Workshop Öffentliche Unternehmen
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- Annika Fanny Heidrich
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1 Workshop Öffentliche Unternehmen RA Dr Peter Kunz Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG Porzellangasse 4, 1090 Wien Tel: Jahrestagung 5. Österreichischer Aufsichtsrat Aufsichtsratstag Juni Februar
2 Definition Öffentliche Unternehmen sind Unternehmen, die zu zumindest 50% im Eigentum einer oder mehrerer Gebietskörperschaften stehen, oder von diesen tatsächlich beherrscht werden, oder der Rechnungshofkontrolle unterliegen. Diese Definition entstammt dem Strafgesetzbuch. In einer Reihe von anderen Gesetzen gibt es ähnlich lautende Bestimmungen. 2
3 versus Unternehmen von öffentlichem Interesse Unternehmen von öffentlichem Interesse gemäß der Bilanz- Richtlinie (2013/34/EU), in Österreich umgesetzt in 189a UGB (idf BGBl I 22/2015), sind Börsenotierte Unternehmen Banken Versicherungen Unternehmen, die als solche bestimmt werden - zb Unternehmen, die aufgrund der Art ihrer Tätigkeit, ihrer Größe oder der Zahl ihrer Beschäftigten von erheblicher öffentlicher Bedeutung sind. In Kraft mit 20. Juli 2015; auf die Rechnungslegung von Geschäftsjahren ab dem 31. Dezember 2015 anzuwenden. 3
4 Rechtsformen Organisation öffentlicher Unternehmen in Rechtsformen des Privatrechts Primäre Rechtsformen: GmbH und Aktiengesellschaft (börsennotierte / nicht börsennotierte) Gesellschafterstruktur: Sowohl Alleineigentum der öffentlichen Hand, als auch mit Minderheits- oder Mehrheitsgesellschaftern Gesellschaftsrecht + Sondergesetze für öffentliche Unternehmen Einrichtung eines Aufsichtsorgans Aufsichtsrat GmbH: fakultativ oder zwingend einzurichten ( 29 GmbHG); Generalversammlung bleibt oberstes Organ Aufsichtsrat AG: zwingend einzurichten 4
5 wesentliche Aufgaben des Aufsichtsrats einer AG Bestellung/ Abberufung des Vorstands Abschluss des Vorstands-Anstellungsvertrags Beratung des Vorstands/ Mitwirkung an der Strategie Überwachung des Vorstands - Genehmigung/ Ablehnung von zustimmungspflichtigen Geschäften - Recht, Berichte anzufordern - Einsichtnahme in Unterlagen - Allenfalls Erlassung einer Geschäftsordnung für den Vorstand Mitwirkung bei der Bestellung des Abschlussprüfers Feststellung des Jahresabschlusses(gemeinsam mit dem Vorstand) Selbstorganisationspflicht 5
6 wesentliche Aufgaben des Aufsichtsrats einer GmbH Überwachung der Geschäftsführung, die von den Gesellschaftern bestellt wird - Genehmigung/ Ablehnung von zustimmungspflichtigen Geschäften - Recht, Berichte anzufordern - Einsichtnahme in Unterlagen - Allenfalls Erlassung einer Geschäftsordnung für den Vorstand - Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern, sofern durch Gesellschafter ermächtigt(das prinzipiell Gesellschaftern zusteht) Beratung der Geschäftsführung/ Mitwirkung an der Strategie Mitwirkung bei der Bestellung des Abschlussprüfers Mitwirkung bei der Feststellung des Jahresabschlusses Selbstorganisationspflicht 6
7 Aufgaben des Aufsichtsrats Beratung der Geschäftsführung/ Mitwirkung an der Strategie Im Rahmen seiner Pflicht zur Beratung des Vorstands hat der Aufsichtsrat auch an der Entwicklung der Strategie mitzuwirken - Diskussion mit dem Vorstand über die Strategie ( Sparringpartner ) Grenzen - Primär hat Vorstand Strategie zu entwickeln - Aufsichtsrat ist weder Vorgesetzter des Vorstands, noch ein Supergeschäftsführungsorgan 7
8 Aufgaben des Aufsichtsrats Beratung der Geschäftsführung/ Mitwirkung an der Strategie Strategie als zustimmungspflichtiges Geschäft gemäß 95 Abs 5 AktG: - die Aufnahme und Aufgabe von Geschäftszweigen und Produktionsarten(Z 7) - die Festlegung allgemeiner Grundsätze der Geschäftspolitik(Z 8) Ausdrückliche Regelungen im ÖCGK für börsenotierte Gesellschaften und im B-PCGK für öffentliche Unternehmen des Bundes 8
