Beispiele für Vernetzung von staatlicher und Selbstregulierung: Streitbeilegungsmechanismen
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- Paula Krause
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1 Thema/Anlass Datum Seite 1 Beispiele für Vernetzung von staatlicher und Selbstregulierung: Streitbeilegungsmechanismen Panel I Rechtsfragen virtueller Welten, Berlin, 28. Mai 2008
2 Agenda 1. Welche Konflikt- bzw. Streittypen lassen sich beobachten? 2. Wie werden Konflikte derzeit gelöst bzw. bewältigt? Wie sieht das derzeitige Verhältnis von informeller/selbstregulierender und formeller/staatlicher "Streitbeilegung" aus? 3. Exkurs: Andere (interessantere) institutionelle Innovationen im Bereich digitale Streitbeilegung 4. Einige Szenarien betreffend das Verhältnis zwischen selbstregulierender und staatlicher Streitbeilegung 2
3 Konflikte in virtuellen Welten: Typen Allgemeine Unterscheidung zw. zwei Arten von Konflikten: Horizontale Konflikte: User(s) vs. User(s) Vertikale Konflikte: User(s) vs. Plattform Anbieter Trennlinien verwischen wegen Lenkungsfunktionen der Plattform Anbieter Drei Hauptkategorien von Konflikten in virtuellen Welten: 1. Mogeln : Umgehen von Spielregeln der virtuellen Welt ("Cheating"), um in den Genuss von Vorteilen zu kommen (z.b. Erreich des nächsten Levels). Oft in AGBs/EULAs adressiert. 2. Virtuelle "Verbrechen": z.b. Diebstahl von virtuellem Eigentum; virtuelle Vergewaltigung; Kinderpornographie; Betrug 3. Verstoss gegen gemeinschaftliche Normen: z.b. Intoleranz, Belästigung, Offenlegung; Sittlichkeitsvergehen; Unruhestiftung. Manchmal explizit von Normen definiert (z.b. SL Community Standards) 3
4 Streitbeilegung in virtuellen Welten Horizontale Konflikte (User - User) Bislang Schwerpunkt auf diskursiver Konfliktbeilegung - Verhandlung ist zentral, via Foren und Message-Boards. - Verhandlungen können zur Verhinderung bestimmter Arten von Konflikten führen (z.b. killing newbies ) Nur wenig Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit Interessante Fallstudie zu SecondLife: ejustice Center des portugiesischen Justizministeriums, "das Mediation und Schiedsgerichte für alle Avatare in SecondLife für die Lösung von Konflikten anbietet, die aus Konsumentenbeziehungen oder irgendwelchen anderen vertraglich geregelten Beziehungen zwischen den Partien hervorgehen. Plattform-Anbieter kann eingreifen, bspw. die gemeinschaftlichen Normen durchsetzen, u.a. - In-world-Repräsentanten, z.b. Kontaktpersonen ( customer support ) - Governance-Team, Beschwerdesystem, rechtliche Grundlage in AGBs; Katalog von Sanktionen, inkl. Warnung, einstweilige Einstellung, Entfernung (vgl. incident reports) 4
5 Streitbeilegung in virtuellen Welten Vertikale Konflikte (Plattformanbieter - user) Massenkonflikte: "Soft Approach" ( hör auf deine Community und gehe auf sie ein z.b. News feeds / Privacy-Problem bei Facebook) "Systemrelevante" Konflikte: "Hard Approach" (Softwareeinsatz, z.b. System gegen Mogelei/"cheating") Individuelle Konflikte: "Traditional Approach" (mind. teilweise Schiedsgerichtsbarkeit; Streitverfahren vor Gericht (z.b. Bragg v. Linden) Beispiel: SL Benutzungsrichtlinien 7.3: 7.3 Optional Arbitration. For any Claim, excluding Claims for injunctive or other equitable relief, where the total amount of the award sought is less than ten thousand U.S. Dollars ($10, USD), the party requesting relief may elect to resolve the Claim in a cost-effective manner through binding non-appearancebased arbitration. [ ] 5
