Fachverband Freizeit- und Sportbetriebe. EU-Sektorenbericht Fremdenführer Österreich
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- Margarethe Kohl
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1 Fachverband Freizeit- und Sportbetriebe EU-Sektorenbericht Fremdenführer Österreich Informationspapier, Oktober 2015
2 Überblick über die gesetzlichen Rahmenbedingungen und das nationale System zur Interessenvertretung der Fremdenführer 1. Definition Fremdenführergewerbe Einer Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Fremdenführergewerbes ( 94 Z 21 GewO) bedarf es für die Führung von Personen, um ihnen die historischen Reichtümer und das künstlerische und kulturelle Erbe Österreichs (öffentliche Plätze und Gebäude, Sammlungen, Ausstellungen, Museen, Denkmäler und Erinnerungsstätten, Kirchen, Klöster, Theater und Vergnügungsstätten, Industrie- und Wirtschaftsanlagen, Brauchtumsveranstaltungen sowie Besonderheiten von Landschaft, Flora und Fauna), die gesellschaftliche, soziale und politische Situation im nationalen und internationalen Zusammenhalt, 3. sportliche und gesellschaftliche Veranstaltungen zu zeigen und zu erklären. 108 Abs.1 GewO Liste der einzelnen und vorbehaltenen Tätigkeiten: siehe oben Liste der mit anderen Berufen geteilten Tätigkeiten: Kein reglementiertes Gewerbe gemäß 94 Z 21 GewO sind unbeschadet der Rechte Fremdenführer die nur in den Fahrzeugen des Ausflugswagen-Gewerbes, Mietwagen- Gewerbes, Taxi-Gewerbes und Fiaker-Gewerbes gegebenen Erläuterungen, Führungen, die in Gebäuden oder im Gelände von den dort Verfügungsberechtigten oder deren nachweislich Beauftragten durchgeführt werden, die vom Reisebetreuer ( 126 Abs. 4) bei der Betreuung von Reisenden gegebenen Hinweise; in diesem Sinne darf der Reisebetreuer in Ausübung seiner Tätigkeit die Gäste auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam machen. 2
3 AUSZUG AUS DER EUROPÄISCHEN NORM CEN (STANDARDISIERTES WÖRTERBUCH TOURISMUS) Reiseleiter tour manager Person, die im Auftrag des Reiseveranstalters den Reiseablauf leitet und beaufsichtigt und dabei sicherstellt, dass das Programm gemäß dem Vertrag zwischen Reiseveranstalter und Reisenden/Kunden durchgeführt wird, und die örtliche praktische Informationen gibt directeur de circuit personne qui, pour le compte du voyagiste, dirige et supervise le déroulement du voyage, s assurant que le programme est suivi tel que décrit dans la brochure et vendu au voyageur/consommateur et qui donne des informations pratiques person who manages and supervises the itinerary on behalf of the tour operator, ensuring the programme is carried out as described in the tour operator s literature and sold to the traveller/consumer and who gives local practical information director de tur o jefe de grupo o correo de turismo Reisebegleiter tour escort Repräsentant eines Reiseveranstalters zur allgemeinen Betreuung von Reisenden representative of a tour operator providing basic assistance to travellers accompagnateur acompañante représentant d un voyagiste assurant une assistance de base aux voyageurs Örtlicher Vertreter local representative Person oder Agentur im Zielgebiet, die von einem Reiseveranstalter beauftragt ist, Reisenden praktische Unterstützung zu leisten und administrative Angelegenheiten zu erledigen person or agency at a place of destination charged by a tour operator to give practical assistance to travellers as well as to handle administrative issues représentant local personne ou agence qui pour le compte du voyagiste procure une assistance pratique aux voyageurs et des affaires administratives, sur place representante local Gäste-/Fremdenführer tourist guide Person, die