Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung
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- Britta Roth
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1 Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung Dr. Christoph Hecht
2 Kleinkraftroller Piaggio Fly 50 4T Abbildung: Piaggio Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 2
3 Stufen des automatisierten Fahrens (nach BASt, VDA, SAE) Dauerhafte Steuerung / Überwachung durch den Fahrer Zeitweilige Befreiung von der Überwachungsanforderung Fahrerloser Betrieb Abbildung: VDA Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 3
4 Dauerhafte Steuerung / Überwachung durch den Fahrer Betrifft Stufe 0 Driver Only Stufe 1 Assistiert Stufe 2 Teilautomatisiert Merkmale Jedes Fahrzeug benötigt einen Fahrer Je nach System / Szenario muss er Längs- und Querführung selbst ausführen oder überwachen Fahrer darf sich nicht auf das System verlassen Abbildung: Mercedes-Benz Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 4
5 Dauerhafte Steuerung / Überwachung durch den Fahrer Verhaltensrecht Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr Straßenverkehrsgesetz Straßenverkehrsordnung Bußgeldkatalog Zivilrechtliche Haftung Fahrerhaftung ggf. Halterhaftung (Betriebsgefahr) ggf. Herstellerhaftung (Produkthaftung) Ergonomie Teilautomatisierung Teilautomatisierung kann dem Fahrer suggerieren, dass er den Fahrbetrieb nicht überwachen muss. Dauerhafte Überwachung eines automatisierten Prozesses ist ermüdend und verleitet zu Ablenkung Je "fehlerfreier" die Teilautomatisierung, desto schwieriger die dauerhafte Überwachung Wirksamkeit von "Überwachungs-Überwachung" (Hands-On Erkennung) ist noch wenig erforscht ADAC Empfehlung: Teilautomatisierung mit Überwachungsanforderung auf einzelne Fahrmanöver beschränken Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 5
6 Zeitweilige Befreiung von der Überwachungsanforderung Betrifft Stufe 3 Hochautomatisiert Stufe 4 Vollautomatisiert Merkmale Jedes Fahrzeug benötigt einen Fahrer Automatisierungssystem bewältigt bestimmte Szenarien (z.b. Autobahn) Der Fahrer darf sich zeitweilig von der Fahraufgabe abwenden und Nebentätigkeiten durchführen, die dauerhafte Überwachung ist nicht erforderlich Fahrer muss sich bereit halten, die Fahraufgabe nach Aufforderung oder nach eigener Erkenntnis kurzfristig wieder zu übernehmen (nur HAF?) Hersteller muss voraussichtlich regelmäßig prüfen, ob der Fahrer noch verfügbar ist Abbildung: Volvo Hersteller muss das Fahrzeug in einem sicheren Zustand versetzen, falls der Fahrer der Übernahmeaufforderung nicht nachkommt (nur VAF?) Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 6
7 Zeitweilige Befreiung von der Überwachungsanforderung Verhaltensrecht In WÜ68, StVG, StVO nicht vorgesehen möglicherweise implizite Genehmigung über entsprechende Bauartvorschriften (ECE-Regeln) Vorschlag VDA: explizite Regelung in StVG, StVO Zivilrechtliche Haftung Halterhaftung (Betriebsgefahr) ggf. Herstellerhaftung (Produkthaftung) Gesetzliche Haftungsgrenzen der Halterhaftung für Personenschäden anheben? ungelöst: ist für jeden Verkehrsverstoß eine natürliche Person verantwortlich? schwierig: technische Anforderungen (Prüfkriterien) an ein System, das die Befreiung von der Überwachungsanforderung begründet ADAC Position: Verschuldensprinizip muss den Fahrer vor Strafe schützen, Deutschland kennt keine Halterhaftung Abbildung: Mercedes-Benz Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 7
8 Fahrerloser Betrieb Betrifft Stufe 5 Fahrerlos Merkmale: Ein Fahrer ist nicht erforderlich Alle Personen im Fahrzeug sind Passagiere und müssen / können niemals eingreifen (analog zu einem selbstbedienten Aufzug) Leerfahrten sind möglich Hol- und Bringdienste sind möglich Beispiele Valet-Parking Robotaxis, Robotrucks Abbildung: Google Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 8
9 Fahrerloser Betrieb Verhaltensrecht In WÜ68, StVG, StVO nicht vorgesehen: "Jedes Fahrzeug benötigt einen Fahrer" Vorschlag Belgien/Schweden (UNECE WP.1): entsprechenden Automatisierungsfunktionen die Fahrereigenschaft zuweisen Außerhalb Geltungsbereich der StVO möglich: Flurförderanlagen, Parkshuttle, Schienenbahnen, zukünftig auch Parkhäuser? Abbildung: Local Motors ADAC Position: Diskussion über Vorund Nachteile des fahrerlosen Betriebs muss noch geführt werden Zivilrechtliche Haftung Halter- oder Betreiberhaftung (Betriebsgefahr) ggf. Herstellerhaftung (Produkthaftung) Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 9
10 Treiber der Fahrzeugautomatisierung Hersteller-Wettbewerb Innovationsfähigkeit demonstrieren Differenzierung vor der Konkurrenz Komfort / Bequemlichkeit zunehmend Stau und stockender Verkehr "Autofahren" ist keine heroische Herausforderung mehr, sondern lästige Pflicht mobile Infotainmentangebote konkurrieren mit der Fahraufgabe Produktivität erfordert: Befreiung von der Überwachungsanforderung Abbildung: Mercedes-Benz Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 10
