Geschlechtsspezifische Auswirkungen von Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungserhöhungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung
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- Edwina Frei
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1 Prof. Dr. Jürgen Wasem Dr. Stefan Greß Lehrstuhl für Medizin-Management Universität Duisburg-Essen Geschlechtsspezifische Auswirkungen von Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungserhöhungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung Kurzexpertise für das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung Endversion Vorgelegt im März 2004
2 1 Einleitung Seit Januar 2004 sind als Folge des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) die Zuzahlungen für die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung deutlich angestiegen. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber eine Reihe von Leistungen aus dem Leistungspaket der GKV gestrichen. Ziel dieser Maßnahmen ist vor allem eine Senkung der Beiträge in der GKV, von der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen profitieren während Zuzahlungserhöhungen und Leistungsausgrenzungen ausschließlich die Versicherten bzw. Patienten betreffen. Aufgabe dieser Expertise ist es, die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Zuzahlungserhöhungen und Leistungsausgrenzungen zu quantifizieren. Geschlechtsspezifische Auswirkungen sind vor allem wegen der unterschiedlichen Kalkulationsmodelle in der gesetzlichen Krankenversicherung und der privaten Krankenversicherung sowie wegen der unterschiedlich hohen Durchschnittseinkommen von Männern und Frauen zu erwarten. In der GKV werden die Beiträge ausschließlich einkommensbezogen und unabhängig von Lebenserwartung und Krankheitsrisiko kalkuliert. Verringert der Gesetzgeber den Leistungsumfang in der GKV durch Leistungsausgrenzungen und/oder Zuzahlungserhöhungen, müssen sich die GKV-Versicherten um privaten Zusatzversicherungsschutz für die nicht mehr in der GKV versicherten Risiken bemühen. 1 Private Krankenversicherer kalkulieren jedoch Prämien, die sich am individuellen Krankheitsrisiko und an der verbleibenden Lebenserwartung orientieren. Da Frauen statistisch gesehen eine längere Lebenserwartung und zumindest in der Lebensalterphase zwischen 18 und 55 Jahren ein höheres Erkrankungsrisiko haben, müssen Frauen in der privaten Krankenversicherung ceteris paribus höhere Prämien zahlen als Männer. In dieser Expertise berechnen wir zunächst die geschlechtsspezifischen Entlastungswirkungen der Zuzahlungserhöhungen und Leistungsausgrenzungen als Folge der zu erwartenden Beitragssatzsenkungen. Die Höhe dieser Entlastungswirkungen ist abhängig vom Einkommen. Frauen und Männer mit gleichem Einkommen werden damit in gleichem Umfang entlastet. Da Frauen und Männer allerdings im Durchschnitt unterschiedlich hohe 1 Wir gehen davon aus, dass die Versicherten sich auch tatsächlich gegen das Risiko von Zuzahlungserhöhungen und Leistungskürzungen versichern wollen. 2
3 Einkommen erzielen, berechnen wir auch noch die Entlastungswirkungen für geschlechtsspezifische Durchschnittseinkommen. Im zweiten Schritt berechnen wir überschlägig die zu erwartenden Belastungen durch die Prämien in der privaten Zusatzkrankenversicherung. Wir differenzieren nach Geschlecht, unterschiedlichen Eintrittsaltern und kranken bzw. gesunden Versicherten. Im letzten Schritt stellen wir dann die Entlastungswirkungen durch Beitragssatzsenkungen auf der einen Seite und die Belastungswirkungen durch PKV-Prämien auf der anderen Seite gegenüber. Bei dieser Kalkulation