9 Aufgaben des Aufsichtsrats Beratung der Geschäftsführung/ Mitwirkung an der Strategie Welche Möglichkeiten hat der Aufsichtsrat, wenn der Vorstand eine falsche Strategie beibehält bzw keine neue von sich aus entwickelt? - Anregung von Veränderungen - Einforderung von Berichten - Erweiterung des Zustimmungskatalogs gemäß 95 Abs 5 AktG - Keine Verlängerung der Vorstandsmandate - Vorzeitige Abberufung des Vorstands? 9
10 Arten von Interessenkonflikten Gesetzlich geregelte Interessenkonflikte Mandatsgrenzen Überkreuzverflechtungen Cooling-off-Periode Andere Interessenkonflikte Nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt, aber von Lehre anerkannt und zb im B-PCGK geregelt zb Konkurrenzverbot 10
11 Umgang mit Interessenkonflikten Wie gehen Sie als Aufsichtsratsmitglied vor, wenn der Vorstand vorschlägt, dass ein AR-Mitglied, der Steuerberater ist, das Unternehmen auch in steuerlichen Angelegenheiten beraten soll? Wer entscheidet? Was wird entschieden? Empfehlung: Interessenkonflikte zb in der Geschäftsordnung regeln! 11
12 Weisungen Weisungen an Aufsichtsräte Keine organschaftlichen Weisungsrechte an Aufsichtsräte einer GmbH und AG. Entsandte oder nominierte Aufsichtsratsmitglieder dürfen Weisungen des Aktionärs, zb aufgrund von (internen) Auftrags- oder Dienstverhältnissen befolgen, soweit das Unternehmenswohl nicht gefährdet ist. Weisungen an Geschäftsleiter Geschäftsführer GmbH: Generalversammlung kann dem Geschäftsführer mittels gültigem Gesellschafterbeschlusses bindende Weisungen erteilen. Gesellschafter können Aufsichtsrat zu Weisungen ermächtigen. Vorstand AG: weisungsfrei; dennoch erteilte Weisungen des Alleinaktionärs sind zwar nicht bindend(durchsetzbar), dürfen aber befolgt werden. 12
13 Weisungen Nachteilige Weisungen Geschäftsführer GmbH: Gesellschafter einer GmbH können prinzipiell auch nachteilige Weisungen erteilen, die vom Geschäftsführer zu befolgen sind, es sei denn die Weisung ist gesetzwidrig (zb Gläubigergefährdung, verbotene Einlagenrückgewähr). Treuwidriger Beschluss (gegen das Unternehmenswohl) zwar möglich, aber durch andere Gesellschafter anfechtbar. Vorstand AG: Generell weisungsfrei, daher auch speziell bei nachteiligen Weisungen keine Bindung des Vorstands. 13
14 Sondergesetze (Auswahl) Bundesvergabegesetz(verpflichtende Ausschreibung von bestimmten Aufträgen) Stellenbesetzungsgesetz(Ausschreibungsverpflichtung) Bundes-Vertragsschablonenverordnung (Rahmenbedingungen für Geschäftsleiterverträge) Strafgesetzbuch(besondere Korruptionsregelungen für Amtsträger) Spekulationsverbote (Grundlage: Art 15a B-VG Vereinbarung ; umgesetzt in Wien, Salzburg, Tirol; künftig: F-VG, BHG, Bundesfinanzierungsgesetz) Bundes-Public Corporate Governance Kodex(für Unternehmen des Bundes) Beihilfenrecht(Verbot gewisser öffentlicher Zuwendungen) ÖBIB-Gesetz 2015(ENTWURF; ausdrücklich kein Aufsichtsrat vorgesehen) 14
15 Bundes Public Corporate Governance Kodex (B-PCGK) Von der Bundesregierung am 30. Oktober 2012 beschlossen. Rechtlich: Eine Selbstbindung des Bundes, also eine Weisung in Bezug auf die von den obersten Verwaltungsorganen mit diesen Aufgaben betrauten Personen. Ziel: Unternehmensführung und überwachung transparenter und nachvollziehbarer zu machen und die Rolle des Bundes und der Unternehmen des Bundes als Anteilseigner klarer zu fassen. Geltungsbereich: Unternehmen des Bundes sowie deren Tochter- und Subunternehmen mit mehr als 10 Bediensteten oder EUR Jahresumsatz, soweit (i) zwingend anzuwendende gesetzliche Bestimmungen dem nicht entgegenstehen, oder(ii) Unternehmen gemäß 243b UGB nicht einen Corporate Governance Kodex anzuwenden haben( börsennotierte AGs!). 15
