A N T W O R T. zu der. Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne)
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- Anke Rosenberg
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1 LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1482 (15/1262) A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Einsatz gesundheitsgefährdender Stoffe unter Tage und ihre Auswirkungen auf Bergleute Vorbemerkung des Fragestellers: Wie in der Saarbrücker Zeitung vom 10. Februar 2015 zu lesen ist, klagen 860 Bergleute aus Lothringen gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber aufgrund nicht ausreichender Aufklärung beim Einsatz krebserregender Stoffe unter Tage. Im Dokumentationsband über die 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. in Berlin vom 15. bis 18. Mai 2000 konnte ein wissenschaftlicher Beitrag erhebliche PCB- und DDT-Belastung im Vollblut von Steinkohlenbergleuten mit oder ohne Exposition gegenüber schwer entflammbaren Hydraulikflüssigkeiten nachweisen. Auch im Saarland wurden PCB-haltige Hydraulikflüssigkeiten und andere gesundheitsgefährdende Stoffe unter Tage verwendet. Vorbemerkung der Landesregierung: Im Frühjahr 2015 erschienen Berichte von lothringischen und saarländischen Tageszeitungen, wonach es Hinweise gebe, dass Krebserkrankungen ehemaliger lothringischer Bergleute auf den Einsatz toxischer Stoffe unter Tage im lothringischen Steinkohlenbergbau zurückzuführen seien. Die Stabsstelle Bergschäden beim Oberbergamt des Saarlandes hat die Situation auf französischer Seite recherchiert. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass der rechtliche Hintergrund, der unter anderem zu Schadensersatzklagen französischer Bergleute führte, in Frankreich sehr spezifisch, insbesondere branchenspezifisch ist. Dort existieren besondere Voraussetzungen der Arbeitgeberhaftung, vor allem in namentlich aufgelisteten Wirtschaftssektoren. Ausgegeben: ( )
2 Beispielhaft ist die asbestverarbeitende Industrie zu nennen. Die französischen Bergbauunternehmen sind zwar nicht in der entsprechenden Liste indexiert. Dennoch haben französische Arbeitsgerichte klagenden Bergleuten Ansprüche wegen bloß befürchteter Gesundheitsschäden zuerkannt. Diese Urteile wurden in weiteren Rechtszügen mehrfach revidiert. Wegen der Besonderheiten der französischen Gerichtsverfassung lässt sich die Rechtslage in Frankreich gleichwohl derzeit nicht abschließend bewerten. Nach hiesiger Kenntnis hat eine Überprüfung der Mortalitätsdaten ehemaliger französischer Bergleute für die Jahre 2004 bis 2014 eine normale Sterblichkeit ergeben, die sich im Rahmen der Statistik der allgemeinen Bevölkerung bewegt. Der vom Fragesteller aufgegriffene wissenschaftliche Beitrag aus dem Jahr 2000 ist unter %20Arbeitsmedizin/40%20JT%20DGAUM%202000%20Kurzfassungen.pdf als Kurzfassung veröffentlicht. Die Kurzfassung lautet wie folgt: V3 PCB-Konzentrationen im Vollblut von Steinkohlenbergleuten mit oder ohne Exposition gegenüber schwerentflammbaren Hydraulikflüssigkeiten Möller T 1), Witte B 2), Lenaerts H 1), Morfeld P 3), Piekarski C 3). 