DIE FARBENWERKSTATT. Udo Lange; Pädagogische Ideenwerkstatt BAGAGE e.v. Freiburg

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1 Udo Lange; Pädagogische Ideenwerkstatt BAGAGE e.v. Freiburg Brigitta Blinkert, Waldwerkstatt Freiburg DIE FARBENWERKSTATT Die Herstellung von Farben begleitet die Menschheit seit Anbeginn aller kulturellen Entwicklung. Als Malmittel haben vor allem Sande und natürliche Farberden wie Ocker, Kalk und Rötel eine lange Vorgeschichte, denn sie wurden schon in frühen Stammeskulturen verwendet. Historisch betrachtet, handelt es sich bei den bunten Erden neben Asche und Kohlenstaub um die ältesten Farbpigmente überhaupt. Anders als feine, industriell aufbereitete Farben entfaltet dieses elementare Material eine Aura des Ursprünglichen und Authentischen. Ob die Steinzeitmenschen ihre Höhlen ausmalten, spätere Künstler an den Kirchenwänden Bilder schufen oder Stubenmaler die Wohnungen ausschmückten, die Farbenherstellung war immer Sache der Maler. Zu den Pigmenten, den bunten Erden, kam in der Antike Eiweiß oder Kasein als Bindemittel hinzu, und spätestens seit dem Mittelalter entwickelte sich die hohe Schule der geheimen Malmittel aus Harzen, Gummis, seltenen Mineralien oder dem exotischen Schellack und Drachenblut. Aber immer waren es natürliche Rohstoffe, aus denen die Handwerker und Künstler mit überlieferten Sachverstand ihre Farben selbst herstellten. Somit waren viele der Maler auch immer Naturforscher und kannten die Geheimnisse der Naturchemie. 1

2 Was ist Farbe? Letztendlich bestehen alle Farbrezepturen aus drei gemeinsamen Komponenten, nämlich Pigmenten Bindemittel Lösungsmittel Die Pigmente sind Farbkörper, also das, was die Farbe bunt macht. Auch Schwarz und Weiß gehören hierzu. Berühmte Pigmente werden seit Jahrtausenden an bestimmten Lagerstätten abgebaut. Manche der Fundstätten finden sich in der Namensgebung der jeweiligen Farben wieder, wie beispielsweise das Terra di Siena, das Kassler Braun oder das Englisch Rot. Sie werden entweder aus Gesteinen (Mineralien) oder Erden gewonnen und für die Farbherstellung in Mühlen und mit Mörsern sehr fein gemahlen. Die Bindemittel haben die Aufgabe, die Pigmente untereinander und auf dem Malgrund so zu befestigen, dass eine haltbare, nicht abfärbende Schicht entsteht. Bindemittel sind also Kleber, die aber nicht zu zäh sein dürfen, sich verdünnen lassen und gut trocknen. Zu den ungiftigen Bindemitteln zählen beispielsweise Mehlkleister, Knochenleim, Eigelb, Kaseinleim (fermentierte Milch), Kirschgummi (Baumharz) und sogar Bier. Die Lösungsmittel haben die Aufgabe, die Bindemittel zu verflüssigen und die Farbe somit streichfähig zu machen. An erster Stelle steht hier das Wasser, das für viele Bindemittel ein geeignetes Lösungsmittel ist. Alle Stärkesorten (Mehlkleister), Eiweißverbindungen, Kaseine und sämtliche Gummis (das sind die harzähnlichen Säfte von Laubbäumen, z. B. dem Kirschbaum) sind wasserlöslich. Für die Farbrezepturen im Kindergarten ist Wasser als Universallösungsmittel vollkommen ausreichend, für aufwendigere Bindemittel wie Harze oder Wachse verwenden wir Alkohol und echtes Pflanzenterpentin. 2

