaltvereins ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Bestellungen: Über jede Buchhandlung und beim Verlag; Abbestellungen müssen einen Monat vor Ablauf des Kalenderjahres beim Verlag vorliegen. Zuschriften: Für die Redaktion bestimmte Zuschriften sind nur an die Adresse des Herausgebers zu richten. Honorare werden nur bei ausdrücklicher Vereinbarung gezahlt. Copyright: Alle Urheber-, Nutzungs- und Verlagsrechte sind vorbehalten. Das gilt auch für Bearbeitungen von gerichtlichen Entscheidungen und Leitsätzen. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung ausdrücklich der Einwilligung des Herausgebers. ISSN w 800 AnwBl 11 / 2008 Anwaltsnotariat

91 MN Bücher & Internet Prozessrecht Anwaltsvergütung Steuerrecht Tatsachenfeststellung vor Gericht von Rolf Bender/ Armin Nack/ Wolf-Dieter Treuer; 3. Aufl.; München: C. H. Beck, 2007; XXV, 358 S., kart.; ; 42,00 E. RVG Straf- und Bußgeldsachen von Detlef Burhoff (Hrsg.); 2. Aufl.; Münster: ZAP, 2007; S., geb.; inkl. CD-ROM; ; 98,00 E. Gemeinsame Körperschaftssteuer- Bemessungsgrundlage in der EU von Ralf U. Braunagel; 29. neub. Aufl.; Lohmar-Köln: Josef Eul-Verlag, 398 S., kart.; Steuer, Wirtschaft und Recht, Band 290; ; 56,00 E. Es ist eine Binsenweisheit, daß in einer Viel-, wenn nicht gar der Mehrzahl von Prozessen nicht (lediglich) eine Rechtsfrage, sondern das Ergebnis einer Beweisaufnahme entscheidend ist. Da der Zeuge zwar das häufigste, zugleich aber auch ein sehr problematisches Beweismittel ist, setzt die fehlerfreie Würdigung einer Aussage, aber auch schon die korrekte Vernehmung eines Zeugen, zumindest grundlegende Kenntnisse der Vernehmungspsychologie voraus. Über solche wird der Jurist jedoch oftmals sei er Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt nicht verfügen, was umso bedeutsamer ist, als das Verfahrensrecht zumindest den Gerichte (z. B. in 286 BGB oder 261 StPO) diese Kenntnisse zuschreibt. Hier setzt das nunmehr in 3. Auflage vorliegende Werk von Bender/ Nack/Treuer an und führt in seinen drei Hauptteilen in Glaubwürdigkeits-, Beweis- und Vernehmungslehre ein. Die psychologischen Aspekte der Wahrnehmung und ihrer Verarbeitung einschließlich der diversen denkbaren Verarbeitungsfehler durch einen Zeugen werden ebenso wie z. B. Auffälligkeiten im Aussageverhalten eines lügenden Zeugen, Grundlagen der richtigen Fragetechnik oder Aspekte der auch für die Würdigung von Indizienbeweisen bedeutsamen Wahrscheinlichkeitstheorie ( Bayes-Theorem ) ausführlich behandelt. Den Autoren gelingt, nicht zuletzt durch eine Vielzahl von kommentierten und dem Text zugrunde gelegten Beispielen, eine gleichermaßen verständliche wie auch interessante Darstellung eines Themas, das auf den ersten Blick vielleicht eher trocken anmuten mag. So ist die Lektüre dieses Buches keineswegs ein zähes Pflichtstudium, sondern ein nicht selten auch unterhaltsamer Beitrag zur juristischen (Grundlagen-)Bildung für jeden prozessual tätigen Juristen. Rechtsanwalt Cornelius Maria Thora, Frankfurt am Main Das Werk behandelt die Bereiche Strafund Bußgeldsachen des Gebührenrechts in einer Mischung aus Handbuch und Kommentar. Die 2. Auflage dieses Spezialkommentars berücksichtigt neben den seit der Erstausgabe eingetretenen Änderungen des RVG die aktuelle Rechtsprechung und Literatur. Zahlreiche neue Stichwörter im ABC-Teil sowie neue Praxishilfen in Form von Formulierungs- und Berechnungsbeispielen, Checklisten und Arbeitshilfen runden das Werk ab. Anwaltsvergütung Rechtsanwaltsvergütung von Sabine Jungbauer; neu bearb. und erw. Aufl.; Heidelberg: C. F. Müller, 2007; 564 S., kart.; Tipps und Taktik; ; 49,00 E. Das Werk behandelt in praxisnaher Form die Problemstellungen, die sich bei der Streitwertermittlung und Gebührenabrechnung ergeben können. Hierbei wendet sich das Buch vor allem an den Anwalt und dessen Büropersonal, das die Abrechnung durchführt. Die Ausführungen werden