1) Deutsche Steinkohle AG, Duisburg, 2) BAD GmbH, Bonn, 3) Institut für Arbeitswissenschaften der RAG Aktiengesellschaft, Dortmund Zur Minimierung der Brandgefahr wurden auf Grund Europäischer Regelungen bis 1989 im Steinkohlenbergbau schwerentflammbare Hydraulikflüssigkeiten (HFD) eingesetzt, die polychlorierte Biphenyle (PCB) enthielten. Unklar ist, ob der Umgang mit HFD zu erhöhten inneren PCB-Expositionen führte. Zur Klärung dieser auch berufskrankheitenrechtlich relevanten Frage wurde 1991 eine Querschnittsstudie durchgeführt. Auf dem Bergwerk Sophia Jacoba wurden 21 deutsche Bergleute, die mindestens über drei Jahre HFD-exponiert waren, sowie 21 individuell nach Alter und Untertagezeit 'gematchte' Kontrollbergleute arbeitsmedizinisch untersucht und befragt. Die Konzentration von PCB (28, 31, 52, 101, 138, 153, 180) sowie einiger Pestizide (z.b. DDT) wurde im Vollblut bestimmt. Mittelwertvergleiche wurden mit gepaarten 2-seitigen t- Tests sowie gepaarter linearer Regression durchgeführt. Das mittlere Alter der Exponierten (Kontrollen; p-wert des t-tests) liegt bei 39,8 a (40,0 a; p=0,89), die mittlere Untertagezeit bei 19,6 a (19,2 a; p=0,62). Der Fettanteil an der Körpermasse beträgt 23,1 % (16,9 %; p <0,001). Die Konzentration von PCB ( ) liegt bei 2288 ng/l (1827 ng/l; p=0,07); von DDT bei 181 ng/l (93 ng/l; p=0,01). Lineare Regressionen zu PCB ( ) ergeben kein wesentliches Confounding mit dem Fettgehalt, aber mit z.b. DDT: nach Adjustierung bzgl. Fettgehalt (DDT) liegt der PCB-Unterschied zwischen Fällen und Kontrollen bei 615 ng/l; p=0,09 (68 ng/l; p=0,77)
3 Die Studie gibt Hinweise (grenzwertig signifikant) auf erhöhte PCB-Konzentrationen im Vollblut bei Steinkohlenbergleuten, die mit HFD-Ölen umgegangen sind. Die simultan erhöhten DDT-Konzentrationen verhindern eine einfache Kausalinterpretation: PCB und DDT könnten bei den Exponierten gleichzeitig aus der Umwelt in erhöhtem Maße zugeführt sein, oder aber die Hydraulikflüssigkeiten waren zusätzlich mit Pflanzenschutzmitteln verunreinigt. Multivariate Analysen und ein aktuelles Follow up sind geplant. Die von den Verfassern formulierte Erklärung für die simultan zur PCB-Konzentration erhöhte DDT-Konzentration im Blut führt zu zwei möglichen Erklärungsansätzen: 1. PCB und DDT könnten bei den Exponierten gleichzeitig aus der Umwelt in erhöhtem Maße zugeführt worden sein. 2. Die Hydraulikflüssigkeiten waren zusätzlich mit Pflanzenschutzmitteln verunreinigt. Für den ersten möglichen Erklärungsansatz spricht die Tatsache, dass nicht nur im Blut von Bergleuten, sondern auch bei anderen Bevölkerungsgruppen erhöhte PCB- Konzentrationen festgestellt wurden (vielfältige Quellen, z.b.: Hinsichtlich des zweiten möglichen Erklärungsansatzes liegen den saarländischen Bergbehörden Erkenntnisse über eine DDT-Verunreinigung von Hydraulikflüssigkeiten nicht vor. Zu Frage 1: Welche nach heutigem Stand der Wissenschaft eingesetzten Stoffe unter Tage gelten als gesundheitsgefährdend? Maßgebend für den Einsatz von Gefahrstoffen oder vergleichbarer Stoffe sind die Bestimmungen in 4 der Gesundheitsschutz-Bergverordnung - GesBergV vom 31. Juli 1991 (BGBl. I S. 1751), zuletzt geändert durch Artikel 5 Absatz 6 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643), in Kraft getreten am Danach darf der Unternehmer Personen nur so beschäftigen, dass sie 1. mit nach der Gefahrstoffverordnung kennzeichnungspflichtigen krebserzeugenden, erbgutverändernden, fruchtbarkeitsgefährdenden, sehr giftigen und giftigen Gefahrstoffen - ausgenommen Schädlingsbekämpfungsmitteln - nicht umgehen, 2. mit