Methoden der Neurowissenschaften II. Susanne Leiberg
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- Ingeborg Wetzel
- vor 8 Jahren
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1 Methoden der Neurowissenschaften II Susanne Leiberg 1
2 2
3 Gliederung Wiederholung Läsionen Transkranielle Magnetstimulation (TMS) & Transkranielle Direkte Stromstimulation Psychopharmakologie (Neurotransmitter und Hormone) Psychophysiologie Eyetracking Genetik Zusammenfassung 3
4 Wiederholung Neurowissenschaftliche Methoden ermöglichen die Lokalisation einer Funktion im Gehirn, die Erforschung der zeitlichen Struktur eines Prozesses, die Aufdeckung kortikaler und subkortikaler Netzwerke die einer Funktion unterliegen und möglicherweise Aufschluss über Zustände, Motivationen von Personen, wenn kein Verhalten gemessen wird. Methoden lassen sich hinsichtlich ihrer zeitlichen und räumlichen Auflösung, sowie ihrer Invasivität einteilen. Die fmrt bietet ein indirektes Mass neuronaler Aktivität mit guter räumlicher Auflösung. Elektromagnetische Verfahren bieten ein direktes Mass neuronaler Aktivität mit guter zeitlicher Auflösung. 4
5 Beobachtung versus Inferenz Kausal A B Korrelativ Verhalten Gehirn 5
6 Läsionen Patienten H.M. (Scoville & Milner, 1957) Ablation des Temporallappens insbesondere des Hippocampus starke anterograde Amnesie, bei intaktem Arbeits- & prozeduralem Gedächtnis S.M. (Adolphs et al.,1994) Amygdala Läsion Unfähigkeit ängstliche Gesichter zu erkennen bei intakter Erkennung anderer Emotionen beeinträchtigte Aufmerksamkeit auf Augenregion 6
7 Amygdalaläsion und monetäre Verlustaversion Verlustaversion - Vermeidung von Entscheidungen mit potentiellen Verlusten, obwohl potentielle Gewinne gleich gross oder grösser DeMartino et al., 2010 Amygdala wichtig für Verlustaversion und Vermeidung potentiell negativer Ergebnisse 7
8 Transkranielle Magnetstimulation (TMS) Log-Grösse (Millimeter) Gehirn Karte Säule Schicht Neuron Dendrit Synapse tms Millisekunde Sekunde Minute Stunde Tag Log-Zeit (Sekunden) 8
9 Transkranielle Magnetstimulation (TMS) starke magnetische Felder (1-2 Tesla, fache des Erdmagnetfeldes) für ms ausgelöster Strom - der Strom, der üblicherweise zur direkten elektrischen Reizung von Nervenfasern verwendet wird. Magnetfeld durchdringt Gewebe ohne Abschwächung, so dass man Gehirnregionen nichtinvasiv reizen kann, in dem ein elektrisches Feld erstellt wird, welches neuronale Aktivität beeinflusst. Depolarisation im Umkreis von wenigen mm und Tiefe von ca. 3cm 9
10 Transkranielle Magnetstimulation (TMS) artifizielles und reversibles Läsionsmodell wirkt nur kortikal Frage zu Netzwerken bleibt unbeantwortet (ausreichende aber nicht notwendige Areale) online TMS offline repetitive TMS (rtms) Stimulation über Sekunden/Minuten bei Frequenz von 15-20Hz wird Reizung des darunterliegenden Gewebes erhöht bei Frequenz von 1Hz gehemmt Allen et al.,
11 Offline RepetitiveTranskranielle Magnetstimulation (rtms) Effekt von rtms ca. die Hälfte der Dauer der Stimulation Effekt wird an verbundene Gehirnareale weitergeleitet Blau = Stimulationsregion Orange = Anstieg im rcbf Eisenegger et al.,
12 Anwendung der TMS in der Neuroökonomie Responderverhalten im Ultimatumspiel rtms über linkem und rechten dlpfc und sham stimulation rtms über rechtem dlpfc erhöht Akzeptanz unfairer Angebote weniger Selbstkontrolle - weniger in der Lage der ökonomischen Versuchung zu widerstehen Angebote werden dennoch als unfair wahrgenommen Sanfey et al., 2003 Knoch et al.,
13 Transkranielle Direkte Stromstimulation (tdcs) schwache elektrische Ströme deoder hyperpolarisieren neuronale Membranen und verändern so die elektrische Erregbarkeit (Veränderung der Wahrscheinlichkeit, dass ein ankommendes Aktionspotential postsynaptisches Feuern auslöst). kostengünstiger zeitgleich bei mehreren Versuchspersonen anwendbar wichtig für soziale Neurowissenschaften 13
14 Kausalität? Ist die kausale Frage durch TMS und DCS definitiv beantwortet? Nein - da wir es mit kortikalen Netzwerken zu tun haben, die miteinander kommunizieren und sich beeinflussen! 14
