Zufüttern in den ersten Lebenstagen Indikationen & Auswirkungen. Dr. med. Julia Gottschalk IBCLC Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin
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- Waltraud Grosse
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1 Zufüttern in den ersten Lebenstagen Indikationen & Auswirkungen Dr. med. Julia Gottschalk IBCLC Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin
2 mein sohn wurde zugefüttert! ohne mich zu fragen! er bekam HA Pre in einem Fläschchen. Ich find es im nachhinein total scheiße, denn da er drei tage lang zugefüttert wurde weils mit dem stillen nicht klappte - trinkt er jetzt nur aus der flasche (ich pumpe ab). beim nächsten kind möchte ich das definitiv nicht mit dem zufüttern, wenns halt net sein muss. Irgendwie bin ich wohl eine der wenigen, die das Zufüttern in den ersten 3 Tagen als echte Erlösung empfunden haben! Ich hab mich wegen des Stillens so dermaßen unter Druck gesetzt, dass ich fast in eine Depri abgerutscht wäre. Mein Sohn hat das aber von Anfang an sooo sooo sooo super gemacht! Aber es kam eben nix, egal wie lange und wie doll er gesogen hat. Ich hatte 5 Tropfen Vormilch und dann 3 Tage lang nix mehr - der Kleine wäre echt verhungert. Als der Einschuss dann da war gings von jetzt auf gleich ohne Probleme!!
3 Ja, nach dem Kaiserschnitt schon ca. 2 Std. später. Die Schwester meinte, das müsste sein. Ich sagte, dass wir gelernt hätten, dass das nicht stimmt, und ich das nicht will. Sie redete dann so lange auf mich ein (das arme Kind, der Kleine hat Hunger, Wir haben es nicht geschafft ihn anzulegen, da müssen wir doch was tun...), bis ich schließlich ja sagte... ich war eh so fertig nach der Vollnarkose. habe in einer stillfreundlichen / babyfreundlichen antroposophenklinik entbunden. da wäre nie einer auf die idee gekommen zuzufüttern! stillen ist dort das a und o! da es mein erstes kind ist, bin ich einfach davon ausgegangen dass das normal sei, von daher bin ich teilweise richtig erschrocken was hier für antworten kommen
4 Wikipedia: Säuglingsernährung Honig Ghee Pflanzensaft Goldstaub Fett Butter Sahne Süße Molken (Milch & Ei) gesüßter Wein Honig Zerstampfte Walnüsse & Wasser Sirup Reis, Reismehl Reisbrei Reis und Zucker Kuhmilch Tiermilch Bananen Gesüßtes Wasser Kondensmilch Kräutertee
5 Was und Wie? Wasser Tee Glucose Maltodextrin Primergen Fertignahrung Stutenmilch Frauenmilch Muttermilch Flasche routinemäßig nicht routinemäßig alternativ
6 Medizinisch nicht indiziert Medizinisch indiziert
7 Zufüttern medizinisch indiziert stillfreundlich mütterfreundlich
8 Kleiner Exkurs in die Physiologie Energiehaushalt Energiebedarf in den ersten 3 Lebenstagen 35-50kcal pro kg und Tag danach 120kcal pro kg Wachstum Aktivität Grundumsatz Voraussetzung Kein O 2 -Mangel Wärme Kein Trennungsstress (!)
9 Kleiner Exkurs in die Physiologie Energiehaushalt Postnataler Anstieg des Energieumsatzes kann verlangsamt sein kann beschleunigt ablaufen Eine einmal erfolgte Umsatzzunahme lässt sich nur schwer wieder reduzieren
10 Kleiner Exkurs in die Physiologie Nahrungsmenge
11 Kleiner Exkurs in die Physiologie Gewichtsabnahme Extrazellularraum Dehydratation Zusätzliche Flüssigkeitszufuhr verzögert diesen Prozess zwar aber verhindert ihn nicht
12 Kleiner Exkurs in die Physiologie Gewichtsabnahme Normale Gewichtsabnahme: 5-7% des Geburtsgewichtes maximal 10% Energie nachschub aus Fett und Glykogen wenig aus Kolostrum