6 Gegenwärtiges Verhältnis Selbstregulierung Staatliche Streitschlichtungsmechanismen SOCIAL NORMS z.b. Community Standards NEGOTIATION ARBITRATION LEGAL NORMS z.b. AGB, TOS/EULAs LITIGATION FORMELL / STAATLICH INTERFACE: Wettbewerb zwischen Governance-Systemen? 6
7 Beispiel #1: SquareTrade Anbieter von ADR, gegründet 1999, für Konflikte zwischen E- Commerce-Nutzern Hunderttausende von Konflikten zwischen Ebay-Nutzern gelöst Web-basierte Dienstleistungen mit weitgehend standardisierten Formularen Technologie-gestützte Verhandlung (gibt den unterschiedlichen Ansprüchen sowie der angestrebten Lösung eine Struktur) Falls Verhandlungen scheitern: Mediation (gegen Entschädigung) Seit dem 12. Mai 2008 wegen Änderungen im Feedback-System bei Ebay nicht mehr benutzt 7
8 Beispiel #2: UDRP UDRP= Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy, seit 1999 Ist für Fälle anwendbar, in denen Markenrecht gegen Domain- Namen steht u.a. die WIPO fungiert als schlichtende Instanz Web-basierte Dienstleistung mit standardisierten Prozessen und Formularen Schiedsspruch nicht bindend Sehr erfolgreich in der Beilegung von Konflikten um Domain-Namen Tiefe Transaktionskosten, Zeitersparnis 8
9 Beispiel #3: Wikipedia Streitbeilegungsverfahren für Meinungsverschiedenheiten bezügl. Fakten beinhaltet: Verhandlung: Dritte Meinung, Beistand durch einen Redaktor, Gesuch um Kommentare, Informationsmediation (MedCab) Mediation: Formelle Mediation durch Mediationskommittee auf Verlangen Schiedsgerichtsbarkeit als ultima ratio: Schiedsgerichtsgremium hat die Befugnis, die Entscheidungen von Gründer Jimbo Wales zu kippen; momentan 12 aktive Schiedsrichter, Mehrheit entscheidet. 9
10 Fazit und Szenarien Bisher v.a. Replizierung der bewährten Streitbeilegungsmechanismen Fliessender Übergang "selbstregulierend" "staatlich", je nach Konflikt- und Normtypus Virtuelle Welten diesbezüglich relativ uninteressant Aber: institutionelle Neuerungen in anderen Bereichen des Cyberspace Lerneffekt für staatliche Verfahren: Rolle von Änderungen im informationellen System (Verfügbarkeit von Information, Granularität, Standardisierung) und deren Auswirkungen auf Effizienz und Effektivität der Streitbewältigung, Entstehung von global akzeptierten Normen und Verfahren der Streitbeilegung Mögliche Szenarien betr. Verhältnis Selbstregulierung und staatlicher Regulierung im Bereich virtuelle Welten und Streitbeilegung: Staat vertraut betreffend Konfliktlösung gänzlich auf Selbstregulierung (Delegation) Staat setzt Minimumstandards und überwacht Selbstregulierung (z.b. Weiterzug von Schiedsurteilen an gerichtliche Instanzen) Staat wird zunehmend auch in virtuellen Welten mit Streitbeilegungsangeboten tätig (Beispiel ejustice Center in SL) Alternative, im Wettbewerb stehende Streitbeilegungsmechanismen (z.b. optinale Arbitration), Bedeutung der Interfaces steigt (Designfrage!) 10
11 Vielen Dank! Prof. Dr., LL.M. (Harv.) Rechtsanwalt Director, Forschungsstelle für Informationsrecht, Univ. St. Gallen Faculty Fellow, Berkman Center, Harvard Law School Fellow, Gruter Institute for Law and Behavioral Research
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