15 Systemische Modulation - Psychopharmakologie Manipulation motorischer, sensorischer und kognitiver Prozesse durch die Verabreichung von Substanzen (z.b. Hormonen) welche die Funktion bestimmter Botenstoffe/Neurotransmitter im Gehirn beeinflussen Neurotransmitter sind biochemische Stoffe, welche Information zwischen zwei Nervenzellen über deren Kontaktstelle weitergeben 15
16 Systemische Modulation - Psychopharmakologie Aktionspotentiale Synapse Neurotransmitter Rezeptoren Effektivität eines Neurotransmitters liegt an der Interaktion mit dem Rezeptor des postsynaptischen Neurons (Schlüssel-Schloss- Prinzip) 16
17 Neuronale Aktivierung durch Neurotransmitter Neuron 1 Neurotransmitter Neuron 2 Exzitatorische oder inhibitorische Wirkung Aktivierung des Neurons 17
18 Systemische Modulation - Psychopharmakologie WICHTIGE NEUROTRANSMITTER GABA (inhibitorisch & für Lernen und Gedächtnis; 2 Rezeptorsubtypen) Dopamin ( Lernen und Belohnung; 5 Rezeptorsubtypen) Serotonin (Laune & Aggression; 15 Rezeptorsubtypen) Noradrenalin (Aufmerksamkeit; 5 Rezeptorsubtypen) 18
19 Synthese und Verbreitung am Beispiel Dopamin und Serotonin 19
20 Neurotransmitterbildung Tyrosin (Aminosäure im Essen) L-Dopa Dopamin (Neurotransmitter) Noradrenalin (Hormon Neurotransmitter) Blut strom Gehirn Adrenalin (Hormon Neurotransmitter) 20
21 Welche Funktion haben einzelne Systeme? Beispiel: Dopamin Dopamin spielt Rolle in Belohnung und Belohnungslernen (Schultz et a., 1997) Dopamin und Sensation-Seeking und Suchtverhalten konditionierter Stimulus Belohnung 3% der Parkinsonpatienten auf Levodopa entwickeln Spielsucht Zusammenhang mit Genotypen, Rezeptordichte und Verhalten konditionierter Stimulus ausgelassene Belohnung 21
22 Funktion Dopaminsystem Zusammenhang Dopamin, Striatumaktivität und Verhalten untersucht durch Gabe von Dopaminagonisten und -antagonisten Gewinn vs. Neutral Verlust vs. Neutral Zeitverlauf striataler Aktivität die Prediktionsfehler abbildet Pessiglione et al.,
23 Serotonin und Diskontieren Evidenz zu Serotonin und Impulskontrolle Diskontierung Schweighofer et al., 2008 Tryptophan loading and depletion um 5-HT Werte zu erhöhen oder verringern Diskontierung verzögerter Belohnung nimmt zu mit verringerten Serotoninwerten 23
24 Serotonin und Fairness Niedrige Serotoninwerte in Zusammenhang gebracht mit Aggression; Hohe Serotoninwerte in Zusammenhang gebracht mit Affiliation Responderverhalten im Ultimatumspiel ATD doppelblind verabreicht um in 20 Probanden 5-HT zu verringern Responder in Ultimatumspiel mit fairen (45%), unfairen (30%) oder hyperunfairen (20%) Angeboten Crockett et al.,
25 Systemische Modulation - Endokrinologie Untersuchung der Wirkungsweise von Hormonen auf motorische, sensorische, kognitive Prozesse, vor allem auf neuronaler Ebene Hormone = chemische Substanz, die von einer Zelle in den Organismus entlassen wird und dadurch andere Teile des Organismus beeinflusst (z.b. Testosterone, Oxytozin, Cortisol) Transport findet über das Blut statt Zellen reagieren auf das Hormon wenn der entsprechende Rezeptortyp vorhanden ist 25
26 Systemische Modulation - Endokrinologie Produktion findet in Drüsen statt (z.b. Schilddrüse, Hypophyse, Hoden, Eierstöcke, Magen) Hormone wirken auf Wachstum, Laune und Emotion, das Immunsystem (Stresshormon Cortisol), den Kreislauf, Fortpflanzung, Hunger Da Hormone auch die Blut-Hirn-Schranke passieren können, haben sie auch Einfluss auf unser Gehirn, so fern die entsprechenden Rezeptoren vorhanden sind 26
27 Das Beispiel Oxytozin Wird im Hypothalamus hergestellt als Kette von 9 Aminosäuren Wirkt im peripheren und zentralen Nervensystem, durch weitverbreitete Rezeptoren (z.b. in Amygdala) Vermehrt von stillenden Müttern produziert (löst Milchejektion aus) Spielt Rolle in Sozialverhalten (soziale Erkennung, Affiliation) 27
28 Oxytozin und Vertrauen I N = 194 (128 Vertrauen, 66 Risiko) Intranasale Dosis 24 Einheiten Oxytozin oder Placebo 50 min vor Experiment Entweder Investor oder Trustee, 4 Entscheidungen mit wechselnden Spielpartnern ohne Rückmeldung des Trustee- Verhaltens Risikokontrolle ohne sozial 28 Kosfeld et al., 2005