Besucher in der Sprache ihrer Wahl führt und das kulturelle und natürliche Erbe eines Gebiets erläutert, und normalerweise über eine gebietsspezifische Qualifikation verfügt, die üblicherweise von der zuständigen Behörde ausgegeben und/oder anerkannt wird guide touristique; guide interpréte personne conduisant une visite dans la langue choisie par les visiteurs et interprétant le patrimoine culturel et naturel d une aire géographique determinée. Cette personne habituellement a une qualification spécifique pour guider sur ce territoire, généralement délivrée et/ou reconnue par les autorités compétentes du pays person who guides visitors in the language of their choice and interprets the cultural and natural heritage of an area, which person normally possesses an area-specific qualification usually issued and/or recognized by the appropriate authority guia de turismo 3
4 Gästebetreuer/in host/hostess Person, die in Flughäfen, Bahnhöfen, Hotels, auf Ausstellungen/Messen und bei Veranstaltungen Besucher begrüßt und informiert, und/oder sich in Verkehrsmitteln um das Wohl der Fahrgäste kümmert assistant; hôtesse personne accueillant et informant les visiteurs dans les aéroports, les gares, les hotels, les expositions, les foires et les manifestations diverses, et/ou s occupant des passagers pendant le transport; person, who welcomes and informs visitors at airports, train stations, hotels, exhibitions/fairs and function/events and/or who attends to passengers in a means of transport Auxiliary 2. Historischer Hintergrund (a) Fremdenführergewerbe Das Fremdenführergewerbe war in Österreich bereits vor dem 2. Weltkrieg ein konzessioniertes Gewerbe mit Befähigungsnachweis und wurde mit der neuen Gewerbeordnung des Jahres 1973 zu einem gebundenen Gewerbe umgestaltet folgte dann die neuerliche Umgestaltung in ein reglementiertes Gewerbe. Der Gesetzestext des 108 GewO wurde an die EU-Richtlinien (Dienstleistungs- und Berufsanerkennungsrichtlinie) angepasst wurde eine neue Befähigungsprüfungsverordnung erlassen und auf deren Grundlage eine Prüfungsordnung des Fachverbandes der Freizeit- und Sportbetriebe der Wirtschaftskammer Österreich. In den erläuternden Bemerkungen zur GewO 1973 hat der Gesetzgeber ausdrücklich angeführt, dass das Fremdenführergewerbe deswegen reglementiert ist, weil dem Fremdenführer eine zentrale Position und Verantwortung in der Erklärung des kulturellen Erbes unseres Landes zukommt. Damit korreliert die weit überdurchschnittliche Bedeutung des Tourismus am österreichischen Bruttoinlandsprodukt. Das Fremdenführergewerbe hat heute einen zweistufigen Befähigungsnachweis, bestehend aus einem obligatorischen Lehrgang und einer Befähigungsprüfung, was es jedem auch ohne vorangegangene Praxis ermöglicht, sich für dieses Gewerbe zu qualifizieren. Ergänzend dazu sei angemerkt, dass der Reisebetreuer- (Reiseleiter-) Beruf in Österreich ein freies Anmeldegewerbe nach der GewO darstellt, und aufgrund der Ausnahmetatbestände (siehe oben Pkt. 1 Definition Fremdenführergewerbe ) Reisebetreuer in weiten Bereichen neben den Fremdenführern Erklärungen zu Sehenswürdigkeiten abgeben dürfen. 4
5 (b) Sektor-spezifische Informationen Das Fremdenführergewerbe gehört zum Bereich Tourismus- und Freizeitwirtschaft und stellt schon seit langer Zeit eines von fünf reglementierten Gewerben in diesem Sektor dar: - Gastronomie- und Hotellerie (Gastgewerbe) - Reisebüros - Fremdenführer - Vermittlung von Dienstverträgen für unselbstständige Künstler (Teilbereich der Arbeitsvermittlung) - Vermittlung von Dienstverträgen für unselbstständige Sportler (Teilbereich der Arbeitsvermittlung) Alle anderen Gewerbe in diesem Bereich sind freie Anmeldegewerbe, z.b. Reisebetreuer, Kartenbüros, Künstlervermittler. Die Regelungen erfolgen in der bundesweiten Gewerbeordnung. Es besteht Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer. 3. Wirtschaftszahlen a) Wirtschaftszahlen Fremdenführer Mitgliederstatistik Fremdenführer (Stand 12/2014) 5