16 Bundes Public Corporate Governance Kodex (B-PCGK) Auszüge betreffend den Aufsichtsrat Zu Mitgliedern des Überwachungsorgans dürfen nur Personen bestellt werden, die über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen und in der Lage sind, die Aufgaben eines Mitgliedes des Überwachungsorgans wahrzunehmen. Im Rahmen der allgemeinen Voraussetzungen soll auf eine paritätische Zusammensetzung des Ausschusses mit Frauen und Männern hingewirkt werden. Die von der Bundesregierung beschlossenen Quotenfestlegungen des Frauenanteils von 25% bis und 35% bis sind umzusetzen. Regelungen über Interessenkonflikte. Vergütungen sind individualisiert und aufgegliedert nach Bestandteilen unter Namensnennung mit der Zustimmung des Betroffenen im Corporate Governance Bericht offenzulegen. 16
17 Bundes Public Corporate Governance Kodex (B-PCGK) Auszüge betreffend den Aufsichtsrat Die Geschäftsleitung stimmt auf der Grundlage des Unternehmensgegenstandes und allfälliger Zielvorgaben des Anteilseigners die Unternehmensstrategie mit dem Überwachungsorgan ab und erörtert mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Umsetzung. Das Überwachungsorgan hat die Geschäftsleitung bei der Führung des Unternehmens regelmäßig zu überwachen und in grundsätzlichen Angelegenheiten des Unternehmens zu beraten. 17
18 Korruption Korruptionsstrafrecht neu (KorrStrRÄG 2012) seit 1. Jänner 2013 Teil des Transparenzpakets (auch Parteienfinanzierung im Parteiengesetz 2012, Parteien-Förderungs-Gesetz 2012; Lobbyisten-Gesetz; etc) Der Amtsträgerbegriff wurde erweitert: Für Amtsträger gelten strengere Vorschriften als für Nicht-Amtsträger. Als Amtsträger gelten Dienstnehmer und Organe von öffentlichen Unternehmen. zb: sämtliche Regierungsmitglieder, Geschäftsleiter & Kontrollorgane ausgegliederter Gesellschaften(zB der Post). Compliance Codes Verhaltenskodizes schaffen für Unternehmen oft ein strengeres Regelungsregime als das für Amtsträger vorgesehen ist (disziplinäre Konsequenzen). 18
19 Vergaberecht Geltungsbereich Öffentliche Unternehmen sind aus Wettbewerbsgründen nicht frei in der Wahl ihrer Vertragspartner. Ein öffentlicher Auftraggeber (eigene Definition!) muss Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge öffentlich ausschreiben und mit dem besten, nicht notwendigerweise dem billigsten Anbieter kontrahieren. Folgen der Nichteinhaltung Vergabespezifischer Rechtsschutz für übergangene Bewerber/Bieter Schadenersatz, Klage wegen unlauterem Wettbewerb Unter Umständen Befugnismissbrauch nach 153 StGB(Untreue). Aufsichtsrat sollte pro-aktiv darauf achten, dass die Bestimmungen des Vergaberechts eingehalten werden. 19
20 Beihilfenrecht Öffentlich Unternehmen sind bei Subventionierung eingeschränkt Ein öffentliches Unternehmen hat das Beihilferegime zu beachten. Bei Erfüllung der Voraussetzungen, insbesondere der Qualifikation als Beihilfe ist die Zuwendung untersagt bzw steht sie unter Genehmigungsvorbehalt der EU-Kommission. - Das Beihilfenrecht ist sehr komplex. Tatbestandlich ist eine Zuwendung gleich welcher Art, die aus staatlichen Mitteln stammt, bestimmte Unternehmen und Produktionszweige bevorzugt, den Wettbewerb verfälscht und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt(art 107 AEUV). Ein rein privates Unternehmen kann keine verbotene Beihilfe gewähren. Es steht ihm im Rahmen der Gesetze frei, Kapital in ein anderes Unternehmen innerhalb des Konzerns zuzuschießen (Vorsicht: Einlagenrückgewähr?). 20
21 Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
22 RA Dr Peter Kunz Schwerpunkte Mergers& Acquisitions Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Nachfolgeplanung& Stiftung Tätigkeiten als Aufsichtsrat und Stiftungsvorstand Publikationen Mitherausgeber des Handbuchs für den Aufsichtsrat Publikationen im Bereich des Unternehmens-und Gesellschaftsrechts
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