Auf den Kopf gefallen - was jetzt? Dr. med. Ellen Heimberg, Interdisziplinäre Pädiatrische Intensivstation, Tübingen
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- Cornelius Schumacher
- vor 8 Jahren
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1 Auf den Kopf gefallen - was jetzt? Dr. med. Ellen Heimberg, Interdisziplinäre Pädiatrische Intensivstation, Tübingen
2 17 Uhr Alarmierung: 5 Jahre alter Junge Sturz vom Klettergerüst aus ca 2 m Höhe anschliessend für ca 2-3 min bewusstlos bei Eintreffen des Notarztes wach und ansprechbar, unruhig FALL > Transport in die nächstgelegene Kinderklinik
3 Wie oft kommt das vor? (= Epidemiologie) INFO Häufigste Verletzung im Kindesalter 75% aller pädiatrischen Trauma- Patienten mit assoziiertem SHT 90% davon sind leichte SHT! 70% der Todesfälle nach Trauma resultieren aus SHT: ca. 350 Pat./Jahr 3
4 Was ist bei Kindern so besonders? INFO Höherer Kopf- Körper Quotient Höherer Wassergehalt & geringerer Myelinisierungsgrad Höhere Anfälligkeit für Hypoxie und Hypotonie Erhöhte Neigung für Schwellung und Ödembildung 4
5 Wie passiert das? aus: Adriana Koenig, Dissertation 2014, Dr. v. Haunersches Kinderspital, München Evaluation des leichten Schädelhirntrauma im Kindesalter: Analyse ambulanter und stationärer Patienten, 5
6 bei Aufnahme 2x Erbrechen adäquate Reaktion, stabiler Az GCS 15 Prellmarke links frontal Pupillen isocor, Lichtreaktion stgl. u. prompt RR 96/57 mmhg, Hf 95/min, S a O 2 98% FALL
7 Wie schlimm ist es? (Schweregradeinteilung) INFO Schädelprellung keine assoziierten intrakraniellen Verletzungen, keine neurologische Symptomatik Leichtes Schädel- Hirn Trauma = Commotio cerebri GCS Kopfschmerzen und/oder Erbrechen kurze Episode Bewusstlosigkeit u/o Amnesie intrazerebrale Verletzungen ca. 1% CAVE : potentiell schwerwiegenderes SHT möglich 7
8 Gibt es ein standardisiertes Vorgehen? 024/018 Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter Stand: publiziert bei: AWMF-Register Nr. 024/018 Klasse: S2k Leitlinie der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, der Gesellschaft für Neuropädiatrie, der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie, der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie, der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie, der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, der Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin Das Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter Notfälle im Kindes- und Jugendalter EEG Elektroenzephalographie, Monatsschr Kinderheilkd :49 56 M. Lehner 1 Elektroenzephalogramm C. Krohn 2 ICD10 International classification of diseases - Version 10, German modification DOI /s GM Kraniospinale Kinderchirurgie, Kindertraumatologie, Kinderchirurgische Klinik, Online publiziert: 11. Januar 2013 ICP Intracranial pressure Dr. von Haunersches - Intrakranieller Kinderspital, Druck/Hirndruck Ludwig-Maximilians-Universität München Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 CPP Cerebral perfusion 2 Kinderchirurgische pressure - zerebraler