ergänzt durch Tipps, Formulierungsvorschläge, Muster, Checklisten und Beispielsfälle. Auch die Taktik des Umgangs mit der Kostenrechnung und dem Mandanten ist an zahlreichen Stellen ein Thema. Die 4. Auflage des Praktikerhandbuchs wurde vollständig aktualisiert und erste Rechtsprechung zum RVG eingearbeitet. Die zum in Kraft getretenen Änderungen, vor allem der Wegfall der außergerichtlichen Beratungsgebühren und der damit verbundenen Neugestaltung durch Vergütungsvereinbarungen, werden dargestellt; ebenso die Änderungen des 2. Justizmodernisierungsgesetzes zum im Kostenrecht. Die Steuerrechtsordnungen der EU- Mitgliedsstaaten stehen weitgehend unkoordiniert nebeneinander, sodass grenzüberschreitend tätige Unternehmen mit zahlreichen steuerlichen Hindernissen konfrontiert werden. Die fortschreitende Internationalisierung und gestiegene Mobilität der Unternehmen erfordert eine europäische Harmonisierung. Die Europäische Kommission hat insofern die Schaffung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage vorgeschlagen (CCCTB). Eine Arbeitsgruppe der EU hat entsprechende Strukturelemente erarbeitet. Die vorliegende Arbeit erfasst und systematisiert die Judikatur des EuGH zu den direkten Steuern. Darauf aufbauend werden die Steuerrechtsordnungen der Mitgliedsstaaten sowie deren DBA einer EGrechtlichen Prüfung unterzogen. Daraus werden Leitlinien und Optionen für die Ausgestaltung einer gemeinsamen Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage abgeleitet, welche den ökonomischen und europarechtlichen Vorgaben bedürfen. Gebührenrecht Kostengesetze von Peter Hartmann; 38., neu bearb. Aufl.; München: C. H. Beck, 2008; XXIX, S., geb.; ; 1 10,00 E. Fragen zum Gerichtskosten- und Anwaltskostenrecht werden praxisnah mit Stand Januar, teilweise Juli 2008, beantwortet. Die 38. Auflage berücksichtigt unter anderem das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts sowie den neuen Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit. XL AnwBl 11 / 2008

92 MN Bücher & Internet Verkehrsrecht Verteidigung in Straßenverkehrssachen von Jürgen Seier; 3. Aufl.; Berlin: BWV Berliner Wissenschafts Verlag, 2007; 108 S., kart.; Juristische Weiterbildung; ; 20,00 E. Das Buch bietet einen Überblick über das Verkehrsstrafrecht und Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht. Es richtet sich in erster Linie an Berufsanfänger, Absolventen der Fachanwaltsausbildung im Strafrecht, Referendare sowie Studenten mit dem Schwerpunktfach Verkehrsstrafrecht. Die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung ist bis September 2006 berücksichtigt. Wo es notwendig erscheint, wird auf weiterführende Literatur verwiesen. Schwerpunktmäßig behandelt werden Trunkenheit im Verkehr sowie die Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss. Darüber hinaus wird auf weitere verkehrsspezifische Straftatbestände eingegangen: Gefährdung des Straßenverkehrs durch äußere Fahrfehler, gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr und Nötigung, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und fahrlässige Tötung bzw. Körperverletzung im Straßenverkehr. Von den Verkehrsordnungswidrigkeiten werden die besonders gravierenden und die aus praktischer Sicht problematischen herausgegriffen. Beleuchtet werden zudem die besonderen verkehrsrechtlichen Sanktionen, vor allem die Entziehung der Fahrerlaubnis und das Fahrverbot, sowie die versicherungsund verwaltungsrechtlichen Aspekte (Verkehrszentralregister, Punktsystem). Arbeitsrecht Handbuch Arbeitsstrafrecht von Prof. Dr. Alexander Ignor/ Prof. Dr. Stephan Rixen; 2. überarb. Aufl.; Stuttgart: Boorberg, 2008; 828 S., geb.; ; 78,00 E. Mit dem Schwerpunkt Personalverantwortung als Strafbarkeitsrisiko beschäftigt sich das Handbuch mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen mit arbeitsstrafrechtlichen Sanktionen zu rechnen ist. Es wird ein Überblick über sämtliche einschlägigen Gesetze gegeben. Die Autoren beziehen die Rechtsprechung und Literatur mit ein und nehmen zu den wesentlichen Praxisproblemen Stellung und bieten Lösungsmöglichkeiten an. XLII AnwBl 11 / 2008

