Predigt am 1. Sonntag nach Epiphanias
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- Stanislaus Junge
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1 Predigt am 1. Sonntag nach Epiphanias von Pastor Leif Mennrich zu 1. Kor 1,26-31 in St. Andreas Seht doch, liebe Brüder, auf eure Berufung. Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen. Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, damit sich kein Mensch vor Gott rühme. Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung, damit, wie geschrieben steht (Jeremia 9,22-23):»Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!«Liebe Gemeinde, stellen Sie sich mal vor, dass ich Sie heute zwar freundlich anschauen würde, aber inhaltlich damit beginnen würde, Ihnen zu sagen, dass Sie ja im Grunde genommen ganz schlichte Menschen sind. Und dann würde ich Sie noch dafür loben, dass Sie nicht die Klügsten sind und eigentlich gar nicht so wirklich viel wissen oder können. Also wenn ich mich jetzt hier auf solches Glatteis begebe, nehmen Sie es mir bitte nicht übel. Und vor allem: Schauen Sie nicht so sehr ihre Sitznachbarn an! (-;
2 Paulus, der Apostel, macht zumindest etwas, das ganz ähnlich klingt. Nein, er stellt sich nicht selbst vor die Gemeinde in Korinth, sondern er schreibt Ihnen einen Brief. Den Hafenarbeitern, Fischern, Tagelöhnern und Gastarbeitern, die in der griechischen Hafenstadt Korinth eine Bleibe und Anschluss an die christliche Gemeinde gefunden haben. Dabei könnte Paulus doch eigentlich stolz auf die Korinther sein: Die Gemeinde wächst, täglich kommen Neue dazu und man darf in Korinth mindestens so stolz sein, zur urchristlichen Gemeinde zu gehören, wie manche in Korinth noch Stolz sind auf ihre griechischen Tempel, Helden, Götter und Hausgötter. Mittlerweile gibt es in der Hafenstadt schon so etwas ähnliches wie verschiedene theologische Richtungen. Und manche sind schon ganz schön stolz vor lauter Gelehrsamkeit. Und nun schreibt Paulus, dass Gott nicht die Mächtigen, Weisen und Gelehrten bevorzugt, sondern eher die Dummen, die Schwachen und Verachteten. Nicht dass die Leute in der Gemeinde von Korinth spürten, dass sie verachtet waren in der Gesellschaft. Aber wenigstens in der Gemeinde galten sie doch etwas, worauf sie stolz sein konnten. Paulus sagt all diesen: Wenn ihr auf irgendetwas stolz sein wollt und Euch rühmen wollt, dann darauf, dass ihr dumm seid und schwach und zu den ganz Kleinen gehört. Ja, liebe Gemeinde: Was soll ich Ihnen jetzt sagen? Ich bin doch gerne in dieser Gemeinde und möchte es auch noch gerne ein paar Jahre bleiben. Daher würde ich mich nicht so aufs Glatteis begeben wie Paulus. Aber ich nehme dem spätgeborenen Apostel trotzdem beides ab: Dass er seine Gemeinde in Korinth liebt. Und dass er es zumindest teilweise auch ernst meint mit seinen Worten. Er litt daran, dass es in den Gemeinden oft nicht anders war, als im Rest der Welt, wo es nur darum geht der Größte und wichtigste zu sein.
3 Dieses alte Spiel: Wer ist der Größte haben Menschen doch schon seit Kindheitstagen eingeübt. Aber gerade Kirche sollte doch nicht sein. Denn im Gegensatz zu den strahlenden griechischen Göttern ist der Gott der Bibel doch jemand, der ganz anders mit den Menschen verbunden ist. Ein Gott, der mitleidet, der heruntergekommen ist aus seiner himmlischen Höhe und tatsächlich sichtbar in einer Krippe lag. Das Arme, das Schwache, Hilflose und Demütige gefällt Gott mehr als das von sich selbst Überzeugte. Genauso hat Jesus doch auch gehandelt: Er hat sich der Verachteten angenommen, der Kranken, Ausgegrenzten, Kriminellen, Ungeliebten, der Kinder, der Unfähigen. Menschen, die sich selbst auf einen hohen Sockel stellten, war er kritisch gegenüber, besonders den damaligen Theologen gegenüber. Vielleicht an dieser Stelle ein kleines Eingeständnis: Es hat ja auch einen Sinn, wenn Menschen um ihre Fähigkeiten wissen. Als Basketballspieler muss man körperlich groß sein. Als Professor sollte man besonders klug sein. Als Hausfrau oder Mann besonders geschickt im Organisieren usw. Es hat einen guten Sinn, um seine Fähigkeiten zu wissen. Es hat sein Gutes, die Gaben, die Gott einem gegeben hat, zu kennen und sie zu nutzen. Aber damit zu prahlen, dass man etwas besonders gut kann oder besonders toll ist oder einfach nur öfter in den Gottesdienst geht als andere, das sollte eigentlich niemand nötig haben. Und trotzdem können Menschen es nicht lassen, unterschwellig doch immer ihr Revier zu verteidigen und sich selbst mehr oder weniger in ein gutes Licht zu stellen.