a) anderen kennzeichnungspflichtigen Gefahrstoffen als den nach Nummer 1 verbotenen oder b) den in Anlage 5 aufgeführten Stoffen, soweit ihr Umgang zum Einatmen von versprühter oder verstäubter Substanz oder von Rauchen, zu dem Entstehen oder Freisetzen von ätzenden Stoffen oder Zubereitungen, zu einem andauernden oder regelmäßigen Hautkontakt oder zu einer wesentlichen Erhöhung der Explosions- oder Brandgefahr führt, nur umgehen, wenn sie von der zuständigen Behörde auf Grund einer jeweils auf die Stoffeigenschaften und den beabsichtigten Umgang abgestellten Prüfung allgemein zugelassen worden sind
4 Eine entsprechende Sammelliste der nach GesBergV zugelassenen Stoffe wird federführend von der Bezirksregierung Arnsberg in Nordrhein-Westfalen geführt: traege/sammellisten/sammelliste_zugel_stoffe.pdf traege/sammellisten/sammelliste_kleingebinde.pdf Bereits vor Inkrafttreten der GesBergV gab es Rechtsvorschriften und bergbehördliche Richtlinien über technische und organisatorische Maßnahmen beim untertägigen Umgang mit Hydraulikflüssigkeiten (Bergpolizeiverordnung des Oberbergamts für das Saarland und das Land Rheinland-Pfalz für die Steinkohlenbergwerke (BPVSt) vom 1. Juni 1976 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 20. Februar 1981). Gemäß 33 Abs. 1 BPVSt standen feuerhemmende Hydraulikflüssigkeiten unter einem Zulassungsvorbehalt. Zu Frage 2: In welcher Form wurden die Bergleute über die gesundheitlichen Risiken der eingesetzten Stoffe aufgeklärt? In 4 Abs. 6 GesBergV ist festgelegt, dass der Umgang mit Gefahrstoffen nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a und mit Stoffen nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe b voraussetzt, dass er entsprechend einer Betriebsanweisung erfolgt und ein Sicherheits- Datenblatt des Herstellers im Betrieb vorliegt. Einen ähnlichen Regelungsinhalt hatte auch 4 BPVSt. Die jeweiligen Zulassungen für schwerentflammbare Flüssigkeiten enthalten umfangreiche produktspezifische Nebenbestimmungen. Sie regeln u.a. die entsprechende Unterweisung der mit dem Umgang beschäftigten Personen. Sie sind mindestens einmal jährlich über die Verarbeitungshinweise, die auftretenden Gefahren beim Umgang, die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln sowie über Erste-Hilfe- Maßnahmen zu unterweisen. Die Bereitstellung der Betriebsanweisungen und der Sicherheitsdatenblätter im Betrieb obliegen, ebenso wie die Verpflichtung zur Unterweisung der Beschäftigten, dem bergrechtlichen Unternehmer. Im Rahmen der Bergaufsicht wurde vom Bergamt Saarbrücken stichprobenartig kontrolliert, ob diesen Verpflichtungen nachgekommen wurde. Zu Frage 3: Welche Schutzmaßnahmen wurden ergriffen, um die Bergleute unter Tage vor den eingesetzten gesundheitsgefährdenden Stoffen zu schützen? Die jeweiligen Zulassungen für schwerentflammbare Flüssigkeiten enthalten auch Nebenbestimmungen zum technischen Arbeitsschutz dahingehend, dass den Beschäftigten geeignete persönliche Schutzausrüstungen (Körperschutzkleidung, Gesichtsschutz, Schutzbrille, Schutzhandschuhe, usw.) durch den Unternehmer zur Verfügung gestellt werden müssen. Darüber hinaus waren in der BPVSt und sind in der GesBergV Maßnahmen des medizinischen Arbeitsschutzes vorgesehen (arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durch behördlich anerkannte bzw. ermächtigte Ärzte)
