Automatisierung, Assistenz und Kontrolle bei AmI Systemen
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- Karola Kaufman
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1 Gliederung Automatisierung, Assistenz und Kontrolle bei AmI Systemen Merkmale Ambienter Intelligenter Systeme AmI als Technologie zur Unterstützung menschlichen Handelns Welche positiven und negativen Konsequenzen können aus AmI folgen? Besonderheiten der AmI Intransparenz vs. Kognitive Entlastung (Reduktion notwendiger Aufmerksamkeit) Delegation der Aufgabenerledigung vs. Verlust von Kontrolle Moderatorvariable Persönlichkeitsmerkmale (Kontrollüberzeugungen, Technikaffinität, Computerängstlichkeit, Selbstwirksamkeitserleben) Situationsvariable Beispieluntersuchung zur Akzeptanz von Hintergrundassistenz Offenen Fragen H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 1
2 AMI meint, dass Mikrocomputer in Arbeitsmittel, die Arbeitsumgebung und Alltagsgegenstände eingebaut werden, die den Menschen unsichtbar und unaufdringlich bei seinen Tätigkeiten unterstützen. Merkmale von AmI-Techniken humanzentrierte Technikvision elektronische Hintergrundassistenz (Windel 2009, Hervorhebungen H.W.) AmI beinhaltet: Vom Ubiquitous zum Calm Computing (geringe Aufmerksamkeitserfordernisse) Proaktive statt reaktive Systeme Adaptive statt adaptierbare Systeme stille statt infomierende Systeme AmI kann eine sichere Hülle, einen geschützten Raum, schaffen, in dem Personen sicher handeln und Objekte sicher bewegt werden können, wie Beispiele aus anderen Anwendungsbereichen zeigen: Piloten steuern Flugzeug innerhalb eines durch automatische Systeme abgesicherten Flight Envelope Navigationsunterstützung in der Chirurgie (z.b. bei der Pfannenfräsung für Hüftgelenks-Endoprothesen) Spurhalte- und Fahrzeugstabilisierungssysteme im Straßenverkehr H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 2
3 AmI als Unterstützung menschlichen Handelns Akteur statt Benutzer Nicht nur der Computer verschwindet, sondern auch der Benutzer (bzw. die Benutzerrolle): Entlastung beim Erwerb von Interaktionswissen (mit ohnehin kurzen Verfallszeiten) und Entlastung von Aufmerksamkeit Implizites User Interface Mit dem Verschwinden von Computer und Benutzer gibt es auch kein explizites User Interface mehr. Anstelle der Mensch-Rechner-Dialogs tritt ein gemeinsamer Handlungsraum für Mensch und technisches System. Vertraute Technik Anstelle der Aufrüstung von konventioneller Technik mit IT-Systemen bleibt bei AmI die konventionelle Technik nach außen weitgehend unverändert. Physikalische Einschränkungen (sensu Norman) Handeln wie auf unsichtbaren Schienen H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 3
4 Automatisierung: (Teil-)Handlungen von Personen werden an Maschinen delegiert oder von Maschinen übernommen. Diese Handlungen werden dann nicht mehr vom Menschen ausgeführt. Automatisches Bremsen, weil Fahrer eingeschlafen ist. Assistenz: (Teil-)Handlungen werden weiterhin von Personen ausgeführt, die Maschine modifiziert diese Handlungen (Verstärkung, Abschwächung, Ergänzung, Glättung,, Limitierung, Blockierung). Bremsassistent Aus psychologischer Sicht sind AmI-Systeme mit Assistenzfunktionen besonders interessant. H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 4
5 Automatische versus assistierende Systeme Funktion 1, z. B. Spurhalten Funktion 2, z. B. Abstand halten Funktion 3, z. B. Abbiegeentscheidung treffen Funktion 4, z. B. Hindernisse entdecken wird vom Benutzer ausgeführt wird vom System ausgeführt Bei automatischen Systemen werden Funktionen entweder von System oder vom Benutzer ausgeführt: Funktion 1, z. B. Spurhalten Funktion 2, z. B. Abstand halten Funktion 3, z. B. Abbiegeentscheidung treffen Funktion 4, z. B. Hindernisse entdecken wird vom Benutzer ausgeführt wird vom System ausgeführt Bei assistierenden Systemen werden Funktionen sowohl vom System als auch vom Benutzer ausgeführt: H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 5
6 Vorarbeiten zur konzeptuellen Grundlagen der Assistenz und Automatisierung Formen und Stufen der Assistenz Motiv- und Zielbildung Keep Cool Assistenz Coach Assistenz Warn- und Mahnassistenz Handlungsphasen, die unterstützt werden Wiederholungs -assistenz Inf. Analyse & Integration Übersetzungs -assistenz Zusätzlich unterscheiden sich Assistenzfunktionen nach der Initiative aktiv passiv Anpassbarkeit ohne adaptierbar adaptiv Modalität monomodal multimodal - amodal Delegations -assistenz Aktionsaus -führung Power Assistenz Limit Assistenz Shortcut Assistenz Kritikassistenz Erklärungsassistenz Vorschlagsassistenz Dosierassistenz Präsentationsassistenz Orientierungsassistenz Übernahmeassistenz Eingabe- Assistenz informierende Ausführungsassistenz stille Ausführungsassistenz Informationsaufnahme Entscheidung Effektkontrolle Aktivierungsassistenz Anzeigeassistenz Labelassistenz Angebotsassistenz Rückmeldungsassist. Verstärkerassistenz Filterassistenz Quelle: Wandke, H. (2005). Assistance in human-machine interaction: a conceptual framework and a proposal for a taxonomy. Theoretical Issues in Ergonomics Science. 6, H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 6