13 Kleiner Exkurs in die Physiologie Stoffwechsel Abfall Insulin IGF-1 Anstieg Glukagon Cortisol TSH Beginn Glukoneogenese Glykogenolyse Lipolyse Anstieg Glucose Freien Fettsäuren Ketonkörpern
14 Glykogen Substrate Fettgewebe Glukoneogenese Glykogenolyse Lipolyse Glucose Freie Fettsäuren Ketonkörper
15 Kleiner Exkurs in die Physiologie Stoffwechsel Energiegewinnung v.a. aus Fettabbau Hirn kann auch Lactat und Ketonkörper nutzen alle notwendigen Enzyme steigen p.n. schnell an Stickstoffbilanz kaum negativ, also fallen kaum harnpflichtige Substanzen an
16 Kleiner Exkurs in die Physiologie Stoffwechsel Orale Glucosegabe BZ steigt an Insulin steigt an Hemmung Lipolyse Destabilisierung reaktive Hypoglykämie
17 Glykogen Substrate Fettgewebe Gluconeogenese Lipolyse Glykogenolyse Glucose Freie Fettsäuren Insulin Ketonkörper
18 Kleiner Exkurs in die Physiologie Blutzucker Vorübergehende asymptomatischen Hypoglykämien in der unmittelbaren Postnatalperiode sind alltäglich Bei gesunden reifen NG ist das Phänomen selbstlimitierend
19 Kleiner Exkurs in die Physiologie Blutzucker Definition von Hypoglykämie: Alter: 0-3 Std. < 35 mg/dl (< 2,0 mmol/l) 3-24 Std. < 40 mg/dl (< 2,2 mmol/l) >24 Std. < 45 mg/dl (< 2,5 mmol/l) (Cornblath M, Hawdorn JM, SC; Controversies regardingdefinition of neonatal hypoglycemia: Suggested operational thresholds; Pediatrics 2000; 105(5); ) Alkalay, h 1,6mmol/l 27mg/dl 3-47h 2,2mol/l 41mg/dl 48-72h 2,7mmol/l 49mg/dl (als 5. Perzentile)
20 Kleiner Exkurs in die Physiologie Blutzucker keine schädliche BZ-Grenze definiert; aber auch keine Studie, die zeigt, dass Behandlung vorübergehender Hypoglykämien bessere Ergebnisse erreicht Kovisto: neurologisches Outcome asymptomatischer Hypoglykämie nicht schlechter als bei Normoglykämie
21 Fazit Zufüttern in den ersten Lebenstagen ist bei einem gesunden Neugeborenen ohne Risikofaktoren medizinisch nicht nötig und kann die normalen Stoffwechsel- Vorgänge unumkehrbar beeinflussen also sehr wohl schädlich sein Aber: Risikokinder müssen identifiziert werden manchmal ist Zufüttern notwendig
22 Zufüttern und Stillen
23 und für die Mutter Meine Milch reicht nicht Vorbildfunktion Selbstwertgefühl Lernt Flasche und Fertignahrung in der Klinik kennen stillt weniger Milch reicht dann später tatsächlich nicht Wunde BW Stillprobleme
24 Studien Viele Studien zeigen einen negativen Einfluss von Zufütterung auf den Stillerfolg Einige Studien fanden keinen nachteiligen Effekt Blomquist 1994 Nylander 1991 Feinstein 1986 Riva 1999 Hill 1997 Erkkola 2010 Bannert 1995 Cronenwett 1992 Folkens 1997
25 Empfehlungen Nationale Stillkommission Der Ablauf des physiologischen Adaptationsprozesses des NG spricht ( ) eindeutig gegen eine routinemäßige Zufütterung bei gestillten Kindern. American Academy of Pediatrics Healthy newborns do not need supplemental feedings for poor feeding for the first hours, but babies who are too sick to breastfeed or whose mothers are too sick to allow breastfeeding are likely to require supplemental feedings ILCA Leitlinien WHO/Unicef Den Gebrauch von ( ) Saugern und Zufütterung vermeiden, es sei denn er ist medizinisch indiziert.
26 Risikokinder Frühgeborene (alle) Hypotrophe NG Hypertrophe NG Kinder diabetischer Mütter Übertragene Kinder der kleinere Zwilling
27 Hypoglykämie - Risikokinder SSW Jungen Mädchen 10. P 90.P 10.P 90.P Perzentilenwerte für die Körpermaße von Neugeborenen, M. Voigt, Zeitschrift für Geburtshilfe und Neonatologie 2010