5 Die Bereitstellung der erforderlichen persönlichen Schutzausrüstung und die Veranlassung der erforderlichen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen obliegen dem bergrechtlichen Unternehmer. Im Rahmen der Bergaufsicht wurde vom Bergamt Saarbrücken stichprobenartig kontrolliert, ob diesen Verpflichtungen nachgekommen wurde. Zu Frage 4: Welche Erkenntnisse besitzt die Landesregierung über diagnostizierte Erkrankungen wie z.b. statistisch auffällige Zahlen an Krebserkrankungen, bei saarländischen Bergleuten? Erhebungen über erstmalig entschädigte Fälle von Berufskrankheiten werden vom Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, BGRCI (früher BBG), durchgeführt. Krebserkrankungen von saarländischen Bergleuten, die auf den Umgang mit Hydraulikflüssigkeiten zurückzuführen sind, sind der Landesregierung nicht bekannt. Durch die umfangreichen Forderungen in den Zulassungen schwerentflammbarer Flüssigkeiten - geregelt in 4 Abs. 2, 3, 4, 5 und 6 GesBergV - sollte ausgeschlossen werden, dass derartige Erkrankungen auftreten. Im Zusammenhang mit dem Bericht der Landesregierung über die gesundheitlichen Folgen des Bergbaus für die verrenteten Bergleute in Folge des Einsatzes von Giftstoffen im Saarland (SZ vom 23./ ), TOP 6 der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Grubensicherheit des Landtages am , wurde von Seiten der Bergbehörden eine Stellungnahme des Leiters des Arbeitsmedizinischen Zentrums Hirschbach, Herrn Dr. med. Michael Emmerich, eingeholt. Die Stellungnahme wird im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben: Das Arbeitsmedizinische Zentrum Hirschbach der RAG Deutsche Steinkohle AG hat zusammen mit dem Institut für Arbeitsmedizin der Universität zu Köln und dem Krebsregister des Statistischen Landesamtes Saarland von 1980 bis 2002 das Auftreten von Krebserkrankungen bei über saarländischen Steinkohlenbergleuten untersucht. Hierbei wurden die beruflichen Belastungen mit den Sterbe- und Erkrankungsrisiken von Krebsleiden verglichen. Wenn auch primär die Frage des Lungenkrebses beim Bergmann im Vordergrund gestanden hat, so konnten aus den Erkrankungs- und Sterbedaten des saarländischen Krebsregisters zu allen Krebsarten konkrete Aussagen getroffen werden. Insgesamt wurden im Beobachtungszeitraum bei den über Studienteilnehmern über 600 Krebserkrankungen bzw. Todesfälle dokumentiert. Auch nach langer Untertagetätigkeit lassen sich jedoch in dem 22-jährigen Follow up keine nachteiligen Wirkungen der beruflichen Exposition der Steinkohlenbergleute auf die Erkrankungs- und Sterbehäufigkeit durch Krebskrankheiten festmachen, es fanden sich keine Überhäufigkeiten im Vergleich zur saarländischen Bevölkerung. Als Fazit der Studie zur Krebsmorbidität und Krebsmortalität saarländischer Steinkohlenbergleute lässt sich hinsichtlich aller Krebserkrankungen kein signifikant überdurchschnittliches Risiko für das Auftreten von bösartigen Leiden feststellen
6 Zu Frage 5: Wie viele Klagen saarländischer Bergleute wurden gegen die RAG aufgrund von Gesundheitsbeschwerden oder Erkrankungen geführt oder werden geführt? Über etwaige Klagen ehemaliger oder aktiver Beschäftigter des saarländischen Steinkohlenbergbaus gegen die RAG AG liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor
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