3 Eine Auswahl an Pigmenten und Erden geeignet für den Kindergarten Ocker Gelb z. B. Goldocker italienisch Natürliches Verwitterungsprodukt von eisenhaltigen Gesteinen und Mineralien. Ocker Rot Natürliches Erdpigment, der gelbe Ocker wird bei hohen Temperaturen in speziellen Öfen gebrannt und erhält hierdurch seine rote Farbe (ähnlich Ziegelsteinen) Englisch Rot Das Englischrot ist den roten Erden nah verwandt und besitzt die gleichen Eigenschaften. Dieses natürliche Erdpigment wird ebenfalls gebrannt, um den leuchtenden Rotton zu erhalten. Englisch Rot ist wie die anderen Erdfarben absolut lichtecht und witterungsbeständig. Es wird auch unter den Bezeichnungen Pompejanisch Rot und Venezianisch Rot geführt. Terra di Siena gebrannt Terra di Siena besteht aus kieselsaurer Tonerde und Eisenoxid. Umbra Rehbraun Natürliches Erdpigment, Umbrien kommen in verschiedenen Farbtönen vor (Umbra gebrannt, Umbra rehbraun, Umbra rötlich, Umbra grünlich. Grüne Erde z. B. Vagone Grüne Erde Wird auch unter den Bezeichnungen Grünerde, Veroneser Grüne Erde, Veroneser Grün, Böhmische Grüne Erde (je nach Fundort) geführt. Ultramarin Blau Künstliches Mineralpigment, hergestellt durch Erhitzen von Soda, Ton und Schwefel. Es ist ungiftig und mit allen Erdpigmenten mischbar. Titanweiß Rutil Künstliches Mineralpigment aus dem Mineral Ilmenit. Wird u.a. in Skandinavien und Australien abgebaut und erst seit 1918 in der Farbenherstellung verwendet. Bei Titanweiß fällt zur Herstellung zwar Dünnsäure an, die jedoch recycelt wird und als Schwefelsäure in der Industrie Verwendung findet. Da es von den Weißpigmenten die höchste Lichtbrechung besitzt, hat es die beste Deckfähigkeit. Eisenoxidschwarz Künstliches Mineralpigment aus Eisenoxid wie beispielsweise Eisenschrott gewonnen. Alle Pigmente sind absolut lichtecht und ungiftig für Mensch und Umwelt. 3

4 Farbrezepturen zur Herstellung von Erdfarben Grundlage all dieser Rezepturen ist es, Farben herzustellen, die vollkommen ungiftig sind, aus der Natur stammen und schließlich beim Entsorgen der Farbreste wieder in den Kreislauf der Natur gelangen, ohne die Umwelt zu belasten. Die folgenden Rezepturen dienen als grober Leitfaden und wollen zum eigenen Experimentieren anregen. Sie dienen als Orientierung und müssen vor allem bei der Atelierarbeit nicht in allen Details peinlich genau befolgt werden, entscheidender sind die eigenen Erfahrungen. Leimfarbe Leimfarben sind preiswert, einfach herzustellen und besonders umweltverträglich. Mit Weizenmehl (noch besser wäre Roggenmehl) ist der einfachste Stärkekleister kinderleicht herzustellen. Eine Grundregel lautet hier: So wenig Mehl wie möglich in die Farbe, also so viele Pigmente, wie gerade noch wischfest verklebt werden können. Diese absolut ungiftige Mischung kann auf saugfesten Untergründen wie Papier oder Pappe sogar mit den Fingern aufgetragen werden und ist, fast wie eine Fingerfarbe, schon für die Arbeit mit kleinsten Kindern ohne Bedenken geeignet. Wir nehmen einen gehäuften Teelöffel Mehl und rühren diesen in 150 ml kaltes Wasser ein. Das Wasser wird unter Rühren bis zum Aufwallen erhitzt und fertig ist der sämige Farbenleim. Eine Prise (ca. 5%) Pigmentzugabe ergibt gute Lasuren, weitere Beimischung von Pigmenten bis zur Dickflüssigkeit ergibt brauchbare Deckfarben. Eifarbe Ein sehr gutes Farbbindemittel finden wir im Hühnerei. Die Malerei mit Ei hat eine lange Tradition, besonders die so genannte Eitempera ist ausdrucksfähig und von größter Dauerhaftigkeit. Die Leuchtkraft dieser Farbe ist groß und sie vergilben nicht. Auch reine Eigelbfarben ergeben eine relativ gute Festigkeit. Für die Arbeit im Kindergarten eignet sich eher die Eigelbfarbe, da sie im Gegensatz zur Volleifarbe nicht zur Rissbildung neigt und trotzdem wischfest ist. Das Arbeiten mit Eigelb Eigelb von Eiweiß trennen. Das feine Häutchen vom Eigelb mit dem Finger entfernen. Eigelb auf geeigneten Untersatz geben, Pigmente unterrühren und mit ein paar Tropfen Wasser verrühren bis die Mischung streichfähig ist. Der Zusatz von Wasser bewirkt neben dem schnelleren Trocknen auch eine höhere Leuchtkraft. Wir können dieser Mischung tröpfchenweise noch etwas Öl beigeben. Einfaches Sonnenblumenöl ist bereits geeignet, Leinölfirnis wäre besser, Leinstandöl erhöht die Wetterbeständigkeit für Arbeiten im Außenbereich. Die Beigabe von Öl erhöht die Leuchtkraft und macht die Farbe bedingt wasserfest. Wird dem Eigelb Öl beigemischt, ist auf die Reihenfolge zu achten: erst das Öl, dann das Wasser. Eigelbfarbe ist wie alle Eierfarben nur für den direkten Verbrauch bestimmt, danach werden sie schnell unappetitlich. Im Kühlschrank halten sie mit Folie abgedeckt ein paar Tage länger. 4