berücksichtigen wir nicht die Folgen der neu geregelten Finanzierung für Zahnersatz und Krankengeld. Beide Leistungen bleiben im Grundsatz Leistung der GKV, werden jedoch ab 2005 (Zahnersatz) bzw (Krankengeld) ausschließlich aus Beiträgen der Versicherten finanziert. GKV-Versicherte haben für beide Leistungen weiterhin Anspruch auf gesetzlichen Versicherungsschutz, der unabhängig vom gesundheitlichen Risiko ist und durch den demzufolge keine geschlechtsspezifischen Wirkungen entstehen. Nicht berücksichtigt wurden weiterhin die ausgegrenzten Leistungen künstliche Befruchtung und Sterilisation sowie Sterbegeld. Die Ausgabenrisiken für künstliche Befruchtung und Sterilisation sind auf dem privaten Krankenversicherungsmarkt nicht versicherbar. Prämien für Sterbegeldversicherung werden zwar schon jetzt von privaten Krankenversicherern angeboten. Im Gegensatz zu den anderen ausgegrenzten Leistungen (vgl. Tabelle 1) müssen Männer sogar höhere Prämien für Sterbegeldversicherungen zahlen als Frauen (gleiches Schadensrisiko bei weniger verbleibender Zeit bis zum Eintritt des Schadensrisikos). Die Unterschiede sind jedoch absolut wie relativ so gering, dass sie vernachlässigt werden können. 2 Geschlechtsspezifische Entlastungswirkungen durch Beitragssatzsenkung Im GMG hat der Gesetzgeber eine Reihe von Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungserhöhungen beschlossen (vgl. ausführlich Orlowski/Wasem 2003). Die Leistungsaus- bzw. begrenzungen, soweit sie hier berücksichtigt werden (vgl. dazu oben Abschn. 1), betreffen vor allem nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, Sehhilfen und Fahrkosten. Zuzahlungen wurden neu eingeführt (soweit hier berücksichtigt: insbesondere Praxisgebühr) bzw. erhöht (Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel, Krankenhausbehandlungen). 3
4 Tabelle 1: Entlastung durch Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungserhöhungen Geschätzte Entlastungen Leistungsausgrenzungen 2,0 Mrd. Euro a) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel 1,0 Mrd. Euro b) Begrenzung des Leistungsanspruchs bei Sehhilfen 0,5 Mrd. Euro c) Einschränkung ambulanter Fahrkosten 0,5 Mrd. Euro 2. Zuzahlungsanhebungen 3,2 Mrd. Euro Quelle: Gesetzentwurf vom BT-Drucksache 15/1525, S Der Gesetzgeber geht als Folge von Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungserhöhungen (soweit in dieser Studie berücksichtigt) von folgenden Entlastungseffekten für die GKV insgesamt von rund 5,2 Mrd. Euro aus (vgl. Tabelle 1). Es wird im Folgenden davon ausgegangen, dass die Entlastungseffekte in der vom Gesetzgeber geschätzten Höhe eintreten. Die GKV würde damit in isolierter Betrachtung als Folge dieser Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungsanhebungen um 5,2 Mrd. entlastet die Versicherten würden in gleicher Höhe belastet werden. Dieser Betrag entspricht etwa 0,52 Beitragssatzpunkten. 2 Die tatsächliche Entlastung der Versicherten entspricht damit etwa 0,26 Beitragssatzpunkten, die Arbeitgeber werden ebenfalls um 0,26 Beitragssatzpunkte entlastet werden. Andere Maßnahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes (insbesondere Entlastungen durch die staatliche Finanzierung versicherungsfremder Leistungen und die so genannten Struktureffekte) werden in dieser isolierten Betrachtungsweise ebenso wenig wie die oben aus der Betrachtung ausgeschlossenen Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungen berücksichtigt. Die individuelle Belastung als Folge der Beitragssatzsenkung ist ausschließlich abhängig von der Höhe des Einkommens. Wir berechnen die geschlechtsspezifischen Entlastungswirkungen am Beispiel von Idealtypen mit gleichem Einkommen und am Beispiel von realen (unterschiedlichen) Durchschnittseinkommen von Männern und Frauen (vgl. Tabelle 2). Eine Differenzierung nach Familienstand wird nicht vorgenommen, da der Familienstand keinerlei Auswirkungen auf die Entlastungswirkungen abhängig vom Einkommen hat. Im Rahmen der Familienmitversicherung beitragsfrei mitversicherte Personen über 18 Jahre ohne 2 Ein Beitragssatzpunkt entspricht Ausgaben von rund 10 Mrd. Euro. 4