11 Wirkungen - Verkehrssicherheit Pro Weniger (menschliche) Verhaltensfehler Defensive Auslegung der Automatisierungsfunktion Hohe Regelkonformität Contra Automatisierungsrisiken (Grenzen der Sensorik, Messfehler, Programmlogik, Bauteilversagen) Mangelnde Intuition, kein Antizipieren von Situationen, fehlende Erfahrung Defizite bei der informellen Kooperation von Verkehrsteilnehmern Strikte Regelbefolgung kann zu Missverständnissen im Mischverkehr führen Abbildung: Bosch ADAC Bewertung: Automatisierungsfunktionen werden mindestens so sicher sein wie menschliche Fahrer Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 11
12 Wirkungen - Fahrzeugflotte Einflussfaktoren Automatisierung gesetzliche Rahmenbedingungen, Produktivitätsvorteile, fahrerloser Betrieb Subventionen, Steuerrecht Elektrifizierung Vernetzung Kraftstoffpreise Parkraummanagement Sharing-Economy ADAC Bewertung: Einführung der Automatisierung erfolgt evolutionär, nicht disruptiv lang anhaltender Mischverkehr automatisierter und nicht automatisierter Fahrzeuge Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 12
13 Wirkungen - Verkehrsaufkommen Wichtiger Einflussfaktor Automatisierungsgrad, fahrerloser Betrieb Mögliche Effekte Automatisierte Hol- und Bringdienste für Minderjährige, Senioren, mobilitätsbeschränkte Personen Robotaxis als Konkurrenz zum eigenen Auto oder zum öffentlichen Nahverkehr Leerfahrten, sinkender Besetzungsgrad Fahren statt Parken Im Auto arbeiten: Verlagerung von der Fernbahn zur Autobahn? Stauzeit ist Freizeit: Verlagerung vom ÖPNV zum Auto? ADAC Bewertung: Automatisierung löst nicht die Verkehrsprobleme der Ballungsräume und Autobahnen Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 13
14 Wirkungen - Verkehrsablauf Pro weniger Unfälle => weniger Stau ausreichender Sicherheitsabstand und zulässige Höchstgeschwindigkeit verhindert überkritische Verkehrszustände mit Stau aus dem Nichts Contra größere Zeitlücken (2 Sek) für automatisierte Fahrzeuge im Mischverkehr Defensive Fahrweise, niedrige Geschwindigkeiten Unzureichende Kooperation (Einfädeln, Spurwechseln) im Mischverkehr ADAC Bewertung: im Mischverkehr keine Steigerung der Leistungsfähigkeit Abbildung: Continental Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 14
15 Dilemmasituationen Fragen der Maschinenethik Dürfen Maschinen über Leben und Tod entscheiden? Sollen Computer rational die möglichen Unfallfolgen abwägen? Müssen Autos sich selbst und ihre Insassen schützen? Darf man Menschenleben gegeneinander aufrechnen? Wer programmiert die Algorithmen? Nach welchen Regeln? Andererseits Auf absehbare Zeit können Computer potenzielle Unfallfolgen nicht präzise vorhersehen Reflexhafte Ausweichmanöver bergen immer Risiken - besonders bei Menschen Solange eine kontrollierte Reaktion möglich ist, kann die Kollision i.d.r. komplett vermieden werden Unfälle werden durch Aufmerksamkeit, Vorausschau, defensive Fahrweise und Antizipation von Fehlern verhindert ADAC Position: Automatisierte Fahrzeuge können nicht jeden Unfall verhindern. Dilemmasituationen haben geringe praktische Relevanz. Die Sorgen der Bevölkerung müssen berücksichtigt werden Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 15
16 Datenschutz und Datensicherheit Datenschutz Automatisierung geht mit Datenaustausch einher Automatisierung erzeugt und erfordert erhebliche Datenmengen Datensicherheit Datenverarbeitung und -kommunikation muss zeitgemäß gegen Manipulation und illegale Zugriffe geschützt werden (Zertifizierung). Fahrzeugdaten sind personenbeziehbar Personenbeziehbare Daten unterliegen dem Datenschutzrecht Ihre Übertragung, Speicherung und Nutzung erfordert eine gesetzliche oder vertragliche Grundlage Abbildung: Toyota Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 16
17 Akzeptanz: ADAC Mehrthemenumfrage Automatisiertes Fahren auf Autobahnen im Zeitvergleich Frage: In einigen Jahren werden wahrscheinlich Fahrzeuge auf dem Markt sein, die sich bei Fahrten auf der Autobahn selbstständig, d.h. ohne menschlichen Eingriff, im Verkehr bewegen können. Die Fahrer könnten sich dann während der Fahrt mit anderen Dingen beschäftigen, beispielsweise telefonieren, lesen, am Computer arbeiten. Wünschen Sie sich, dass so etwas in Deutschland* rechtlich zulässig ist? 2015 (n=801) 2014 (n=800) Ja Nein Weiß nicht / k.a. 2 1 * Fragebogenänderung: 2014 dass so etwas möglich und rechtlich zulässig ist? Basis: ADAC Mitglieder, Angaben in % Verhaltensrechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Fahrzeugautomatisierung 17
18 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Christoph Hecht ADAC e. V. Interessenvertretung Verkehr
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