6 Fremdenführer aktiv / ruhend Mitgliederwachstum 2008 bis 2014 (b) Die Fremdenführerbranche Der Fremdenführerberuf wird in Österreich fast ausschließlich von Klein- und KleinstunternehmerInnen in der Form von Ein-Personen-Unternehmen ohne Beschäftigung von Dienstnehmern ausgeübt. Die Beschäftigung von FremdenführerInnen als Dienstnehmer von Fremdenführern ist nebenrangig. Daher sind nähere Angaben zum Beschäftigungsstand für Österreich nicht relevant. Die Zahl der FremdenführerInnen ist in ganz Österreich seit dem Jahr 2001 um 44 % gestiegen, die Tendenz ist weiter steigend. Dies erweist eindeutig, dass die derzeit vorgeschriebene Berufsqualifikation kein Berufszugangshindernis für interessierte Personen darstellt. 6
7 Am Beispiel Wien ist die entsprechende Entwicklungskurve erkennbar: Mitgliederentwicklung: Die Mitgliederzahlen sind analog Wiens ständig steigend. Die von Fremdenführern verlangten Entgelte unterliegen keinen gesetzlichen Reglementierungen. Der Verein der geprüften Wiener Fremdenführer gibt für seine Mitglieder die folgenden Entgeltinformationen bekannt (üblicherweise verrechnete Entgelte): Preis pro Halbtagsführung: Personen Euro 173,-- inkl.20%ust. (netto Euro 146,17) Personen Euro 183,-- inkl.20%ust. (netto Euro 152,50) Personen Euro 198,-- inkl. 20 % Ust. (netto Euro 165,00) jede angefangene Überstunde Euro 58,-- inkl. 20 % Ust. (netto Euro 48,33) Personen Euro 61,-- inkl. 20 % Ust. (netto Euro 48,33) Personen Euro 66,-- inkl. 20 % Ust. (netto Euro 48,33) Personen Berechnungen der Wirtschaftskammer haben ergeben, dass die Tätigkeit eines hauptberuflich tätigen Fremdenführers durch entsprechendes Verbreiten/Weitergeben der Eindrücke seitens geführter Gäste auf bis zu Personen jährlich ausstrahlt. 7
8 4. Jüngste Reformen und Überprüfungen des Fremdenführergewerbes (a) Fremdenführergewerbe Da der Beruf sich absolut positiv entwickelt, vor allem hinsichtlich der steigenden Mitgliederzahlen, wurde er keinem speziellen Screening unterzogen. Es besteht aus unserer Sicht kein unmittelbarer Reformbedarf. Aufgrund des Instruments der individuellen Befähigung in der Gewerbeordnung ist ein flexibler Berufszugang gewährleistet, der auch anlassbezogen regelmäßig umgesetzt wird; so können auch gut qualifizierte Personen ohne obligatorischen Kursbesuch zu einem informellen Fachgespräch in der Wirtschaftskammer antreten. (b) Sektor-spezifische Informationen Vergleichende Screenings mit den Bereichen Gastronomie und Reisebüros erscheinen aus unserer Sicht aufgrund der Verschiedenartigkeit der Berufe nicht sinnvoll. Ein Screening erfolgt hier im Rahmen der Berufsanerkennungsrichtlinie durch das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Die diesbezüglichen Informationen sind in der Datenbank der reglementierten Berufe ersichtlich. 5. Bestehendes System zur Interessenvertretung der Fremdenführer (a) Fremdenführergewerbe Die staatliche Fremdenführerprüfung umfasst drei Module: den beruflich-fachlichen Teil (wie Kunstgeschichte, Geschichte, Tourismuslehre, Fremdenverkehrsgeografie und dergleichen), das Praxismodul (Probeführung und Überprüfung der Fremdsprachenkenntnisse) und das Unternehmermodul (Rechtskunde, Betriebswirtschaft, Rhetorik und Kommunikation). Die obligatorische Ausbildung umfasst laut Gewerbeordnung zumindest 250 Lehreinheiten. Es werden in den Wirtschaftsförderungsinstituten der Wirtschaftskammer (WIFI) und in Wien durch das Beförderungsinstitut (BFI) ausreichend Kurse angeboten. Auch minderjährige Personen, die über die erforderliche Befähigung verfügen, dürfen als Dienstnehmer von Fremdenführern Führungen durchführen. Eine vorherige Berufspraxis ist für den Berufsantritt nicht verpflichtend. 8