5 eigenes Einkommen (überwiegend Ehefrauen) werden selbstverständlich durch die Beitragssatzsenkungen nicht entlastet. Auch Differenzierungen nach Anzahl der Kinder sind nicht sinnvoll, weil Kinder unter 18 Jahren von Zuzahlungen ausgenommen sind und auch von den meisten Leistungsausgrenzungen nicht betroffen sind (Ausnahme: Für die Ausgrenzung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gilt eine Altersgrenze von 12 Jahren). Es wird auch aus arbeitsökonomischen Gründen von der (faktisch allerdings wenig realistischen) Annahme ausgegangen, dass der Gesundheitszustand unabhängig von Einkommen und Familienstand ist. Tabelle 2: Ideal- und Realtypen nach Einkommen und Geschlecht Bruttoeinkommen pro Jahr in Mann Kein Einkommen Frau Kein Einkommen Idealtypen ArbeiterInnen West Realtypen ArbeiterInnen Ost Angestellte West Angestellte Ost Quelle: Hans-Böckler-Stiftung, Datenkarte Aus Tabelle 3 wird deutlich, dass die Entlastungswirkungen als Folge der Beitragssatzentlastung proportional zum Einkommen ansteigen allerdings nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Für Männer und Frauen mit gleichem Einkommen entstehen 3 Beitragsbemessungsgrenze Krankenversicherung 4 Beitragsbemessungsgrenze Rentenversicherung 5
6 gleich hohe Entlastungen. Legen wir allerdings die Durchschnittseinkommen von Männern und Frauen zugrunde, werden Männer wegen des höheren Durchschnittseinkommens deutlich stärker entlastet als Frauen. Tabelle 3: Geschlechtsspezifische Entlastungswirkungen als Folge der Beitragssatzsenkung (in Euro pro Jahr) Mann Frau Kein Einkommen 0,00 0, ,00 39, ,00 52, ,00 65,00 Idealtypen ,00 78, ,81 108, ,81 108, ,81 108, ,81 108, ,81 108,81 ArbeiterInnen West 80,12 59,37 Realtypen ArbeiterInnen Ost 59,34 46,21 Angestellte West 108,81 80,56 Quelle: Eigene Berechnungen Angestellte Ost 84,80 65,36 3 Geschlechtsspezifische Belastungswirkungen durch privaten Zusatzkrankenversicherungsschutz Die private Krankenversicherung in Deutschland wird auf der Grundlage des Anwartschaftsdeckungsprinzips kalkuliert. Die Versicherten zahlen theoretisch eine lebenslang konstante Prämie. 5 Diese ist in der ersten Phase der Zugehörigkeit zur Versicherung höher als die in dieser Phase zu erwartenden Leistungsausgaben. Aus der Differenz 5 Das gilt nur bei konstanten Kosten der Gesundheitsleistungen und unveränderter Lebenserwartung. Grundlegend zum Kalkulationsverfahren vgl. Bohn Zu den Konsequenzen, wenn diese Annahmen aufgehoben werden, vgl. etwa Wasem
7 werden verzinsliche Altersrückstellungen gebildet; diese werden im Alter abgebaut, so dass der Beitrag in der letzten Phase der Zugehörigkeit zur Versicherung wiederum deutlich geringer ist als die zu erwartenden Leistungsausgaben. Die Prämien steigen mit dem Eintrittsalter, weil die verbleibende Zeit für die Bildung von Altersrückstellungen mit steigendem Eintrittsalter abnimmt. Private Krankenversicherer kalkulieren damit Prämien, die vor allem auf dem durchschnittlichen Schadensrisiko und der durchschnittlichen Lebenserwartung der Versicherten beruhen. Versicherungsprämien für Frauen sind wegen des höheren