Welche Futtermittel kommen für Kühe in Frage? Dr. Thomas Jilg, LAZBW Aulendorf
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- Klara Becker
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1 Welche Futtermittel kommen für Kühe in Frage? Dr. Thomas Jilg, LAZBW Aulendorf Die Fütterung von Milchkühe wird mit steigender Leistung immer mehr zur Arbeit von Spezialisten, da der Ausgleich zwischen wiederkäuergerechter Fütterung und den Nährstoffansprüchen der Milchkuh immer schwieriger wird. Entscheidend ist, dass die Kühe mit hoher Leistung dabei auch gesund und langlebig bleiben. Die durchschnittliche Lebensleistung der abgegangenen Kühe in Baden-Württemberg lag 2010 bei kg Milch (LKV Jahresbericht 2010). Dies ist zu wenig, wenn man bedenkt, dass erst ab kg Lebensleistung mit der Milch richtig Geld verdient wird. Die Fütterung von Kühen mit hohem genetischem Potential zur Milchproduktion mit dem Ziel der Kombination von Leistung und Langlebigkeit erfordert spezifische Kenntnisse zur Rationsgestaltung und zu den Eigenschaften der Futtermittel. Dabei sollten auch die Futterkosten nicht vernachlässigt werden. Klar ist, dass ein effizientes Grundfuttermanagement die Basis für eine erfolgreiche Milcherzeugung ist. Damit ist nicht nur der rechtzeitige Erntezeitpunkt zur Erreichung einer hohen Energiedichte gemeint, sondern auch die kostengünstige Ernte, minimale Konservierungsverluste, minimale Futterreste sowie niedrige Kosten pro Liter Milch für die Fütterungstechnik. Insbesondere die Fütterungstechnik ist sehr betriebsindividuell zu sehen. Die Empfehlungen gehen von Weidegang über Entnahme-/Transport-/Verteiltechnik, Futtermischwagen bis hin zu automatischer Fütterung. Die Ansprüche frischlaktierender Kühe an die Futterration sind in Tabelle 1 aufgeführt. Im Rahmen der Rationsplanung werden die Futtermittel so zusammengestellt, dass die Maximalwerte nicht überschritten werden. Die Futterrationen müssen mit Energiedichten ab 6,9 MJ NEL/kg TM ausgestattet werden. Die Obergrenze von 7,3 MJ NEL ist nur zu schaffen, wenn energiereiche Grobfutter und gut verträgliche Kraftfutter ja sogar pansengeschützte Futterfette zum Einsatz kommen. Weitere Restriktionen liegen im Fettgehalt, dem Strukturgehalt sowie in den Gehalten an den leichtverdaulichen Kohlenhydraten Stärke und Zucker. Zucker und Stärke beschleunigen die Fermentation im Pansen rasant. Dabei bilden sich die Gärsäuren, die im Extremfall zu Übersäuerung führen können. Mit pansenbeständiger Stärke (bxs) kann die Energieversorgung ohne diesen Nachteil verbessert werden. Aus dieser Stärkeform kann im Darm direkt - 2 -
2 - 2 - Tabelle 1: Ansprüche der frischmelkenden Milchkühe bei 6.000, und kg Herdenleistung Herdenleistung Abgedeckte kg/kuh Milchleistung und Tag min. max. min. max. min. max. Trockenmasse, g/kg Rohfett, Zucker (XZ) g/kg TM g/kg TM XS+XZ-bXS, g/kg TM bxs, g/kg TM Rohfaser, g/kg TM 150 (200) 150 (190) 150 (180) Strukturwert SW, /kg TM; >1,2 > 1,2 >1,2 NEL, MJ/kg TM 6,9 7,1 7,0 7,2 7,1 7,3 nxp, g/kg TM RNB, g/kg TM 1,0 1,0 1,0 XP = Rohprotein, XL =Rohfett, XF =Rohfaser, XS = Stärke; XZ = Zucker, bxs = pansenbeständige Stärke n. DLG 2001, verändert Tabelle 2: Nährstoffgehalte in Frischfutter, Silagen, Dürrfutter Futtermittel TM NEL XP nxp RNB XZ XS XL XF SW g/kg FS MJ/kg TM g/ kg TM Frischfutter Kartoffeln 220 8, ,7 Kleegras in der Knospe 170 6, ,7 Weide sehr gut ,0 Weide 180 6, ,3 Silagen Maiskleberfuttersilage 440 7, ,2 CCM (Maiskolbensilage) 600 8, ,3 Kartoffelpülpe ,4 Lieschkolbenschrotsilage 500 7, ,4 Trester, Apfel 230 6, ,5 Biertrebersilage 230 6, ,0 Preßschnitzel 220 7, ,1 Maissilage, BW sehr gut 330 6, ,5 Kleegras 350 5, ,5 Luzerne, i.d. Knospe 350 5, ,5 Grassilage sehr gut 350 6, ,6 GPS, Gerste (50% Kornanteil) 450 5, ,6 Heu/Stroh Heu, 1. Schnitt, sehr gut 880 5, ,3 Heu, 1.Schnitt, Blüte 860 4, ,9 Weizenstroh 860 3, ,3 Gerstenstroh 860 3, ,3-3 -