9 Fremdenführer sind verpflichtet, bei ihrer Berufsausübung einen amtlichen Lichtbildausweis (Fremdenführerlegitimation) mitzuführen. Sie sind berechtigt, eine international gebräuchliche Berufsbezeichnung (z.b. tourist guide ) zu verwenden. Von Fremdenführern werden Führungen derzeit in rund 40 verschiedenen Sprachen angeboten. Der Fremdenführerberuf hat den Status eines reglementierten Gewerbes und unterliegt damit dem allgemeinen Aufsichtsrecht der Gewerbebehörden. Zusätzlich zur verbindlich vorgeschriebenen Befähigung ermöglicht die Interessenvertretung (Fachverband und Fachgruppen der Freizeit- und Sportbetriebe in der WKO) eine qualitativ hochstehende, fortlaufende berufliche Weiterbildung über das Portal Bei Erreichen eines bestimmten Punktestandes erhalten die AbsolventInnen eine Urkunde der Wirtschaftskammer. Eine verpflichtende Haftpflichtversicherung besteht nicht, jedoch sind viele Fremdenführer freiwillig versichert. Es ist konkret geplant, im Rahmen dieses Fortbildungsprogramms auch Weiterbildungen im Hinblick auf Konsumentenschutz/Sicherheit aufzunehmen. In der obligatorischen Basisausbildung werden solche Inhalte bereits vermittelt: Verhalten in Notfallsituationen, Sicherheitsrichtlinien im Bus (z.b. betreffend Anschnallen, Ein- und Aussteigen sowie Verhaltensregeln für den Fremdenführer) sowie bei Spaziergängen zu Fuß (Überqueren von Verkehrswegen, Positionieren von Gruppen, Routenplanung unter besonderer Beachtung von Sicherheitsaspekten wie Bodenbeschaffenheit, Stiegen und dergleichen). Die angebotenen Kursinhalte betreffen auch den Barrierefreien Tourismus (Führen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen; erhöhte Sicherheitsstandards wie Hinweise auf Rampen, abgeschrägte Gehsteige, Befahrbarkeit von Pflasterungen mit Rollstühlen). In der Ausbildung ist insbesondere auch ein Erste-Hilfe-Kurs im Umfang von 15 Stunden inkludiert. (b) Sektor-spezifische Informationen Die Schutzinteressen sind bei allen reglementierten Gewerben im Bereich Tourismusund Freizeitwirtschaft ident, es gibt keine Unterschiede. Der vorwiegende Schutzzweck kommt aus dem Bereich Konsumentenschutz. Die gesetzliche Interessenvertretung hat als Empfehlung für die Berufsausübung ein Berufsbild veröffentlicht 9
10 6. Institutionelle Organisation (a) Fremdenführergewerbe Das Fremdenführergewerbe ist in der Gewerbeordnung (Bundesgesetz) bundesweit einheitlich geregelt. Die maßgebenden Instanzen sind das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft als oberste Aufsichtsbehörde, die einzelnen Gewerbebehörden (Bezirkshauptmannschaften, in Städten mit eigenem Statut: Magistrate, in Wien Magistratische Bezirksämter) als unmittelbare Aufsichtsbehörden und die Wirtschaftskammer als gesetzliche Interessenvertretung. Die behördliche Aufsicht spielt eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, da die ordnungspolitische Handhabung durch die Wirtschaftskammer erfolgt. Vor kurzem wurde in der Branche auch das Projekt von Standesregeln diskutiert, konnte aber zu diesem Zeitpunkt noch zu keinem Abschluss gebracht werden. (b) Sektor-spezifische Informationen Die maßgebenden Instanzen sind das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft als oberste Aufsichtsbehörde, die einzelnen Gewerbebehörden (Bezirkshauptmannschaften, in Städten mit eigenem Statut: Magistrate, in Wien