Erkrankungsrisikos und der längeren Lebenserwartung im Durchschnitt höher als die Prämien für Männer gleichen Eintrittsalters. Die Belastungswirkungen durch den privaten Zusatzkrankenversicherungsschutz werden damit vor allem durch Eintrittsalter, Geschlecht und Gesundheitszustand bei Eintritt determiniert. Zur Quantifizierung der dieser Belastungswirkungen haben wir überschlägig die zu erwartenden Prämien für die private Absicherung der aus Zuzahlungserhöhungen und Leistungsausgrenzungen entstehenden Risiken aus Tabelle 1 kalkuliert. Wir haben die jährlichen Versicherungsprämien für unterschiedliche Eintrittsalter (20, 30 und 40 Jahre) sowie getrennt für gesunde Versicherte (kein Risikozuschlag) und kranke Versicherte (Risikozuschlag 30 Prozent) berechnet. Grundlage unserer Berechnungen sind die nach Alter und Geschlecht differenzierten Ausgabenprofile der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese haben wir zur Berechnung der adjustierten Kopfschäden 6 auf die oben ermittelte Schadenssumme von 5,2 Mrd. Euro (Summe der Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungserhöhungen abzüglich Ausgaben für künstliche Befruchtung und Sterilisation sowie Sterbegeld) angewandt. Die verbleibende Lebenserwartung nach Alter und Geschlecht haben wir auf der Grundlage der aktuellen Sterbetafel 2004 der privaten Krankenversicherung berechnet. Weiterhin berücksichtigt wurde die Wahrscheinlichkeit für die Auflösung von Verträgen (Stornoquote) in der privaten Krankenversicherung nach von der Aufsichtsbehörde über die Versicherer bekannt gegebenen Durchschnittswerten, ein Verwaltungskostenzuschlag von 5 Euro pro Versicherten und Jahr, der gesetzlich vorgeschriebene 10%ige Zuschlag zur Bildung zusätzlicher Alterungsrückstellungen als Vorsorge gegen die Kosten treibenden Wirkungen des medizinischen Fortschritts sowie eine 6 Unter Kopfschaden ist die nach Lebensalter und Geschlecht unterschiedlich hohe durchschnittliche Leistungsbeanspruchung durch die versicherte Personen pro Jahr zu verstehen. 7
8 jährliche Verzinsung der Altersrückstellungen von 3,5 Prozent pro Jahr. Die auf Grundlage dieser Annahmen kalkulierten Prämien sind zusammenfassend in Tabelle 4 dargestellt. Tabelle 4: Geschlechtsspezifische Belastungswirkungen durch privaten Zusatzkrankenversicherungsschutz (in Euro pro Jahr) Gesund Krank Eintrittsalter Mann Frau Mann Frau 20 Jahre 43,44 61,78 54,42 78,01 30 Jahre 63,00 78,41 79,57 99,38 40 Jahre 92,48 95,15 117,47 120,91 Quelle: Eigene Berechnungen Unsere Berechnungen zeigen, dass vor allem Frauen mit einem jüngeren Eintrittsalter deutlich höhere Prämien als Männer mit gleichem Eintrittsalter zahlen müssten. Zwischen 20 und 40 Jahren sind die Ausgabenrisiken für Frauen insbesondere durch die Gebärphase höher als bei Männern. Bei älteren Frauen sind die höheren Prämien vor allem durch die höhere Lebenserwartung zu erklären. Noch höher sind die Prämienunterschiede, wenn der Risikozuschlag von 30 Prozent angenommen wird, da dieser auf eine höhere Basisprämie aufsetzt. 4 Kombinierte Wirkungen von Beitragssatzreduzierung und Prämienbelastung Tabelle 6 zeigt, dass die Kombination aus Entlastung durch die Beitragssatzsenkung und Belastung durch die privaten Krankenversicherungsprämien zu sehr unterschiedlichen Wirkungen führt, die durch die Höhe des Einkommens, das Eintrittsalter, den Gesundheitszustand und das Geschlecht determiniert werden. Folgende Be- und Entlastungswirkungen sind zu erkennen: Die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Be- und Entlastungen sind besonders hoch, wenn die Durchschnittseinkommen von Männern und Frauen zugrunde gelegt werden (vgl. auch Tabelle 5). Bei der Betrachtung nur der Idealtypen sind die geschlechtsspezifischen Auswirkungen moderat und identisch über alle Einkommenshöhen. Männer und Frauen mit einem gleichen Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze werden entlastet mit der Ausnahme von kranken Personen mit einem Eintrittsalter von 40 Jahren. Die Höhe der Entlastung hängt von Eintrittsalter und Gesundheitszustand ab. Männer werden stärker als Frauen entlastet. 8