5 Das Arbeiten mit Vollei Man kann sich auch das Trennen sparen, das ganze Ei gut durchschlagen und damit arbeiten. Wenn wir mit dem ganzen Ei arbeiten, sind wir eigentlich schon auf dem Weg zur Temperafarbe, also der Mischung von öligen und wässrigen Bestandteilen. Die Volleifarbe ist im getrockneten Zustand deutlich härter und widerstandsfähiger als eine Eigelbfarbe. Erhärtetes Eiweiß ist, besonders nach längerer Einwirkung von ultraviolettem Licht, nur schwer wieder lösbar. Allerdings nehmen mit dem Anteil des Eiweiß auch die inneren Spannungen des Bindemittels zu und es besteht die Gefahr der Rissbildung. Daher bietet sich für den dickschichtigen Farbauftrag eher das Arbeiten mit Eigelbfarben an. Für Tuschbilder mit wässrigen Auftrag sind Volleifarben gut geeignet. Das Vollei in einem Schraubglas kräftig durchschütteln, bis es eine gleichmäßige Struktur hat; eventuell darin schwimmende Hagelschnüre entfernen. Das Vollei mit Pigmenten zu einer weichen Paste verrühren und schließlich mit Wasser auf Streichfähigkeit verdünnen. Und nicht zuletzt, die Pinselpflege! Das beste Gedächtnis ist nichts gegen einen guten Pinsel sagt ein altes chinesisches Sprichwort, will sagen, der beste Pinsel ist nichts, wenn der Benutzer ihn zu pflegen vergisst. Gut gepflegte Pinsel halten länger und werden in ihren Eigenschaften immer besser, je älter sie werden. Ein nicht sorgfältig gereinigter Pinsel zeigt schon nach kürzestem Gebrauch, dass sich die Pinselhaare spreizen, Farbrückstände verbleiben in der Zwinge, die Haare oder auch Borsten brechen am Zwingenrand. Wenn Pinsel zu lange im Wasser stehen, quillt das Haar und die gelöteten Zwingen platzen auf. Ein paar wichtige Grundsätze zur Pinselpflege: 1. Die Pinsel immer erst mal ausstreichen. So kann man den größten Teil der noch im Pinsel vorhandenen Farbe entfernen. 2. Wasserlösliche Naturfarben mit handwarmen Wasser auswaschen und mit Marseiller Seife nachspülen. Der Vorteil der Marseiller Seife (Olivenölseife, im Fachhandel für Künstlerbedarf erhältlich) ist, dass das Fett im Pinsel bleibt und er so leichter wieder in seine ursprüngliche Form kommen kann. Beim Auswaschen muss der Pinselkörper gut durchgerieben werden. Die Farbrückstände setzen sich sehr gern am Zwingenrand ab. Pinsel in Form bringen und bei Raumtemperatur aufrecht trocknen. 5

6 Bezugsquellen für Erdpigmente und natürliche Malmittel Kremer Pigmente Pädagogische Ideenwerkstatt BAGAGE e.v. Freiburg Aktueller Tipp für die Region Dresden: Die von uns verwendeten Pigmente für den Workshop in Dresden sind auch unter der folgenden Adresse zu beziehen Naturfarbenwerkstatt Pillnitzer Landstraße Dresden Ein Blick in den Laden lohnt sich! Fachkundige Beratung für den Bereich Kindergarten, Schule und Hort. Pädagogische Ideenwerkstatt BAGAGE e.v. Freiburg 6