Magistratische Bezirksämter) als unmittelbare Aufsichtsbehörden und die Wirtschaftskammer als gesetzliche Interessenvertretung. Die behördliche Aufsicht spielt eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, da die ordnungspolitische Handhabung durch die Wirtschaftskammer erfolgt. Dieselbe Struktur gilt für die anderen reglementierten Gewerbe und auch allen anderen Gewerbe in diesem Sektor. Die Wirtschaftskammer ist Mitglied der Europäischen Fremdenführervereinigung FEG und Gründungsmitglied des Weltverbandes der Fremdenführervereinigungen Beide Organisationen bieten für die Fremdenführer europa- bzw. weltweit qualifizierte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen an, insbesondere finden regelmäßig Fachveranstaltungen statt. Der Weltverband hat sich dem UNWTO Ethik Dekret unterworfen, welches sich gegen jegliche Diskriminierung und für Erhaltung der kulturellen Kunstschätze ausspricht; Die verlässliche Einhaltung solcher Standards ist nur durch entsprechend ausgebildete Fremdenführer gewährleistet. 10
11 7. Zertifizierung Da das Fremdenführergewerbe in Österreich gesetzlich reglementiert ist, gibt es keine freiwillige Berufsausbildung. Hier ist aber nochmals auf die freiwillige berufliche Weiterbildung im Rahmen des Portals hinzuweisen. In Wien wird Absolventen des freiwilligen Reiseleiterlehrganges am Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer ein Semester der 4-semestrigen Fremdenführerausbildung angerechnet. Eine Zertifizierung gibt es nicht für die einzelnen Lehrgangsteilnehmer bzw. Gewerbetreibenden, aber für die Ausbildungen. So ist der Wiener Fremdenführerkurs durch das Österreichische Normungsinstitut nach der Europäischen Fremdenführernorm CEN zertifiziert, und ebenso der niederösterreichische Kurs. 8. Weitere Informationen Der Fachverband der Freizeit- und Sportbetriebe in der Wirtschaftskammer Österreich hat ein Argumentarium für die Beibehaltung der Reglementierung veröffentlicht: Den Vorteilen der Reglementierung laut Argumentarium stehen folgende Risiken der Deregulierung gegenüber: Der Fremdenführer-Beruf ist eine höchstpersönliche Dienstleistung, die im Wesentlichen ohne Einsatz von Betriebsmitteln oder Betriebsanlagen standortungebunden ausgeübt wird. Wenn es keine Qualifizierungsanforderungen gibt, ist daher der Berufszugang extrem einfach, da mit keinerlei finanziellem oder organisatorischem Aufwand verbunden. Es kann erwartet werden, dass im Falle einer Deregulierung viele auch nicht entsprechend ausgebildete Marktteilnehmer, vielfach nebenberuflich und saisonal, auf den Markt drängen werden, deren Tätigkeiten aufgrund des ambulanten Charakters des Gewerbes schwer bis gar nicht kontrollierbar sind. Abgesehen von der zweifelhaften Qualität der Dienstleistung selbst ist zu befürchten, dass vielfach unbefugte Tätigkeiten (ohne Gewerbeberechtigung) vorliegen werden und Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen werden. Da der Fremdenführer-Beruf ein typischer Einpersonenunternehmerberuf ist, hätte eine Deregulierungsmaßnahme auch keinen positiven beschäftigungspolitischen Effekt. Die Nachteile würden 11
12 gegenüber den Vorteilen eindeutig überwiegen, da der Anspruch des Qualitätstourismus und auch des Konsumentenschutzes grob unterlaufen würden (z.b. keine Sicherheitsschulung und keine rechtlichen Basiskenntnisse der Betreffenden). Die ausgebildeten Fremdenführer, die viel Zeit und Geld in die Qualität ihrer Dienstleistung investiert haben, würden auch durch die Preispolitik dieser Anbieter unter Druck kommen, was insgesamt zu einer drastischen Qualitätsnivellierung in diesem Marktsegment resultieren würde, was wiederum zum Nachteil der Konsumenten