9 Die Entlastungs- bzw. Belastungsunterschiede bei einem Eintrittsalter von 40 Jahren sind relativ gering. Gesunde Männer und Frauen mit einem gleichen Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze und einem Eintrittsalter von 40 Jahren werden belastet. Die Belastung ist für Frauen geringfügig größer als für Männer. Männer mit einem Eintrittsalter von 30 Jahren werden bis auf niedrige Einkommen entlastet, bei Frauen ist dies erst bei einem Eintrittsalter von 20 Jahren der Fall. Kranke Männer und Frauen mit einem gleichen Einkommen und einem Eintrittsalter von 40 Jahren werden belastet. Die Belastung ist für Frauen geringfügig größer als für Männer. Kranke Frauen mit einem Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze werden generell belastet. Tabelle 5: Mehrbelastungen bzw. Minderentlastungen von Frauen im Vergleich zu Männern (in Euro pro Jahr) Gesund Krank 20 Jahre 30 Jahre 40 Jahre 20 Jahre 30 Jahre 40 Jahre Idealtypen 18,34 15,40 2,68 23,58 19,80 3,44 ArbeiterInnen West 39,09 36,15 23,43 44,33 40,55 24,19 ArbeiterInnen Ost 31,48 28,54 15,81 36,72 32,94 16,58 Angestellte West 46,60 43,66 30,93 51,84 48,06 31,69 Angestellte Ost 37,78 34,84 22,12 43,02 39,24 22,88 Quelle: Eigene Berechnungen 9
10 Tabelle 6: Zusammenfassung der Wirkungen (Saldo aus Entlastung und Belastung) Gesundheitszustand Gesund Krank Eintrittsalter 20 Jahre 30 Jahre 40 Jahre 20 Jahre 30 Jahre 40 Jahre Geschlecht Mann Frau Mann Frau Mann Frau Mann Frau Mann Frau Mann Frau Kein Einkommen -43,44-61,78-63,00-78,41-92,48-95,15-54,42-78,01-79,57-99,38-117,47-120, ,44-22,78-24,00-39,41-53,48-56,15-15,42-39,01-40,57-60,38-78,47-81, ,56-9,78-11,00-26,41-40,48-43,15-2,42-26,01-27,57-47,38-65,47-68, ,56 3,22 2,00-13,41-27,48-30,15 10,58-13,01-14,57-34,38-52,47-55,91 Idealtypen ,56 16,22 15,00-0,41-14,48-17,15 23,58-0,01-1,57-21,38-39,47-42, ,37 47,03 45,81 30,40 16,33 13,66 54,39 30,80 29,24 9,43-8,66-12, ,37 47,03 45,81 30,40 16,33 13,66 54,39 30,80 29,24 9,43-8,66-12, ,37 47,03 45,81 30,40 16,33 13,66 54,39 30,80 29,24 9,43-8,66-12, ,37 47,03 45,81 30,40 16,33 13,66 54,39 30,80 29,24 9,43-8,66-12, ,37 47,03 45,81 30,40 16,33 13,66 54,39 30,80 29,24 9,43-8,66-12,10 ArbeiterInnen West 36,68-2,41 17,12-19,03-12,35-35,78 25,70-18,63 0,55-40,00-37,35-61,54 Realtypen ArbeiterInnen Ost 15,90-15,58-3,66-32,20-33,13-48,95 4,92-31,80-20,23-53,17-58,13-74,70 Angestellte West 65,37 18,77 45,81 2,15 16,33-14,59 54,39 2,55 29,24-18,82-8,66-40,35 Quelle: Eigene Berechnungen Angestellte Ost 41,36 3,58 21,80-13,04-7,67-29,79 30,38-12,64 5,23-34,01-32,67-55,55 10
11 5 Auswirkungen auf beitragsfrei Mitversicherte Besonders hoch ist die Belastung für diejenigen gesetzlich Versicherten, die kein eigenes oder ein nur geringfügiges Einkommen haben - alle beitragsfrei Familienversicherten ab 18 Jahren. Diese Gruppe ist von Zuzahlungserhöhungen und Leistungsausgrenzungen betroffen, ohne dass sie von den Beitragssatzsenkungen profitiert. Frauen sind in dieser Gruppe weitaus häufiger vertreten als Männer. Nach der Statistik des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung handelte es sich im Jahr 2003 um rund 4,5 Mio. Frauen und um nur knapp 0,9 Mio. Männer. 