4 So soll es unter Christen zumindest nicht sein, auch wenn es in unseren Kirchen nicht viel besser aussieht als im Rest der Welt. Wir Christen sollen nicht nur unsere Stärken kennen, sondern auch unsere Schwächen. Unsere Schwächen und die Schwächen anderer sind nämlich genauso wichtig wie unsere Stärken. Denn durch unsere Schwächen wird deutlich, dass wir uns selbst nicht für Götter halten, sondern für Menschen. Eine solche Kirche würde ich mir wünschen, wo alle wirklich Fehler machen dürfen. Wo selbst eine Bischöfin zugeben dürfte, überarbeitet zu sein und wohl ab und zu einen über den Durst zu trinken. Aber die Kirche ist eben auch Teil dieser Welt und unterwirft sich deren Strukturen. Man stelle sich vor, jemand gesteht eine eigene Schwäche ein, ohne dass ihn jemand erwischt hätte. Eine Selbstanzeige sogar nach eine betrunkenen Autofahrt ohne erwischt zu werden würde wohl keiner verstehen. Das wäre ja auch dumm. Und so läuft die Welt eben nicht: Es geht darum, möglichst wenig Fehler einzugestehen und erst eigene Schwächen einzugestehen, wenn sie nicht mehr zu leugnen sind. Auch ein Bundespräsident gesteht nicht mehr ein, als unbedingt nötig. Gerade weil er die Aufgabe hat, der Größte zu sein, scheint er alles, was seine Größe gefährdet, abwehren zu müssen. Denn selbst Medien bauen sich zu einer Instanz auf, die über Menschen richten, anstatt einfach nur neutral zu berichten. Ob es die Bildzeitung ist, die sich sozusagen ins politische Geschehen einmischt oder die Hildesheimer Zeitung, die gerne mal mitmischt, wenn es darum geht, auch in der Kirche für Unruhe zu sorgen. Fehler, Schwächen und Unsicherheiten werden aufgebauscht und angekreidet.
5 Eine unserer christlichen Kernkompetenzen ist es doch, Fehler und Schwächen einzugestehen. Das ist in der Kirche und in der Gesellschaft noch nicht ganz angekommen. Aber daran müssen wir als Christen arbeiten. Was für ein schönes Gefühl ist es, wenn man Fehler eingestehen kann: Tut mir leid, ich hab richtig Mist gebaut. Ehrlich, da will ich mich ändern aber dazu brauche ich Hilfe. Solche Worte tun gut. Aber sie werden auch belächelt, wenn jemand sie in einer allzu großen Öffentlichkeit sagen würde. Weder lügende Journalisten noch um ihre eigene Machtposition kämpfende Politiker können so reden. Alleine wenn ich an manche Klasse in der Schule denke: Wer Schwäche zeigt und sie offenlegt der riskiert gemobbt zu werden. Von Klassenkameraden, Kollegen, Medien oder der Öffentlichkeit. Zu den eigenen Schwächen und Fehlern stehen da müssten wir Christen doch eigentlich Vorbilder sein. Da hat Paulus doch recht. Da müsste es bei uns einiges zu lernen geben, was das Leben lebenswerter macht: Wie wäre es, wenn Politiker sich mal Fehler eingestehen dürften, ohne dass sie gleich völlig verurteilt werden. Tut mir leid, da habe ich etwas falsch gemacht. Sich entschuldigen zu können, das ist jedenfalls sympathisch. Heute würde man sagen: Entschuldigen ist sexy. Fehler und Schwächen einzugestehen ist cool. Das wirkt doch souverän. Und ich finde:; Das Schwache hat doch etwas Schönes, in dem Gott seine Größe zeigt. Ich denke da an die Wohngruppe geistig Behinderter, die ich in meinem Zivildienst betreute. Das war schon eine schöne Zeit mit denen und es tut mir im Herzen weh, wie in unserer Gesellschaft fast automatisch davon ausgegangen wird, dass Menschen mit
6 Behinderungen nicht das gleiche Lebensrecht haben wie andere. Wird eine körperliche Schwäche vor der Geburt erkannt, dann gibt es gegenüber diesem Kind nur wenig Barmherzigkeit. Natürlich: Behinderte sind auch nicht alles Engel. Sie hatten auch Fehler und Schwächen. Aber die mussten sie nicht verleugnen oder verbergen. Martin zum Beispiel, war einfach glücklich auf der Welt zu sein, obwohl er nicht schreiben oder lesen konnte. Beim Sprechen musste man schon gut zuhören. Aber er konnte mit seiner Freude anstecken. In der menschlichen Schwäche zeigte Gott seine Größe. Weil es eben nichts gibt, was wir an uns selbst loben könnten, außer unserer Schwäche. Der größte aber das bleibt Gott allein. Amen.
Seht doch, liebe Brüder, auf eure Berufung. Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen.
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