7 Welche positiven und negativen Folgen von AmI werden erhofft bzw. befürchtet? Hypothetisch positiv: Höhere Leistung, höhere Sicherheit, kürzere Trainingszeiten, geringere mentale und psychomotorische Beanspruchung, Reduktion von Stress, höhere Zufriedenheit Hypothetisch negativ: Abgabe von Kontrolle an das AmI-Systems Durchschaubarkeit Vorhersehbarkeit Beeinflussbarkeit (Autonomie des Handelns) Unterschiedliche Entwicklung von Vertrauen in das AmI-System Misstrauenseffekte (z. B. Missachtung von Warnsignalen) Über-Vertrauenseffekte (complacency, erlernte Sorglosigkeit) Verlust von Kompetenz mangelndes Situationsbewusstsein Omission Errors (Übersehen von Signalen und Informationen aus der Umgebung) Comission Errors (Versäumen von Steuerungshandlungen) Skill Degradation H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 7
8 Typen von AmI-Systemen und hypothetische Effekte auf das Situationsbewusstsein still informierend automatisch ohne menschliches Handeln Assistierend mit menschlichem Handeln Situationsbewusstsein ist nicht vorhanden, kann aber hergestellt werden, wenn Effekte beobachtet werden können. Situationsbewusstsein ist nicht vorhanden, kann auch nicht hergestellt werden, wenn Effekte nur dem eigenen Handeln zugeschrieben werden. Situationsbewusstsein ist vorhanden. Situationsbewusstsein ist vorhanden. H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 8
9 Persönlichkeitsmerkmale als hypothetische Moderatorvariable Kompetenz, z.b. Expertise vs. Novizenschaft Motivlage: extrinsisch/instrumentell vs. intrinsisch/ autotelisch Kontrollüberzeugung (KUT - Beier 1999) Technikaffinität (TA-EG - Karrer et al. 2009) Computerängstlichkeit (CARS Heinssen et al. 1987) Selbstwirksamkeitserleben (Bandura 1997, Flammer 1990) H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 9
10 Situationsmerkmale als hypothetische Moderatorvariable Zeitdruck, Zweitaufgaben, soziale Stressoren Zielsetzung: Verstehen vs. Erledigen Häufigkeit der Aufgabenbearbeitung Merkmale des technischen Systems, des Arbeitsplatzes (Komplexität, Transparenz, ) Ein Beispiel für die Wirksamkeit von Persönlichkeits- und Situationsmerkmalen H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 10
11 Aufgaben: Anschließen mehrerer Laptops an verschiedene Beamer, um PPT- und PDF- Präsentationen vorzuführen. Schließen von Vorhängen, Dimmen von Leuchten. Entweder komplett manuell oder automatisch (mit suboptimaler Automatik). Zwei Gruppen von insgesamt 56 Vpn (mit und ohne vorheriger Einweisung), davon jeweils die Hälfte mit einer Zweitaufgabe (Kopfrechenaufgaben) erhielten drei Aufgaben mit steigender Komplexität. Plociennik, Ch., Wandke, H. & Kirste, Th. What Determines User Acceptance of Ubicomp Assistance Systems? A Quantitative Study. 5. Konferenz Mobile und Ubiquitäre Informationssysteme (MMS 2010), Göttingen H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 11
12 Aufgabe 1 Lampen 1 und 2 einschalten, Vorhang 2 herunterfahren, PDF-Präsentation1 auf Leinwand 4 zeigen. GUI für die manuelle Steuerung Aufgabe 2 Wie Aufgabe 1, nur muss ein Transfer einer PPT-Datei auf einen anderen Laptop erfolgen (per USB-Stick oder automatisch über ein Netz). Aufgabe 3 Wie Aufgabe 1, nur muss zusätzlich die Präsentation einer zweiten PPT-Datei von einem anderen Laptop erfolgen (per USB-Stick oder automatisch über ein Netz) parallel auf Leinwand 2. H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 12
13 Wechsel zur manuellen Steuerung nein ja Häufigkeit (n=56) Fast alle Vpn nutzen durchgängig die Assistenzfunktionen. Nur bei der komplizierten und von der Automatik sehr ineffizient ausgeführten 3. Aufgabe wechseln 16 von 56 Vpn zur manuellen Steuerung. H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 13
14 Max = 24 Max = 24 ohne mit Einführung ohne mit Zweitaufgabe Die subjektive Bewertung der Assistenzfunktion ist generell sehr gut. Sie steigt mit Kenntnis der Funktionsweise und unter zusätzlicher Belastung. H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 14
15 Max = 24 niedrig mittel hoch Werte im TAF-Fragebogen Die subjektive Bewertung der Assistenzfunktion ist bei niedriger und hoher Technikaffinität am besten, während sie in der Mittelgruppe leicht abfällt. H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 15
16 Offene Fragen: Wie kann eine optimale Balance zwischen Entlastung von Akteuren und Erhalt des Situationsbewusstseins und der Handlungsfähigkeit erreicht werden? Wie kann eine angemessene Bewertung der eigenen Handlungsresultate erreicht werden, wenn falsche oder unzureichenden Handlungen durch AmI verhindert, korrigiert oder kompensiert werden? Welche Persönlichkeitsvariable wirken moderierend? Können die bereits bekannten integriert werden? Sind zusätzliche Konstrukte z.b. Kontrollbedürfnis sinnvoll? Welche Kontextmerkmale wirken moderierend? Wie interagieren Personen- und Kontextmerkmale? H. Wandke Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin Folie Nr. 16
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