7 Exemplarisch lassen sich die Auswirkungen der besonderen Belastung der Familienversicherten anhand von zwei Beispielrechnungen verdeutlichen. Beispielrechnung 1: Familie mit zwei Kindern. Der Vater (40 Jahre) ist Angestellter und hat ein Jahreseinkommen von Euro. Die Mutter (40 Jahre) hat kein eigenes Einkommen und leidet unter einer chronischen Krankheit. Die Kinder (beide Mädchen) sind 20 und 12 Jahre alt und sind beide noch in Ausbildung. Beitragssatzentlastung Mann 108,81 Prämie Mann -92,48 Prämie Frau -120,91 Prämie Kind (20 Jahre) -61,78 Saldo (Belastung) -166,36 Beispielrechnung 2: Allein erziehende Frau mit einem Kind. Die Mutter (40 Jahre) ist Angestellte und hat ein Jahreseinkommen von Euro. Das Kind (Junge) ist 20 Jahre als und befindet sich noch in Ausbildung. Beitragssatzentlastung Frau 80,56 Prämie Frau -95,15 Prämie Kind -43,44 Saldo (Belastung) -58,03 7 Berücksichtigt wurden nur erwachsene Frauen und Männer in den Altersgruppen bis 60 Jahren. Personen ab 60 Jahren erhalten in der Regel keinen privaten Versicherungsschutz mehr.
12 6 Fazit Als Fazit unserer Berechnungen lassen sich folgende Erkenntnisse festhalten: 1. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Be- und Entlastungen sind besonders hoch, wenn die Durchschnittseinkommen von Männern und Frauen zugrunde gelegt werden. Bei der Betrachtung nur der Idealtypen sind die geschlechtsspezifischen Auswirkungen moderat und identisch über alle Einkommenshöhen (vgl. Tabelle 5). 2. Für Männer und Frauen mit gleichem Einkommen entstehen gleich hohe Entlastungen durch Beitragssatzsenkungen als Folge von Zuzahlungserhöhungen und Leistungsausgrenzungen. 3. Bei Betrachtung der durchschnittlichen Einkommen werden Männer höher entlastet als Frauen, da Männer ein höheres Durchschnittseinkommen haben. 4. Frauen zahlen höhere Prämien für privaten Zusatzkrankenversicherungsschutz als Männer mit gleichem Gesundheitszustand und gleichem Eintrittsalter, weil Frauen eine längere Lebenserwartung und im Durchschnitt höhere Gesundheitsausgaben haben. 5. Besonders ausgeprägt ist die unterschiedliche Prämienbelastung für Frauen im Vergleich zu Männern mit einem Eintrittsalter von 20 und 30 Jahren. 6. Die Kombination aus Entlastung durch die Beitragssatzsenkung und Belastung durch die privaten Krankenversicherungsprämien führt zu sehr unterschiedlichen Wirkungen, die durch die Höhe des Einkommens, das Eintrittsalter, den Gesundheitszustand und das Geschlecht determiniert werden. 7. Mitversicherte Familienangehörige ab 18 Jahren ohne eigenes Einkommen werden in der Höhe der für sie relevanten privaten Zusatzkrankenversicherungsprämien belastet, ohne dass dem Beitragssatzentlastungen gegenüberstehen. Kinder unter 18 Jahren sind von den Zuzahlungserhöhungen und Leistungsausgrenzungen in der Regel ausgenommen 8. Die durchgängig höhere Belastung von Frauen im Vergleich zu Männern ist damit zu einem geringeren Teil durch die höheren privaten Zusatzkrankenversicherungsprämien für Frauen aufgrund höherer Ausgabenrisiken und längerer Lebenserwartung und zu einem größeren Teil durch die niedrigeren Durchschnittseinkommen von Frauen zu erklären. 12
13 7 Literatur Bohn, K. (1980). Die Mathematik der deutschen privaten Krankenversicherung. Karlsruhe, Verlag Versicherungswirtschaft. Orlowski, U./J. Wasem (2003). Gesundheitsreform GKV-Modernisierungsgesetz (GMG). Heidelberg, Economica. Wasem, J. (1996). Private Krankenversicherung und ältere Versicherte. Alter und Gesundheit. P. Oberender. Baden-Baden, Nomos:
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