29 Oxytozin und Vertrauen II Neuronale Korrelate des Einflusses von Oxytozin auf Vertrauen diesmal Trustgame mit Rückmeldung des Trustee-Verhaltens Keine Adaptation des Verhaltens unter Oxytozin wenn betrogen reduzierte Aktivität in Amygdala und dorsalem Striatum in Oxytozin-Gruppe Baumgartner et al.,
30 Testosteron Proposerverhalten im Ultimatumspiel Verursacht Testosteron aggressives, antisoziales Verhalten oder ist es für das Verlangen nach Status verantwortlich? Versuchspersonen die Testosteron erhielten, machten mehr faire Angebote Versuchspersonen, die glaubten Testosteron erhalten zu haben, machten mehr unfaire Angebote Eisenegger et al.,
31 Psychophysiologie Weitere Korrelate psychologischer und vor allem emotionaler Prozesse Herzschlag (Frequenz und Variabilität) Hautleitwiderstand (Elektrodermale Aktivität - EDA) Muskelaktivität (Elektromyographie - EMG) Atmung 31
32 Herz und EDA Das autonome Nervensystem Parasympathikus (vom Hirnstamm und Kreuzmark) Sympathikus (vom Rückenmark) - Alle parasympathisch innervierten Organe haben auch sympathische Innervation, aber nicht unbedingt umgekehrt (z.b. Schweissdrüsen) - Die Aktivierung der beiden Nerven wirkt antagonistisch (z.b. Sympathikus = Pulsanstieg; Parasympathikus = Pulsabfall) Emotionen dienen dem Überleben des Organismus Enge Kopplung Kognition und Physiologie 32
33 Peripherphysiologische Reaktionen auf emotionale Reize 33
34 Elektromyographie (EMG) Ableitung von Gesichtsmuskelaktivität: Bestimmte Emotionen rufen bestimmte Muster an Muskelspannung hervor 34
35 EMG bei moralischem und gustatorischem Ekel Chapman et al.,
36 Eyetracking Misst, wohin der Blick gerade gerichtet ist anhand von Videoaufzeichnungen Studie zu Autismus und Emotionen Neumann et al.,
37 Genetik Welche Teile unseres Genoms sind für bestimmte Aspekte unseres Verhaltens zuständig? Zwillingsstudien beweisen einen gewissen Zusammenhang zwischen Genen und Verhalten X (p X(zweieiig < p X(eineiig)) Mittlerweile gibt es aber auch Sequenzierungsstudien, die bestimmte Verhaltensmasse mit Mutationen auf bestimmten Allelen in Verbindung zu bringen 37
38 Das Gehirn als intermediate phenotype Gene discovery approach Neural mechanism approach Meyer-Lindenberg & Weinberger,
39 Vererbbarkeit sozialer Präferenzen Responderverhalten im Ultimatumspiel (Wallace et al., 2007) Investorverhalten im Trustgame (Cesarini et al., 2008) 39
40 Die Zukunft Mittlerweile werden multimodale Ansätze bevorzugt verwendet TMS & fmri Psychopharmakologie & fmri Modellierung der Daten wesentlich Systemischer Ansatz 40
41 Zusammenfassung Läsions-, TMS- und tdcs-studien (virtuelle Läsionen) können tendenziell kausalere Aussagen über die Notwendigkeit einer Gehirnregion in einem bestimmten Prozess liefern. Bei der TMS können durch starke Magnetimpulse kurzfristig kortikale Regionen angeregt oder gehemmt werden und somit ihre Rolle in bestimmten Prozessen untersucht werden. Bei der tdcs verändern schwache elektrische Ströme die Erregbarkeit neuronaler Membranen. Mittels Verabreichung von Medikamenten oder Hormonen können Neurotransmitter beeinfusst werden und somit ihre Rolle in bestimmten Prozessen untersucht werden. Neurotransmitter können erregend und hemmend auf ein Neuron wirken. Es muss der passende Rezeptor an der postsynaptischen Membran vorhanden sein. 41
42 Zusammenfassung Dopamin hat Einfluss auf Belohnungslernen, Serotonin auf Impulskontrolle, Oxytozin auf Vertrauen. Psychophysiologische Masse wie die elektrodermale Aktivität, die Stärke der Muskelanspannung oder die Herzrate geben zusätzliche Auskunft über das emotionale Empfinden. Eyetracking misst, worauf jemand schaut und somit seine Aufmerksamkeit richtet. Es ermöglicht zu schauen, ob Unterschiede in der Aufmerksamkeitsausrichtung vorliegen und ob diese mit Verhalten korrelieren. Genetische Untersuchungen werden verwendet um zu schauen, welcher Teil unseres Verhaltens angeboren ist und welche Genabschnitte mit bestimmten Verhaltensmustern korrelieren. 42
43 Es folgt 43
44 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 44
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