3 - 3 - Traubenzucker gewonnen werden. Mehr als 7,5 % Zucker und mehr als 25 % Zucker + unbeständige Stärke in der Ration bergen die Gefahr von Pansenübersäuerung. Pansenbeständige Stärke, die vor allem in Körnermais und Kartoffeln vorkommt, kann nur im Umfang von bis zu 60 Gramm/ kg Trockenmasseaufnahme zuverlässig im Darm verdaut werden. Der Fettgehalt der Futterration sollte nie über 4,5 % hinausgehen. Höhere Gehalte könnten die Rohfaserverdauung stören und zu Milchfettabfall führen. In Tabelle 2 ist zu sehen, dass hinsichtlich des Zuckergehaltes Junges Gras. Apfeltrestersilage aber auch gutes Heu an der Obergrenze liegen. Der Stärkegehalt ist bei Verfütterung Von CCM, Maissilage, Lieschkolbenschrot und Maiskleberfuttersilage besonders zu beachten. Bei Maissilage und Lieschkolbenschrot erfolgt der Stärkeabbau zu 85 %, bei CCM zu 75 % im Pansen. Tabelle 3: Nährstoffgehalte in Handelsfuttermitteln Futtermittel TM NEL XP nxp RNB XZ XS XL XF SW g/kg FS MJ/kg TM g / kg TS g/ kg TM Handelsfutter Mais, Körner 880 8, ,25 Weizen (Winter), Körner 880 8, ,11 Triticale, Körner 880 8, ,10 Roggen, Körner 880 8, ,13 Gerste (Winter), Körner 880 8, ,03 Erbsen 880 8, ,12 Hafer, Körner 880 7, ,13 Ackerbohnen 880 8, ,19 Maiskleberfutter 890 7, ,26 Haferschälkleie 910 5, ,76 Weizenkleie 880 5, ,29 Maiskleber 900 9, ,24 Trockenschlempen 880 <8,3 < 350 <250 <14 <25 <100 < 80 <130 0,30 Sojaextraktionsschrot 880 8, ,21 Sojabohne, Samen, 880 9, ,25 Biertrebersilage 230 6, ,00 Grünmehl, Gras 900 6, ,43 Leinkuchen, 4-8% Fett 900 7, ,38 Melasse 770 7, ,38 Melasseschnitzel 910 7, ,25 Palmkernkuchen, 8-12 % Fett 920 7, ,47 Rapsextraktionsschrot 890 7, ,10 Rapsextr.schr., gesch , ,36 Rapskuchen % Fett 900 8, ,32 Sonnenbl.schrot, teilgesch , ,46 Zitrustrester 900 7, ,17-4 -
4 - 4 - Die Handelsfuttermittel in Tabelle 3 sind nach dem Stärkegehalt sortiert. Die zum Teil recht hohen Stärkegehalte, die geringen Rohfasergehalte mit geringer Strukturwirkung erfordern zum Teil einen restriktiven Einsatz. Besonders pansenfreundlich sind die Futtermittel mit einem hohen Strukturwert (SW). Dazu gehören Biertreber, der sich gewissermaßen pansenneutral verhält und Grasgrünmehl., Ölschrote aus Raps, Palmkern, Sonnenblume sowie Schlempen, Melasseschnitzel und Maiskleberfutter sind ebenfalls relativ gut verträgliche Kraftfutterkomponenten. Die energiereichen Getreidearten Weizen, Triticale, Roggen, Gerste haben eine negativen Strukturwert. Zur Erhöhung der Energiedichte ist ihr Einsatz aber sehr interessant. Es muss aber das Limit von Zucker und Stärke beachtet werden. Dieses kann insbesondere bei maissilagereichen Rationen schnell erreicht sein. Körnermais ist zwar vom Energiegehalt mit Weizen vergleichbar, kann aber durch die höhere Pansenbeständigkeit seiner Stärke den Stärkeeinsatz erweitern. Bei der Planung eines Kraftfutterkonzeptes muss also die Grobfuttersituation in die Überlegungen mit einbezogen werden. Bei Rationen mit mehr als 50 % Anteil von Maissilage am Grobfutter müssen Kraftfutter mit geringerem Stärkegehalt ausgewählt werden als bei Futterrationen mit überwiegendem Grassilageanteil. Eine Ausnahme bildet wie erwähnt der Körnermais. Bei