Klinik, Klinikum Perfusionsdruck München Schwabing, München GCS Glasgow Coma Scale, Glasgow Coma Score Redaktion O. Heinzel, Tübingen F. Hoffmann, München T. Nicolai, München Tabelle 1: Verwandte Abkürzungen ABC CT ABC-Regel: Airways, Breathing, Circulation - Atemwege freihalten, Beatmung, Zirkulation (Kreislauf) prüfen u. ggf. in Gang bringen Computertomographie, Computertomogramm MR, MRT Magnetresonanztomographie SHT RCT PKW Schädelhirntrauma Leichtes Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter Randomisierte kontrollierte Studie Personenkraftwagen Diagnose- Seite 1 von 25 und Behandlungsstrategien Mit einer Inzidenz von 185 pro Kinder [2, 18] ist das SHT die häufigste Verletzung im Kindesalter, Begriffsdefinitionen Schädelprellung (Schädeltrauma) bewegungen ohne äußerlich erkennbare Verletzungen schwere bis tödliche intrazerebrale Läsionen verursacht werden. 8
9 Welche Informationen sind wichtig? (Anamnese) Unfallmechanismus? Unfallzeitpunkt? Bewusstseinsstörung unmittelbar nach dem Unfall? Besteht eine Amnesie? Wie war der Verlauf bis zum Eintreffen in die Klinik? 9
10 Was sollten wir untersuchen? (Klinische Beurteilung) GCS oder AVPU? neurologischer Zustand? Bewusstsein? Somnolenz? Pupillen? äußere Verletzungen? Einnässen, Zungenbiss? Erbrechen 10
11 Pädiatrisch modifizierter GCS < 2 Jahre schwierig 11
12 AVPU ( Alert, verbal, pain, unresponsive- Score) Spontanes Augenöffnen, interagiert adäquat, spricht verständlich, verfolgt Gegenstände A Verbaler Stimulus, laut ansprechen oder berühren Motorische,verbale oder sonstige Reaktion auf verbalen Stimulus V Schmerzreiz setzen, z.b. Zwicken Motorische,verbale oder sonstige Reaktion auf motorischen Stimulus P Keine Reaktion Keine motorische, verbale oder sonstige Reaktion U 12
13 Wann müssen wir mehr machen? INFO Konventionelles Röntgen Schädel! Nachweis von Kalottenfrakturen Kein Ausschluss oder Beweis für ICH OBSOLET Sonographie Standard im 1. Lebensjahr Nachweis von intrazerebralen Hämatomen UND Kalottenfrakturen möglich falsch negative Ergebnisse möglich! 13
14 Wann müssen wir mehr machen? 14
15 Was ist mit Computertomographie? Immer, wenn! Koma Anhaltende Bewusstseinsstörung Fokal- neurologische Störung (Paresen) Impressionsfrakturen mittelschweres oder schweres SHT Radiation exposure from CT scans in childhood and subsequent risk of leukaemia and brain tumours: a retrospective cohort study Articles Mark S Pearce, Jane A Salotti, Mark P Little, Kieran McHugh, Choonsik Lee, Kwang Pyo Kim, Nicola L Howe, Cecile M Ronckers, Preetha Rajaraman, Sir Alan W Craft, Louise Parker, Amy Berrington de González Summary Background Although CT scans are very useful clinically, potential cancer risks exist from associated ionising 15 Lancet 2012; 380:
16 16
17 Wann und wie lange und was müssen wir überwachen? INFO mindestens 48h Überwachung bei Erbrechen Bewusstlosigkeit Amnesie schwerwiegendem Mechanismus (z.b. Sturzhöhe > 3x Körpergröße) Monitoring GCS Pupillen, Bewusstsein Herzfrequenz, Atmung, Blutdruck > initial 1/4-1/2 stdl, dann 1 stdl, nach 6 h 2 stdl.