wäre. In den touristischen Ballungsräumen würden einander die vielen unkontrollierten Anbieter buchstäblich gegenseitig über den Haufen rennen, mit allen negativen Begleiterscheinungen (wie z.b. aggressive Geschäfts- und Werbepraktiken, Anbahnung von Geschäften auf öffentlichem Grund, unkontrollierte weitere illegale Zusatzangebote wie Ticketverkauf, Zimmervermittlung, Beförderungsleistungen, Reiseleistungen und dergleichen). Es kann auch angenommen werden, dass diese vielen peripheren Dienstleister im Gegensatz zu den ausgebildeten und geprüften Fremdenführern über keine Berufshaftpflichtversicherung verfügen würden. Im Falle von Sicherheitsübungen einzelner Kulturstätten (z.b. Schönbrunn Feuerschutzübung) bzw. betreffend die Einhaltung der Hausordnungen touristischer Institutionen (z.b. keine Verwendung von Sprachverstärkern mit störender Auswirkung auf andere) wäre die Teilnahme völlig frei agierender Mitbewerber nicht gewährleistet: ein sichtbarer Nachteil für den Kunden. Im reglementierten System ist insbesondere sichergestellt, dass die Gewerbetreibenden das Nichtausüben ihrer Leistung bzw. die Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit gemäß den Rechtsvorschriften melden, was bei nicht ausgebildeten Dienstleistern zumindest fraglich ist. Nicht ausgebildete Gewerbetreibende werden auch kaum Interesse an den angebotenen Weiterbildungsmaßnahmen haben bzw. vielfach nicht qualifiziert sein, an diesen teilzunehmen. In einem tourismusorientierten Land wie Österreich mit einem extrem hohen Anteil des Tourismus am Bruttoinlandsprodukt von rund 14% liegt die qualitative Betreuung Reisender durch ausgebildete Dienstleister, die eine geprüfte Qualität verbürgen, im allgemeinen Interesse. Gerade die Geschichte Österreichs hat dermaßen starke gesamteuropäische Bezüge, die vom Atlantischen Ozean bis ans Mittelmeer und von der Nordsee bis Süditalien reichen, sodass Fremdenführer über eine fundierte Qualifikation verfügen müssen um dieses gesamteuropäische kulturelle Erbe ihren 12
13 Gästen entsprechend darstellen zu können. Fundierte und ausgewogene Erklärungen stehen hier in einem gesamteuropäischen Kontext. Weltweit geht der Trend zur Stärkung der lokalen Anbieter, um eine Dienstleistungsrendite vor Ort zu belassen (siehe auch Artikel Tourism and Culture, UNWTO Cambodia, 2015); dies ist insbesondere auf der Grundlage reglementierter Ausbildungen gewährleistet. Ausgebildete Fremdenführer werden insbesondere im verkehrspolitischen Interesse geschult (z.b. festgelegte Busrouten, Busparkplätze bzw. Ein- und Ausstiegsstellen) und sind daher wichtige Partner der Buslenker in ordnungspolitischer Hinsicht. Die Schulung erstreckt sich auch auf Sicherheit im Bus, was den Konsumenten unmittelbar zu Gute kommt. Gerade in touristischen Spitzenzeiten wie z.b. vor Weihnachten ist es essenziell, dass die komplizierte festgelegte Busorganisation in touristischen Ballungsräumen eingehalten wird, was nur durch geschulte Gewerbetreibende möglich ist. Alle hier angeführten Aspekte allgemeinen Interesses sind nur durch ein entsprechendes Berufsqualifikationssystem sicherzustellen, da es nicht möglich ist, unqualifizierte Personen nachträglich bzw. während ihrer Berufsausübung verpflichtenden Standards zu unterwerfen. Astrid Legner Branchensprecherin der Fremdenführer Dr. Klaus-Christian Vögl Mag. Matthias Koch Mag. Lisa Kristan Fachgruppe Freizeit- und Sportbetriebe Fachverband Freizeit- und Sportbetriebe Judenplatz 3-4 Wiedner Hauptstr. 63 I B4 08 I 1045 Wien 1010 Wien T: +43-(0) I F: + 43-(0) T: +43-(0) E: freizeitbetriebe@wko.at E: klaus.voegl@wkw.at H: H: Wien, Oktober
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