93 MN Bücher & Internet Europarl.de Das Europäische Parlament stellt hier sich und seine Arbeit vor. Die umfangreichen Informationen sind in die Kategorien Aktuell, Parlament, Europa, Europawahl, Service, Jugend und Presse aufgeteilt. Erläuterungen zu den Rechtsgrundlagen, Kompetenzen und zum Gesetzgebungsverfahren finden sich in der Kategorie Parlament / Arbeitsweise. Ebenfalls unter Parlament befindet sich ein umfangreiches Glossar mit Erklärungen zu zahlreichen europarechtlichen und parlamentarischen Begriffen wie acquis communautaire, Lissabon-Strategie, Quästoren oder Vermittlungsausschuss. In der Rubrik Europa sind grundlegende Informationen rund um die Europäische Union zu finden, insbesondere zu den Verträgen, Institutionen und Organen und zur Erweiterung. Durch eine gut strukturierte Gliederung ist alles schnell und ohne viele Klicks aufzufinden. Tuerkei-recht.de Der Stuttgarter Anwalt Prof. Dr. Christian Rumpf befasst sich mit dem Recht der Türkei. In seinem Internetangebot finden sich zahlreiche Informationen über die Rechtslage in der Türkei, nebst Beiträgen zu aktuellen Entwicklungen, Besprechungen von Gerichtsverfahren (z. B. zum Fall Marco) und Urteilen, überwiegend als PDF-Dokumente herunterzuladen. Leider sind die Inhalte nicht sehr übersichtlich angeordnet. Zudem öffnen sich gelegentlich neue Fenster, was störend und überflüssig ist. Zu den Themen Wirtschaftsinformationen, Wirtschaftsrecht, Verfassung/ öffentliches Recht, Strafrecht, Justizwesen und weiteren Bereichen werden jeweils Institutionen, Literatur, Texte und Gesetze genannt. Dies sind teilweise Links zu weiterführenden Seiten in türkischer, deutscher oder auch englischer Sprache, aber auch Aufsätze des Herausgebers, was vorher leider oft nicht zu unterscheiden ist. Für den Einstieg in das türkische Recht sind die Aufsätze hilfreich, daher ist es schade, dass sie in der Fülle weiterer Links leicht zu übersehen sind. Betreuerlexikon.de Der Diplom-Sozialarbeiter und Diplom-Verwaltungswirt Horst Deinert gibt ein Online-Lexikon zum Betreuungsrecht heraus, das er in das System von Wikipedia eingefügt hat. So sind Ergänzungen und Korrekturen durch jeden Nutzer möglich. Darin befindet sich neben dem eigentlichen, sehr umfangreichen Lexikon ein Kleines Betreuungs-ABC, in dem zentrale Begriffe erklärt werden. Auf der Startseite des Lexikons sind die besprochenen Stichworte alphabetisch sortiert aufgeführt. Zum Thema Betreuerbestellung wird wiederum ein eigenes Inhaltsverzeichnis der umfangreichen Informationen angeboten. Dabei wird einschlägige Rechtsprechung zitiert. Eine Volltextsuche gibt es nicht, aber über die alphabetische Sortierung der Themen und den dort vorhandenen Übersichten sind gesuchte Informationen gut auffindbar. Damit kann dieses Lexikon sehr hilfreich sein. Webnotar.de Notar Tilmann Keith aus Chemnitz veröffentlicht auf seinen Internetseiten unter der Überschrift Downloads unterschiedliche Materialien an, teils zur Vorbereitung auf den Notartermin welche Angaben und Unterlagen sind erforderlich? teils Muster z. B. in Vereinssachen für die Satzung oder Erstanmeldung. Weiterhin gibt es Skripte zu Erb- und Vorsorgeangelegenheiten sowie zu Gesellschaftssachen und die Aufzeichnungen von einigen Fernsehinterviews können angesehen werden. Für das Anwaltsblatt im Internet: Rechtsanwältin Isa Rädecke Sie erreichen die Autorin unter der -Adresse autor@anwaltsblatt.de. Rechtsdienstleistungsrecht Der Kommentar setzt an dem Spannungsfeld der Rechtsdienstleistungen durch Nicht-Anwälte an. Einerseits soll gewährt werden, dass die rechtliche Beratung und Vertretung allein qualifizierten Rechtsanwälten vorbehalten bleibt andererseits sollten nach dem Willen