steigenden Getreidepreisen wird die Suche nach preiswerteren Komponenten intensiviert. Zukünftig wird die Verwertung von Nebenprodukten der Lebensmittelherstellung immer wichtiger, zumal diese oft recht preiswert sind. Eine Stärke der Mischfutterindustrie ist die schnelle Anpassungsmöglichkeit auf Preisänderungen an den Futtermittelmärkten. Für den Milchviehhalter sind zur Zeit insbesondere Biertrebersilage, Rapsprodukte, Pressschnitzel wirtschaftlich interessant. Bei all diesen Feuchtprodukten spielen natürlich die Transportkosten und die Verfügbarkeit eine große Rolle. Tabelle 4 gibt einen Überblick über die Einsatzgrenzen von wichtigen Futtermitteln. Futtermittel, wie Kokoskuchen, Erdnussprodukte sind nicht erwähnt, weil diese durch freiwillige Vereinbarungen der Wirtschaft in Baden-Württemberg nicht einsgesetzt werden. Begründet wird dies mit dem hohen Risiko einer möglichen Aflatoxinbelastung
5 - 5 - Tabelle 4: Einsatzbegrenzungen bei Futtermitteln Futtermittel kg pro % im Kuh/Tag Kraftfutter mögliche Probleme Mais, Körner 5 50,0 Max. 1,5 kg beständige Stärke Weizen (Winter), Körner 4 40,0 Pansenübersäuerung Triticale, Körner 4 40,0 Pansenübersäuerung Roggen, Körner 2 20,0 Pansenübersäuerung Ackerbohnen 3 30,0 Bitterstoffe Maiskleberfutter 4 40,0 Schalenanteil Weizenkleie 3 30,0 Schimmel, Fusarien Sojabohne, Samen, 2 20,0 evtl. Fettgehalt Biertrebersilage 12 Hefen Bierhefe frisch 5 Hygiene Kartoffel 12 Verderb, Solaningehalt Kartoffelpülpe 5 Mykotoxine Pressschnitzel 20 Mycotoxine, Hefen Leinkuchen, 4-8% Fett 2 20,0 Fettoxidation Melasse 1,5 Zucker Palmkernkuchen, 8-12 % Fett 3 30,0 Mykotoxine Rapsextraktionsschrot 4 40,0 Glucosinolate Rapskuchen % Fett 2,5 25,0 Fett, Glucosinolate Zitrustrester 3 30,0 Pestizide Der Einsatz von Getreide wird durch den Stärkegehalt der Ration begrenzt. Bei hohem Maissilageanteil und Stärkegehalt der Grundration kann die Grenze schon mit 2 kg erreicht sein. Zur Klärung dieser Frage ist eine sorgfältige Rationsberechnung notwendig. Beim Körnermais können auch Obergrenzen relevant werden. Das Verdauungspotential für pansenbeständige Stärke im Darm liegt je nach Futteraufnahme bei 1200 bis 1500 Gramm pro Tag. Höheren Mengen sind kontraproduktiv, weil eine Übersäuerung des Dickdarms folgt und dies zu Durchfall führt. Feuchte Futtermittel sind immer vom Verderb durch Pilze und Mikroorganismen bedroht. Wer die Siliertechnik nicht im Griff hat ist gut beraten, wenn er beim Silieren stabilisierende Zusätze in die Silagen einmischt. Eine Reihe von Futtermitteln beinhaltet Bitterstoffe, Glucosinolate, Alkaloide. Beispiele dafür sind Ackerbohnen, Rapsschrot sowie Kartoffeln. Durch Bearbeiten wie Dämpfen, Erhitzen könne die Gehalte beieinigen reduziert werden. Oft werden diese Futtermittel unbearbeitet an Rinder verfüttert. Deswegen gelten die Obergrenzen. Für Erbsen gibt es nach den neueren - 6 -
6 - 6 - Ergebnissen keinen begrenzenden Faktor außer dem Stärkegehalt der Ration. Die Bitterstoffgehalte wurden bei dieser Pflanze durch Züchtungsanstrengungen stark reduziert. Fazit: Das Futtermittelangebot, insbesondere an Handelsfuttermitteln ist vielfältig. Die Verdauungseigenschaften sind sehr unterschiedlich. Der richtige Einsatz verlangt futtermittelkundliche Kenntnisse zum Stärkeabbau, Zuckergehalt, Strukturwirkung sowie zu Inhaltsstoffen mit nachteiligen Wirkungen auf die Tiergesundheit. Bei der Rationsplanung und Rationsgestaltung müssen diese Aspekte berücksichtigt werden.
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