28 Risikokinder
29 Risikokinder?
30 Zustand nach Asphyxie Kranke Neugeborene schwache, schläfrige NG Unterkühlung Trennungsstress
31 Risikokinder
32 Prävention
33 Prävention Frühfütterung reduziert die Rate an Zufütterung Interdisziplinäre Zusammenarbeit!
34 Prävention Information Realistische Vorstellung der Milchmenge in den ersten Tagen Realistische Vorstellung des Nahrungsbedarfs in den ersten Lebenstagen Bedeutung von Kolostrum Schreien / Unruhe / waches Baby bedeuten nicht immer Hunger Bedarf nach Nähe, Rebonding Gefahren des unkritischen Zufütterns
35 Indikationen bitte nicht vergessen: Muttermilch ist immer Mittel der ersten Wahl
36 Indikationen Medizinische Gründe für Zufüttern BFHI Es ist zu unterscheiden zwischen: Säuglingen, die nicht an der Brust gestillt werden können, für die aber Muttermilch/Frauenmilch die Nahrung der Wahl bleibt Säuglingen, die keine Muttermilch oder irgendeine andere Milchnahrung einschließlich der üblichen künstlichen Säuglingsnahrungen bekommen sollten, sondern eine Spezialformulanahrung erhalten müssen Säuglingen, für die keine Muttermilch/Frauenmilch zur Verfügung steht Mütterlichen Konditionen, die die Stillempfehlung beeinträchtigen können
37 Säuglinge, die (vorübergehend) nicht an der Brust gestillt werden können Schwache Babys Orale Auffälligkeiten Saugprobleme Von der Mutter getrennte Neugeborene können abgepumpte MM mit Löffel, Becher, Sonde oder Fingerfütterung erhalten
38 Säuglinge, die nicht an der Brust gestillt werden können Gefahr übermäßiger Gewichtsabnahme Schlechte Gewichtszunahme Gefahr von Hypoglykämien Phototherapiepflichtiger Ikterus Schläfrigkeit Frustration Wunde Brustwarzen Ungenügende Stimulation der Brust Überschießender Milcheinschuss Verspäteter Milcheinschuss Zu wenig Muttermilch
39 Säuglinge, die nicht an der Brust gestillt werden können
40 Säuglinge, die keine Muttermilch erhalten sollen Seltene Stoffwechselerkrankungen Galaktosämie Glucose-Galaktose-Malabsorption PKU (teilweises Stillen möglich) Fettstoffwechselstörungen brauchen evtl. Glykogenosen zusätzliche Nahrung Harnstoffzyklusdefekte
41 Säuglinge, für die keine Muttermilch/Frauenmilch zur Verfügung steht Räumliche Trennung Logistische Probleme Mutter postnatal in schlechtem AZ Verstorbene Mutter
42 mütterliche Konditionen bestimmte mütterliche Medikation einige mütterliche chron. Infektionen akute Infektionen: Herpes simplex an der Brustwarze beidseitige Mastitis Mutter in Narkose/ während OP Substanzmissbrauch: Alkoholikerinnen, Drogenkonsum
43 Indikationen ggf. zusätzliche Nahrung Säuglinge, die aufgrund medizinischer Probleme einem Risiko zu niedriger Blutzuckerwerteausgesetzt sind, wenn Muttermilch nicht sofort verfügbar ist Risikokinder Hypoglykämie Medizinische Gründe für Zufüttern BFHI
44
45 Indikationen ggf. zusätzliche Nahrung Säuglinge mit sehr niedrigem Geburtsgewicht oder sehr früh geborene Babys <1500 g oder <32 Schwangerschaftswochen Aber Kolostrum ist besser! Hypos durch Infusion vermeiden
46 Indikationen ggf. zusätzliche Nahrung Säuglinge, die dehydriert oder fehl-/unterernährt sind, und Muttermilch/ Frauenmilch allein den Mangel nicht beheben kann
47 Indikationen ggf. zusätzliche Nahrung Säuglinge mit starkem Flüssigkeits- bzw. Gewichtsverlust >10%, falls es nicht möglich ist, eine ausreichende Flüssigkeits- bzw. Nahrungsversorgung durch häufigeres Anlegen/Abpumpen von Muttermilch und deren Zufütterung mit Alternativ-Methoden zu gewährleisten. Turgorreduktion Polyglobulie Durstfieber
48 Übertragene Kinder Clifford Kinder unter Phototherapie Sehr schwere Neugeborene Sehr leichte Neugeborene Späte Frühgeborene Später Milcheinschuss Suboptimales Stillmanagement (Z.n. Zufüttern!) Mütterlicher Blutverlust Hypothyreose Schlechte Saugstimulation Saugprobleme Zungenbändchen Müdes Neugeborenes Krankes Neugeborenes
49 Der Hunger des Neugeborenen ist größer als das aktuelle Muttermilchangebot trotz optimalen Stillmanagements zufüttern medizinisch nicht indiziert aber zur Beruhigung der Situation??
50 Checkliste medizinisch nicht indiziertes Zufüttern Stillmanagement wirklich optimal? andere Gründe für Unruhe? Rebonding, Tragen probiert? sind Risiken der Zufütterung bekannt? will die Mutter überhaupt zufüttern? wann wird der Milcheinschuss kommen? wie angespannt ist die Situation? Dokumentation
51 Zufüttern Indikation klären was? Muttermilch, Frauenmilch, Formula Wie viel? normale Gewichtszunahme, normaler BZ Wann? nach dem Stillen, beim Stillen, jede Mahlzeit? Wie? alternative Zufüttermethoden, Flasche? Wie lange? zeitlich begrenzt
52 Zufüttern an der Brust
53 Zufüttern an der Brust
54 Zufüttern per Spritze
55 Zufüttern mit Löffel oder Becher Bild: Handbuch der stillenden Mutter, LLL
56 Zufüttern - Fingerfütterung
57 Zufüttern - Risiken n n n n n Unumkehrbare Beeinflussung des Stoffwechsels Pädagogisch psychologischer Aspekt ( meine Milch reicht nicht aus ) Unzureichende Stimulierung der Milchbildung zu wenig MM Saugstörungen Frühes Abstillen
58 Schlussfolgerung Bitte kein Fläschchen mal einfach so kann Stoffwechsel unumkehrbar beeinflussen kann Stillen negativ beeinflussen frustriert Mutter ist medizinisch völlig unnötig Warum macht man es trotzdem??
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