des Gesetzgebers Tätigkeiten, bei denen Rechtsdienstleistungen nur eine untergeordnete Rolle spielen, nicht monopolisiert bleiben. Das vorliegende Werk führt den Leser durch das Dickicht der systematischen, materiellen und verfahrensrechtlichen Neuregelung. Gleichzeitig bietet es einen Einstieg in das Thema: die Besonderheiten des Rechtsdienstleistungsgesetzes werden dargestellt, es werden problematische Konstellationen benannt und rechtliche Abgrenzungskriterien für Zweifelsfälle (z. B. bei außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsdienstleistungen, im Registrierungsverfahren, bei unentgeltlichen Rechtsdienstleistungen) erarbeitet. Dem Kommentar liegt die Ausführungsverordnung bei. Baurecht Rechtsdienstleistungsgesetz von Prof. Dr. Barbara Grunewald/Volker Römermann (Hrsg.); Köln: Verlag Dr. Otto Schmidt, 2008; 467 S., geb.; ; 49,80 E. Bauplanungsrecht in der Praxis von Prof. Dr. Hans-Jörg Birk; 5. Aufl.; Stuttgart/Dresden: Boorberg, 2007; 408 S., geb.; ; 64,00 E. Der Autor verdeutlicht den Ablauf der einzelnen Verfahrensschritte und zeigt deren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen auf. Außerdem stellt er die Vorschriften über die Planerhaltung und die Heilungsmöglichkeiten im ergänzenden Verfahren ( 214 ff. BauGB) dar. Damit hilft das Handbuch bei der rechtmäßigen Durchführung des Verfahrens als auch bei einer späteren Überprüfung der Planungs- oder Genehmigungsentscheidungen. XLIV AnwBl 11 / 2008

94 MN Schlussplädoyer Stellt sich den Fragen des Anwaltsblatts: Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Mayen aus Bonn ist Vorsitzender des Ausschusses Verfassungsrecht. Er ist seit 1991 Rechtsanwalt und arbeitet in einer Partnergesellschaft. Seine Schwerpunkte liegen auf dem Gebiet des öffentlichen Wirtschaftsrechts (insbesondere Telekommunikationsrecht, Energiewirtschaftsrecht, sektorspezifisches Kartellrecht, öffentliches Banken- und Börsenrecht) sowie Verfassungsrecht. Prof. Dr. Thomas Mayen ist Mitglied im Deutschen Anwaltverein, weil Anwälte ihre beruflichen Interessen gemeinsam formulieren und vertreten sollten. Warum sind Sie Anwalt geworden? Ich fand (und finde) es reizvoll, dem Mandanten kompetent zu helfen sei es bei der Beratung, sei es bei der Vertretung vor Gericht. Schon einmal überlegt, die Zulassung zurück zu geben? Nein, Aufgeben gilt nicht. Ihr größter Erfolg als Anwalt?... liegt hoffentlich immer noch vor mir... Ihr Stundensatz?... marktgerecht und kundenorientiert. Ihr Traummandat?... endet immer, wenn der Wecker klingelt. Was sollen Ihnen Kollegen einmal nicht nachsagen? Er war immer mein Lieblingsgegner. Welches Lob wünschen Sie sich von einem Mandanten? Wie gut, dass ich auf Sie gehört habe. Mitglieder Service DAV-Haus Littenstr. 11, Berlin Deutscher Anwaltverein Tel.:030/ ,Fax: Redaktion Anwaltsblatt Tel.:030/ ,Fax: Deutsche Anwaltakademie Tel.:030/ ,Fax: Deutsche Anwaltadresse Tel.:030/ ,-171,Fax:-177 DAV-Anwaltausbildung Tel.:030/ ,Fax: Arbeitsgemeinschaften im DAV Infos unter Tel.: 0 30/ , Fax: DAV Büro Brüssel Tel.: + 32 (2) , Fax: - 13 bruessel@anwaltverein.de, Deutscher Anwaltverlag Wachsbleiche 7, Bonn Tel.:0228/ ,Fax:-23 kontakt@anwaltverlag.de, Mitglieder-Service Der DAV bietet den Mitgliedern der örtlichen Anwaltvereine eine weitere Möglichkeit, von der DAV-Werbekampagne direkt zu profitieren: Anwältinnen und Anwälte können ihre Kanzlei das Kanzleifaltblatt im Layout der DAV-Werbekampagne bestellen. Es informiert über anwaltliche Rechtsberatung und den Besuch beim Anwalt im Allgemeinen. Weiterhin stehen zwei Textseiten zur individuellen Kanzleipräsentation zur Verfügung. Eigene Schwarz-Weiß- Fotos und das Kanzleilogo können ebenfalls eingefügt werden. Durch das vorgegebene Layout sinken die Produktionskosten auf ein Minimum. Infos unter werbung/werbekampagne/kanzleifaltblaetter. XLVIII AnwBl 11 / 2008

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