18 Wann können die Kinder auch zu Hause überwacht werden? Aufklärungsbogen für Eltern mit Kindern nach Sturz auf den Kopf Liebe Eltern und Erziehungsberechtigte! Ihr Kind hat sich am Kopf verletzt. Die neurologische Untersuchung in der kinderchirurgischen Ambulanz war unauffällig und Ihr Kind muss nicht stationär im Krankenhaus überwacht werden. Da bei Kopfverletzungen Symptome erst nach einem zeitlichen Abstand zum Unfall auftreten können, müssen Sie Ihr Kind in den nächsten 48 Stunden genau beobachten. Das Kind muss immer von einem Erwachsenen beaufsichtigt werden. Es darf nicht allein gelassen werden. Aus vielerlei Gründen (Alter der Patienten, inhomogene Unfallmechanismen) können nicht alle Patienten unter einen Algorithmus subsumiert werden. Jedoch soll mit den oben angeführten Empfehlungen eine Entscheidungshilfe geben werden, wie mit pädiatrischen Patienten beim leichten SHT zu verfahren ist. Für alle Altersklassen zutreffend ist die Empfehlung, bei einem F wachen, F ansprechbaren, F adäquat reagierenden Kind In der Nacht wecken Sie bitte Ihr Kind 2- bis 3-mal auf, um zu sehen, ob Ihr Kind reagiert, es die Augen öffnet und sich Ihnen zuwendet. Alarmzeichen bestehen, wenn Ihr Kind: erbricht oder über zunehmende Übelkeit klagt (bei Säuglingen: Kind trinkt nicht mehr gut). schlapp, schläfrig und teilnahmslos erscheint. über Sehstörungen (Doppelbilder, Verschwommensehen) klagt. verwirrt erscheint, Sie nicht erkennt oder nicht weiß, wo es ist. beim Schlafen nicht geweckt werden kann. schlimmer werdende, starke Kopfschmerzen angibt. Säuglinge und Kleinkinder werden zunehmend unleidlich und schreien ohne Pause. Wenn Sie eines oder mehrere dieser Zeichen bemerken, müssen Sie mit Ihrem Kind sofort in die Kinderchirurgische Ambulanz kommen. Es ist wichtig, dass Sie die Anweisungen genau befolgen. Abb. 6 8 Beispiel eines Merkblatts für die Eltern aus Monatszeitschrift Kinderheilkunde Januar 2013: Lehner M., Krohn C. 6 h werden die Pupillenreaktion und der SHT einen wesentlichen Stellenwert. Die auf die Durchführung eines zeitnahen/ unverzüglichen CCT insbesondere aufgrund der belegten erhöhten Strahlensensibilität des wachsenden Organismus zu verzichten. Im Vordergrund muss bei allen Fachdisziplinen, die sich mit der pädiatrischen Traumatologie und somit auch der Behandlung des SHT im Kindesalter befassen, die klinische Überwachung der Patienten unter stationären Bedingungen stehen. Hierbei sollten die Patienten regelmäßig nach der pädiatrischen GCS beurteilt und an einem EKG-, Atem- und Pulsoxymetriemonitor überwacht werden. Inwieweit die Bestimmung neuronenspezifischer Marker im Serum wie Protein S100 auch im Kindesalter einen Stellenwert in der Diagnostik des leichten SHT erhält, bleibt abzuwarten. Derzeit liegen für die pädiatrischen Patienten nach SHT keine einheitlichen Daten vor, um die Indikation zum CCT von der Höhe des Protein S100 im Serum abhängig zu machen [1, 10].
19 ca 6 Uhr morgens: 4 x Erbrechen schläfrig, auf Ansprache erweckbar GCS 13 Pupillen weiterhin isocor, Lichtreaktion stgl. u. prompt RR 110/67 mmhg, Hf 80/min, S a O 2 98% FALL
20 Wann muss ich stutzig werden? INFO anhaltendes Erbrechen Erbrechen > 6h zunehmende Kopfschmerzen Bewusstseinsveränderungen BRADYKARDIE, ARTERIELLE HYPERTONIE!!! Erbrechen korreliert mit Schwere, falls >6h - > CCT 20
21 21
22 TIME IS BRAIN Vermeidung bzw. Begrenzung sekundärer Schäden ist oberstes Ziel der weiteren Behandlung 22
23 Was passiert mit meinem Patienten? Neurochirurgie Einfaches Ziel: Druckentlastung!!!
24 Was passiert auf der Intensivstation? intensives Monitoring ausreichende Perfusion des Hirns Hirndruck niedrig halten Alles möglichst normo halten!!! 24
25 Und wenn es nicht besser wird? Frühzeitige Dekompressions- kraniektomie 25
26 Zusammenfassung Die meisten SHT verlaufen leicht! < 0,5% der leichten SHT benötigen neurochirurgische Intervention Neurologische Beurteilung, gute Überwachung und Verlaufsbeurteilung haben höchste Priorität! CCT Indikation kritisch hinterfragen Erkennen einer Verschlechterung und zügige Weitergabe an den Dienstarzt essentiell!!! 26
27 Vielen Dank! tuebingen.de
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